30. November 2005

Unglaubliches Schweinfurter Dummgeschwätz

"Im 2. Weltkrieg sagte Dietrich Bonhoeffer zu den Vikaren im Predigerseminar, die zu gerne ihre Augen und Ohren vor dem nationalsozialistischen Unrecht verschlossen hätten: 'Nur wer für die Juden schreit, darf auch gregorianisch singen.'"
Das ist lange her, aber warum nicht das Vorbild Bonhoeffer und die Reue über deutsche und christliche Schuld nutzen, um die eigene Kirchenreformagenda zu befördern? Die Christen möchten guten Gewissens singen, und Roland Breitenbach identifiziert drei Gruppen von Unrecht-Leidenden, Nachfolger des auserwählten Volkes sozusagen, für die Christen unbedingt schreien müssen: Geschiedene-Wiederverheiratete, Homosexuelle, Frauen. Damals die Juden, heute die Frauen? Damals Auschwitz, heute Priesterseminare?

"Dabei ist uns klar: Die Parteinahme für Christen in der Kirche, die wegen ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Prägung oder wegen ihres Scheiterns ausgegrenzt sind, ist heute bei weitem nicht so gefährlich, wie etwa vor siebzig Jahren für die Juden einzustehen. Doch müssen wir wissen, dass Papst Johannes Paul II. die Frage nach dem Amt der Frau in der Kirche für erledigt hielt und weitere Diskussionen darüber untersagte. Noch immer bedroht die Kirche mit dem Maulkorb."
Solcher Taktlosigkeit, solcher dreisten Instrumentalisierung von Holocaust und Aufarbeitung desselben gehört wahrlich ein Maulkorb. Aber mindestens.

29. November 2005

The Man Comes Around



Immer wieder, immer noch Johnny Cash. Diesmal nähert sich der Southern Baptist Russell D. Moore in Touchstone dem schwarzen Mann und überlegt, was seine Message für die Pastoral der MTV-Generation sein könnte. Lesenswert.

"Johnny Cash is dead, and there will never be another. But all around us there are empires of dirt, and billions of self-styled emperors marching toward judgment.

Perhaps if Christian churches modeled themselves more after Johnny Cash, and less after perky Christian celebrities such as Kathy Lee Gifford, we might find ourselves resonating more with the MTV generation. Maybe if we stopped trying to be 'cool,' and stopped hiring youth ministers who are little more than goateed game-show hosts, we might find a way to connect with a generation that understands pain and death more than we think.

Perhaps if we paid more attention to the dark side of life, a dark side addressed in divine revelation, we might find ourselves appealing to men and women in black. We might connect with men and women who know what it’s like to feel like fugitives from justice, even if they’ve never been to jail. We might offer them an authentic warning about what will happen when the Man comes around.

And, as we do this, we just might hear somewhere up in the cloud of witnesses a voice that once cried in the wilderness: 'Hello, I’m Johnny Cash.'"
Idylle

In der Blogozese scheint die noch keiner verlinkt zu haben: zwei sprechende Tassen voller Zimtsterne(mpeg, ca. 5,6 MB). Nicht ganz stubenreine Ausdrucksweise, aber trotzdem "saulustig", wie meine Tochter sagte. (via der Kollegen von netbib)
Nichtgedeihlichkeitsverfahren

Beruhigend: Auch jenseits des reformatorischen Grabens gibt es unüberbrückbare Zerwürfnisse und die entsprechenden Rechtsmittel: Suspendierung, Zwangsversetzung, Sofortvollzug, Nichtgedeihlichkeitsverfahren, Landesarbeitsgerichtsklagen. Und keiner war's. Siehe Mittelbayerische Zeitung.
Kloake als Dauerproblem

Gerhard Henschel ereifert sich wortgewaltig über "Bild" als Kulturproblem im Merkur, mitsamt Exkurs über Kai Diekmanns Besuch beim Papst.
Mit freundlicher Unterstützung der deutschen Bischofskonferenz:

Video- und Audioblessing
Vorsicht, Diamat!

Die Patres Gustav Wetter SJ und Joseph Maria Bochenski OP sind schon lange tot, so daß wir für die aktuelle Diamat-Warnung auf heise.de zurückgreifen müssen.

Also Vorsicht bei der Wikipedia!

28. November 2005

Doch nicht

"München, 28.11.05 SJNews - Der Münchner Jesuit und Psychotherapeut Hermann Kügler hat am Wochenende Formulierungen in seinem Interview mit „spiegel online“ vom 25. November bedauert. In einem Gespräch mit dem Provinzial der Jesuiten in Deutschland, Stefan Dartmann SJ, machte Hermann Kügler deutlich, dass insbesondere der Satz, die katholische Kirche sei 'die größte transnationale Schwulenorganisation', eine polemische Entgleisung gewesen sei, die er sich nur aus der Hektik der Gesprächssituation erklären könne. Hermann Kügler: 'Diese Worte sind ein denkbar falsches Signal gewesen, mit dem ich meiner Kritik an der Vatikan-Instruktion keinen guten Dienst getan habe. Ich bedauere sehr, dass sich dieses Zitat mittlerweile verselbstständigt hat und bei vielen Menschen, die sich sachlich mit der Problematik auseinandersetzen wollen, Irritationen hervorgerufen hat.'"
Dann hoffen wir, daß sein Satz, er liebe die Kirche, nicht ebendieser "Hektik der Gesprächssituation" entsprungen ist, sondern tatsächlich einem "sentire cum ecclesia" entspricht, wie wir alle und besonders die Jesuiten unter uns es leben sollten.

In diesem Sinn lassen wir Father Robert Levens SJ, Provinzial der Jesuiten New Englands mit seinen Sätzen vom 31. Juli 2002 zu uns allen sprechen:

"If we present ourselves as only critical and not faithful to the Church, that is, if we do not love the Church as it is, but only as we would have it, then we will not be attractive to those who seek the [faith]. When we speak publicly, are we seen as men who love the Church? Do we use our teaching to build up or tear down? Is our first response to anything from the Vatican or the local chancery one of suspicion, criticism, or distrust? There can be in us a prevalent cynicism that is the death of prayerfulness, individually and collectively. ‘Wonder’ sees reality with awe and openness – ready to believe the best of everything, including ecclesiastical authority. Have we lost that sense of wonder? At times, perhaps even our focus on Jesus Christ is lost. Are we preaching him?" (EPPC )

("Wenn wir nur kirchenkritisch und nicht kirchentreu auftreten, d.h. wenn wir die Kirche nicht lieben wie sie ist, sondern nur wie wir sie gerne hätten, dann werden wir für die nicht attraktiv sein, die den [Glauben] suchen. Wenn wir öffentlich sprechen: werden wir als Männer gesehen, die die Kirche lieben? Nutzen wir unsere Lehrtätigkeit zum Aufbauen oder Abreißen? Ist unsere erste Antwort auf alles, was aus dem Vatikan oder dem lokalen Ordinariat kommt, eine des Mißtrauens, der Kritik oder des Argwohns? Es kann in uns einen vorherrschenden Zynismus geben, der die persönliche oder gemeinschaftliche Andacht tötet. 'Staunen' sieht die Wirklichkeit mit Ehrfurcht und Offenheit - bereit das Beste von allem anzunehmen, einschließlich der kirchlichen Autorität. Haben wir diesen Sinn des Staunens verloren? Gelegentlich ist vielleicht sogar unsere Ausrichtung auf Jesus Christus verloren gegangen. Predigen wir ihn?" - Teilweise in der Tagespost)

The loose canon und die Steinewerfer

Andreas Püttmann und Johannes Krug in einem wahrhaft ökumenischen Kommentar auf kath.net zum Fall Berger vs. Leicht:

"Er lehrte christliche Theologie und war sich auch für die vernachlässigte Volkskatechese und streitbare Zeitungsartikel nicht zu fein – verkündete authentisch, 'komme es gelegen oder ungelegen'. Konfliktvermeider und Konsensverwalter des deutsch-kirchlichen 'Juste milieu', die Liebhaber lauer Badetemperaturen mussten diese knorrig eigensinnige, schon von der Physiognomie her prophetisch anmutende Gestalt als Störenfried empfinden. Sie bliesen jetzt zur Rache – auf ihrem Niveau: in den Kategorien von Kirchensteuer, Versorgungsansprüchen und Rechtstiteln."
Vielleicht sollte man aber die "loose canon" (die Schiffskanone, die sich losgerissen hat und in verschiedene Richtungen feuert) in Bergers Fall besser als "freischaffenden Kanonikus" übersetzen...

Winterpapst vor Schneekönig



Zu sehen beim Eis- und Schneeskulpturen-Festival Oberhausen bis 29.1.2006. (yahoo via Curt Jester)
Doctor Doctor, gimme the news

Die Welt porträtiert zwei konservative Diagnostiker, Theodore Dalrymple und Udo di Fabio: "engagiert, wütend, aber ohne Ressentiment".
RTL-Liturgie mit heiterem Personenraten

Eigentlich hatte ich mir - allerdings ein bißchen unbestimmt bleibend - vorgenommen, im Advent nicht an der Liturgie herumzumeckern, wie sie mir begegnen würde. Aber eine Ausnahme sei mir noch gestattet - danach ist Ruhe bis Weihnachten.

Denn der gestrige Familiengottesdienst in einer Nachbargemeinde war schon "speziell": Nach der kurzen offiziellen Eröffnung durch den Pfarrer übergab der das Mikro an den Gemeindereferenten, der mit klarer, lauter Stimme ankündigte:

"Wir haben auch dieses Jahr den Advent wieder thematisch gestaltet und uns etwas ganz Besonderes ausgedacht. Lassen Sie sich überraschen. Sie sind heute Teilnehmer an einer großen Quizshow."

Wo solche Events bevorstehen, muß auf dem "Tisch des Wortes" ein Schnellimbiß reichen. Ohne Lesungen, aber immerhin mit Evangelium ging es ab in den "katechetischen Teil" - wieder mit dem showmasternden Gemeindereferenten. Die Kinder hockten sich auf die im Altarraum ausgelegten Teppiche, der Meister begrüßte eine Kandidatin und ließ seine 12jährige Assistentin einen Zweig und einen aus Pappe gebastelten Turm hereintragen. Spätestens jetzt war es jedem "Zuschauer" klar, welche "Person der Kirchengeschichte" gesucht wurde. Das Ritual begann: Mit ein bißchen scherzhaftem Hin und Her wurden die üblichen Textbausteine zum dem Leben der Heiligen ausgetauscht: der böse Vater, die Tochter im Turm, der Kirschzweig im Kleid - alles schön glatt und katechetisch simpel. Felix Pfefferkorn wäre verzweifelt. Und hätte, als die Kandidatin endlich richtig raten durfte, vor lauter Verzweiflung wahrscheinlich den Höhepunkt verpasst: Eine vierzigjährige Mutter aus dem Vorbereitungsteam, in einem Kleid, das sie wie eine Kreuzung aus Vestalin und Burgfräulein aussehen ließ, trat aus der Sakristei mit den Worten "Ich bin die heilige Barbara" und stellte sich den gestellten Fragen des Gemeindereferenten.

Yours truly begann schon zu überlegen, ob die hl. Barbara, die ja immerhin als Schutzfrau der Artilleristen agiert, der Quizshow ein plötzliches Ende setzen könnte... Woran meine Banknachbarn dachten, weiß ich nicht. Scheinbar ist man einiges gewöhnt und hat für alle Fälle einen leicht abgestumpften Gesichtsausdruck parat.

Nach einigen bemerkenswerten Fürbitten ("Guter Gott, gib, daß wir morgens wenigstens manchmal vor den Spiegel treten können und zu uns sagen: "Ich mag dich.") setzte sich der Gottesdienst immerhin im Großen und Ganzen liturgisch korrekt fort. Nur "das Wichtigste" (O-Ton) hätte der Gemeindereferent beinahe vergessen und fügte es lautstark ans Schlußlied an: "Die Kinder bekommen wieder ein kleines Behalti!"

Das eigentliche Schlußwort sprach draußen vor der Kirchentür ein guter (und hier mitlesender) Freund, der bislang nicht durch schismatische Neigungen aufgefallen war: "Am Ende landen wir noch alle in Kleinwallstadt."

Miserere nobis.

NB: Am nächsten Sonntag geht die Quizshow weiter. Allen Interessierten gebe ich Ort und Zeit gerne per e-Mail oder telefonisch durch.
Dokumentation des Anfangs

Meine Lektüre in den letzten Tagen war die Dokumentation von Predigten und Ansprachen, die Kardinal Ratzinger / Benedikt XVI. im April und Mai gehalten und die die Deutsche Bischofskonferenz als pdf und Printausgabe zusammengestellt hat.

Beim Lesen wurde mir richtig klar, wie oft BXVI. auf die Freundschaft mit Jesus Christus und auf SEine Nähe zu sprechen kommt - diese Passagen sind so etwas wie der spirituelle "Generalbass", vor dem er sein Pontifikat sieht und den er auch seinen Zuhörern - den Kardinälen, die Priestern und Diakonen des Bistums Rom, den Katholiken und Christen - immer wieder ans Herz legt.

"Er - der ewige Sohn - hat unser Menschsein vor das Angesicht Gottes getragen, er hat das Fleisch und Blut in einer verwandelten Gestalt mit sich getragen. Der Mensch findet Raum in Gott; durch Chrstus wurde das menschliche Sein in das innerste Leben Gottes selbst hineingenommen. Und da Gott den ganzen Kosmos umfasst und trägt, bedeutet die Himmelfahrt des Herrn, dass sich Christus nicht von uns entfernt hat, sondern dass er jetzt, weil er beim Vater ist, jedem von uns für immer nahe ist. Jeder von uns darf zu ihm 'Du' sagen; jeder kann ihn anrufen. Der Herr befindet sich immer in Hörweite. Wir können uns innerlich von ihm entfernen. Wir können leben, indem wir ihm den Rücken zukehren. Aber er erwartet uns immer und ist uns immer nahe." (Predigt am 7. Mai 2005, an der Feier der Himmelfahrt Christi, in der Lateranbasilika)

27. November 2005

Advent in Berlin

Im Advent geht es eigentlich ein bißchen karger zu. Genau das geschieht momentan in Berlin - und schafft Hoffnung für die Republik:

"Der Terminplan von Angela Merkel sah für die Zeit, da die Damen der Stadt die wirklich teuren Friseursalons und Kosmetiker auslasteten, vor: Ansprache beim Zentralverband des Deutschen Handwerks in Düsseldorf. Für die knisternden Minuten vor dem Aufbruch, in denen Vorfreude und Garderobenkrisen kulminierten: Ansprache bei der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU in Hamburg. (...)

Daß man auf den Rängen des Parlaments keine Zeitung liest, keine Kekse knabbert und nicht winkend herumfuchtelt, auch das darf die unpolitischste Politikjournalistin des Landes noch lernen. Es wäre logikfremd, dürfte Christiansen mehr tun, als Merkel Frisurtips zu geben: Auf ihr liegt das Diktum der britischen Wirtschaftspresse, die Abschaffung ihrer Show sei der Schlüssel zur Sanierung der deutschen Wirtschaft. Da geht es um die Kerndinge, an denen Merkel sich messen lassen will. (...)

Merkels Selbstabschirmung, die Sperrzone um ihr Privatleben und ihr weitgehender Verzicht auf eine politisch instrumentalisierte Kultur gehörten bisher zu ihren Stärken. Nachdem es der frühere Kanzler geschafft hat, im Rahmen seines Staatsschauspiels sogar eine Liebeserklärung an seine Frau im Fernsehen abzugeben, könnte eine Kanzlerin, die den Glamour Glamour sein läßt und ihrer Befremdung treu bleibt, die am intellektuellen Gespräch teilnimmt, aber das tiefere Kulturleben vor Politikannäherung verschont, eine erfrischende Souveränität verkörpern." (Christian Schwägerl: Die Hofdamen vermissen die Königin in der FAZ)
Oratio - Dominica prima Adventus

Excita, quaesumus Domine, potentiam tuam, et veni: ut ab imminentibus peccatorum nostrorum periculis, et mereamur protegente eripi, te liberante salvari. Qui vivas et regnas cum Deo Patre in unitate Spiritus Sancti Deus: per omnia saecula saeculorum.

Stachle Deine Macht auf, o Herr, und komm, wir bitten Dich: dann werden wir gewürdigt, durch Dich, den Schützer, aus den durch unsere Sünden drohenden Gefahren entrissen zu werden, durch Dich, den Befreier, gerettet zu werden. Der Du lebst und herrschst, mit GOtt dem Vater in der Einheit des Heiligen Geistes. Gott: von Ewigkeit zu Ewigkeit.

25. November 2005

Geweihte Würmer im morschen Sakralfeudalismus

"Die katholische Kirche ist ein feudalistisches System. Es gibt einen herrschenden und einen beherrschten Stand. Und der herrschende lässt nur solche Leute rein, die genehm sind", sagt unverfroren der Jesuit Hermann Kügler. Zusätzlich ist diese Kirche für ihn "die größte transnationale Schwulenorganisation", sie schließt ungerechterweise 50 % ihrer Mitglieder von der Macht aus und hinkt, so darf man aus dem Gesamtduktus seines Interviews im Spiegel schließen, nicht nur "bei der Rezeption vieler wissenschaftlicher Einsichten" hinterher, sondern überhaupt und generell.

Beruhigend immerhin für den lieben Pater und uns alle, daß er "regelmäßig Kurse in der Priester- und Ordensausbildung" gibt. So schlimm kann es mit dem Feudalismus nicht sein.

Ich würde eher auf ein postfeudales System schließen, das seinen Rebellen und Umstürzlern demnächst wie ein reifer Apfel in den Schoß fallen wird. Immerhin dürfen sie schon seinen Nachwuchs ausbilden.

Katholizismusrätin

Synodale Strukturelemente innerkirchlicher Demokratie, Vertretung der Laien in der Kirche, pilgerndes Gottesvolk, konziliarer Geist - für all das und noch viel mehr stehen in unserer deutschen Kirche die vielfältigen Räte auf allen Ebenen: Pfarreien, Dekanaten, Diözesen, Bundesebene. Für Außenstehende - also zum Beispiel für den durchschnittlichen Leser der im aktuellen Regensburger Rätereformstreit schwer engagierten Mittelbayerischen Zeitung - klingt das leicht so, als gebe es da eine demokratische Legitimation im üblichen Sinne: Die Vielen an der Basis wählen aus ihrer Mitte einige Vertreter, die wiederum aus ihrer Mitte für die nächste Ebene einige Vertreter wählen, die wiederum...

So ist es natürlich nicht, denn tatsächlich gibt es, könnte man sagen, eine Gruppe von Rätekatholiken, die eben auch ohne diese durchgängige Legitimation einer direkten Wahl durch die Basis ihren langen Weg durch diese Räte gehen. Geborene Synodalkatholiken quasi.

Nehmen wir Birgit Pottler als Beispiel dafür: Sie ist zugewähltes Mitglied des Diözesanrates Würzburg und von diesem als Verteterin in das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken entsandt. Birgit Pottler, wie sich aus dem Internet ergibt, war von 1997 - 2000 BdKJ-Diözesanvorsitzende in Würzburg, studierte daselbst katholische Theologie, hospitierte u.a. beim Würzburger Katholischen Sonntagsblatt, der KNA und dem BR, forschte bei Bernhard Heininger zur "Wahrnehmung der Geschlechterdifferenz in religiösen Symbolsystemen", wurde 2002 Assistentin des Würzburger Generalvikars und ist seit Dezember 2004 in Radio Vatikan tätig.

In der Terminologie der Gewaltenteilung ausgedrückt: Sie kennt nicht nur die kirchliche Exekutive von innen, sondern wirkt gleichzeitig in der 4. Gewalt, den kirchlichen Medien, und in dem, was im Selbstverständnis des Rätekatholizismus der Legislative am nächsten kommt: den deutschen Laienvertretungen.

Eine junge Frau also, die einen großen Teil ihres Lebens in den Dienst der Kirche stellt - bezahlt und ehrenamtlich, artikuliert, kompetent, engagiert, gutmeinend und überzeugt. Und gleichzeitig Exemplar einer nicht ganz einflußlosen Klasse ungeweihter Kirchenfunktionäre/innen, deren Werdegang einen an die vielbeklagte Inzucht in der deutschen Politikerklasse denken lässt.

Wenn also bei einer Rätereform die Abschaffung von Mitsprache und Mitwirkung von Laien in der Kirche beklagt wird, dann geht es nicht unbedingt, oder sagen wir fairerweise: nicht unbedingt nur um Lieschen Müller vom Frauenbund Dingolfing, um den Karl von den Mitmachmännern oder um die schwerbehinderte Frau Hintersperger, die an jedem Priesterdonnerstag ihre Eucharistische Anbetung für gute Priester aufopfert. Da geht es eben auch oder vielleicht sogar vor allem um die Meinungsmacher und Institutionenmarschierer, die Netzwerker und Konzilsverwirklicher, die geborenen Basisvertreter und mündigen Laien, die um ihr Forum fürchten - und um den Verlust ihres Anspruchs, für "die deutschen Katholiken" zu sprechen.

(Disclaimer: Ich kenne Frau Pottler nicht und habe mit ihr kein Hühnchen zu rupfen. Ich bin nie in irgendwelchen innerkirchlichen Wahlen gescheitert. Es stinkt mir lediglich, daß andere in meinem Namen auftreten bzw. von Dritten so getan wird, als ob sie es täten.)

Was soll ich sonst mit meiner Dankbarkeit anfangen?

Father Richard John Neuhaus in seinem Thanksgiving-Posting :

"I remember reading an interview with novelist John Cheever, author of The Wapshot Chronicle and much else that is still worth reading. Cheever’s personal life was something of a shambles. For years he fought against alcoholism and depression, but he went to church regularly. Asked why, he said, 'I don’t know what else I would do with my gratitude.'

Which is not a bad summary of the Christian life: gratitude, as in thanksgiving, as in Eucharist."
Emily Rose und Anneliese Michel

Historisches und aktuelles Material zum "Fall Klingenberg" und zum "Exorzismus von Emily Rose" hat das Bistum Würzburg ins Netz gestellt.

24. November 2005

Vitamin B16



(via Shrine of the Holy Whapping at cafepress)
Maria ist ein guter Kumpel



Ein Marian Tank or Tee fehlt uns noch in den deutschen Shops. (KRT Wire)

Für den Fall, daß es einer anbieten will, schlage ich vor, ein Bild der Gottesmutter mit dem ultra-kryptischen "Nunquam satis" des hl. Bernhard und unseres Papstes zu kombinieren...
Des Trunkenbolds Gebet

Over the Rhine haben es mit ihrem ruhigen Album "Drunkard's Prayer" auf Platz 2 der "Best Christian Albums of 2005" von Christianity Today gebracht. Da ich die anderen Alben nicht kenne, weiß ich zwar nicht, ob Platz Zwei verdient ist, aber der Begründung kann ich auf jeden Fall zustimmen:

"If nothing else, Drunkard's Prayer is a poignant testament to life's hardships and the overriding power of faith and love to carry us through all things. Linford Detweiler and Karin Bergquist were headed on the path to a possible divorce, but instead, they took some time and effort to save their marriage, and thanks to some divine intervention, their relationship is stronger than before—to the delight of Over the Rhine fans everywhere. This album celebrates the duo's reconciliation with typically stunning folk-pop and terrific musicianship all around, naturally centered on Detweiler's inspired piano and Bergquist, one of the most passionate voices on the planet. Granted, it's somewhat light on spirituality, but the album is still rooted in biblical truth. Besides, what could be more Christian than rejoicing in the sanctity of marriage? It's inspiring, thoughtful, and oh so romantic."

21. November 2005

Auf anderes aufmerksam als auf sich selbst

Bedenkenswertes, unterwegs gelesen:

"Die Fixierung auf das eigene Heil, der die Kirche zur 'Heilsanstalt' wird, ist ... blind für die Einzigkeit Gottes und seiner rückhaltlosen Selbstzusage.

Gott geht es um uns. Aber hätte es daraufhin auch uns zuerst um uns zu gehen?

Als Philosoph gebe ich Sokrates das Wort - zwei Worte. Das erste nennt 'die ständige Sorge um die Gesundheit (das Heil) auch eine Krankheit'. Das bedarf jetzt keiner weiteren Erklärung.

Das zweite Wort stellt klar, das Gute sei 'anderes als retten und gerettet werden'. - Durch die ego-zentrierende Macht von Unheil und Krankheit ist das kranke bzw. 'unglückliche' Bewußtsein vor allem ein 'falsches'. Als stimmen auch seine Vorstellungen und Hoffnungsbilder von Heil und Gesundheit nicht. - 'Wer Zahnweh hat, hält jeden, desen Zähne gesund sind, für glücklich'.

(...)

Dann aber bestünde wahre Heilung nicht zuletzt darin, auch vom Gedanken an Heilung zu heilen? Heilung wäre dann zwar nicht - wie eben - unerwünscht; aber sie würde unthematisch? Hier strahlt die 'Selbst-Verständlichkeit' des Guten auf. (Im Gegensatz zum Zahnweh melden sich gesunde Zähne nicht).

Im Gedanken an Rettung kreist der Hoffende noch um sich. Wer lieben wollte, um glücklich zu werden oder auch nur, um der Einsamkeit zu entgehen, der liebte so gerade nicht. Darum gibt es zu denken, daß in der Nachfolge Kants ein heutiges Denken von Religion - bei Philosophen wie Theologen - fast gänzlich unter den Programmworten Sinn und Heil steht.

Das Problem allen Heilungsbemühens (und darum auch einer 'therapeutischen' Sicht der Offenbarung) sehe ich in der folgenden Paradoxie: Aus der gemeinsamen Sorge um den Erkrankten, aus der gesammelten Aufmerksamkeit auf sein Ich, soll gerade dies hervorgehen, daß er auf andere(s) aufmerksam wird als auf sich selbst. Daß dies paradox ist, heißt nicht, es sei unmöglich, aber wem diese Paradoxie nicht einmal bewußt ist, der scheitert gewiß." (Jörg Splett: ...subsistit in ecclesia catholica.- Int Kath Zeitschr Communio 2005; 34(5): 536f)

19. November 2005

On the road again

Ich verabschiede mich bis Mittwoch nach Paris. Keine Ahnung, ob ich aus dem Hotel heraus werde bloggen können.

Adieu!

18. November 2005

Ecclesia Semper Processanda

"'Die Kirche ist stets der Reinigung bedürftig und geht immerfort den Weg der Erneuerung', heißt es in der Konzilsschrift 'Lumen Gentium' (Licht der Völker). Deshalb forderte der Augsburger Pastoraltheologe Hanspeter Heinz (66) beim Studientag des Medienreferats der Diözese Würzburg sich der synodalen Prozesse erneut zu besinnen. Seit 1985 sind diese Reformprozesse in den meisten deutschen Diözesen durchgeführt worden. (...)

Heinz bedauerte, dass in letzter Zeit die Begeisterung für synodale Versammlungen allgemein abnehme. Dass sie auch in Zukunft unverzichtbar seien, erklärte er unter anderem mit dem Hinweis darauf, dass sie ein wichtiges Mittel seien, um die im Zweiten Vatikanischen Konzil und in der Würzburger Synode geforderten Erneuerungen zu verwirklichen. Doch wer soll sie vorantreiben? Wie der 'Geist als der eine und gleiche im Haupt und in den Gliedern wohnt und so den ganzen Leib lebendig macht' (Lumen Gentium 1,8), sind laut Heinz alle Christen gefordert, ihre Charismen zugunsten der Zukunftsfähigkeit synodaler Prozesse einzubringen." (Würzburger Katholisches Sonntagsblatt)
Wo nur, wo findet sich in der Schrift oder im katholischen Paket (Schrift+Tradition+Lehramt) oder sonstwo in autoritativen Quellen die Gleichung aufgestellt:

Reinigung = Reform = Reformprozess = synodaler Prozess ?

Da kommt mir die Gleichung

Reinigung = Umkehr = Beichte = morgen um 17.00 Uhr Beichten gehen

viel plausibler, biblischer, christlicher, geistgemäßer vor.

Und die Aufforderung "Ihr Christen alle, bringt Eure Charismen ein zugunsten der Zukunftsfähigkeit von synodalen Prozessen" kann wohl auch nur von einem Pastoraltheologen stammen, einem geborenen und unvermeidlich zu berufenden Teilnehmer und Wortführer an und in solchen "Prozessen"... Auch er muß sehen, wo er bleibt.

Wenn heute im Zusammenhang mit der Regensburger Rätereform ein Pfarrer Dallmeier (Marklhofen) in der Passauer/Landauer Neuen Presse mit dem Satz zitiert wird: "Die Zeiten müssen vorbei sein, in denen Laien von den Klerikern pastoriert werden", dann scheint mir die organische Ergänzung nach der Lektüre meines Bistumsblattes zu lauten: "Endlich sollen sie von Pastoralexperten pastoriert werden, die wirklich wissen, wo es lang gehen muß!"

17. November 2005

Zuschauer oder Teilnehmer?

Aus Eamon Duffys Buch "The Stripping of the Altars", einer minutiösen Analyse von Volksfrömmigkeit und -religion in England zwischen 1400 und 1580, also dem Jahrhundert vor der Reformation bis zum Beginn der elisabethanischen Zeit, genauerhin aus dem Kapitel "Zuschauer oder Teilnehmer? Laienreligion und die Messe":

"Bis zu welchem Grad war die Einbeziehung der Laien in diesen heiligsten und zentralsten Ritus der Christenheit eine passive oder entfremdende?

Jeder Versuch, diese Frage zu beantworten, muß mit der Erkenntnis beginnen, daß die Laienschaft die Messe auf viele Arten und unter verschiedenen Umständen erlebte. Der Pfarrgottesdienst wurde tatsächlich am Hochaltar gefeiert, und dieser Altar war sogar von den nächsten Gliedern der Gemeinde oft weit entfernt und teilweise vom Lettner verdeckt. In einigen der großen Pfarrkirchen, wie St. Margaret's in Lynn, oder St. Peter in Walpole, dürften die Pfarrmitglieder außer der Hörweite all dessen gewesen sein, was am Altar nicht gesungen, sondern gesprochen wurde. Überdies wurde während der Fastenzeit im Altarraum ein riesiges Tuch heruntergelassen, bis einen Fußbreit über dem Boden, das an Werktagen den Blick der Laienschaft auf den Zelebranten und die Wandlung vollkommen versperrte.

Wir müssen jedoch begreifen, daß sowohl Lettner wie Tuch Erscheinungsformen eines komplexen und dynamischen Verständnisses der Funktion von Ferne und Nähe, von Verbergen und Enthüllung in der Erfahrung der Liturgie waren. Sowohl Lettner wie Tuch waren Barrieren, die innerhalb der Kirche die Grenzen zwischen dem Bereich des Volkes und dem Allerheiligsten markierten, jenem heiligen Bereich, innerhalb dessen das Wunder der Transsubstantiation erwirkt wurde, oder - im Fall des Tuches - zwischen verschiedenen Arten von Zeit, der festlichen und der in Buße verbrachten. Das Tuch war genau dazu da, als befristeter ritueller Entzug des Blicks auf die Wandlung zu fungieren. Seine symbolische Wirksamkeit leitete sich von der Tatsache ab, daß es eine Zeitlang etwas verdeckte, was sonst zugänglich war; in diesem Prozess erhöhte es den Wert des Schauspiel, das es zeitweilig verhüllte.

Der Lettner selber war Barriere und nicht Barriere. Er war keine Wand, sondern eine Reihe von Fenstern, ein Rahmen für das liturgische Drama, nur bis in Hüfthöhe massiv, durchbrochen von einer Tür, breit genug, um Pfarrer und Chor hindurchzulassen, einer Tür, durch die auch die Laienschaft selber zu bestimmten Gelegenheiten eintreten durfte, z.B. wenn sie sich, wie in Eye an Hochfesten, mit Fackeln versammelte, um das Sakrament zu ehren, zu Prozessionen wie der an Lichtmeß, und zu den Zeremonien und Betrachtungen, die mit dem Ostergrab verbunden waren." (S. 111f)
Ein Schmuck vor GOtt

Heilige Frauen mit Ohrringen gab es laut Zadok the Roman mindestens zwei: Therese Martin a.k.a. Therese vom Kinde Jesus und vom Hl. Antlitz auf jeden Fall, dazu für Katholiken ("Schrift UND Tradition" statt sola scriptura!) noch Maria Magdalena. Von den Seligen trugen Teresita Quevedo, Maria Corsini, Celie Martin und Eurosia Fabris Barban Ohrringe.

Aber Männer? Heilige Männer mit Ohrring(en)? Historische Fehlanzeige!
This Blog goes global

... und jetzt kann ich es mit Site Meter für die letzten 100 Besucher nachverfolgen: Israel, Iran, Griechenland, Italien, die USA und Kanada sind dabei, dazu die lieben Nachbarn aus Österreich, Schweiz und Luxemburg.
Info-Seite zur Regensburger Rätereform

Jeder sieht nur das, was er sehen will. In und um Regensburg schreiben derzeit wieder so manche, die nicht sehen wollen. Wer dennoch vor dem Abfassen der Artikel Informationsbedarf hat, kann sich auf der Rätereform-Seite des Bischöflichen Ordinariates schlau machen.

Ansonsten nur ein schneller Kommentar: Endlich haben wir mal einen Bischof, der sich - wie dauernd von Laiengremien und anderen "prophetischen" und "besorgten Stimmen" gefordert - nicht nur hinter seinen Kollegen versteckt, sondern seinem Gewissen folgt und Alleingänge wagt - und dann ist es auch wieder nicht recht.
Intellektuelle und katholische Lebensformeln

"Immer mehr Intellektuelle wechseln zur katholischen Messe", so sinngemäß Denton Lotz, Generalsekretär des Baptistischen Weltbundes im September laut idea und Bodenpersonal (Danke, Martin, für den Link dorthin!).

Das dürfte in Deutschland anders sein, schon einmal, weil es - ohne irgendjemandem zu nahe treten zu wollen - vermutlich nicht sehr viele baptistische Intellektuelle bei uns gibt, und dann, weil die Katholiken vor Ort alles tun, um den intellektuellen Reiz der Messe entweder abzuschleifen oder unbedingt und krampfhaft einzuführen. Intellektuelle denken gerne selber, entdecken gerne selber Zusammenhänge und Bedeutungen - und haben genügend Möglichkeiten, um die moderne und weltliche Welt im Reinzustand zu genießen, sofern sie es wollen. Anbiederung unnötig. Let the Mass do the talking.

Wie nachhaltig die Messe zu geistig regen Mitfeiernden spricht, kann man bei Arnold Stadler in seiner Psalmenübertragung "Die Menschen lügen. Alle." nachlesen: Der vorkonziliar großgewordene Schiftsteller hat im "Introibo ad altarem Dei" ("Zum Altare GOttes will ich treten"), dem Beginn des Stufengebetes, einen festen und fruchtbaren Bezugspunkt. Und der Germanist Wolfgang Frühwald, noch so ein katholischer Intellektueller, springt ihm in einer Laudatio bei (im Google-Cache leider nur die gekürzte Version aus dem Rheinischen Meckerer):

"So hat [Stadler] die alten Texte nicht nochmals mit philologischem Ehrgeiz übersetzt, sondern, orientiert an der hebräischen Vorlage, ein Drittel davon in eine Sprache übertragen, die keine kanonische Geltung beansprucht: meine Sprache. Da dieses individualisierende Experiment einer Anverwandlung traditionsbelasteter Texte an die Sprache der Gegenwart die Lebensformeln der Sakralsprache (in bewusst konfessioneller, das heißt lateinischer und deutscher Mischung) mit den Lebensformeln des Autors verbindet, taugt es als Basis einer neuen Spiritualität."

16. November 2005

Benedikt XVI. zu mir und uns

"Am 18. November 1965 haben die Konzilsväter ein eigenes Dekret über das Laienapostolat, Apostolicam actuositatem, verabschiedet. Es unterstreicht vor allem, dass 'die Fruchtbarkeit des Apostolates der Laien von ihrer lebendigen Vereinigung mit Christus abhängt' (Nr. 4), das heißt von einer starken Spiritualität, die sich aus der tätigen Teilnahme an der heiligen Liturgie speist und im Stil der evangelischen Seligpreisungen zum Ausdruck kommt.

Des weiteren sind berufliche Sachkenntnis, familiärer und mitbürgerlicher Sinn sowie Tugendhaltungen, die sich auf den mitmenschlichen Umgang beziehen, für die Laien von großer Bedeutung.

Wenngleich sie als Einzelne dazu aufgerufen sind, ihr persönliches Zeugnis abzulegen, vor allem dort, wo die Freiheit der Kirche behindert wird, besteht das Konzil doch auf der Bedeutung des organisierten Apostolats, das notwendig ist, um auf die öffentliche Meinung, die sozialen Bedingungen und auf die Institutionen einzuwirken (vgl. Nr.18)." (Tagespost)
Die Blogozese bzw. die weltweite St. Blog's Parish fällt wohl noch nicht unter "organisiertes Apostolat". Aber wenn der theologische Ansatz von Stefan Böntert einmal rezipiert ist, wird sich das bestimmt ändern. ("Kirche im Internet kann als eine theologisch verantwortbare Konkretion von ekklesialem Miteinander in der mobilen Informationsgesellschaft gedacht werden.")
Hubers leichte Reiterei fährt die schwere Artillerie auf

Robert Leicht in der Zeit mit einer finalen Version der Ereignisse und Interpretationen um und mit Klaus Berger.

Da bleibt auch einem Berger-Fan wie mir nur die Erkenntnis, daß offensichtlich auch einer, der als das schlechte Gewissen der deutschen Ökumene auftrat - durchaus zu Recht-, in seinem Leben nicht die gleiche Klarheit aufbringen bzw. nachholen konnte, wie er sie sich von anderen wünscht. Ein leichtes Schlachtopfer für all jene, denen er vorher frohgemut und frech auf die Füße stieg.

Eine Moral von vielen: Respice finem - schau auf das, was noch alles kommen kann. Und zwar bevor du die Rolle des Spielverderbers übernimmst.

Eine zweite: Ein Bischof kommt selten allein. Denn wofür hat er seine journalistisch erfahrenen Akademiepräsidenten?

Eine dritte: Katholik im Herzen und Protestant nach außen sein zu dürfen, ist ein Sonderstatus, der nicht beansprucht, sondern von der "Öffentlichkeit" zuerkannt wird.

Und eine vierte: Protestant im Herzen zu sein schließt nicht aus, gut katholisch erst einmal Werke der Buße und Zeichen der Umkehr zu verlangen, bevor die Begnadigung allein hinterher kommt.

Nummer fünf: Wer für den Schaden am Glashaus selbst verantwortlich ist, muß sehen, wo er bleibt. "Come on back" (Jimmie Dale Gilmore).

15. November 2005

Teilnahme durch Überforderung

Im September/Oktober-Heft von "Geist und Leben" findet sich ein (wider Erwarten) lesenswerter Artikel des ehemaligen Trappisten Bernhardin Schellenberger über den "Tag als spirituelles Erlebnis", in dem er sich an das Stundengebet seiner Mönchsjahre in Maria Wald erinnert.

Implizit äußert sich Schellenberger zum Thema der "actuosa participatio", der nach dem Konzil und bis heute viel umstrittenen "tätigen Teilnahme" an der Liturgie:

"Die Fülle an Melodien, Bildern, Inhalten und Gefühlen konnten wir natürlich nur zum Teil aufnehmen. Aber es war auch gar nicht der Sinn, alles bewusst mitzudenken. Entscheidender waren der Fluss von biblischen Inhalten und Bildern sowie die Atmosphäre, die uns umgab. Das durchwirkte nach und nach die Seele bis in ihre Tiefenschichten."
Er schildert eine solche Fülle und Aberfülle von Bildern und Anspielungen in den Psalmen und Hymnen, die zwischen 2 und 19 Uhr gebetet wurden, daß einem schon beim Lesen des Artikels der Kopf brummt. Aber, und das scheint mir wichtig an seiner Lektion: Nicht darauf kommt es an, daß sie beim ersten Lesen bzw. Beten bzw. Singen ein für alle Mal und vollständig verstanden werden, sondern daß sie so reich sind, daß sie auch nach Jahren und Jahrzehnten noch nicht erschöpft werden können.

Das kommt mir so ähnlich vor wie das Vorgehen meiner Frau und meiner selbst, damals, als wir unseren Kindern noch abends vorlasen: Fast immer hatten wir Bücher gewählt - zuerst wohl unabsichtlich, später bewußt-, die sie ein bißchen überforderten, die zu textlastig, zu aufregend, zu tiefgründig waren. Selbst wenn wir "altersgerecht" hätten sein wollen: Bei drei Kindern im Abstand von 3 1/4 Jahren hätten wir nie alle "getroffen". Nun, unsere Kinder suchten sich das Ihre aus, was sie mitnehmen, bedenken, träumen, wieder und wieder hören wollten.

14. November 2005

Wose Recht hat, hatse Recht

"Nur als informierte Christin und informierter Christ ist es möglich, zum Zeitgeschehen in Kirche und Welt kompetent Stellung zu beziehen und Verantwortung in der Gegenwart zu übernehmen." Sagt Frau Landesbischöfin Margot Käßmann, Hannover, zugunsten von Christ in der Gegenwart.

Das Deutsch ist zwar ein bißchen seltsam, und wenn man es eng sieht, postuliert sie einen Ausschließlichkeitsanspruch, den nicht einmal die Una Sancta Romana in ihren besten Zeiten in Anspruch nahm und der Karl Rahner im Grab rotieren ließe - aber sonst: vgl. Überschrift.
Der Dichter zum Gedicht zum Film "In den Schuhen meiner Schwester"

Kann ein Film schlecht sein, der seine Besucher zu guten Gedichten hinführt? "In den Schuhen meiner Schwester" macht offensichtlich neugierig auf E. E. Cummings' "i carry your heart with me" - wie ich anhand der Sitemeter-Referrals feststelle.

Leute, lest Cummings! Am besten alles, was es von ihm gibt.
Reich Gottes auf Erden

Ein trauriges Beispiel von "Wir aufgeklärten West-Christen und ihr rückständigen Drittweltler" postet Petra. Es ist zu traurig, als das es eine Parodie sein könnte...

Der letzte Absatz:

"If the Holy Spirit truly guides the church, it is our responsibility to stand at the point God has placed us within the church and proclaim from the honest depths of our souls, 'This is how I see God!' and respect each vision as equally valid. If the whole church entered into such respect-filled dialogue, surely the Kingdom of God would be manifest upon the earth."
erinnert mich an dabei ein bißchen an die Reich-Gottes-Lehre eines unserer einheimischen Priester, für den ich noch viel häufiger beten müsste:

"Das Reich Gottes lebt aus der Beziehung der Menschen zueinander."
Klarstellung

Weil's ein aktueller Fall von "Wellness-Oase Kirche" mal wieder erfordert: "Hier ist wohl sein," sagte Petrus laut Mt 17, 4, und nicht: "Hier ist wohlfühlen."

13. November 2005

Irren ist tödlich

"Dignitas" klingt gut - ein bißchen wie "Donum Vitae" ... - aber Namen sind Schall und Rauch. Die FAZ berichtet über einen Fall, bei dem die Leute von Dignitas (nachträglich geändert; hier stand erst "Todesengel") einer 69jährigen Deutschen ihr Gift beschafften, die sie mit einer falschen oder gefälschten Diagnose darum bat. "Verkettung tragischer Umstände" nennt es die FAZ - man kann auch sagen: die Verkettung tragischer Umstände wurde nicht erkannt und verhindert. Wie denn auch, wenn gilt: in dubio pro morte.

Dignitas zitiert auf seiner Homepage "die Meinung" des hl. Thomas Morus. Thomas beschreibt in der Utopia die Beratungspraxis auf der gleichnamigen Insel:

"Stellen sich aber ausserordentliche Schmerzen ein, denen kein Heilmittel gewachsen ist, dann begeben sich Priester und Amtspersonen zu dem Kranken und erteilen ihm jenen Rat, den sie den Umständen entsprechend für den einzig richtigen ansehen: Sie versuchen, ihm klar zu machen, dass ihm alles genommen sei, was das Leben angenehm mache, ja was das Leben überhaupt ermögliche, dass er gewissermaßen nur seinen bereits eingetretenen Tod noch überlebe und dadurch sich selbst und seiner Mitwelt zur Last geworden sei. Sie legen ihm nahe, das quälende Ende nicht länger währen zu lassen und mutig zu sterben, da das Weiterleben für ihn nur eine einzige Abfolge von Qualen darstelle. Sie reden ihm zu, er möge die Ketten sprengen, die ihn umschließen, er solle freiwillig aus dem Kerker des Lebens entweichen oder wenigstens die Einwilligung geben, dass andere ihn daraus erlösen. Wenn er sterbe, so verschmähe er damit nicht in unverantwortlicher Weise die Wohltaten des Lebens, sondern er beende damit nur eine grausame Marter. Wenn einer daraufhin den Worten der Priester, die als Werkzeuge Gottes angesehen werden, sich gefügig zeigt, so verrichtet er damit ein frommes, ein heiliges Werk."
Nun ist ja offensichtlich nicht ganz klar, wie Thomas zu seiner "Utopie" stand: War sie ihm "idealisiertes Gegenbild" oder "boshafte Satire"(wikipedia)? Klar ist jedenfalls, daß es sich bei der Praxis der Utopier nicht um eine "ergebnisoffene Beratung" handelt, wie sie uns in einem anderen Zusammenhang als Ideal vorgestellt wird, sondern um höfliche Aufforderung, im eigenen Interesse in den Tod zu gehen vulgo mit fremder Hilfe die Fliege zu machen.

So wie wir die Menschheit kennen, bliebe der letzte Satz des Thomas ("Wer aber auf das Leben nicht verzichtet, wird trotzdem in der freundlichsten Weise umsorgt und bleibt auch nach seinem Tode in ehrenvollem Andenken.") erst recht reinste Utopie, nachdem der Rest endlich in Wirklichkeit verwandelt worden wäre.

12. November 2005

Die Christen und ihre Professoren

Gerhard Besier ist auch einer der Wider-den-Stachel-Löcker, der gerne eine Mehrheit gegen sich hat. Kein Wunder, daß er heute in der Welt Klaus Berger beispringt:
"Klaus Berger, ein frommer Christ, hat scharfe Kritik an den bestehenden Verhältnissen in den Religionsgesellschaften geübt und sich bei deren Funktionären unbeliebt gemacht. Indem sie ihn skandalisieren, wollen sie seine Stimme öffentlich unwirksam machen. Wenn die Religionsgesellschaften ihr eigenes Haus wirklich in Ordnung bringen wollen, dann sollten sie nicht bei Berger beginnen. Das ist bestenfalls ein Ablenkungsmanöver."
Er füttert seinen Artikel mit einigen Zahlen, die uns ansonsten eher scheibchenweise oder vom "Bund der Konfessionslosen und Atheisten" vorgehalten werden.

"Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes vom August 2005 ist die Zahl jener Männer und Frauen, die das evangelische Theologiestudium mit einer kirchlichen Prüfung abschließen wollen, in den vergangenen zehn Jahren um 44 Prozent auf etwa 400 im Jahr 2004 zurückgegangen. Nur noch 200 katholische Theologiestudenten sind potentielle Priesteramtskandidaten - 23 Prozent weniger als 1994. Gegenwärtig haben bundesweit insgesamt etwa 7500 Studierende das Fach 'Evangelische' Theologie" belegt.

Für die vorgehaltenen Kapazitäten ist das viel zu wenig, wie alle betroffenen Universitäten einhellig konstatieren. (...)

Im Unterschied zu den schwächelnden staatlichen theologischen Fakultäten erfreut sich das Theologiestudium an staatsfreien evangelikalen Ausbildungsstätten großen Zuspruchs: 2988 Vollzeit-Studenten waren im Semester 2004/5 an den 48 evangelikalen Stätten eingeschrieben; das sind 11,3 Prozent mehr als 2003.

Die an diesen Ausbildungsstätten Lehrenden sind nicht schlechter qualifiziert als ihre Kollegen an den staatlichen theologischen Fakultäten, aber durchweg praktizierende Christen. Trotz des bald absehbaren Pfarrermangels verweigern die Landeskirchen diesen Ausbildungsstätten aber die Anerkennung. Wer sich hier ausbilden läßt, kann CVJM-Sekretär, Gemeinschaftsprediger, Jugendreferent oder Stadtmissionar werden, in der Regel aber nicht Pfarrer. Viele Gemeinden sehen das anders. Denn sie wissen, daß das geistliche Profil der Studierenden und die theologische Prägung durch die Ausbildungsstätte entscheidend sind. Zu den Aufnahmekriterien gehören hier nicht nur Fleiß und Begabung, sondern auch Bekehrung, Berufung und Bewährung. Viele Gemeinden schätzen ein solches Profil."
Da kann man doch glatt noch einmal den gestrigen Jubilar zu Wort kommen zu lassen, der nicht nur gegen seine dänische Amtskirche was hatte, sondern bekanntermaßen auch gegen Theologieprofessoren. Hier einer seiner typischen Rundumschläge, für den er sich von jedem gläubigen Katholiken in der Blogozese einen Ablaß (vlg. Bild) verdient hat:

"Es gibt im Neuen Testament Stellen, woraus man die Berechtigung der Bischöfe, Priester, Diakone beweisen kann (wie wenig gleichwohl die jetzigen der ursprünglichen Zeichnung gleichen!). Aber man möge doch im Neuen Testament die Stelle aufzeigen, wo von Theologieprofessoren die Rede ist! Warum beginnt man unwillkürlich zu lachen, wenn man zu jener Stelle, daß Gott einige zu Propheten, andere zu Aposteln, andere zu Gemeindevorstehern bestellt - warum beginnt unwillkürlich zu lachen, wenn man hinzufügt: - einige zu Theologieprofessoren? Warum könnte dort nicht fast genausogut stehen: Gott bestellte einige zu Geheimräten?

'Der Professor' ist eine spätere christliche Erfindung. - Ja, eine spätchristliche, denn sie wurde ungefähr zu der Zeit gemacht, als es begann, mit dem Christentum abwärts zu gehen, und seinen Höhepunkt erreichte der Professor in unserer Zeit - da das Christentum ganz abgeschafft wurde.

Was drückt 'der Professor' aus? 'Der Professor' drückt aus, daß die Religion eine gelehrte Angelegenheit ist; der Professor ist die größte Satire auf 'den Apostel'. Professor zu sein - worin?: in dem, was ein paar Fischer in die Welt gesetzt haben: o wunderbares Epigramm! Daß das Christentum die Welt besiegen könnte: ja, das hat der Stifter selbst vorausgesagt, und das glaubten 'die Fischer". Aber die Trophäe: daß das Christentum in dem Grade siegen würde, daß es Professoren der Theologie gäbe - das hat der Stifter nicht vorausgesagt, außer es handle sich um eine Stelle, die davon spricht, daß 'der Abfall' komme." (Kierkegaard nachkonziliar, S. 57f)
"So geht katholisch"



In St. Bonifatius (Wiesbaden) setzt man Dioden zur Illustration katholischer Basisgesten ein und hofft u. a., dass sich dadurch "besser über Dinge streiten [lässt], die man kennt". (Main-Rheiner) Der männliche Teil der Ausstellungsseher wird, wie ich ihn kenne, eher von der Technik begeistert sein als vom Inhalt...

11. November 2005

Sören über Martin

Wo ich gerade bei fono den Eintrag zu Martin Luthers Geburtstag las, bleibt mir nichts übrig, als wenigsten in einem kurzen Posting den heutigen Jubilar, den ent-täuschten Lutheraner Sören Kierkegaard zum Thema sprechen zu lassen:

"Je mehr ich über Luther nachdenke, desto deutlicher scheint es mir, daß Luther auch diesem Fehler verfällt, das Patientsein mit dem Arztsein zu verwechseln. Er ist ein für die Christenheit äußerst wichtiger Patient, aber er ist nicht der Arzt; er hat die Leidenschaft des Patienten, sein Leiden auszudrücken und zu beschreiben, nach welcher Linderung er Verlangen fühlt. Aber ihm fehlt die Übersicht des Arztes. Und um das Christentum zu reformieren, dazu gehört doch wohl zu allererst Übersicht über das Christentum im ganzen." (Kierkegaard nachkonziliar, S. 55)
Durchsichtig in GOtt

Aus den vielen Sören Kierkegaard-Gedenkartikeln des 150. Todestages eine Passage von Uwe Justus Wenzel (NZZ):

"Wird aber jemand so eins mit sich, durch fortgesetztes Neinsagen? Kierkegaard kannte noch ein Ja - das Ja zu der «Macht», von der das verzweifelte Selbstverhältnis namens Mensch «gesetzt» worden sei. Erst wenn das Individuum «sich durchsichtig in Gott» gründe, werde die Verzweiflung «ganz ausgerottet». Und wenn nicht? - Lassen wir Kierkegaard, der heute vor hundertfünfzig Jahren das Zeitliche gesegnet hat, das letzte Wort:

«Jede menschliche Existenz, die nicht durchsichtig in Gott gründet, sondern dunkel in etwas abstrakt Universellem ruht und aufgeht oder in Dunkelheit über sich selbst ihre Fähigkeiten nur als Wirkkräfte nimmt, ohne sich im tieferen Sinne bewusst zu werden, woher sie diese hat (. . .) - jede solche Existenz, was sie auch ausrichten mag, ob das Allererstaunlichste, was sie auch zu erklären vermag, ob das ganze Dasein, wie intensiv sie auch ästhetisch das Leben geniesst: eine jede solche Existenz ist doch Verzweiflung.»"

10. November 2005

Wieder zurück ...

... und zwar so visuell wie fromm: Echo Romeo. Anscheinend, offenbar, hoffentlich mit täglichem Cathoon.
"Fundamentally Unsound"

Darf man das, was P.G. Wodehouse tat: Geschichten, Romane schreiben, die nur Oberfläche sind - das aber perfekt? In glänzendem Stil, aber ohne Tiefgang, ohne ernste Absichten - und sei es nur mit der, die Welt zu verbessern?

Joseph Bottum hat unter dem Titel "God & Bertie Wooster" in First Things eine großartige Würdigung des großen Humoristen publiziert.

"The story 'Jeeves Takes Charge' begins with Bertie Wooster engaged to Florence Craye, an intellectual young woman whose idea of preparing Bertie for marriage is to insist he read books with titles like Types of Ethical Theory. This isn’t the simple young man’s cup of tea, of course, but Bertie is besotted, for, 'seen sideways,' Florence is 'most awfully good looking.' And so, as in any such story, the vital job of Bertie’s loyal valet, Jeeves, must be to ensure the inappropriate engagement is broken off. 'It was her intention to start you almost immediately upon Nietzsche,' the successful Jeeves explains at the story’s end. 'You would not like Nietzsche, sir. He is fundamentally unsound.'

And, really, that’s the point. Nietzsche is fundamentally unsound for a variety of reasons that will occur to the theologically minded. But here is another and possibly more telling proof of his unsoundness: Bertie Wooster, one of the great innocents in literature, wouldn’t like at all to have to read him, no matter how alluring Florence Craye is in profile. The best answer to Friedrich Nietzsche we’ve managed yet to come up with is the prose of P.G. Wodehouse."
Dem skeptischen Wodehouse-Neuling, der nicht weiß, ob er sich so viel Leichtigkeit antun soll und darf, sei die vorherige Lektüre von "Draußen im Dunkel" ("Outer Dark") von Cormac McCarthy empfohlen: ein Roman, so düster, daß dagegen sogar schwarz noch rosa ist. Er wird sich nach Wodehouse sehnen!
Only in America: Poker chips with a message




Zur Bestellung geht's hierhin. (Via Thunderstruck)

9. November 2005

Danebengegoogelt

"Der emeritierte Professor Cornelius Petrus Mayer OSA veranschaulichte den Bekanntheitsgrad und das Renommee des [Würzburger Zentrums für Augustinusforschung - ZAF] in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit anhand einer Statistik über das Online- Portal www.augustinus.de und lobte dessen 'exorbitanten Erfolge': Die Internetsuchmaschine Google listet zum Stichwort 'Augustinus' knapp 1,9 Millionen Treffer auf, unter denen das Portal des ZAF Rang eins belegt." (Tagespost)
Tröstlich, daß auch Koryphäen mal danebengreifen, denn ein Top-Google-Ranking sagt über Erfolg und Mißerfolg rein gar nichts aus. Sonst wäre mein Blog noch viel viel erfolgreicher: Bei der Suche nach "Credo" landet er auf dem 3. Platz von ca. 8.350.000 Treffern...
Bewusst Durcheinander anrichten!

Erstaunliche Sätze in der Zeitschrift für KulturAustausch 2/2005:

"In unserer Zeit können nur die Kirchen allgemein verbindliche Moralnormen aufstellen. Sie nutzen das wenig. Mit Erstaunen und begrenztem Entsetzen muss ich feststellen, dass sich die katholische und evangelische Kirche in Deutschland Schritt für Schritt dem neoliberalen Zeitgeist unterordnet (...) Aber die Stärken der Kirchen bestünden darin, sich gegen diesen Zeitgeist aufzulehnen, eine andere Moral hochzuhalten und damit ein Durcheinander im Denken und Fühlen einer Gesellschaft bewusst anzurichten (...) die Kirchen könnten es, und zwar nicht gegen, sondern in Übereinstimmung mit der von ihnen vertretenen Religion.

Ich bin davon überzeugt, dass man eine Gesellschaft nur analysieren und in ihr nur dann wirksam für Veränderungen streben kann, wenn man versucht, relativ genau einzuschätzen, welche gesellschaftlichen Kräfte real über welche gesellschaftlichen Möglichkeiten verfügen. Niemand sollte sich selbst über- oder unterschätzen, und ich meine schon, dass die Kirchen heute eine größere Rolle spielen können, als sie es sich selbst zutrauen." (Gregor Gysi)
Talking about Christozentric profile



Sister M. Schamana (Benedictine Sisters, Monastery of St. Gertrude, Cottonwood, Idaho) - Halloween 2004 (via Cathcon)
Kontrapunkt

Von dem Jesuiten Medard Kehl im März 2005 seinen Ordensbrüdern gesagt, aber von Laien mutatis mutandis durchaus auch aufs eigene Leben anzuwenden:

"Das Konzil und die nachkonziliare Ordenstheologie haben mit Recht den vielfältigen Zeichencharakter des Ordenslebens betont. Für die heutige kirchliche Situation scheint v. a. die christologische Dimension des Zeichen-Seins an Bedeutung zu gewinnen. Denn nach meinem Eindruck lässt sich seit einiger Zeit so etwas wie eine schleichende 'Entchristologisierung' des allgemeinen christlichen Glaubensbewusstseins, der Glaubens-, Gebets- und Liedsprache innerhalb der kirchlichen Frömmigkeit unseres Kulturraums beobachten. Gott als universal bergende, schützende und segnende Macht oder manchmal noch allgemeiner: Gott als die die ganze Natur, den Kosmos durchseelende und für uns heilend wirkende Kraft- oder Energiequelle steht im gläubigen Bewusstsein sehr vieler Christen heute im Vordergrund. Von daher sehe ich eine große Chance für das gemeinsame Leben nach den Evangelischen Räten heute darin, einfach die Lebensform Jesu Christi, also des armen, keuschen und gehorsamen Jesus, die im Mysterium seines Sterbens und seiner Auferstehung gipfelt, den heutigen Christen anschaulich vor Augen zu halten, damit er bei uns nicht völlig 'aus den Augen, aus dem Sinn' gerät und nicht nur noch ein blasses Dasein in theologisch-liturgischen Formeln oder in katechetischen Erzählungen führt. Die Bereitschaft, entschieden christozentrisch zu leben und zu glauben, kann für das gegenwärtige kirchliche Glaubensbewusstsein ein heilsamer Kontrapunkt sein."
What would Ignatius do?

Vielleicht würde er auf e-Learning setzen und - wie sein Orden - im Web einen "Grundkurs Ignatianische Spiritualität" anbieten: jeweils gute zwei Monate lang, mit täglichen Übungen, wöchentlicher virtueller Sprechstunde und vertiefendem Material mit dem Ziel, "Gott in allem zu suchen und zu finden" und "Gottes Liebe im eigenen Leben zu erfahren und darauf Antwort zu geben".

Die Anmeldung für den ersten Kurs ist noch bis 25. November möglich.
Gebet um Freudenfeuer

"Weil deine Worte, o mein Gott, nicht dazu da sind, um tatenlos in unseren Büchern zu bleiben, sondern um uns zu beherrschen und in uns die Welt zu durcheilen, so gestatte, dass von diesem Feuer, das du einst auf einem Berg entzündet, von dieser Belehrung im Glücklichsein, Funken uns erreichen und in Brand setzen, uns übermannen; damit wir von ihnen angesteckt, wie Zunder im Stoppelfeld, die Straßen der Stadt durchlaufen, den Wogen der Menge entlang, ansteckend mit Seligkeit, ansteckend mit Freude." (Madeleine Delbrêl)

8. November 2005

Alles eine Frage der Geschwindigkeit

Philosophen unter sich:

Elizabeth Anscombe "is reported to have said to A.J. Ayer "if you didn't talk so quickly, people wouldn't think you were so clever" - though, in fairness his reply should also be quoted: "if you didn't talk so slowly, people wouldn't think you were so profound." (Aus John Haldane's Nekrolog für Elizabeth Anscombe)
Holla holla

"Der Kardinal hatte daher keinerlei Anlaß, zur Frage der Konfessionszugehörigkeit von Herrn Berger Stellung zu nehmen und hat es auch nie getan. Es ist selbstverständlich, daß die Bestimmungen des katholischen Kirchenrechts, die eine gleichzeitige Zugehörigkeit zur katholischen Kirche und zu einer evangelischen Landeskirche nicht zulassen, ausnahmslos und daher auch im genannten Fall gelten. Von dieser Ordnung der Kirche kann auch nicht im Bußsakrament dispensiert werden." (st. josef)
Liturgischer Showdown am Untermain

Wie gewünscht, hier ein Bericht über "Martin Mosebach beim Montagsforum Miltenberg"...

Meinen persönlichen Höhepunkt erlebte ich noch vor dem offiziellen Beginn, als ich einen uralten und ewig nicht getroffenen Freund wiedersah. Das muß aber meine Leser nicht interessieren, obwohl es für mich wichtiger war als die zwei folgenden Stunden.

Das ehemalige Refektorium des Franziskaner-Klosters war gut zur Hälfte mit Zuhörern gefüllt – alle über 40, die meisten über 60, viele wahrscheinlich liturgisch aktiv und Stützen ihrer jeweiligen Gemeinden. Martin Mosebach begann mit einer Lesung aus der „Häresie der Formlosigkeit“: Das Kapitel "Braucht die Kirche eine Liturgie" (als zip-File hier) trug er lebendig, drängend, ohne Verschnaufpause und ohne Schluck Wasser vor. Ob ihm die Zuhörer durchgehend folgen konnten? Mir machte es wenig Mühe, ich kannte den Text ja. Aber ein großer Teil der Anwesenden musste wohl hinterher eilen – was sicher auf Kosten der Feinheiten und der Ironie des Textes ging. Die wichtigen Stichworte blieben allerdings hängen, wie sich nach 40 Minuten zeigen sollte, als Mosebach zu Fragen einlud.

Nach langsamem Beginn wurde es schnell, sehr schnell emotional und heftig, in einem Maß, wie ich es nicht erwartet hätte. Kein bloßes Unverständnis, sondern richtig gehende Empörung war zu spüren. Nicht lange und das F-Wort tauchte in durchaus aggressiven Fragen auf.

Ich weiß nicht, ob Martin Mosebach mit diesem Gegenwind gerechnet hatte. Jedenfalls reagierte er kühl und wenig entgegenkommend, spitzte seine Formulierungen weiter zu, zitierte Bibel, Kardinal Ratzinger und den Katechismus, griff die Umsetzung des Ritus Pauls VI. frontal an. Hätte er nur Mißbräuche in der Praxis des "novus ordo" angegriffen, nur die Wiederzulassung des "gregorianischen Ritus" gefordert – "Nun gut", hätte das Publikum gesagt, "ein Sonderling aus einer kleinen Gruppe von Sonderlingen. Lassen wir ihn in Ruhe!" Doch den Gefallen tat Mosebach ihm nicht.

Einen "Dialog" gab es nicht, bis auf wenige, kurze Momente, die vom nächsten Scharmützel beendet wurden. Beide Seiten, der Schriftsteller am Lesepult und sein verärgertes Publikum, gaben sich gegenseitig die Schuld und gingen nach knapp zwei Stunden auseinander – zurück auf Los, bis zum nächsten Mal, an einem anderen Ort, in einem ähnlichen Setting. „Das gab es noch nie, daß ein Referent keinen Beifall bekam“, meinte ein regelmäßiger Montagsforum-Geher.

"Wie konnten die den einladen! Das darf nie mehr passieren! Ich gehe nach vorne zum Bildungsreferenten!" Die aufgebrachte Dame sagte und tat es. Yours truly dachte sich: "So viel zum Thema innerkirchliche Toleranz und innerkatholischer Pluralismus!"

Daß beide Seiten simultan zeigten, wie zentral die Liturgie für die Kirche ist – ein schwacher Trost, wenn sich gleichzeitig offenbart, wie groß die Kluft zwischen liberalem Mainstream und traditionell-traditionalistischem Flügel schon geworden ist. Der "spirituelle" Flügel der deutschen Kirche hätte vielleicht vermitteln können. Vielleicht.

Man hätte vielleicht voneinander lernen können: Daß die Liturgiereform nicht an allem schuld ist zum Beispiel, oder daß nicht nur Feingeister und Fundamentalisten den "alten Ritus" hochschätzen, sondern auch Gottsucher und solche, die ihre nachkonziliare Sozialisierung nicht ablegen können und wollen.

Man hätte vielleicht fragen können, ob die Betonung des nicht-Gemachten, sondern Unverfügbaren der Liturgie nicht in einer skeptischen Anthropologie wurzelt, die der (eigenen und fremden) Gutwilligkeit und Authentizität gründlich, zu gründlich? mißtraut, oder ob leichthinnige Verständlichkeit das Mysterium GOtt nicht auf Menschenmaß stutzt, statt sich IHm vorsichtig, zaudernd, still zu nähern: Wie Mose ohne Schuhe, wie die geheilten Bettler auf Knien?

Verschnauft haben mein Freund und ich beim abschließenden Schoppen im Riesen. Unter dem geduldigen, zornigen, liebenden Auge GOttes. Prost.
Idealkirche

Dear wife I found a model church
And worshipped there today
It made me think of the good old times
Before my hair was gray

The meetinghouse was finer built
Than they were years ago
But I found out when I went in
It was not built for show

The sexton did not sit me down
Away back by the door
He knew that I was old and deaf
And saw that I was poor

He must have been a Christian man
He led me boldly through
The long aisle of that crowded church
To find a pleasant pew

I wish you'd heard the singing, wife
it had the old town ring
The preacher said with trumpet voice
Let all the people sing

Oh Coronation was the tune
The music upward roared
I thought I heard the angel choir
Strike on their harps of gold

I tell you wife it did me good
To sing those hymns once more
I felt just like some wrecked marine
Who gets a glimpse of shore

It made me want to lay aside
This weather beaten form
And anchor in that blessed port
Forever from the storm

Dear wife the toil will soon be o'er
The victory soon be won
The shining strand is just ahead
Our race is nearly run

We're near to Canaan's happy shore
Our hopes are bright and fair
Thank God we'll never sin again
There'll be no sorrow there

There'll be no sorrow there
In heaven above
Where all is love
There'll be no sorrow there

(Verschiedene Versionen in der Max Hunter Folksong Collection und sonstwo)
Katholische Uneindeutigkeit vs. protestantisches Streamlining

Christian Geyer rührt eine Fünf-Minuten-Terrine mit Berger-Stoiber-Benedikt XVI.-Ströbele-Aromen an.
Topthema

P. Dr. Anselm Grün wird demnächst in meiner Heimat einen Besinnungnachmittag durchführen - mit dem Thema: "Führung mit Werten - Die vier Kardinalstugenden".

Das macht neugierig: Haben Kardinäle wirklich eigene Tugenden, oder fehlen ihnen die gleichen wie uns allen?

7. November 2005

Zur angelegentlichen Lektüre

Hans Magnus Enzensberger: Der radikale Verlierer (Spiegel):

"Was aber geschieht, wenn der radikale Verlierer seine Isolation überwindet, wenn er sich vergesellschaftet, eine Verlierer-Heimat findet, von der er sich nicht nur Verständnis, sondern Anerkennung erwartet, ein Kollektiv von seinesgleichen, das ihn willkommen heißt, das ihn braucht?

Dann potenziert sich die destruktive Energie, die ihn ihm steckt, seine Skrupellosigkeit, sein Amalgam von Todeswunsch und Größenwahn, und aus seiner Ohnmacht erlöst ihn ein katastrophales Allmachtsgefühl."
Und was kann ich mir dafür kaufen?


My blog is worth $20,887.98.
How much is your blog worth?

Prophylaktisches Fernbleiben

Als ich heute morgen beim Frühstück mit der Vorsitzenden des Liturgiekreises unserer Pfarrgemeinde das Thema des Vortrags von Martin Mosebach ansprach, zu dem ich n. D. gehen werde, meinte sie nur:

"Gut, daß ich nicht mitgehe, sonst wäre ich danach noch verzweifelter."
Schlingerndes Flaggschiff

Auf Beistand angewiesen - Gernot Facius in der Welt über die Lage von Rheinischem Merkur, Chrismon und Echt.

Mit dem Rheinischen Merkur habe ich ein paar Jahre meiner Jugend verbracht und ihn mir auch später regelmäßig beschafft, was je nach Wohnort nicht ganz einfach war. Doch spätestens seit der berühmten "Übernahme der Woche-Abonnenten" gab ich die freitägliche Suche auf: Zu dünn war mir der redaktionelle Inhalt, zu verwaschen die ehemals klare politische Position, zu religiös-korrekt sein Alleinstellungsmerkmal, die katholischen und evangelischen Seiten. Ein bißchen betulich, kaum provokativ und innovativ - nach dem Weggang von Martin Lohmann, Hannes Stein und Heimo Schwilk ging es mir zu ernsthaft und ausgewogen weiter.

Eine "Neuaufstellung" ist längst überfällig.

Randbemerkung

Wenn das Gedicht selber kein herbstliches wäre, könnte man seine erste Zeile:
Komm in den totgesagten park und schau:
doch glatt als Einladung verstehen, Maria neu kennen und lieben zu lernen...

5. November 2005

Ein Film, selbst mehr Kloster als Abbild

Via Kompendium:

Die große Stille. Ein Film aus der Grande Chartreuse.

4. November 2005

Gnothi sauton

Die Fußnotenlawine im Kompendium und ein mehrfach geänderter Hinweis auf die Rechtgläubigkeit katholischer Blogs daselbst hat mich in ein paar ruhigeren Momenten der letzten zwei Tage über das Was und Wie meiner eigenen Blogaktivitäten nachdenken lassen.

Grundsätzlich gilt für das Bloggen wie für alle anderen Tätigkeiten, daß wir sie eigentlich "reduplizieren" sollten. Das gelingt mir weder hier noch sonst dauernd oder regelmäßig - hin und wieder vielleicht. Bloggen sub specie aeternitatis - wäre notwendig, aber ich schaffe es nicht. Soll ich daher ganz die Finger davon lassen?

Der Unterschied zu anderen Momenten, in denen mir die Reduplikation nicht gelungen ist: sie geraten in Vergessenheit. Die größte Blamage vor anderen verblasst, verändert sich in der Erinnerung der Augenzeugen. Nicht so beim Bloggen. Was ich vor dreieinhalb Jahren schrieb, ist heute noch so lesbar wie damals - obwohl ich es inzwischen anders sehe oder anders sagen würde. "Alles, was Sie schreiben, kann gegen Sie verwendet werden."

"Meine Sünde steht mir immer vor Augen", psalmiert der Blogger.

Sollten nur Hartgesottene bloggen - solche mit dickem Fell und frecher Zunge? Es erleichtert die Sache ungemein. Wichtiger ist für mich aber: Genau wie im richtigen Leben begegnen mir und meinem Blog viele Leute, denen ich unsympathisch bin, die nichts mit mir anfangen können, denen bei Scipio jede Menge Schimpfwörter einfallen. Nun denn, denke ich mir: So wie wir uns draußen aus dem Weg gehen, so können wir das auch im Netz tun. Ich zwinge niemanden, meine Seiten anzuklicken; wer sich daher über mein Geschreibsel aufregt, kann gerne mit dieser ungesunden Übung weitermachen, aber auch für meine Bekehrung (zu was auch immer) beten oder seiner eigenen Wege gehen. Auch gut - es reicht schon, wenn wir im Himmel (oder vorher im Purgatorium) nebeneinander sitzen werden und uns die Augen aus dem Kopf fallen: "Was, Du bist XY, den ich damals in meinem Posting so angemacht habe." - "Mensch, Scipio, jetzt sehe ich Dich so, wie ER Dich damals schon sah..."

Wer bloggt, wenn's bloggt? Bin ich es, oder ein Teil von mir? - Sicher können gute (und schlechte) Psychologen aus den über 2.000 Postings eine ganze Menge herauslesen, was ich nie bewußt sagen oder was ich gar bewußt verschweigen wollte. Das ist eines unserer Berufsrisiken. Auf jeden Fall schweige ich bewußt über einen großen Teil meiner Existenz: meine Ehe, meine Familie, meinen Beruf, meine ehrenamtlichen Tätigkeiten, auch über mein Leben vor GOtt. Das, was ich davon schreibe, wurde vorher gefiltert und verändert, publizierbar gemacht, geschönt, entschärft, zugespitzt. Es steht kondensiert und isoliert da - bereit, mißverstanden zu werden.

Nur gelegentlich habe ich das Gefühl, etwas genau so geschrieben zu haben, wie ich es "meine". Meistens taucht eine neue Färbung auf, ein Anklang ist verschwunden, neue Assoziationen haben sich während des Schreibens breit gemacht und drängen zu einer bestimmten Anspielung.

Vollständigkeit ist keine der Eigenschaften dieses Blogs, habe ich letzthin geschrieben. Zu manchem habe ich keine Meinung; anderes haben zwei andere Blogger schon gepostet; ein anderes Mal fehlt mir die Zeit bzw. ihre Unterform, die "real time"; auf einem Auge bin ich blind, und auf dem anderen kurzsichtig. Suboptimal.

Erfolgserlebnisse:
  • Ein e-Mail von Lesern zu bekommen, die selber "etwas drauf haben" und zu denen sich über Brief- und persönlichen Kontakt sogar Freundschaften entwickeln;
  • zur Blogozese zu gehören, die zwar keine wohnortbedingte Schicksalsgemeinschaft ist wie meine Heimatpfarrei, sondern ein loser, ganz loser Un-Verbund von Individuen, die mit dem selben Medium aus ihrer christlichen/katholischen Sicht ihr Leben und unsere gemeinsame Welt wahrnehmen und beschreiben - jeder in seiner Sprache und seinem Stil, aber auf der gleichen Basis des uns geschenkten Glaubens;
  • von Verwandten, Freunden und Bekannten aus dem wirklichen, nicht-virtuellen Leben gelobt zu werden.
Erfolgserlebnisse, die ein christlicher Blogger nicht gerne zugibt: steigende Zugriffszahlen, viele Kommentare, Verlinkungen, Lob in fremden Blogs, Auszeichnungen. Ich versuche, all das zu nehmen - wenn's mir gelingt - wie die Große Heilige Teresa: "Wenn Truthahn, dann Truthahn; wenn Fasten,dann Fasten."

Wilhelm Schmid: "Und die Gefahren der Ironie? Sie lauern in der Haltung des Subjekts, sich mit unerträglichen Widersprüchen abzufinden und sie nur zu ironisieren. Keine Realität kann mehr ernst genommen werden, wenn alles ironisiert wird. Kierkegaard spricht auch vom 'Untergang der Wirklichkeit' in der konsequenten Ironie. 'Die Ironie ist das unendlich leichte Spiel mit dem Nichts, ein Spiel, das sich durch das Nichts nicht erschrecken lässt'. Das kann zur Folge haben, keine seriöse Rede mehr zu führen, eine Haltung ohne Halt einzunehmen, nichts zu affirmieren, sodass sich alles auflöst. Das ist jedenfalls der Effekt einer wahllos ausgeübten Ironie, die ungezielt und unkalkuliert gegen alles und jeden gewendet wird. Zur reflektierten Lebenskunst gehört daher ihr kalkulierter, wählerischer Gebrauch. Die Negativität derIronie zu mäßigen, bedeutet dabei keineswegs, an ihrer Stelle nun ein 'Positivdenken' zu bekräftigen, ganz im Gegenteil." (Philosophie der Lebenskunst.- 4. Aufl.- Frankfurt: stw, 1999, S. 380f)

Am meisten ich selbst bin ich nicht beim Bloggen, sondern vor GOtt: also im Gebet, im GOttesdienst. Und wenn ich zum Nächsten anderer werde.

Mit Zittern und Zagen hat Yon vor ein paar Tagen das Bloggen begonnen. Dieser Zustand kann widerkehren - oder gar nicht erst vergehen. Er wird aufgewogen, wenn wir ab und an mit unseren Worten die Wahrheit berühren - oder gar eine Seele. Sola gratia. "Alles ist Gnade." (Bernanos)
Händchen halten

Wurde nicht kürzlich in irgendwelchen Blog-Kommentaren über den Friedensgruß philosophiert?

Nun, der wird mancherorts inzwischen ergänzt durch das Hände-reichen-beim-Vaterunser. Andrew Santella schildert im Notre Dame Magazine seine Erfahrungen mit dieser "symbolischen" Handlung und schließt in Slate, daß diese "touchy-feely" Praxis für unterschiedliche Annäherungen an die Liturgie insgesamt steht.

Da muß ich doch glatt an jenen Liturgiegeher denken, der davon erzählte, wie ihm, als er zum Vaterunser seinem Banknachbarn die Hände nicht reichte, konsequenterweise der Friedensgruß verweigert wurde.
Der Theologe im Kleiderschrank

TIME und Newsweek beschäftigen sich mit C.S. Lewis, dem "hottest theologian of 2005" - nicht einfach aus Interesse, sondern weil der erste Narnia-Film in die amerikanischen Kinos kommt.

3. November 2005

Nicht von außen: Glaube, Liturgie und Dogma

"4. These: Das Credo ist nicht zufällig mit der Liturgie verbunden. Zum Glauben gehört die Liturgie, in der Gottes Wahrheit aufleuchtet und verkündet wird. Wo diese ihre lebensbestimmende Kraft verliert, kann der Glaube und sein praktischer Vollzug auf Dauer nicht intakt bleiben. Liturgie und Dogma sind der Grund, warum sich die Theologie einer akademischen Neutralisierung widersetzt. Sie bewahren die Theologie vor einer Ablösung vom Lebenszusammenhang der Kirche.

Glaube ist die Antwort des Menschen auf das ergangene, durch Menschen bezeugte und überlieferte Wort Gottes. Daher gehört das Gebet als Rede zu Gott zu den Grundlagen der Theologie als vernünftiger Rede von Gott. Das Argument verbindet die Theologie mit der Philosophie und den Wissenschaften, das Gebet verweist sie auf die Liturgie. Der Theologe spricht über Gott nicht 'von außen', sondern aus einer Beziehung zu Gott heraus, die konstituiert ist durch das Gebet. Die Identität des gläubigen Menschen wurzelt letztlich in der Acclamatio Nominis Dei.

Das Credo hat nicht zufällig seinen genuinen Ort in der Liturgie der christlichen Initiation. Der Glaube und sein Ausdruck in der liturgischen Feier gehören von Beginn an zusammen. Ohne Verbindung der Theologie mit der Liturgie wird deren begriffliche und methodische Strenge auf Dauer ihren Gegenstand aus dem Blick verlieren. Eine Theologie, die sich von Gebet und Liturgie ablöst, entzieht sich den Boden, auf dem sie stehen müsste, um produktiv und weiterführend sein zu können. In einer altkirchlichen Abhandlung über das Gebet heißt es: 'Wenn du ein Theologe bist, betest du richtig, und wenn du richtig betest, bist du ein Theologe' (PG 79, 1179). Gleichzeitig ist eine Theologie, die diesen Zusammenhang ausblendet, nicht mehr in der Lage, die gegenwärtigen Erosionstendenzen in der Glaubenspraxis kritisch zu reflektieren. Die inhaltliche Bestimmtheit des Glaubens muss auch an seinen praktischen Vollzügen ablesbar sein, in einer Spiritualität, die vom Zentrum der Offenbarung lebt.

Gebet, Liturgie und Dogma verhindern ein Auseinanderklaffen von theologischer Reflexion und gelebtem Glauben. Dogmatik und Liturgiewissenschaft gehören, auch als voneinander zu unterscheidende theologische Disziplinen, eng zusammen. Die Liturgiewissenschaft hat es mit dem Glauben sub specie celebrandi, die Dogmatik mit dem Glauben sub specie doctrinae zu tun. Schon in ihrem Titel bringt die Dogmatik die Verpflichtung des theologischen Denkens auf die christliche Glaubenslehre zum Ausdruck." (Helmut Hoping / Jan Heiner Tück: Thesen zur inhaltlichen Bestimmtheit des Glaubens und zur Aufgabe der Dogmatik.- Salzburger Theologische Zeitschrift 2003; 7: 29f.)
Regensburger Hintergründe

Wo es um die Lufthoheit über die Pfarrheimtische geht, sind Medien attraktive Verbündete und per definitionem unabhängig, uninteressiert und unparteiisch. oder?

2. November 2005

Ja richtig - bald ist Advent

Ohne die Diskussionen um den verkaufsoffenen Adventsonntag hätte ich noch überhaupt nicht daran gedacht.
Anti-Katholisierendes

Gerade noch wurde im Zusammenhang mit dem evangelisch-protestantischen Rückzug aus dem Projekt "Einheitsübersetzung" betont, daß es heutzutage und hierzulande eigentlich keine konfessionelle Exegese mehr gebe - und dann ist es doch heute und hier ein Problem, daß ein katholisierender, krypto-, exil- und schon-immer-katholischer Exeget hinter einem evangelischen Katheder steht. Wäre Berger wie ein guter Schuster bei seinem Leisten geblieben, hätte sich Ratsmitglied Robert Leicht gewiß nicht daran gestört. Wer sich aber mit Bischöfen anlegt, der braucht sich nicht wundern, wenn die journalistischen Hilfstruppen anrücken.

Eine zweite Lektion: Der Status einer ökumenischen Sonderexistenz oder eines konfessionellen Grenzgängers wird eben nicht nicht beansprucht, sondern zugesprochen. Widerworte können da nur schaden!
40 Jahre Konzil

Prognose: In den nächsten vier Wochen werden wir mit Rückblicken auf das 2. Vatikanische Konzil überschüttet.

Kardinal Lehmann war schon im Januar in Sachen "Gaudium et spes" unterwegs - sein Referat "Christliche Weltverantwortung zwischen Getto und Anpassung" ist eine recht ausgewogene Würdigung des längsten Konzildokuments aller Zeiten.

Bei dieser Gelegenheit ein Hinweis auf Geronimos interessantes Zweitblog "Laudate Nomen Domini2", in dem er sich ausschließlich auf das Konzil konzentriert. [Dieses Posting klingt mir zwar ein bißchen sehr nach "John 23rd and his good guys riding against Alfredo y sus banditos", aber nun ja: Die Konzilsrezeption ist noch nicht am Ende...)
Beseitigung von Vorurteilen

"... weil ein Geschichtsbild einfacher zu verstehen ist, in dem die Alten dumm und die modernen Menschen klug sind", entstanden Mythen und eine "Tradition fälschender Geschichtsschreibung", die der Romanist Reinhard Krüger mühsam dekonstruiert.

"Was Krüger erstmals in einer breit angelegten Untersuchung beweist: Kein kirchlicher oder weltlicher Gelehrter in Spätantike und Mittelalter glaubte, die Erde sei eine Scheibe - mit Ausnahme des ägyptischen Mönchs Kosmas Indikopleustes und der Kirchenväter Laktantius und Severianus von Gabala. Deren Weltsicht galt jedoch stets als abseitig und wurde im Mittelalter nicht gelehrt - bis neuzeitliche Gelehrte verstreute Dokumente von Laktantius und Indikopleustes fanden, ihnen zu unverdienter Aufmerksamkeit verhalfen und so den Mythos vom scheibengläubigen Mittelalter schufen.

'Seit der Aufklärung wollen wir uns als naturwissenschaftlich gebildet verstehen und werten die Vormoderne ab. Was aber ist das für ein Wissensstand, der sich auf Mythen gründet?'" (Spiegel Online)
Verpasst

Weihnachten ist seit zwei Tagen vorbei, und keiner hat's gemerkt. Nächstes Jahr sollte Dr. Hank Lindstrom von der Calvary Community Church, Tampa, FL für eine bessere Verteilung seiner Pressemeldung sorgen...

1. November 2005

Peter Strasser: Journal der letzten Dinge

"Wer und was immer der lebendige Gott sein mag, gewiß ist, daß er jenen, 'die zu sehr in Sinnbildern machen', fremd bleiben, ja - vor dem Hintergrund menschheitsreligiöser Ambitionen - zum Ärgernis werden muß. Der historisch und lokal gebundene Gott kann mit dem Universalismus des Weltbürgers nicht mithalten.

Dagegen zeigt sich der religiöse Instinkt widerständig. Der Sinn der heiligen Texte ginge verloren, wenn alles in ihnen, was nicht historisches Faktum ist, bloßes Sinnbild wäre. Wenn alles Zeichen ist, dann wird auf nichts mehr verwiesen. Die heiligen Texte erfordern die reale Gegenwart Gottes oder des Göttlichen. Gläubig zu sein heißt, aus dieser Gegenwart heraus zu existieren (und nicht auf die Präsenz von Zeichen, die ins Leere zielen, beschränkt zu bleiben)." (Frankfurt: Suhrkamp, 1998, S. 120)