29. August 2009

"Glauben heißt nicht wissen"


Jetzt hatte ich nach all den Jahren endlich akzeptiert, daß "glauben" heißt "nicht zu wissen". Also, ich meine, wenn man so einen Satz in High Brow Talkshows genauso hört wie im Schulunterricht wie im Tatort, muß er ja wohl stimmen.

Und was lese ich da in der Feuilletonschau des Perlentaucher? Eine Literaturagentin "glaubt" an e-Books - heißt das, sie weiß nicht oder nichts von ihnen? Oder bedeutet "glauben" nun doch nicht "nicht wissen"? Aber was sonst? Um Aufklärung wird gebeten.

3 Kommentare:

FingO hat gesagt…

Credo in unum ebook..... seltsam.

Na ja, aber vlt meint sie sie "vertraut" auf ebooks als Zukunft etc. pp.

Glauben.... hat ja einige bedeutungen. Manchmal kann stattdessen "Meinen" stehen:

"ich glaube, daß fünf pfund rindfleisch ne gute Brühe ergeben"

Glauben kann vermuten heißen:

"Ich glaube, daß in einer photoinduzierten Reaktion entstandener Stickstoff bei 58K desorbiert"

Oder, und hier sind wir bei "vertrauen":

"Ich glaube an den einen Gott, den Vater den Allmächtigen".

Ich glaube nicht an ihn, weil ich ihn "meine", oder "vermute", sondern weil ich ihm vertraue oder zumindest darauf vertraue, daß er existiert. Und Vertrauen kann auch ganz profan sein.

Ob Glauben "wissen" bzw. "nicht wissen" ist? Ich finde immer, daß Glauben und wissen Hand in Hand gehen. Du mußt etwas meinen, vermuten und auf etwas vertrauen, um darauf aufbauend etwas zu wissen. Und auch das muß noch nicht mal religiös sein:

Für das Wissen brauchst Du eine Meinung, einen Standpunkt. In der Naturwissenschaft überschneidet sich das oft mit der Vermutung. Und Du mußt auf gegebene Problemlösungen vertrauen, um die Lösung eines neuen Problems zu definieren.

Glaube kann ohne Wissen nicht und Wissen ohne Glaube nicht.

Thomas hat gesagt…

"Ich glaube zu wissen, dass es gestern geregnet hat."

Mein Kollege Phil könnte zu diesem Satz sicherlich einige kluge physikalische Bemerkung machen. Ich könnte höchstens noch ein paar mathematische Weisheiten über die Wahrscheinlichkeit gewisser Ereignisse beisteuern.

Aber ich denke, er weiß, dass der Glaube zeitlos ist, während das Wissen auf jenen Augenblick beschränkt bleibt, auf den Regen und Hagel auf uns niederprasseln. Schon an nächsten Tag wird aus dem Wetter-Ereignis ein erlebter Glauben, von dem einige behaupten, er hätte nie stattgefunden. Sie haben es schlicht verschlafen und glauben mir nicht. In bin halt kein guter Apostel.

Der Glaube an eine wissenschaftliche Theorie hat nichts mit der Wissenschaft selber zu tun. Im Gegenteil, er führt sie ad absurdem.

FingO hat gesagt…

Wieso? Du hast als Wissenschaftler eine Art "kritischen Glauben" in eine Wissenschaftliche Theorie. kritisches Vertrauen ist eine andere Umschreibung für die Suche nach Falsifikationen.

Ansonsten hat es bei mir etwas länger gedauert, bis Dein Besipiel gesackt ist, aber es ist ein gutes Beispiel.
Ich führe es jedoch etwas weiter:
"Ich glaube zu wissen, daß es gestern geregnet hat."
"Hö? Wieso?"
"Der Boden ist feucht und riechst Du nicht diese feuchte Luft? Außerdem hat mein Tivo leider statt Terminator II - Tag der Abrechnung nur N24 aufgezeichnet. Und da wurde von Regenfällen in unserem Gebiet gesprochen. Und da hinten ist eine Pfütze! Erkläre das mit Deiner Schulwissenschaft, du Lump!"
"Nun fahren Sie mich nicht an. Du meinst also, daß die erhöhte Luftfeuchtigkeit, der Feuchte boden, die Pfütze und die Ansage im Fernsehen alle Evidenz für den Fall regen liefern. Das läßt sich überprüfen."
"Und wie?"
"Nun, wir werden nun mal das Wetter protokollieren und N24 aufzeichnen. Nach jeder Nacht werden wir die Feuchtigkeit des Bodens bzw. der Luft checken und beobachten, ob sich Pfützen bilden. Wenn Deine Aussage stimmt, müßte hier ein Zusammenhang erkennbar sein."
"Ok, so machen wir es. Aber hast Du wenigstens Terminator 2 aufgenommen."
"Natürlich, kluge Leute tun das auch."
"Ui, toll, kannst Du ihn mir kopieren?"
"Sorry, aber Leute, die mich einen Lump schimpfen, bekommen erstmal gar nix."
":("

Du siehst, das Wissen ist nicht auf den gestrigen Tag beschränkt. Wenn die Aussage einen Allgemeinen Wert besitzt - und an diese Theorie können wir erstmal kritischen Geistes glauben, dann müßte sich der Sachverhalt reproduzieren lassen.