Erstaunliche Sätze in der Zeitschrift für KulturAustausch 2/2005:
"In unserer Zeit können nur die Kirchen allgemein verbindliche Moralnormen aufstellen. Sie nutzen das wenig. Mit Erstaunen und begrenztem Entsetzen muss ich feststellen, dass sich die katholische und evangelische Kirche in Deutschland Schritt für Schritt dem neoliberalen Zeitgeist unterordnet (...) Aber die Stärken der Kirchen bestünden darin, sich gegen diesen Zeitgeist aufzulehnen, eine andere Moral hochzuhalten und damit ein Durcheinander im Denken und Fühlen einer Gesellschaft bewusst anzurichten (...) die Kirchen könnten es, und zwar nicht gegen, sondern in Übereinstimmung mit der von ihnen vertretenen Religion.
Ich bin davon überzeugt, dass man eine Gesellschaft nur analysieren und in ihr nur dann wirksam für Veränderungen streben kann, wenn man versucht, relativ genau einzuschätzen, welche gesellschaftlichen Kräfte real über welche gesellschaftlichen Möglichkeiten verfügen. Niemand sollte sich selbst über- oder unterschätzen, und ich meine schon, dass die Kirchen heute eine größere Rolle spielen können, als sie es sich selbst zutrauen." (Gregor Gysi)
2 Kommentare:
Die Aussagen von Gregor Gysi sind mir (als katholische und in wirtschaftlichen Fragen eher liberal eingestellte Schweizerin) schon während der Berichterstattungen zum Tode von Papst Johannes Paul II. im deutschen Fernsehen positiv aufgefallen. Er wirkte informiert und argumentierte unaufgeregt, kirchlichen Belangen gegenüber aufgeschlossen und aus einem für mich neuen und ungewöhnlichen Blickwinkel.
Von den Schweizer Medien jeglicher Couleur ist es ja ein kaum gebotener Genuss, zu 'Religion' etwas anderes zu hören und zu lesen, als die
. seit drei Jahrzehnten
. von denselben Protagonisten
. im ewig gleichen Tenor
immer und immer wieder vorgetragenen Themen und Argumente.
So muss ich mich halt auf die Berichterstattung aus dem Ausland und die von mir erst kürzlich entdeckten interessanten Blogs (intelligenter Urheberschaft) konzentrieren. Vielen Dank.
Da tun wir mal, was wir können, um die Meinungsvielfalt in der Schweiz aufzupeppen...
Ich "mag" Gysi ja nicht so, daher hat mich diese Stelle umso mehr erstaunt. Auch Wessis können immer noch dazu lernen...
Kommentar veröffentlichen