30. April 2009

29. April 2009

Zuwachs

Herzliches Willkommen einem neuen Blogozesen-Blog: David Ianni bloggt Gott sei Dank!

Ich wünsche viel Spaß, treue Leser und ausreichend Durchhaltevermögen!

Bischöfinnen, Apokalypse und ein Versuch, wie Wolf Haas zu klingen


Ich bin ja, weiß bloß keiner, heimlich Anbeter von Frauen. Weil haben sie doch mehr Geschmack als meinereins, aktiv und passiv, beides. Heißt: Schaust sie an und siehst was Schönes. Und selber sehen sie auch, was schön ist und was nicht. Schauen hin und bumm! wissen: Das ist häßlich, ab in die Tonne! Oder: Das ist schön, kannst du hin und weg sein, hängst das Dings in den Kleiderschrank oder an die Wand.

Muß ich jetzt natürlich revidieren, weil solche Bischofsdinger hat die Welt nicht gesehen. Bis heute, bis in California. Gut jetzt, kann man sagen, sind nicht kitschig oder so. Langt halt nicht. "Schönheit rettet die Welt" - war das Dostojewski oder der Schweizer Hans Urs? Egal, aber wenn einer von denen recht hatte, dann ist Apocalypse Now. Passt zum Räptschä Index wie die Faust auf den Augapfel, ist nämlich Jahreshöchststand heute mit 166. Nicht auszudenken, wenn die vier noch Mitras aufhätten, schön bunte, wie Campinos oder Textmarker. Da wären wir bei Zwo-Siebzig und die Schweinegrippe wär echt unser kleinstes Problem. Kannst Du nur noch auf die Knie gehen, ob du Bischöfin bist oder nicht.

(via Elsa's Nacht(b)revier, Curt Jester und Orate-Fratres)

Frösche und Kamele

Man muß Wikipedia für Artikel wie den über das langsame Kochen lebender Frösche oder das Problem mit Kamelnasen einfach lieben, oder?

28. April 2009

Bob Dylan-Takeover


Aus Anlaß des neuen Dylan-Albums "Together Through Life" gibt es beim Paste-Magazine mehr Bob, als der normale Musikhörer braucht - in Text, Bild und Klang.

Der 100-Tage-Dornenkronen-König



Mehr zum Bild bei American Papist. Und natürlich will der Künstler, daß sich jeder seine eigenen Gedanken macht.

Überrascht müssen wir nicht sein: We done told you so.

26. April 2009

Das Geheimnis von Ostern - oder auch nicht

Immer begierig, etwas dazuzulernen, vor allem, wenn zur Information auch noch geistlicher Gewinn winkt, hörte ich heute in der Messe ganz genau zu. Und wurde mit Aufklärung über das Geheimnis von Ostern belohnt.

Die dritte, vom Zelebranten selbst formulierte Fürbitte, passend zum Grundtenor der vorhergehenden Predigt, lautete:

"Lass uns erkennen, daß das Geheimnis von Ostern darin besteht, daß im Brechen des gewöhnlichen Brotes [oder hieß es: im gewöhnlichen Brechen des Brotes?] der lebendige Christus erfahrbar werden kann."

Nicht daß Jesus im Brechen des Brotes, in der Messe wie im Alltag, nicht erfahren werden kann - aber erschöpft sich das Geheimnis von Ostern wirklich darin?? Ist Ostern eine Möglichkeit zu einer Erfahrung - oder eine Wirklichkeit? Eine Wirklichkeit, an der die Getauften - nebenbei - schon teilhaben. Eine Wirklichkeit, die wirkt, ob wir es erfahren oder nicht. Eine Wirklichkeit, so bglückend, daß es völlig gleichgültig ist, ob wir sie erfahren oder nicht.

Umkehr am Freitag morgen

Da ist man morgens nichts ahnend in Mannheim unterwegs, denkt an nichts Böses - bis der Blick auf ein großes Spruchband trifft: "Kehre um zu dir". Ein zweiter Blick - aber aus dem "dir" wird immer noch kein "mir". "Kirche in der City" steht noch auf dem Banner, ja, sicher eine evangelische Kirche, geht ja nicht anders. Diese unsicheren Kantonisten wieder einmal. Doch die gelb-weißen Fahnen passen nicht. Es scheint eine katholische Kirche zu sein, die das "Kehrt um und glaubt an das Evangelium" Jesu Christi auf ihre Weise interpretiert. Es war tatsächlich eine.

Vielleicht kann man ja, so der Gedankenfluß in mir, die Umkehrbotschaft heute nicht mehr anders verkaufen als durch eine radikale Produktionsumstellung. So ähnlich, wie man heutzutage ja auch nicht mehr sagen kann, Jesus sei für unsere Sünden gestorben, wie die staunende Öffentlichkeit kürzlich aus berufenem und geweihtem Munde erfuhr.

Einer Kirche "jenseits der Erlösung" (Peter Gross), bleibt ihr vielleicht nur die Alternative einer diesseitigen Pastoral? Die incurvatio in seipsum, die Rückkrümmung des Menschen in sich selbst seelenkundig und mit Blick auf menschliches Wachstum zu begleiten? Dem Menschen, der keine Erlösung, kein Aufgebrochenwerden, kein Aug-in-Aug mit dem Überwältigend-Unaussprechlich-Überhellen-Liebesfließenden mehr braucht, zu innerweltlicher, zu innerseelischer Umkehr zu verhelfen?

So also meine Gedanken, während ich den Aufruf zur Umkehr passierte. Im CD-Spieler sangen derweil - ungelogen - Cara Luft und ihre Kolleginnen von den Wailin' Jennys ihr "Come All You Sailors" (Hier auf youtube eine Solo-Version). Die dritte Strophe dieses Liedes steckt allerdings noch voller überholter theologischer Vorstellungen - anscheinend ändert sich die weltliche Welt nicht so schnell wie es die Kirche gerne hätte:

Come all you seekers
Realize that you can see
Find within your deepest longing
That all you need is me.


Oder, so meine Hoffnung, wir hinken wieder einmal hinterher und verkaufen Kissen für den Käfig, statt die Tür zu öffnen. Oder platonischer: Werfen Kerzen über die Mauer am Eingang der Höhle, statt die Mauer einzureißen.

25. April 2009

Stell dir vor, ER käme zu Besuch

Wenn Europäer sich vorstellen, der HErr käme zur Erde, dann endet das regelmäßig in einer Kritik des real existierenden Christentums. Was beim "Großinquisitor" große Literatur ergab, endet bei Fjodor Michailowitschs Epigonen meist in moralisierenden Ergüssen.

Jenseits des Atlantik entstehen offensichtlich fröhlichere Visionen, mindestens bei The Onion:

God makes surprise visit to local church

Christ getting in shape for Second Coming

"You Have Angels Dancin' Round Your Shoulders"

Kaum kommt man einmal drei Tage nicht zum Bloggen, sammelt sich allerlei Bedenkens-, Bemerkens- und Bebetenswertes an.

Fangen wir mit dem Abarbeiten an, und zwar mit einem Video des schönen Liedes von Mindy Smith "Come to Jesus". Musik, wie wir sie lieben, aber garantiert kein Geschrammel:

22. April 2009

Sprachenverwirrung

Da probierte ich heute ein neues Übersetzungswerkzeug im Web aus und ließ mir einen Satz aus dem Hilfetext ins Französische übersetzen.

Da wurde aus "Ziehen Sie per Drag-und Drop den Link" ein "Tirez par Drag-et bonbon aux fruits le link".

Merke: Immer nur eine Sprache zu einer Zeit. Keine Anglizismen, sonst gibt es "false drops".

Stereotypen hier und dort

"One thing I liked though is that the more liberal or fallen away Catholic characters were not described as unlikable stereotypes. They were treated as real people as where all the characters in the book."

So schreibt Mr. Curt Jester in seiner kurzen Besprechung von "The Death of a Pope", dem neuen Roman von Piers Paul Read.

Das ist not exactly, was unsereiner auf dem europäischen Festland erwarten würde. Unsereiner aus den Reihen der katholischen Fundis, Ultras, Einsatzgruppen und Todesschwadronen.

21. April 2009

5,6 min absichtsloser Genuß

Einfach so, l'art pour l'art, la musique pour la musique: Seldom Scene spielt J.J. Cales "After Midnight":

Erleichterung weht durchs Land

"Deutschland ist im Ansehen der israelischen Bevölkerung gestiegen. Nach Großbritannien ist die Bundesrepublik das europäische Land, zu dem Israelis die engsten Beziehungen in Europa wünschen. Das ergab eine Umfrage, mit der die Konrad-Adenauer-Stiftung zwei israelische Forschungsinstitute beauftragt hat, die am Mittwoch in Jerusalem vorgestellt wird.

Die Vergangenheit spielt in den Beziehungen offenbar keine so große Rolle mehr: 31 Prozent sehen wegen des Holocausts mittlerweile keine besondere Verpflichtung Deutschlands mehr, Israel zu unterstützen."
(FAZ)

Durchs Land geht eine Welle der Erleichterung: Wieder einmal vorauseilend richtig gelegen. Sich im Ernstfall von den bösen Israelis distanzieren und gleichzeitig deren zunehmende Sympathie ernten - das muß uns erstmal ein anderes Land nachmachen. Beim nächsten Nahost-Konflikt müssen wir noch weniger Skrupel haben, wenn unsere Herzen nicht für die Kindern und Enkel unserer Opfer schlagen.

Anselmiana

Zum 900. Todestag bzw. himmlischen Dies natalis eine Schnellhinführung zum Schutzpatron dieses Blogs bei Scriptorium sowie ein Hinweis auf "Communium Rerum", die Enzyklika Pius' X. zum 800. Todestag 1909. (Nach Hinweis von Benedikt auf die deutsche Übersetzung bei kathpedia verlinkt - Danke!)

Der spätere Erzbischof von Canterbury betet

"Erbarme Dich unseres Mühens um Dich und unseres Strebens nach Dir, unser, die wir ohne Dich nichts vermögen. Der Du uns rufst, hilf uns.

Ich flehe zu Dir, Herr, daß ich nicht in Seufzen verzweifeln, sondern in Hoffnung aufatmen möge.

Ich flehe zu Dir, Herr, in der Bitternis und Verlassenheit meines Herzens, gewähre mir Deinen Trost.

Ich flehe zu Dir, Herr, daß ich nicht ungesättigt von Dir lasse, da ich hungernd Dich zu suchen begonnen.

Ein Verhungerter bin ich hingetreten; möge ich nicht ungespeist weggehen.

Arm komme ich zu dem Reichen, elend zu dem Barmherzigen; enlasse mich nicht leer und verachtet. (...)

Vergönne mir, Dein Licht zu schauen, sei es von ferne, sei es aus der Tiefe.

Lehr mich, Dich suchen, zeige Dich dem Suchenden; denn ich kann Dich nicht suchen, es sei denn, Du lehrest mich; Dich nicht finden, es sei denn Du zeigest Dich.

Ich will mich nach Dir sehnen, den ich suche, will Dich suchen, nach dem ich mich sehne.

Möge ich Dich in der Liebe finden, Dich lieben, da ich Dich finde."
(Proslogion, Kap. 1)

Heiliger Anselm, bitte für uns!

19. April 2009

Entkernte Kernbotschaften

Wolfgang Bullin, Chefredakteur meines Bistumsblatts, schließt sich P. Karl Wallner an und fordert nicht nur von den "dafür geschulten und autorisierten Profis", daß sie die "kirchlichen Kernbotschaften" eifrig verkünden, sondern auch "von uns, von Ihnen und mir".

Und für alle Leser seines Blattes nennt er auch gleich eine, die wir "jetzt an Ostern" feiern:

"Gott kann alle menschliche Endlichkeit und Begrenztheit in Weite verwandeln; seine grenzenlose Liebe überwindet alles, sogar den Tod."

Persönlich denke ich: Genau so hatte ich sie erwartet, ganz genau so. Die Moral von der Geschichte (oder besser: ein Teil davon), aber ohne die Geschichte. Dabei gibt es christlich Heil, nachtodliche Weite, Aufhebung des Todes nicht ohne den Tod des Einen und ohne SEine leibliche Auferstehung. Es gibt dieses Heil auch nur im Ja (a.k.a. Glaube) zu diesem Einen - mindestens für uns, die wir die Botschaft vernommen haben. Diesen Einen, den Jesus aus Nazareth, Messias und Sohn GOttes, auch aus Kurzfassungen von Kernbotschaften herauszulassen - das gibt einer allgemeinen Religiosität Auftrieb, die uns ja tatsächlich nicht nur bei unseren ex-christlichen Zeitgenossen begegnet, sondern eben so sehr in unseren Gemeinden.

Wenn Bullin schreibt:

"Die Kirche habe kaum Menschen, die fähig sind, unsere kirchlichen Kernbotschaften in einer guten Wei­se nach außen hin zu verkünden', sagte Wallner. Insbesondere kritisierte er, dass auch Priester und Theologen 'nur noch ganz verschämt' von dem redeten, was uns nach dem Tod erwarte"

dann hätte man von einem sein Geld werten Chefredakteur einen kleinen Hinweis erwartet auf einen Kirchenvertreter, der genau das erfolgreich tut, der letzthin ganz unverschämt und attraktiv von dem geredet hat, was (und der) uns nach dem Tod erwartet.

E. E. Cummings: Dedication

The white rose my soul
Is blown upon the ways.
Over the high earth
Valleys bring it forth,
And it is upon mountains.

The white rose my soul
Knoweth all winds and wings,
All nests, all songs,
With each smiling star,
And every graceful day.

The white rose my soul
Is under the world's feet.
(Only thou dost hold,
In that how little hand,
The red rose my heart.)


(Complete Poems 1904-1962, S. 918)

Das Gedicht zum Sonntag


(Quelle: Savage Chickens)

18. April 2009

Der denkende Cowboy, der singt

"Ach Gottchen" sagte die neue Bekanntschaft zu Franz Dobler, als der auf die Frage, was er denn für Musik höre, zur Antwort gab: "Ziemlich viel Countrymusik." So ging sie weiter mit ihrem Glas und Dobler war froh, daß er sich in den vorausgegangenen 10 min Small Talk nicht unsterblich verliebt hatte. So schreibt er jedenfalls in seiner Johnny Cash-Biographie.

Ich erzähle das nur als Überleitung zu einem Porträt des "Cowboy als Denker" in der Süddeutschen. Gemeint ist Lyle Lovett, den ich wegen seiner Musik wie wegen seines gebildet-ländlich-entspannten Auftretens sehr schätze.

Hier ist er selber in einem Auftritt von 1998:

Das erste Wunder

Was bei Unserer Lieben Frau Jahrtausende auf sich warten ließ, geschieht anderen Leuten schon zu Lebzeiten:



(via The Lair of Catholic Cavemen)

17. April 2009

Verschwundene Namen

Da hatten wir es vorgestern von Namen und von den Knien, die sich vor ihnen beugen - oder eben auch nicht.

Und schon ist sie da, die Fortsetzung:

"The One", wie ihn manche Amerikaner inzwischen nennen, der amerikanische Präsident Barack Obama, hielt am Dienstag in der Georgetown University in Washington, DC eine öffentliche Rede, und die Jesuiten-Universität entsprach, wie es scheint, ohne weiteres der Bitte? Aufforderung? des Weißen Hauses, alle religiösen Symbole in der Gaston Hall, wie Obama auftrat, zu entfernen.

Dem fiel auch das "IHS" über der Bühne zum Opfer, wie die beiden Bilder bei Father Z. belegen.

Obama seinerseits lieferte, wie es dort unter Präsidenten üblich ist, eine Musterprobe von civil religion ab, indem er sich in seiner Rede auf den biblischen Mann bezog, der sein Haus auf festen Fels statt auf Sand baute, und daraus seine Lektionen für die neue Economy bezog. Vom Hören auf die Worte Jesu war nicht die Rede, aber das hatte wohl auch niemand erwartet. Am wenigsten vielleicht die Jesuiten der Georgetown University.

Jetzt ist sicherlich alles abgeräumt und auch das IHS wird wieder golden glänzen, wie es dem Heiligen Namen gebührt, vor dem sich alle katholischen Knie beugen. Wenn nicht gerade ein Konkurrent vorbeikommt.

Es lebe ++Tim Dolan!

"My first pastoral letter's gonna be a condemnation of light beer and instant mashed potatoes - I hate those two things." - So der neue Erzbischof von NYC in einem Interview (via vaticarsten via Whispers in the Loggia).

God bless the Archbishop!

16. April 2009

Keine Neugier mehr

Schon nach dem wenigen, was ich über mich weiß, bin ich gar nicht mehr neugierig, mehr über andere zu erfahren. Manche Dinge will man lieber nicht wissen. Nicht einmal eine solche vergleichsweise neutrale medizinische Erkenntnis, wie die meiner Friseurin, ein bestimmtes Antiallergikum würde ihre Gebärmutter angreifen und vielleicht würde sie ja doch noch ein Kind wollen etc. etc.

Besondere Tage

Ein seltsames Phänomen: Es gibt Tage, an denen auf der Autobahn eine signifikante Zahl von Fahrern ausflippt. Da wird beschleunigt, aufgefahren, Spur gewechselt, wie man lustig ist. Und nach seinen 55 km ist der Pendler froh, wenn er dem rasenden Irrenhaus heil entronnen ist.

Geburtstagswunsch

"Die Freude an Gott, die Freude an Gottes Offenbarung, an der Freundschaft mit Gott wieder zu wecken, scheint mir eine vordringliche Aufgabe der Kirche in unserem Jahrhundert." - 2002 schrieb Kardinal Ratzinger diesen Satz.

Zu seinem Geburtstag wünsche ich ihm, uns und der "Welt von heute", daß ihm das immer mehr, immer besser gelingt. Ad multos annos!

15. April 2009

Namen wie Schall und Rauch

Die Magie der großen Namen wirkt nicht überall. Nicht dort jedenfalls, wo sich die Knie vor einem Ganz Anderen Namen beugen.

Papst lehnt Kennedy-Tochter als Botschafterin ab (FAZ)

Wenn man nur will, geht vieles

Kardinal Ricard von Bordeaux lud am Gründonnerstag alle Priester, die in seiner Diözese wirken, zum Essen ein. Inclusive des Priors der dortigen Piusbrüder.

(Quelle: Rorate Caeli)

Verstorbene Hoffnung

Erst jüngst haben wir daran erinnert: "Don't immanentize the eschaton." Und schon zerbröselt unter genauem Hinschauen eine weitere dieser immanentisierten, ins Diesseits geholten Hoffnungen:

Da sagt uns heute die FAZ mit einer Menge von klugen Leuten: 1. wird es "Unsterblichkeit für alle ... nicht geben" und 2. "Wollen wir sie überhaupt? Das Bild dessen, wonach man sich zu sehnen glaubte, als man das Wort 'Unsterblichkeit' aussprach, wird unangenehmer, je genauer man es betrachtet."

Joseph Ratzinger im Original-Ton

Radio Vatican sendet einen Vortrag des bekannten Theologen Joseph Ratzinger aus dem Jahr 1969: "Priester im Umbruch der Zeit".

Folge I im mp3-Format hier (18 mB - beginnt in etwa bei Minute 2).

Folge II im mp3-Format hier.

Folge III im mp3-Format hier.

"Gott ist kein Fan von Kalauern"

"Warum ist die Bibel eine einzige große Lüge und ich ein Idiot, weil ich daran glaube?"

Stephen Colbert diskutiert mit einem der amerikanischen Doppelgänger von Paul Verhoeven über Jesus Christus. Sehenswert! (u.a. via Ironic Catholic)

The Colbert ReportMon - Thurs 11:30pm / 10:30c
Bart Ehrman
colbertnation.com
Colbert Report Full EpisodesPolitical HumorNASA Name Contest

14. April 2009

Falsche Demut

"'Das Pathos der modernen Theologie ist ihre falsche Demut', erklärt John Milbank. Immer wenn die Theologie ihren Anspruch aufgibt, ein 'Metadiskurs' zu sein, der die anderen Diskurse bewertet oder kritisiert, wird es unvermeidbar, daß es die anderen Diskurse sind, die ihr den Platz zuweisen." (Denis Sureau: Pour une nouvelle théologie politique, S. 13)

13. April 2009

Blogozesenzuwachs

Schon länger am Bloggen, zu Ostern heimgekehrt: Tint's Travails (ehemals Clandestine Catholic).

Herzlichen Glückwunsch und herzlich Willkommen.

Bier des Jahres 2009

Da freut sich der Untermainer: Von 4.000 Mitgliedern des ProBier-Clubs wurde in demokratischer Abstimmung das Aschaffenburger "Schlappeseppel Special" zum Bier des Jahres gekürt.

Die FAZ berichtet ausführlich und beglückt uns gleichzeitig mit einer Greser & Lenz-Karikatur zum Thema. (Bevor ich die verlinkte, habe ich natürlich schnell überprüft, welcher Bierdeckel meinen Schreibtisch in die Waagerechte bringt. Es ist einer von Binding.)

12. April 2009

Osterfreude mit Mr. Bob



(mit Dank an RightWingBob)

Frohe Ostern

"Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wohin sie ihn gebracht haben." (Jo 20, 13)

Allen, die den HErrn suchen, wünsche ich ein frohes Ostern: Daß sie hören, wie ER ihren, unseren Namen ruft.

Und den andern allen - mit Verlaub - das Gleiche. Und natürlich ein paar schöne, ruhige, sonnige Tage voll Dankbarkeit und Freude.

11. April 2009

Vorösterliches

* Um die jahreszeitliche Rhetorik von den "Symbolen für neues Leben" hier wenigstens einmal aufzugreifen: Heute morgen erblickte ich auf einem Gehsteig den ersten Maikäfer, der doch wohl auch ein Symbol dafür ist, daß immer wieder neues Leben entsteht, daß alles grünt, blüht, schwirrt, frisst.

* "Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen." - So sprach einst der, dessen Name in der säkularen Welt nicht genannt werden braucht, wenn man Ostern feiern will. Unverbindlicher klingt es eben bei Hermann Hesse ("Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde uns neuen Räumen jung entgegen senden."), den Stefan Toepfer in der FAZ ausgiebig kommentiert, während er den Eigentümer dieser Räumlichkeiten elegant ignoriert.

* Die SZ schaut sich Kathedralen an - zum einen die französischen als Ort nationaler Symbolik und - zweitens - mit den Augen Goethes und Prousts die "Gesamtkunstwerke", die es dort zu sehen gibt. Gustav Seibt:

"Kirchenbau und Gottesdienst als Gesamtkunstwerk - das war auch das Argument, das Marcel Proust gegen die Profanierung der französischen Kathedralen im Zuge der Laisierungsgesetze von 1904 ins Feld führte. 'Wenn das Opfer von Christi Fleisch und Blut nicht mehr in den Kirchen zelebriert wird', schrieb Proust in seinem Essay über den "Tod der Kathedralen", 'werden sie ohne Leben sein. Die katholische Liturgie bildet mit der Architektur und Skulptur unserer Kathedralen eine Einheit, denn sie entspringt derselben Symbolik wie diese'. Wenn man sie abschaffe, werde man sich künftig gezwungen sehen, diese untergegangenen Gesamtkunstwerke - ausdrücklich zog Proust den Vergleich mit Wagners 'Parsifal' - in saisonalen Festspielen für ästhetische Snobs nachzuspielen, auf leblose, archäologische Weise. Heute dagegen sei es das Volk selbst, 'das sich die Mühe macht, uns unwissentlich eine Vorstellung zu liefern'."

10. April 2009

Nacht, geliebte Tochter

"Aber vor allem, Nacht, erinnerst du mich an jene Nacht.
Und ich werde mich ihrer in Ewigkeit erinnern.
Die neunte Stunde hatte geschlagen. Es war im Land meines Volkes Israel.
Alles war vollbracht. Das ungeheuerliche Abenteuer.
Seit der sechsten Stunde herrschten Finsternisse über dem ganzen Land, bis zur neunten Stunde.
Alles war vollbracht. Reden wir nicht mehr davon. Es tut mir weh.
Dieser unglaubliche Abstieg meines Sohnes unter die Menschen.
Zu den Menschen.
Und was haben sie daraus gemacht.
Diese dreißig Jahre, da er ein Zimmermann war unter den Menschen.
Diese drei Jahre, da er eine Art Prediger war unter den Menschen.
Ein Priester.
Diese drei Tage, da er ein Opfer wurde unter den Menschen.
Inmitten der Menschen.
Diese drei Nächte, da er ein Toter war unter den Menschen.
Inmitten der toten Menschen.
Diese Jahrhunderte und Aberjahrhunderte, da er eine Hostie ist unter den Menschen.
Alles war vollbracht, dies unglaubliche Abenteuer
Durch das mir, Gott, die Hände gebunden wurden für immer.
Dies Abenteuer, durch das mir mein Sohn die Hände gebunden hat.
Um auf ewig, bindend die Hände meiner Gerechtigkeit, auf ewig zu lösen die Hände meiner Barmherzigkeit,
Und gegen meine Gerechtigkeit eine neue Gerechtigkeit zu erfinden.
Eine solche der Liebe. Eine solche der Hoffnung. Alles war vollbracht.
Alles, was sein sollte. Was da gesollt war. Wie es meine Propheten verheißen hatten. Der Vorhang des Tempels war zerrissen, mittendurch, von oben bis unten.
Die Erde hatte gezittert, die Felsen sich gespalten.
Die Gräber standen offen, und viele Leiber der Heiligen, gestorbene, waren erstanden.
Und ungefähr um die neunte Stunde hatte mein Sohn
Den Schrei ausgestoßen, der nie mehr verhallt. Alles war vollbracht. Die Soldaten waren heimgekehrt in ihre Kasernen.
Lachend und scherzend, weil wieder ein Dienst zu Ende war.
Ein Postenstehn, das gottlob vorbei war.
Nur ein Hauptmann blieb noch zurück und einige Männer.
Ein ganz kleiner Posten, um diesen Galgen ohne Bedeutung zu hüten.
Den Galgen, an dem mein Sohn hing.
Nur ein paar Frauen waren geblieben.
Die Mutter war da.
Und vielleicht auch einige Jünger, aber auch das ist nicht ganz sicher.
Nun aber hat jeder Mensch das Recht, seinen Sohn zu begraben.
Jeder Mensch auf Erden, wenn ihn das große Mißgeschick trifft
Nicht vor seinem Sohn gestorben zu sein. Und ich allein, ich Gott,
Die Hände gebunden durch dieses Abenteuer,
Ich allein in jener Stunde, Vater nach soviel Vätern,
Ich allein konnte meinen Sohn nicht begraben.
Da war es, o Nacht, daß du kamst.
Meine geliebte Tochter unter allen, ich seh es noch und werde es die ganze Ewigkeit lang sehen.
Da war es, o Nacht, daß du kamst, und unter einem großen Linnen begrubst du
Den Hauptmann und seine römischen Mannen
Die Jungfrau und die heiligen Frauen
Und diesen Berg und dieses Tal, über die der Abend sich neigte,
Und mein Volk Israel, und die Sünder, und mit allen zusammen auch jenen, der starb, der gestorben war für sie alle.

Und die Männer Josephs von Arimathäa, die schon nahten

Mit einem weißen Linnen."

(Charles Péguy: Das Tor zum Geheimnis der Hoffnung.- Einsiedeln: Johannes, 1980, S. 170-172 (in der Übersetzung von Hans Urs von Balthasar))

Wie könnte ich aufhören zu singen?



"My life goes on in endless song
above earth's lamentations,
I hear the real, though far-off hymn
that hails a new creation. (...)

While though the tempest loudly roars,
I hear the truth, it liveth.
And though the darkness 'round me close,
songs in the night it giveth.

No storm can shake my inmost calm,
while to that rock I'm clinging.
Since love is lord of heaven and earth
how can I keep from singing?"

Hektik am Freitag nachmittag

Als Kind hatte man immer schon fast eine Woche Ferien, bis es an die Heiligen Tage ging. Man war eingestimmt, man wartete mit jedem Tag mehr auf das Triduum, bis dann mit der Abendmahlsmesse am Donnerstag die stillen Tage begannen. Den nach Rom verreisten Glocken entsprach daheim der graue Bildschirm des Fernsehers und das verloschene, sonst grüne Auge des Radiogerätes. Der Bruder spielte kein Klavier, die Kleinen stritten halblaut, nur der Bücherleser musste nichts ändern.

Doch klagen wir nicht, daß sich das alles geändert hat, denn einmal haben wir in Deutschland immer noch einen freien Karfreitag, und dann kann es uns ja auch an das Jerusalem jener Zeitenwende erinnern: Die Kreuzigung wurde noch schnell vor den Feiertagen durchgezogen; da hielt keiner inne und fragte groß: "Was tun wir da eigentlich?" - Wenn es schon besser ist, daß einer stirbt statt des Volkes, dann lasst es uns schnell erledigen. Zu Herodes soll er auch noch? Und Pilatus will ihn auch noch einmal sehen? Das wird knapp. Wir haben eh schon spät Feierabend, müssen eilen, damit wir rechtzeitig vor dem Sabbat heimkommen. Wollen doch schließlich den Sabbat heilig halten, jenen Tag, an dem der HErr nach vollbrachtem Werk ruhte.

Ja, das tat ER dann auch, an jenem Siebten Tag. Um am Achten Tag die Neue Schöpfung beginnen zu lassen.

9. April 2009

Unsere Gegenwarten

Immer wieder staune ich, wie liturgisch die Zeiten ineinanderfließen, oder vielleicht besser: einander überlagern und beleuchten, sich auf einander beziehen.

Da ist das hastig gegessene Lamm am Abend des Vorübergangs des HErrn, da ist der Bericht des Paulus über das ihm Überlieferte, die Selbsthingabe und Selbstverteilung Jesu, die wir ein paar Minuten später als gegenwärtige, immer noch präsente miterleben, da ist der Vorausblick aufs himmlische Mahl, bei dem wir "mit den Engeln und Erzengeln, den Thronen und Mächten und mit all den Scharen des himmlischen Heeres den Hochgesang von DEiner göttlichen Herrlichkeit" singen und schließlich die Kommunion, in der wir - jetzt und hier - das Lamm selber schon empfangen, an dessen Hochzeitsmahl wir einmal, im Jenseits aller Zeiten, teilnehmen sollen und wollen.

Und dann macht die kaugummikauende Kommunionmutter schlagartig klar: Wir sind im 21. Jahrhundert.

Aggiornamento am Gründonnerstag

Die heutige Liturgie sagt im III. Hochgebet:

"Denn in der Nacht, da er verraten wurde - das ist heute-, ..."

Sage keiner, die Liturgie sei ohne Gegenwartsbezug.

8. April 2009


Manche Mitchristen aus der Sola Scriptura-Fraktion fragen sich anscheinend wieder einmal öffentlich, warum Jesus denn nun starb und was sein Tod eigentlich bewirkte.

Katholischerseits sieht das Meinungsbild leider nicht viel anders aus, auch auf unserer Seite des Kirchenschiffs möchte man ja vielen Predigern und Zelebranten in ihren Privatkatechismus schreiben: "Don't immanentize the eschaton!"

Worum es an Ostern überhaupt geht

Am frühen Morgen las ich in der Tageszeitung jene kleine Karfreitagskatechese, nachlässig dahingeworfen von einem Fernsehredakteur, große Worte, leichthin ausgesprochen:

"Um zu verstehen, worum es an Ostern überhaupt geht, zeigt das ZDF am Karfreitag um 13.30 Uhr in "Der Tag, der alles verändert" moderne Passionsgeschichten; sie legen nahe, dass in vielen Krisen neue Chancen stecken." (Die Vorankündigung des ZDF selber klingt anders; von Aufklärung über das Eigentliche von Ostern ist dort keine Rede.)

Das ist so, als ob man den Erdbebenopfern in den Abruzzen sagen wollte: "Seid doch froh, denn jetzt bekommt ihr neue Häuser. Und die böse Nachbarin seid ihr auch los."

Die Kar- und Ostertage sind auch herkömmlich keine Anleitung zum Stillhalten, zum Immer-alles-möglichst-leise-und-mit-Duldermiene-ertragen, auch nicht zum Fahrenlassen aller Hoffnung. Aber sie nehmen den Menschen auch dort ernst, wo er selber keinen Ausweg mehr sieht: Nicht jeder erwacht wieder aus dem Koma, nicht jeder hat in der Arbeitslosigkeit eine neue Geschäftsidee. Irgendwann erwischt er jeden, der Moment des endgültigen "Down and Out". Das sind die Momente, in denen uns der Mann der Schmerzen, der Mann des weggerollten Steins begegnet. Der, der auch in seinem auferstandenen Leib die Wunden noch trägt. Seine und unsere. Auch die Seinen, die wir IHm zugefügt haben.

Wer vor dem Ende noch eine Abzweigung nehmen kann, der sei froh! Wir gönnen sie jedem, nehmen sie auch selbst. Für diesmal. Und sind für uns alle erleichtert und dankbar, daß GOtt selber eine Bresche geschlagen hat: aus dem Reich des Todes, aus der Selbstverschlossenheit des Sünders und der Sünderin.

6. April 2009

Die Krise nach JL Marion

Vielleicht ist das ein bißchen jesuitisch-kasuistisch, aber ich denke, daß ich meinen Karwochenvorsatz, mich aller kontroversen kirchenpolitischen Stellungnahmen zu enthalten, nicht breche, wenn ich auf einen Text des großen katholischen Philosophen Jean-Luc Marion hinweise, der heute in La Croix erschienen ist:

"Ne pas se tromper de conflit - Sich nicht im Konflikt irren"

Falls ich genug Zeit habe, gibt es irgendwann eine Übersetzung ins Deutsche.

Kind mit Piping, Hopps und Igelmann

Wohin sind sie geschwunden, die rosigen Tage der Kindheit? Wer nur, wer holt sie uns zurück ins unwirtliche Jetzt?

Ab und an tun das die deutschen Leitmedien. Wie jüngst die FAZ, die an des Babyboomers Lieblingsamphibium erinnerte. Bevor wir Odysseus oder 007 kennen lernten, besetzte er schon die Heroenstelle unseres kollektiven Unterbewussten. Ja, man könnte sagen: alle späteren Helden, von Old Shatterhand bis Indiana Jones, waren nur die Reinkarnation des Salamander namens Lurchi.

Für alle, die keinen Zugriff auf "Das lustige Salamanderbuch" mehr haben, gibt es "Lurchis Abenteuer" für schlappe 12,90 € und "für jedes Alter" zu kaufen. Beim Esslinger Verlag.

5. April 2009

Wünsche aus Rom

Benedikt XVI. heute: "Zu Beginn der Liturgie des heutigen Palmsonntags haben wir, wie einst die Einwohner von Jerusalem, Jesus Christus einen feierlichen Einzug bereitet. Begleiten wir ihn auch auf dem Weg seines Leidens. Am Kreuz zeigt er uns seine grenzenlose Liebe, die alles auf sich nimmt. Dieses Zeichen der Hoffnung führe uns zu einer Erneuerung des Herzens, um wahrhaft Zeugen seiner Güte und seines Heils zu sein. Euch allen wünsche ich eine gesegnete Karwoche!" - Zu hören hier.

Musik in den Zeiten neuer Möglichkeiten

Ein sehr interessanter Text von John Mellencamp in der Süddeutschen - der gleichzeitig die allgemeine Ratlosigkeit dokumentiert:

Wie ein Rudel Katzen: Geistiges Eigentum in der Musik

Das englische Original: On My Mind: The State of the Music Business

(Mit Dank an FS für den Hinweis!)

Im Kreuz ist die Lieb am liebsten

"Sag, wo die Liebe wird am liebesten gefunden?
Am Kreuz, wenn sie um des Geliebten willn gebunden."

(Aus des Angelus Silesius Cherubinischem Wandersmann)

Rettung

"Ein neues Gesetz des Kosmos (...): Wenn du dich so sehr zum Narren machst, daß du auf einen Baum kletterst und dich wie eine Katze weigerst, wieder herunterzukommen, dann muß jemand, der dich liebt, sich genauso sehr zum Narren machen, um dich zu retten." (Walker Percy: Loch im Kosmos.- Basel: Sphinx, 1991, S. 270)

4. April 2009

Mach meinen Papst nicht an!



Mehr bei Le Monde und bei e-deo.

Wenn einer eine Reise tut ...

... dann kann er was lernen:

"Worn out memories, and a worn out shoe
Guess I'm getting a little, worn out too

If there's one thing I've learned after all this road
It's that you don't know as much as you thought you know

Sometimes I lose, sometimes I get lucky
From San Antone to East Kentucky"

Das Ganze in Musik gepackt von The Reverend Peyton und seiner Big Damn Band:


"Haben wir nicht noch ein, zwei spontane Fragen?"

Ein Gastbeitrag von Dr. Andreas Püttmann, den ich gerne hier aufnehme.

Als Berlin im Juni 1991 vom Deutschen Bundestag zum Regierungssitz gewählt wurde, betrachteten viele Katholiken – die mit großer Mehrheit für Bonn stimmten – dies mit großer Sorge. Nun also doch die von Adenauer als „heidnische Stadt“ betrachtete preußische Metropole, über die der Zentrumspolitiker Peter Reichensperger einmal gefrotzelt hatte: „Wer ein oder zwei Semester an der Universität Berlin studiert hat, kann nicht mehr katholisch sein.“ Der Kölner Erzbischof und frühere Bischof von Berlin, Joachim Kardinal Meisner, erinnerte daran, dass die Katholiken mit Berlin nicht die besten Erfahrungen gemacht hätten, und äußerte die Befürchtung, dass nach der Verlegung des Regierungssitzes vom Rhein an die Spree der christliche Einfluss auf Regierungsstil und -inhalte der Politik merklich zurückgehen werde.

Eines der bescheidenen geistigen Gegengewichte zum atheistisch-protestantisch dominierten Fluidum der Hauptstadt sollte – wo es schon keine Katholisch-Theologische Fakultät gab – die Berliner Katholische Akademie werden. Wer aber je diese Hoffnung auf eine „Leuchtturm“-Funktion gehegt haben sollte, kann sie nun begraben. Die Akademie hat sich selbst in aller Öffentlichkeit – und damit auch das katholische Deutschland – gründlich blamiert.

Die Bundeskanzlerin sollte in Gegenwart des Kardinals und hochrangiger Kleriker, katholischer Politiker, Beamter, Gelehrter, Unternehmer und Medienvertreter eine gespannt erwartete Rede halten. Nach den „Kulturkampf“-Schlagzeilen (z.B. FAZ) der antirömischen Kampagne im Februar, auf deren Welle Merkel mit ihrer populistischen Papstkritik geritten war – was Tausende Parteiaustritte zur Folge hatte –, erwartete die Öffentlichkeit einen spannenden Abend, eine deutliche Aussprache und ein versöhnliches Signal der CDU-Vorsitzenden an die katholische Wählerschaft. Das Kanzleramt, so hieß es im Vorfeld, bereite seine Chefin auf heikle Fragen vor und hoffe, den in den letzten Wochen und schon 2007 durch den CDU-Stammzellbeschluss angerichteten Schaden zumindest teilweise wieder gut machen zu können.

Vergeblich. Denn auch die Akademieleitung bereitete sich vor, aber ganz anders, als es das Kanzleramt erwartete und irgendwie wohl sogar erhoffte. Des Kardinals intellektuelle Elite – Akademieleiter ist ein gewisser Joachim Hake – schickte sich an, ein Wort des Sozialpsychologen Gerhard Schmidtchen zu bewahrheiten. Der stellt in seinem Standardwerk: „Protestanten und Katholiken. Soziologische Analyse konfessioneller Kultur“ fest: „Deutsche Katholiken scheinen Autorität fragloser anzuerkennen. Ihr gesellschaftlicher Habitus ist devot.“ So nörglerisch und ungehorsam sie schon lange gegen das päpstliche Lehramt auftreten, so duckmäuserisch begegneten sie an jenem Abend einer Bundeskanzlerin, die die katholische Kirche häufiger und heftiger brüskierte als alle ihre Vorgänger.

Angela Merkel, die Tochter des „roten Kasner“, eines bekannten Protagonisten der evangelischen „Kirche im Sozialismus“, die sich in die Staatsdoktrin der SED-Diktatur hineindefiniert hatte, trieb Kardinal Meisner schon 2001 öffentlich die Falten auf die Stirn. Er hatte Merkels Antwort auf die Frage gelesen, wofür sie den Sonntag nutze: „Zum Ausschlafen und zum Nachdenken“ – sei der Sonntag aber für Christen nicht auch „der Tag der Feier des Glaubens“? Ebenso unsensibel die Gestaltung der offiziellen Feier von Merkels 50. Geburtstag: Sie verordnete den Gratulanten ein Referat des Hirnforschers Wolf Singer, Stiftungsbeirat der kirchenfeindlichen Giordano-Bruno-Stiftung.

Dass unter Merkel dann erstmals in der CDU-Geschichte die drei wichtigsten Ämter Parteivorsitz, Generalsekretär und Fraktionschef sowie die Mehrheit der Bundesminister-Posten mit Protestanten besetzt wurden – obwohl die Katholiken 58 Prozent der CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten und die Hälfte der Parteimitglieder stellen, die Evangelischen aber kaum ein Drittel –, fiel nicht weiter auf und wurde von niemand kleinlich aufgerechnet. Doch eine Fremdbetreuungs-fixierte Familienpolitik, die Verkürzung des Abtreibungsproblems auf „Spätabtreibungen“ und die Aufweichung der Stichtagsregelung zur embryonalen Stammzellforschung durch einen völlig unnötigen Parteitagsbeschluss – gegen das einhellige Votum der katholischen Bischöfe sowie mehrerer evangelischer Landesbischöfe – gaben schon genug Zündstoff zwischen Partei und Kirche, längst bevor Merkel in ungerechter und anmaßender Weise den Papst maßregelte.

Statt einer kritischen Auseinandersetzung mit diesen Reibungsthemen zwischen Kirche und CDU, „statt eines ernsthaften Dialogs also, flüchteten sich die Verantwortlichen der Akademie in organisierte Belanglosigkeit und blamierten sich dabei bis auf die Knochen. (...) Die Fragen, die gestellt würden, seien allesamt abgesprochen, ließ der Akademiedirektor, der die Fragerunde moderierte, wissen. Damit hätte man gerade noch leben können, hätten sie sich wenigstens ansatzweise mit jenen Themen befasst, die wie selbstverständlich über der Veranstaltung schwebten. Doch das war nicht der Fall. Kritisches hatte keinen Platz. Stattdessen wurde Frau Merkel gehätschelt und besäuselt“, kommentierte die katholische „Tagespost“. Aber auch „säkulare“ Journalisten, etwa von „Spiegel online“, wunderten und mokierten sich. Merkel selbst schien von der „gelenkten Öffentlichkeit“ à la DDR-Meinungsfreiheit peinlich berührt und fragte schließlich: „Wollen wir nicht noch ein, zwei spontane Fragen machen? Sonst ist das doch alles wie vorbestellt hier“ – worauf Moderator Hake ausgerechnet eine CDU-Landesministerin und Papst-Kritiker Professor Hans Maier aufrief.

„Der Fisch stinkt vom Kopf her“, weiß der Volksmund, und: „Wie der Herr, so's Gescherr“. So wundert es angesichts dieser würdelosen Inszenierung eines verbürgerlicht lauen Christentums nicht, dass auch Kardinal Sterzinsky nicht das Wort ergriff, sondern schwieg, als er von der Kanzlerin nonchalant vereinnahmt wurde: „Wir haben es uns mit der embryonalen Stammzellenforschung nicht leicht gemacht. Das ist auch ein Thema, das mit den Kirchen sehr kontrovers diskutiert wurde. Es ist immer von dem Willen geprägt - jedenfalls in der Christlich Demokratischen Union -, aus dem Menschenbild heraus eine verantwortbare Antwort zu finden. Ich sehe einige skeptische Blicke, aber nicht vom Kardinal.“ Sehr aufschlussreich. Man stelle sich nur vor, in der ersten Reihe hätte nicht Sterzinsky, sondern ein Konrad Graf von Preysing, Alfred Bengsch oder Joachim Meisner gesessen. Tapferkeit ist eben eine Kardinaltugend, aber leider nicht immer eine Tugend von Kardinälen.

2. April 2009

Wofür ich die Kirche liebe 2 - Der Rest

Viel ist ja nicht geworden aus der angekündigten Reihe von Postings "Wofür ich die Kirche liebe". Ich gebe zu: Ich bin einer dieser "Ankündigungsblogger", die annoncieren, aber nicht liefern.

Ich versuche, zu dieser späten Stunde und nach einem langen Tag meine Liste wenigstens teilweise abzuarbeiten:

Die Ehe meiner Eltern
Gute Ehen gibt es auch anderswo, keine Frage. Aber niemand wird mich davon abbringen zu glauben, daß ohne die Heimat, die ihnen die Kirche gab, die Ehe meiner Eltern geworden wäre, was sie für uns Kinder war und ist: Fester Bezugspunkt, Ausgangspunkt, Herkunft, Heimat, Ursprung. Im Ja zweier Menschen zueinander gründendes Daheim: "Home is the place where, when you have to go there, they have to take you in." Heimkommen dürfen wir immer noch, und von einem Reinlassen müssen kann keine Rede sein.

Süßspeisen am Mittwoch
Ab und an wurden wir mittwochs zum Bäcker geschickt, um "Vizen" zu holen: dunkel gebackene Milchbrötchen, aus denen Kartäuserklöße wurden. Beliebter, weil weniger aufwendig waren auf dem Scipionischen Speiseplan Reisbrei, Griesbrei, Wasserklöße, Bällmänner (flach gedrückte und beidseitig gebackene runde Kartoffelbreischeiben, die sich in den eingemachten Birnen, mit denen sie gereicht wurden, schnell abkühlten und auflösten) - und dicke Suppen mit "Zuckerweck" (in Restdeutschland als "Stückchen" im Handel. Ich glaube, es wurde uns nie gesagt, warum es außer freitags auch mittwochs fleischloses Mittagessen gab; es war wohl ein letzter Rest des Mittwochfastens. Auf jeden Fall gaben die Süßspeisen der Woche einen weiteren Höhepunkt oder, für den, der sie nicht mochte: ein Stück Struktur mehr.

Die Heiligen
"Die unsere ist die Kirche der Heiligen." (Bernanos, wie jeder weiß) Luther dreht sich vermutlich im Grab vor Reue, daß seine Anhänger die längste Zeit als Heilsindividualisten durchs jeweilige Leben gingen. Er weiß es jetzt nämlich besser: Erlösung kommt uns von dem EInen, der am Kreuz starb und der uns dadurch fähig machte, an der Erlösung anderer nach unseren schwachen Kräften mitzuwirken, durch Vorbild, durch Gebet, durch Opfer, durch Hingabe in die Hingabe Christi. Abgesehen davon ist es unheimlich interessant zu sehen, welche Typen alle schon vor uns erlöst wurden und produktiv in der Kirche wirkten. Nicht nur Großen, sondern gerade auch die Sonderlinge wie Benedikt Joseph Labre, die kleinen und hilfsbereiten Geschwister zeigen wie's geht. Bruder Konrad oder die kleine Kämpferin aus Lisieux zum Beispiel. In diesem bunten, sonderbaren, Zeiten und Orten überspannenden Zug mitzutrollen macht Spaß. Am meisten blamieren sich dabei übrigens die Ernsthaften, die Spaßbremsen und Freudenmeider. Und die, denen das alles furchtbar peinlich ist.

Dezentrierung
Nicht daß ich mir irgendwas drauf einbilde, aber ich habe Luthers Frage "Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?" nie richtig verstanden. Es geht doch gar nicht um mich. Es geht um IHN. Es geht um die Anderen, die Hilfe brauchen, die hungern und dürsten, nach Trinkwasser und Brot, nach Taufe und Leib Christi. Und als einer dieser Anderen geht es dann auch um mich. Katholisch sein war für mich immer Einübung in das Wegschauen von mir selbst. Nicht daß es was genützt hätte. Aber gelernt habe ich: Es geht nicht um fortdauernde Selbstbespiegelung ("Bin ich jetzt endlich glücklich? Fühle ich mich erlöst? Bin ich ein selbstbewußter, mündiger, offener, gelungener Mensch geworden?") und nicht um Verleugnung oder gar um Selbsthaß. Sondern um Selbstvergessenheit im Dienst, in der Liebe, im bereitwilligen Erfüllen der alltäglichen Pflicht und der immer gleichen Gebote der Bundestreue.

Die Priester in meinem Leben
Ich hatte das Glück, vielen guten Priestern begegnen zu dürfen. Solchen also, die nicht nur qua Weihe uns die GÖttliche Überfülle in materiellen Zeichen vermitteln, sondern denen man die Freude darüber und die Sorge um die ihnen Anvertrauten anmerkte. Väter in Christus also. Und dann gibt es noch jene meiner Freunde, die Priester wurden - und es (teils) immer noch mit ganzem Herzen sind. "Gratia praesupponit et perficit naturam - die Gnade setzt die Natur voraus und vollendet sie." (Thomas Aquinas) Ja, das kann tatsächlich gelingen. Nicht nur bei uns Weltchristen, sondern auch und gerade bei den cooperatores Veritatis et Caritatis.

1. April 2009

Dem Kater des Nachfolgers Petri...

... kann man bei http://twitter.com/popes_cat folgen. (Dankbares Nicken zum Curt Jester)

Politische Liturgie

Ich erhaschte in der Metro heute morgen einen Blick auf Angela, Nicolas und ihre Freunde, die sich momentan zum Gipfel treffen. "Ja", dachte ich so bei mir, "das ist recht eigentlich eine Liturgie, gar ein Hochamt, gefeiert in der außerordentlichen Form: Um es besser verstehen zu können, braucht man einen Schott, der einem dolmetscht - und tatsächlich hatte Le Monde gestern eine ganze Beilage, die der Leserschaft die G20-Liturgie erklärte: den Ablauf, die Handelnden, die Theologie dahinter und den Bezug zum alltäglichen Leben. Wie in den mittelalterlichen Kirchen (oder der Orthodoxie) ist die eigentliche Heilige Handlung neugierigen Blicken entzogen - der Lettner bleibt verschlossen und nur Gemurmel dringt nach draußen. Drinnen vollzieht sich derweil die Rettung der Welt, nach dem immer gleichen Ritus. Zum Ende hin treten die Zelebranten nach draußen und segnen das gläubige Volk."

Kleine Nachschrift

Kurz bevor ich mein Hotel erreichte, fiel mein Blick auf den Brunnen des Heiligen Erzengels Michael mit seinem Flammenschwert. In seiner Entschlossenheit wirkte er körperlich präsenter als die etwas unberührbare und vergeistigte junge Dame, die gleich gegenüber auf einer Werbefläche in gelb für eine Bikinimarke posierte.

Merke: Das Übernatürliche ist nicht weniger wirklich als die irdische Realität. Im Gegenteil.