"Dignitas" klingt gut - ein bißchen wie "Donum Vitae" ... - aber Namen sind Schall und Rauch. Die FAZ berichtet über einen Fall, bei dem die Leute von Dignitas (nachträglich geändert; hier stand erst "Todesengel") einer 69jährigen Deutschen ihr Gift beschafften, die sie mit einer falschen oder gefälschten Diagnose darum bat. "Verkettung tragischer Umstände" nennt es die FAZ - man kann auch sagen: die Verkettung tragischer Umstände wurde nicht erkannt und verhindert. Wie denn auch, wenn gilt: in dubio pro morte.
Dignitas zitiert auf seiner Homepage "die Meinung" des hl. Thomas Morus. Thomas beschreibt in der Utopia die Beratungspraxis auf der gleichnamigen Insel:
"Stellen sich aber ausserordentliche Schmerzen ein, denen kein Heilmittel gewachsen ist, dann begeben sich Priester und Amtspersonen zu dem Kranken und erteilen ihm jenen Rat, den sie den Umständen entsprechend für den einzig richtigen ansehen: Sie versuchen, ihm klar zu machen, dass ihm alles genommen sei, was das Leben angenehm mache, ja was das Leben überhaupt ermögliche, dass er gewissermaßen nur seinen bereits eingetretenen Tod noch überlebe und dadurch sich selbst und seiner Mitwelt zur Last geworden sei. Sie legen ihm nahe, das quälende Ende nicht länger währen zu lassen und mutig zu sterben, da das Weiterleben für ihn nur eine einzige Abfolge von Qualen darstelle. Sie reden ihm zu, er möge die Ketten sprengen, die ihn umschließen, er solle freiwillig aus dem Kerker des Lebens entweichen oder wenigstens die Einwilligung geben, dass andere ihn daraus erlösen. Wenn er sterbe, so verschmähe er damit nicht in unverantwortlicher Weise die Wohltaten des Lebens, sondern er beende damit nur eine grausame Marter. Wenn einer daraufhin den Worten der Priester, die als Werkzeuge Gottes angesehen werden, sich gefügig zeigt, so verrichtet er damit ein frommes, ein heiliges Werk."Nun ist ja offensichtlich nicht ganz klar, wie Thomas zu seiner "Utopie" stand: War sie ihm "idealisiertes Gegenbild" oder "boshafte Satire"(wikipedia)? Klar ist jedenfalls, daß es sich bei der Praxis der Utopier nicht um eine "ergebnisoffene Beratung" handelt, wie sie uns in einem anderen Zusammenhang als Ideal vorgestellt wird, sondern um höfliche Aufforderung, im eigenen Interesse in den Tod zu gehen vulgo mit fremder Hilfe die Fliege zu machen.
So wie wir die Menschheit kennen, bliebe der letzte Satz des Thomas ("Wer aber auf das Leben nicht verzichtet, wird trotzdem in der freundlichsten Weise umsorgt und bleibt auch nach seinem Tode in ehrenvollem Andenken.") erst recht reinste Utopie, nachdem der Rest endlich in Wirklichkeit verwandelt worden wäre.
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