31. Dezember 2003

Meine Highlights 2003

Musik:

Emmylou Harris: Stumble into Grace
June Carter Cash: Wildwood Flower
Chatham County Line: Chatham County Line

Bücher:

Robert Frost: Promises to keep: Poems - Gedichte (Übersetzung: Lars Vollert)
Jonathan Safran Foer: Alles ist erleuchtet
Catherine Pickstock: After Writing: On the Liturgical Consummation of Philosophy

29. Dezember 2003

"Katholischer Klartext"

Man muß nicht Roland Breitenbach heißen, um die Kirche voll zu predigen. Wilhelm Imkamp tut's auch, und laut Münchener Merkur mit "Wortwitz, umfassende[n] Geschichtskenntnisse[r] und eine[r] breit gestreute[n] Lektüre".
Es muß an meinem Bart liegen:

Theoden

Theoden

If I were a character in The Lord of the Rings, I would be Theoden, Man of Rohan, King of the Mark, and uncle of Eomer and Eowyn.

In the movie, I am played by Bernard Hill.

Who would you be?
Zovakware Lord of the Rings Test with Perseus Web Survey Software

Das Freitagsrätsel

"Die 'Frankfurter Allgemeine Zeitung' wurde Mitte der achtziger Jahre von einem namhaften Chemieunternehmen gebeten, ihr Kreuzworträtsel künfitg doch bitte nicht mehr am ohnehin arbeitsschwachen Freitag zu veröffentlichen, weil zwischen den Abteilungen jede Woche aufs neue ein Wettraten ausbrach." (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 28.12.2003, S. 46)

Da hat unser damaliger Chef doch hinter unserm Rücken an die FAZ geschrieben... Lang, lang ist's her.
Lumen Caecis - Den Blinden ein Licht

Die Erzabtei St. Ottilien lädt zu verschiedenen virtuellen Klosterführungen ein, u.a. durch ihre Bibliothek. Auch Frauen sind diese virtuelle Klausur eingeladen.
Im Stroh

Ein paar Zeilen aus einer weihnachtlichen Meditation von Schwester M. Hedwig a.k.a. Silja Walter:

"Über die Weihnachtshügel
läufst du daher,
auf uns zu,
herein
in den Schober der Welt.
Erst im Stroh unserer Armut
kommst du zur Ruh.
Komm, Herr Jesus!"

(Gerade habe ich entdeckt, daß es von Silja Walters Werken auch schon eine Gesamtausgabe gibt.)

27. Dezember 2003

Wunsch und Vorsatz 2004

Guido Horst in der Tagespost:

"An dieser Stelle sei das nun nachgeholt, was die Besucher allen Kirchgängern in diesem Land nahelegen wollten: Statt zu jammern, schreite man zur Tat. Ob es nur zwei oder vier Personen sind, die in einer Gemeinde für mehr geistliche Berufungen beten, das ist egal. Und welcher Pfarrer wird sich dem Wunsch einen kleinen Gruppe von Gläubigen verschließen, diesem Gebet in der Kirche auch einen besonderen Rahmen zu geben. Es ist Weihnachten. Ganz klein fing alles an – mit einem Neugeborenen in einem Stall. Die Kirche in Deutschland braucht keine soziologischen Analysen, sondern Menschen, die beten. Nur so fängt alles wieder von Neuem an."
"Europe's problem is that it's barren"

Die Unfruchtbarkeit des Alten Europa nimmt Mark Steyn aufs Korn - "The evidence suggests that, once you reach the post-Christian stage, you don't have much of a future."

24. Dezember 2003

Ja,
von seiner Fülle haben wir alle empfangen,
Gnade über Gnade.

Denn das Gesetz ward durch Moses gegeben,
die Gnade und die Wahrheit aber
ist mit Jesus Christus zur Welt gekommen.

Niemand hat GOtt je gesehen;
der Einzige, göttliche Sohn,
der am Herzen des Vaters ruht,
er hat Kunde gebracht.

(Jo 1, 16 - 18)

Euch allen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest!

Konrad Weiß: Gott in der Krippe

Ich dachte an jenes Haus,
Wirtshaus des Herrn,
die heilige Nacht war zur Mitte
fortgeschritten, die Hütte
leuchtete still noch und froh
lag das Kind auf dem Stroh,
mein Auge blick um dich und lern,
der Hunger betrübt uns.

Ich sehe den hölzernen Trog,
die Mulde geleert,
auf seinem gekreuzten paar Füßen
wie wird der Fuhrmann ihn grüßen,
dem man vor die Schenke ihn stellt,
wenn er seinen Aufenthalt hält,
der Metzger wird also geehrt,
der Hunger betrübt uns.

Dann trägt man den Trog vor die Tür,
den Rößlein ihn zu,
unsre Augen, das sind die zwei Rosse
mit Sprüngen und sind an die Sprosse
gefesselt und eilen zum Streit,
so fährt mit uns in die Zeit
unser Wagen weltein ohne Ruh,
der Hunger betrübt uns.

Ihr Tiere, jetzt habt ihr genug,
Maria sprach,
sie hob das Kind, und so liege
du besser und brauche die Wiege,
und die Krippe der Menschheit mit eins
ineinandergegriffenen Scheins
war ein Kreuz und ein Kelch lief darnach,
der Hunger betrübt uns.

Das Werk, glückschuldiges Werk,
laß liegen und bleib,
Maria, laß liegen und nähren,
wir essen, wer wird es uns wehren,
mit Schauen, das Gründe nicht hat,
Maria, wir essen uns satt,
Gottrose im kindlichen Leib,
der Hunger betrübt uns.

Der Sarg vom Nikolaus. (via Saintly Salmagundi)

23. Dezember 2003

Wegen dem Kind - Weihnachten 1914

Die Frontweihnacht 1914 in den Gräben Flanderns hat durch das Buch "Der kleine Frieden im Großen Krieg" von Michael Jürgs und diverse Fernsehsendungen Schlagzeilen gemacht. (Auch der Guardian brachte eine Rezension.)

David Michael Jones erzählt die Geschichte in seinem großen Großgedicht "Anathemata" so:

"If much of this is fancy-fed though not unmixed with some theology, more surely on this night the white owls of Britain, seeking their Lady Wisdom where the columned Purbeck gleams, would find her unter Pales' thack, ad praesepem.
               If this, though sure, is but allegory
at all events
          and speaking most factually
and, as the fashion now requires, from observed data: On this night, when I was a young man in France, in Gallia Belgica, the forward ballista-teams of the Ilsand of Britain green-garlanded their silent three-o-threes for this I saw and heard their cockney song salute the happy morning; and later, on this same morning certain of the foodmen of Britain, walking in daylight, upright, through the lanes of the war-net to outside and beyond the rusted trip-belt, some with gifts, none with ported weapons, embraced him between his fossa and ours, exchanging tokens.
                        And this I know,
if only from immediate hearsay, for we had come on this mild morning (it was a Green Christmas) back into the rear, two to three thousand paces behind where his front vallum was called by us, the Maiden's Bulge, and ours, the Pontiff's Neb, between which parallels, these things, according to oral report reaching us in this forward reserve area, were done,
               BECAUSE OF THE CHILD." (Mabinog's Liturgy)

In der Übersetzung von Cordelia Spaemann:

"Mag so manches hiervon der Phantasie entsprungen sein - immerhin mit einem Schuß Theologie -, so läßt sich doch von dieser Nacht mit mehr Gewißheit sagen, daß Frau Weisheit, falls Britanniens weiße Eulen im Glanz von gesäultem Purbeck-Marmor nach ihr suchen, eher ad praesepem unter Pales' Dach zu finden ist.
               Falls dies, obgleich gesichert, nur Allegorie sein sollte,
für alle Fälle
          und rein aufs Tatsächliche beschränkt
und, wie der Zeitgeist es jetzt verlangt, aufgrund beobachteter Daten Folgendes: als ich ein junger Mann in Frankreich war, in Gallia Belgica schmückten in dieser Nach die britischen Geschützbedienungen in den vorderen Linien ihre schweigenden Achtzehnpfünder. Dies sah ich und hörte, wie ihr Cockneygesang dabei den fröhlichen Morgen grüßte. Und später, am selben Morgen, wanderten einige von den Infanteristen Britanniens aufrecht bei Tageslicht durch die Maschen des Verteidigungsnetzes nach vorn, über verrostete Stolperdrähte, unbewaffnet, manche noch mit Geschenken, und umarmten ihn zwischen seiner fossa und unserer und tauschten Andenken aus.
                        Und dies weiß ich,
wenn auch nur vom unmittelbaren Hörensagen, denn wir waren an diesem milden Morgen (es war ein grünes Weihnachten) in die Etappe zurückgekehrt, zwei- oder dreitausend Schritt hinter den Ort, wo sein Front-vallum 'Mädchenbuckel' und unser eigenes 'Papstschnabel' genannt wurden. Zwischen diesen Linien hatte sich, nach dem mündlichen Bericht, der uns in der rückwärtigen Stellung erreichte, solches zugetragen
               WEGEN DEM KIND." (S. 214-6)

22. Dezember 2003

"Weihnachtschristentum"

Alexander Kissler über den langen Weg von Friedrich Schleiermacher zu Franz Beckenbauer.

21. Dezember 2003

"Grauenhaft"

Ähnlich erhellend ist der Glaubens-Satz, den Jutta Speidel von sich geben darf:

"Ich bin katholisch erzogen worden, aber ich finde es grauenhaft, dass die katholische Kirche von ihren Priestern immer noch ein zölibatäres Leben verlangt (...) Aber ich habe vom lieben Gott viel Kraft mitbekommen. So schnell haut mich nichts mehr um."

Ich befürchte fast, daß auch nach Aufhebung des Zölibats Frau Speidel immer noch einige Forderungen der katholischen Kirche an ihre Priester grauenhaft fände: der Verzicht auf serielle Monogamie z. B. Aber zum Glück haut sie ja so schnell nichts um.

[Persönlich finde ich eher die Frühfilme von Frau Speidel grauenhaft, "Mädchen beim Frauenarzt" z. B. oder "Pepe, der Paukerschreck".]
"Ich glaube!"

Zu Weihnachten dürfen sich im Gong Stars zum Glauben äußern. Zum Beispiel Michael Mendl:

"Ich bin nicht einer, der ständig in die Kirche rennt. Aber ich glaube! Ich glaube an die Kraft im Menschen, die man mit Liebe, Hoffnung und Demut umschreiben kann."

Das ist natürlich erfreulich. Und vielleicht verrät uns Herr Mendl bei einer anderen Gelegenheit, was genau er damit meint und worin sich sein Glaube begründet...
Geld macht nicht fromm

Kardinal Meisner im Weihnachtsinterview beim Rheinischen Merkur:

"Ich habe keine Angst vor dem Mangel. Alle werden sich einschränken müssen. Aber die Energien des Evangeliums bleiben verfügbar, ja sie steigen, wenn die äußeren Möglichkeiten zurückgehen. Darum ist die Evangelisierung der Gesellschaft letztlich keine Frage des Geldes. Wir hatten noch nie so viel Geld wie in den letzten dreißig Jahren und haben noch nie so viel Glaubenssubstanz verloren wie in dieser Zeit. Die Armut macht uns nicht unfähig zur Offensive."
Mit zwei statt vier Augen

TSO postet ein schönes Stück aus "Mystery and Manners" von Flannery O'Connor.
Semper maior - Sprachform des Staunens

"Das menschliche Kind Jesus staunt gewiß über alles: vom Dasein der liebenden Mutter zurück auch über sein eigenes Dasein und von beidem her über alle umgebenden Gestalten der Welt, vom kleinsten Blümchen bis zu dem unabsehbaren Himmel. Aber dieses Staunen stammt von dem viel tieferen Staunen des ewigen Kindes, das im absoluten Geist der Liebe über die alles durchwaltende und übersteigende Liebe selbst staunt.

'Der Vater ist größer': es bleibt bei diesem Komparativ, der weit mehr meint als ein Positiv 'groß', weit mehr auch als ein Superlativ 'der Größte', womit ein unüberschreitbarer Abschluß erreicht wäre. Der Komparativ ist die Sprachform des Staunens." (Hans Urs von Balthasar: Wenn ihr nicht werdet wie dieses Kind.- Ostfildern: Schwaben-Verlag, 1988, 36)
Adventslied der Engel
oder:
Feingefühl, liturgisches, immer noch fehlendes

Im Advent singen die Engel bei uns zum Sanctus nicht mehr "925,4", sondern "Macht hoch die Tür".

17. Dezember 2003

Zeitzeichen: Aus 8 mach 4

Bayern in Person von Edmund Stoiber will die Zahl seiner Theologischen Fakultäten halbieren: Nur noch München, Regensburg und Würzburg (alle kath.) und Erlangen (ev.) bleiben übrig. (Vertreibung aus der Universität - sueddeutsche.de - Bayern

16. Dezember 2003

Passion-Rezension

Der St. Josef-Newsletter informierte heute über die Besprechung von Mel Gibsons "Passion" im film-dienst. Danke.
Weihnachten für Erwachsene

In derselben Zeitschrift plädiert Digby Anderson für einen Weihnachtsersatz: Epiphanie.
Gelegen? Ungelegen? - Gelegen!

Der Kardinal-Erzbischof von Westminster, Cormac Murphy-O'Connor, nimmt keine Rücksicht auf die Saison - oder doch? Im Spectator gibt es eine leibhaftige Höllenpredigt:

"Christmas may not appear at first sight to be the best time to be speaking about such things. But if I am to be judged by God, I am happy that I should be judged by One who came among us and lived our life just as it is — short, bitter, mysterious, and yet wonderful. It is as the Son of Man that God will examine us about our life. He has lived our life with sympathetic understanding of its fragility and unsolved enigmas. He did not merely enter into it by virtue of Divine understanding but by living it for real. He himself became flesh. Which is why every human face is, in a mysterious and powerful sense, the human face of God Himself: the pure face of the child, the faces of the poor, the tear-stained faces of sinners, even the embittered faces, those who are enemies and hate us.

Jesus came amongst us as Saviour and, God help us, we do need to be saved — from our selfishness, and our sin, and our poverty. Christmas is an occasion to ponder more deeply the consequences of our choices and actions while giving thanks for that most wondrous event in human history — the coming of Emmanuel: God with us."
Saukalt

Virtuell gesehen ist der Winter ziemlich streng: Das Ikon von wetter.de unten auf der Seite zeigt gerade -9999 °C als Tagestiefsttemperatur an.
blogblogblog

Medienrevolution oder Tagebücher: Was ist dran am Weblog-Phänomen? (bei Telepolis)

15. Dezember 2003

Empfehlung

Die Kirchenorgel der amerikanischen Pfingstler vom "House of God" ist die Pedal Steel Guitar, Robert Randolph ist ihr Meister, und RR's Sacred Steel-Album Unclassified ist pure Energie. PTL.
Christsein

Zum minimalistischen Priesterbild passt vielleicht am besten die folgende "schwache" Definition des katholischen Christen, die ich mir ad hoc aus Zulehner + Küng zusammengebastelt habe und die sicher noch weiter optimier- bzw. minimierbar ist:

"Ein Christ ist, wer das Gerücht von Gott wachhält und am Christentum noch nicht verzweifelt ist."

Das muß und soll ja nicht unbedingt einladend wirken - im Gegenteil: Diese Definition nimmt andere in ihrem Anderssein ernst und tritt ihnen nicht durch irgendwelche Wahrheitsansprüche zu nahe.
Priestermangel praktisch

Mal ehrlich: Würden Sie als junger Mann einen Beruf ergreifen wollen, der öffentlich vor allem unter Überschriften wie "Klerus und Sklerose: Nachwuchs, Regression und Heiliger Geist" verhandelt wird?
Wie ein Toter

Als ich gestern abend Saddam Hussein sah in seinem Elend, dachte ich bei mir: "Sehen so Massenmörder aus, die einige Hunderttausende auf dem Gewissen haben? So wie wir alle im Alter: müde, erschöpft, ausgelaugt, hoffnungslos, verwirrt, verloren?"

Dann mußte ich an den Satz denken, den Georges Bernanos nach dem Münchner Abkommen 1938 über A. Hitler schrieb: "Seit gestern denke ich an ihn wie an einen Toten." Kein Gericht wird dem gerecht, was Saddam getan und befohlen hat, und deshalb ist es nicht mehr wesentlich, ob es internationale, irakische oder US-Richter sind, die über ihn urteilen. Er ist jetzt (und schon vorher, und wie wir alle) ein Opfer von Gottes "terrible speed of mercy" (Flannery O'Connor).
Emmylou, Maria und unvergängliche Schönheit

Durch meine Teenagerjahre begleitete mich ihre Version von "C'est la vie - it goes to show you never can tell", und jetzt, fast 30 Jahre später, mildert sie mit "Stumble into Grace" den Frühwinter-Blues: Emmylou Harris. Ihre Stimme ist absolutely amazing und einige der Lieder sind schlicht überzeitlich. Zum Beispiel dieses, das Schlußlied, in gut katholischer Manier eine Verbeugung vor dem Marienaltar:

Cup of Kindness

You gave yourself up to the mystery
And sailed the oceans looking for
The secret of the key
To unlock a truth that you may never find
For it was a cup of kindness all the time

You feel the thirst
But none can make you drink
The answer's waiting for you here but
It's not what you think
It won't steal your soul or leave you blind
It was just a cup of kindness all the time

And when Mother Mary finally comes to call
She could pass right thru your heart
And leave no trace at all
While you were reaching for
The sacred and divine
She was standing right beside you
All the time

And the emptiness
You can't seem to fill
Beauty fades and pleasures cannot
Take away the chill
And the glamour lures you down into a lie
O but the cup of kindness
Never will run dry

You hear the vandals
Howlin' down your walls
And arm yourself against the ones
Who want to see you fall
Till some Holy Grail reveals
The grand design
Well it was in a cup of kindness
All the time
Ansteckendes Christentum um jeden Preis

Willow Creek ist einer der bekanntesten und erfolgreichsten U.S.-MegaChurches. Nach 30 Jahren hat sie mehr Gemeinden als manche der kleineren etablierten Denominationen und breitet sich in Suburbia, dem wachsenden Vorstadtgürtel um die amerikanischen Großstädte immer weiter aus. Auch kleinere Kirchengemeinden können sich für 249 USD/YR professionelle Beratung durch Willow Creek einkaufen.

Aaron D. Wolf kommentiert die Abwendung von den fremden, anstößigen Inhalten der Schrift und des apostolischen Zeugnisses, für die Willow Creek steht, und die Hinwendung zur "heilenden Botschaft von einem Jesus, der auf die erfahrenen Nöte des suburbanen Lebens eingeht".

Das kennen wir unter anderem Vorzeichen hier doch auch.
Kircheneinheit a la Hollandaise

Fängt die Ökumene beim Geld an oder hört sie da auf?

"Nicht nur weil die PKN [Protestantische Kirche Niederland] von zahlreichen christlichen Rechten nicht mitgetragen wird, will keine rechte Jubelstimmung aufkommen, sondern auch weil die Fusion von wirtschaftlichen Gesichtspunkten geprägt ist. Jedes Jahr sagen mehr Holländer ihrer Kirche Adieu. Viele Gemeinden können den Unterhalt ihrer Einrichtungen nicht mehr finanzieren, die Gehälter ihrer Prediger nicht mehr zahlen. Außerdem muss die Frage, wie der Besitz der Kirchen untereinander aufgeteilt wird, geklärt werden. Dabei geht es um Millionenbeträge. Während der Andacht warnte Prediger Arie van der Plas: 'Herr, schütze uns vor neuen Spaltungen.'"

(Heilige Dreifaltigkeit - sueddeutsche.de - Feuilleton)

13. Dezember 2003

Anselms Werke deutsch

Das bin ich dem hl. Anselm von Canterbury schuldig, von dem ich das "Credo ut Intelligam" geborgt habe: Hansjürgen Verweyen hat eine Auswahl seiner Werke wieder verfügbar gemacht. (Via KATH.NET - Katholischer Nachrichtendienst)
Der Kommende

"'Der, der kommt', ist der eigentliche Name Christi. Wir verwenden ihn in einem besonders eindrücklichen Text der hl. Messe: nach dem 'Heilig, heilig, heilig, Gott, Herr aller Mächte und Gewalten' - wobei uns der Abgrund, deruns von Gott trennt, besonders fühlbar wird - fahren wir fort: 'Hochgelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn.' (...)

Christus ist zugleich der, der gekommen ist, und der, der kommt. Er ist immer der, der kommt." (Jean Danielou)

12. Dezember 2003

Bekenner sind auch nur Menschen

Der störrische Heilige Hugo Dornhofer.
Aber bitte diskret!

Eine sogenannte Laizitäts-Kommission empfiehlt in Frankreich ein Gesetz, "das das deutliche Zeigen religiöser Symbole wie großer Kreuze, der jüdischen Kippa und das Tragen von Kopftüchern oder Schleiern in Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen verbietet. Die Maßnahme bezieht sich nicht nur auf Lehrer sondern auch auf Schüler. 'Diskrete' Zeichen wie kleine Halsketten sollen erlaubt sein." (Süddeutsche Zeitung: Gegen Kreuz und Kopftuch)

Diskret wie bis zu 2 cm groß und breit? Religiös wie Death-Metal-Sweat Shirts, "Che Guevara"-Sticker und (für die Lehrer) "Clapton is God"-Graffiti?
Live aus dem Refektorium

Father Bryce wird verzeihen, daß ich sein Posting einfach übersetzt kopiere:



"Schwester, würden Sie gerade mal von der 7. Wolke runterkommen und die Butter weitergeben?"

Bilanz der Bilanzen

Raymund Schwager zieht die Bilanz der Küng-Bilanzen. Kirchenrebell alias Medientheologe Hans Küng beklagte nämlich zum Papst-Jubiläum wieder einmal "diktatorische Macht", "triumphalistischen Absolutismus", "inquisitorischer Verfolgung", "römischem Imperialismus" und "weltfremden Rigorismus". Eine Litanei so alt wie Lauretanische mit dem Unterschied, daß wir die Küngsche inzwischen auswendig kennen.

Könnte vielleicht mal jemand bemerken, daß er damit das Andenken der tatsächlichen Opfer von - auch katholischer! - Macht, Verfolgung, Imperialismus und Rigorismus schmäht, wenn er seine bourgeoisen Unpässlichkeiten mit ihnen in eine Reihe stellt?

Von der Herrschaft des altmodischen Mainstream - Herr, befreie uns.
Von antirömischem Rigorismus - Herr, befreie uns.
Von medienverstärktem Gejammere - Herr, befreie uns.

(Danke für den Hinweis, Erich!)

11. Dezember 2003

Science Fiction/Fantasy Authors of Various Faiths
Ceterum Censeo

Aus der Weihnachtskarte eines Großverlags:

"Heute haben wir die Verantwortung für die Kinder, die morgen die Dinge in die Hand nehmen werden. An den Weihnachtstagen und zum neuen Jahr wird überall, in allen Ländern - fast unabhängig von Religion und anderen Einflüssen - daran gedacht, was alles besser sein könnte. Wir sollten alle gemeinsam daran arbeiten, dass es auch gelingt."

Daran arbeite ich doch gerne mit. Allerdings nur nach der Anmerkung, daß die Formulierung "fast unabhängig von Religion und anderen Einflüssen" sehr mißverständlich ist.

Oberflächlich verstanden, suggeriert sie nämlich, daß sich die Bereiche der Religion (und der unspezifizierten anderen Einflüsse) recht säuberlich abtrennen lassen von unserem Wunsch und unserem praktischen Streben nach Weltverbesserung und -veränderung. Es gibt aber kein entsprechendes Ethos unabhängig von unserem Verständnis der Welt und unserer selbst; daß und wie wir etwas zum Besseren wenden wollen, ergibt sich immer auch, ja: vor allem aus dem, was wir für das Gute halten. Für den Großteil der lebenden 6,3 Milliarden Menschen spielt ihre Religion eine wichtige Rolle in der Bestimmung des Guten. (So wie eben auch ein "Weltethos" nicht unter Laborbedingungen entwickelt und verbreitet werden kann, sondern immer in einem lokalen/persönlichen Ethos verwurzelt sein, zu ihm passen, aus ihm hervorgehen muß.)

Aber so penibel wollte der Verlag seinen Satz nicht verstanden wissen. Und deshalb stelle ich die Karte doch in meinem Büro auf...
Vom frühen morgen an
lief ich
durch alle türen
auf einen armen
juden
zu
und fiel
als die nacht kam
in die sonne

(Silja Walter)

10. Dezember 2003

"Es gibt eben auch eine Abstimmung mit dem Zahlschein"

Die Welt: Nur 150 Antworten auf 150 000 Bittbriefe des Kardinals.
Endlich begonnen: Abschied von der Männerkirche?

"Noch am Wahlabend zeigte sich der Bischofsvikar für den synodalen Bereich, Domkapitular Dr. Johannes zu Eltz, sehr erfreut über dieses Ergebnis: 'In einer offenkundig schwieriger werdenden Zeit haben wir trotzdem mehr Menschen für die vor uns liegende synodale Arbeit aktivieren können. Die Mobilisierung ist gut gelungen, die Wählerschaft geht in die Breite. Sorgen macht mir nur, dass der Männeranteil in den Pfarrgemeinderäten weiter gesunken ist.' Der Anteil der gewählten Männer ist von 45 % im Jahr 1999 auf jetzt rund 41,6 % gefallen." Aha: Sorgen.

(Bistum Limburg: PGR-Wahlen: Zweitbeste Wahlbeteiligung seit 1969)
Bloggers Litanei

Der Curt Jester bloggt die Blogger-Litanei.

"Vom Verlangen gelesen zu werden - Herr, befreie uns.
Vom Verlangen gelobt zu werden - Herr, befreie uns...
Daß andere Blogs mehr geliebt werden als der meine - Gewähre uns, o Herr."
"Wer sind diese?

... und woher sind sie gekommen?" (Offb 7, 13)

Statt der "Zahl des Tieres" (Offb 13, 18) die Zahlen des Lamms: World Christian Database.
Here comes the New Church!

Pentekostalischer Häresien bin ich, glaube ich, nicht unbedingt verdächtig. Deshalb hier in Sinne der deutsch-christlichen Horizonterweiterung ein Link zum Kingsway International Christian Centre, einer Megachurch, die mit ihrem Miracle Centre die größte Kirche Großbritanniens betreibt. Die Church of England hat Pastor Matthew Ashimolowo vor einiger Zeit aufgefordert, taktvoll dahinzuscheiden und ihre Kirchenbauten Gemeinden wie der seinen zu vermachen.
Tristesse monetaire

Peter Hertel und Anna Gann befassen sich in PublikForum mit dem drohenden bzw. schon spürbaren Finanzkollaps der großen Kirchen. (Mancherorts scheint der noch weiter weg zu sein, hier z.B., im Land der Löwenkopf-Türzieher.)

Die Wirklichkeit holt uns ein, würde ich sagen. Und Abschied von Illusionen über Mitgliederzahl und -zahlungsbereitschaft "ist ein scharfes Schwert" (Roger Whittaker), das auch "die Kirche in ihrer Substanz" (Hertel/Gann) bedrohen kann. Kann, nicht muß.

Aber das würde ein Umdenken auf allen Ebenen bedeuten, eine "Bekehrung" sozusagen. Hat nicht McKinsey mal die Frage nach den christlichen und kirchlichen Kernkompetenzen gestellt?

9. Dezember 2003

Nachrichten von einem, der leer ausging.

Von was träumen Androiden? Die Antwort kennen wir durch Philip K. Dick. Doch von was träumte der? Wie es aussieht, von VALIS und vom Schwarzen Ehernen Gefängnis. Und von den 2.500 $, der er für die Filmrechte von "Blade Runner" bekam.

8. Dezember 2003

Hinein in die Wirklichkeit (GOttes)!

Statt Drobinski lieber Jan-Heiner Tück in der Neuen Zürcher lesen!

"In der Liturgie geht es nicht um den Eintritt in eine imaginäre Welt, sondern um die Begegnung mit dem Allerwirklichsten. Wo aber das Ewige in die Zeit einbricht, gerät die Realität selbst auf den Prüfstand. Dem Heiligen begegnen heisst sein Leben ändern. Wie aber steht es um die lebensgestaltende Kraft der katholischen Liturgie? Ist diese durch die Liturgiereform eher gestärkt oder geschwächt worden?"
Liturgie durch die Beruhigungsbrille

Wo Alexander Kissler aufmerken hieß, gibt Matthias Drobinski ein paar Tage später Entwarnung:

"Auch Kardinal Joseph Ratzinger, der Präfekt der Glaubenskongregation, hat, vergangenen Donnerstag erst wieder in Trier, kritisiert, dass allzu häufig statt der Konzentration auf die heilige Handlung das Experiment und die Unterhaltung der Gläubigen im Vordergrund stehe. Da hat Ratzinger insofern Recht, als dass vor allem in den siebziger und achtziger Jahren mancher Pfarrer der Gemeinde manche Merkwürdigkeit zugemutet hat – von Fürbitt-Zetteln, die an Sträucher gehängt werden mussten, bis zum Buß-Tanz vor dem Altar, bei dem die wahre Buße im Zuschauen bestand. (...)

Wer mit Pfarrern und Gottesdienstbesuchern redet, wird die gegenläufige Entwicklung bemerken: Stille und Andacht erhalten zunehmend Raum; die Zeiten, da die Auflösung der Form als Fortschritt galt und die Selbsterfahrungsgruppe als Maß des Zusammenseins, sind auch im katholischen Gottesdienst vorbei."

Schön wär's. Sicher gibt es eine neue Vorsicht im Umgang mit der Liturgie, auch an der Basis. Es gibt gebrannte Kinder und das meiste haben die Liturgie-Vorsteher und -Komittees über die Jahre hin schon durchprobiert. Aber die Pädagogen und Laboranten, die Performance-Künstler und Non-Konformisten leben, wirken und verhunzen weiter unter uns. Mancherorts das Murmeltier grüßt ewig...

"Die gerade für die katholische Kirche wichtige Balance zwischen Bewahren und Erneuern" "droht ..." nicht durch römische Liturgiedokumente "gestört zu werden" - es gibt sie an viel zu vielen Orten schlicht und einfach nicht mehr.

Wo gibt es eigentlich diese Rosa Beruhigungsbrillen zu kaufen?
Heiliger Bimbam!

Bittet und es wird euch gegeben, tretet ein und macht den Einkaufswagen voll - bei avazon.com, dem Webshop "U.L.F vom Sonderangebot" (nicht identisch mit der "Mutter aller Schnäppchen"!).

Rosenkränze, Skapuliere, liturgische Kopfhörer, Ablässe, Holy Pokemon (die Lila-Serie!) und andere praktische Utensilien für den katholischen Blogger oder Surfer! (via TSOs Video meliora)
Maria

"O Jungfrau, Mutter, Tochter deines Sohns,
Demüt’ger, höher, als was je gewesen,
Ziel, ausersehn vom Herrn des ew’gen Throns,

Geadelt hast du so des Menschen Wesen,
Daß, der’s erschaffen hat, das höchste Gut,
Um sein Geschöpf zu sein, dich auserlesen.

In deinem Leib entglomm der Liebe Glut,
An der die Blume hier zu ew’gen Wonnen
Entsprossen ist, in ew’gem Frieden ruht.

Die Lieb’ entflammst du, gleich der Mittagssonnen,
In diesem Reich; dort, in der Sterblichkeit,
Bist du der frommen Hoffnung Lebensbronnen.

Du giltst so viel, ragst so in Herrlichkeit,
Daß Gnade Suchen und zu dir nicht flehen,
Wie Flug dem Unbeflügelten gedeiht.

Du pflegst dem Armen huldreich beizustehen,
Der zu dir fleht, ja öfters pflegt von dir
Die Gabe frei dem Fleh’n vorauszugehen.

Erbarmen ist, und Mitleid ist in dir,
In dir großmüt’ges Wesen – ja, verbunden.
Was Gutes das Geschöpf hat, ist in dir."

(Dante Alighieri: Die Göttliche Komödie, Paradies, 33. Gesang)
Berufswunsch

"I'd rather learn from one bird how to sing
than teach ten thousand stars how not to dance"

Nicht von Olivier Messiaen, sondern von E.E. Cummings.

6. Dezember 2003

Abschied von der Anima

Genug gepienzt, meint die SZ und fordert meinereinen zum Abschied von Susi, Sabine oder Sandra auf - je nachdem wie Manns innere Weiblichkeit heißt.
Afrikanischer Glaubensverteidiger, frühneuzeitlich

"Bereit im 16. Jahrhundert erhielt ein Monarch aus dem Kongo den vom Papst verliehenen Titel 'Defensor Fidei - Verteidiger des Glaubens', der bis dahin Englands Heinrich VIII. verliehen worden war. Im Gegensatz zu Heinrichs Familie hielt die Kongolesische Monarchie den Katholischen Glauben hingebungsvoll aufrecht." (Philip Jenkins: The Next Christendom, S. 30)
Doppeldenk im Advent

Unsere Tageszeitungen gehen durch schreckliche Zeiten. Die Wirtschaftskrise läßt Abonnentenzahlen und Werbeeinnahmen gleichermaßen sinken. Das muß vor allem bei spirituell korrekten Redakteuren momentan zu wahren Gewissensqualen führen.

In meinem Heimatblatt, dem "Main-Echo", der "Unabhängigen Zeitung für Untermain und Spessart" zeigt sich das so:

Gestern endlich tauchte der lange erwartete Artikel im Lokalteil auf, der unter der Überschrift "Verkaufsschlager Weihnachten" und mittels Interview mit zwei Exponenten des heimischen Klerus den Kommerzkult anprangert. Im Kasten daneben ein sympathisierender Bericht über eine Autorenlesung im katholischen Bildungshaus Schmerlenbach. Die Titel der Lesung ("Blutige Weihnacht") und des Artikels ("Idyll als Makulatur des Bösen") verraten das Anliegen: Symbolisch aufzuschrecken und die seelischen Abgründe der Adventopfer und -täter aufgähnen zu lassen.

Heute dann ruft die gleiche Zeitung zum Wettbewerb um die "tollste Weihnachsbeleuchtung" auf, denn schließlich haben sich die "oft als Weihnachtskitsch gescholtenen" Lichterketten durchgesetzt und eine spezielle Art von Wahnsinn hervorgerufen, die ruhig im Sinne der Abonnentenwerbung gefördert werden darf - "blutige Weihnacht" hin oder her.

Die pfundweise beiliegenden Einzelhandelsprospekte fördern den vorweihnachtlichen Umsatz wohl auch nicht, indem sie kostenlos gedruckt werden, sondern indem sie uns in die Läden locken. Montags dann holen wir unsere Portion Buße ab im nächsten spitzen Kommentar über Gerenne und Gerangel.

Der Redakteur büßt derweilen - vielleicht? wahrscheinlich? hoffentlich? - für sein Doppeldenk mit Verlust der Selbstachtung, die nur durch verschärfte Ausdrucksformen von Spiritual Correctness wiedergewonnen werden kann. Auf geht's - wir lesen weiter.

5. Dezember 2003

Morgen in der Zeitung, heute schon hier:

"Jokes activate same brain region as cocaine: Humour tickles drug centre that gives hedonistic high", sagen Stanford-Wissenschaftler bei Nature.
Zuviel des Quadratisch-Praktisch-Guten! Her mit dem Antifunktional-Schönen!

Ein kundiger und ausgewogener Überblick von Alexander Kissler in der Süddeutschen Zeitung über den Zustand der katholischen Liturgie 40 Jahre nach Sacrosanctum Concilium. Nicht um ein feindliches Aug in Aug des alten und neuen Ritus (und ihrer Anhänger) geht es für ihn, sondern um beider Pflege und Wertschätzung.

"'Tut dies zu meinem Gedächtnis': Jesu Worte beim letzten Abendmahl sind das Fundament der Liturgie. Laut katholischer Lehre ist Jesus bei jeder Eucharistiefeier in den Gestalten von Blut und Wein gegenwärtig. Wo dieses Mysterium im Christus-hat-uns-alle-lieb-Gestus verplaudert wird, hat die Kirche aufgehört, Kirche zu sein. Sie wäre eine Sinnagentur mit religiöser Rhetorik geworden. Andererseits kann die tridentinische Messe nicht als einzig wahre rehabilitiert werden. Die Pius-Bruderschaft steht auch deshalb außerhalb der Gemeinschaft, weil sie auf eine Entscheidung hofft und dem heute praktizierten Ritus das Verschwinden prophezeit.

Widersinnig ist die Hoffnung der Modernisten, durch eine Umfunktionierung der Messe zum reinen Gemeinschaftserlebnis die Kirchen füllen zu können. Je ununterscheidbarer das religiöse Angebot sich gibt, desto schneller trocknet die Substanz aus, desto unattraktiver wird es. Die Form der Liturgie ist von ihrem Inhalt nicht zu trennen. Darum sollten die Kontrahenten anerkennen, dass beide Riten ihre Schönheit haben. Die Gregorianik und die lateinische Sprache sollten auch in ganz gewöhnlichen Gemeinden gepflegt werden, ohne dass diese sich den Ruch des Reaktionären zuziehen. Ein generelles Umdenken ist nötig, was die Gebetsrichtung betrifft. Zumindest während des Hochgebets ist es widersinnig, dass Priester und Gemeinde einander anstarren. Nur der gemeinsame Blick nach Osten kann Ausdruck sein der gemeinsamen Hoffnung. Würde man umgekehrt die großen Errungenschaften der Reform – die erhöhte Aufmerksamkeit für Nebenmann und Nebenfrau, Gebete in der Landessprache, die Abkehr vom esoterischen Formenkult – rückgängig machen, kehrte die Vormoderne augenblicklich in die Kirche zurück. Wenn das Vergangene geschätzt, aber nicht vergötzt wird, kann das zwecklose Spiel wieder werden, was es sein will: ein Freudenfest auf dem dunklen Grund des Todes."

4. Dezember 2003

Carl Gustav Jung

Für Anthony Daniels ist C. G. Jung ein Scharlatan, auf den wegen seiner esoterischen Aura die Damen fliegen wie die Fliegen auf den Dung. "Actually, Jung was grossly superstitious, had no idea what a logical argument was, and was capable of believing the purest nonsense." Die Rezeptionsgeschichte C. G. Jungs in der deutschen nachkonziliaren Theologie und Volksfrömmigkeit muß noch geschrieben werden - im Rückblick. Noch sind wir mittendrin.

Carl Jung: The Madame Blavatsky of Psychotherapy (New Criterion)
Gute Nacht!

Bis 40 zählen lassen und wegdämmern.

3. Dezember 2003

Kirchenlieder im Rotlichtbezirk

Eine neue Web-only Zeitschrift kündigt sich vielversprechend an:"The New Pantagruel: Hymns in the Whorehouse".

Auf dem Programm steht "ein christlicher Humanismus, der nach vorne schaut, aber auch postliberal ist, der eine kulturelle und politische Kritik der stereotypen modernen Linken und Rechten bietet - und zwar aus der Mitte der christlichen 'Großen Tradition', die fundamental antimaterialistisch, antipositivistisch und antiutopisch ist. The New Pantagruel ist bestrebt, sowohl jene verhängnisvolle Ernsthaftigkeit zu vermeiden, die so vielen Unternehmungen zum Verhängnis wird, wie auch jenen schwachmachenden Zynismus, das Verhängnis so vieler anderer.

Wir nehmen jenen Kommentar von Chesterton ernst, daß 'die Verteidigung irgendeiner der Kardinaltugenden heutzutage all den Spaß eines Lasters bietet'."

Eines der Vorbilder ist Malcolm Muggeridge, der sich selbst als "Bordellpianisten" sah, "der sein Bestes gibt und ab und zu ein paar Takte von "Abide with me" einfliepen läßt - zur Erbauung der Kunden."

Die erste Nummer erscheint im Januar 2004. Dranbleiben.

1. Dezember 2003

Fundis: doch weniger als gedacht?

Bin ich vielleicht doch kein katholischer Fundi? Thomas Seiterich-Kreuzkamp macht mir in Publik-Forum Hoffnung:

"Wie ortet man Fundamentalisten? Und: Wie geht man mit Fundamentalisten um? Der reformierte Theologieprofessor Peter Scherle gibt eine in fünf Punkte gegliederte, sinnvolle Antwort. Er wendet sich gegen den inflationären und leichtfertig vernebelnden Sprachgebrauch des Begriffs Fundamentalismus. Damit jemand ein Fundamentalist sei, brauche es das Zusammenwirken von vier Haltungen.

1. Die Behauptung der und den Glauben an die Unfehlbarkeit und Irrtumslosigkeit der »Schrift« bzw. der eigenen Glaubensurkunde. Die eigene Wahrheit ist absolut vorrangig.

2. Den festen Willen zur politischen Durchsetzung der eigenen »Wahrheit«, die aus der jeweiligen Religion resultiert.

3. Die Betonung der »Gemeinschaft der Erretteten« oder der »Rechtgläubigen« inmitten der »Verlorenen« oder »Verworfenen«.

4. Die sichere Kenntnis des »Anfangs« sowie des »Endes« der Menschheit.

Punkt 3 und 4 machen Gläubige, die daran festhalten, oftmals überheblich.

(...)

Scherle warnt – zu Recht – davor, bestimmte konservative religiöse Meinungsvertreter voreilig als »Fundamentalisten« abzustempeln. Es gelte stets, zuvor die eigenen Wahrnehmungs- und Verstehensweisen kritisch auf ihre versteckten Ängste und Projektionen zu hinterfragen. Sodann komme es darauf an, die Fundamentalismen etwaiger Fundamentalisten zu verstehen. Auch, um ihnen besser entgegentreten zu können."

Ist wahrscheinlich nur ein Anfall von verfrühtem Weihnachtsfrieden. Legt sich wieder. Der Papst kein Fundi, Meisner ohne Label und das Opus Dei nur konservativ - wo kämen wir denn da hin?
Katechese

Wieder einmal eine nette Geschichte gehört von einer Mutter, die anläßlich der Erstkommunion ihrer Tochter zum Elternabend ins Pfarrzentrum musste:

"Da mußten wir zuerst einen Jesus-Film gucken, dann gab's Infos wegen der Kommion-Vorbereitung und zum Schluß mußten wir noch zusammen ein Vater Unser beten. Also bei uns damals gab's nicht so viel Pi-Pa-Po um die Kommion - in der Woche vorm Weißen Sonntag hat der Pfarrer in der Kirche ein paar Stunden gehalten. Das hat doch auch gereicht!

Und jetzt, dieser ganze Aufwand... Aber die Jennifer freut sich so, und wenn ich dran denke, wie sie nächstes Jahr dann in ihrem weißen Kleid, wie im Brautkleid, in die Kirche einzieht - dann mach' die ganze Kommionvorbereitung halt doch mit."

Ob die gute Mutter auch Gruppenmutter macht, weiß ich nicht. Gut möglich.
Hurrah! Advent!

Eigentlich hatte ich vor, die vorweihnachtlichen Lichteruptionen und fensterlnden Weihnachtsmänner mit Schweigen zu bestrafen. Jetzt führt das Imperium - in der Gestalt eines eigentlich netten und bescheidenen Nachbarn - einen pre-emptive sound strike, der Vergeltung fordert.

30 Meter östlich von unserer Haustür läßt ein Bewegungsmelder nicht nur hunderte von blinkenden Birnchen losrasen - an denen ließe sich ja noch absichtlich vorbeisehen. Er löst zusätzlich eine Fieporgie aus, deren Töne sich nach 4 sec zu Jingle Bells und Stille Nacht zusammensetzen und dem Passanten höhnisch hinterherquietschen.

Es kann halt immer noch schlimmer werden.

29. November 2003

Die Mehr-als-Campbell-Suppe

Andy Warhol, Katholik.

"I'd like to recall a side of his character that he hid from all but his closest friends; his spiritual side. Those of you who knew him in circumstances that were the antithesis of spiritual may be surprised that such a side existed.

But exist it did, and it's key to the artist's psyche. Although Andy was perceived—with some justice—as a passive observer who never imposed his beliefs on other people, he could on occasion be an effective proselytizer.

To my certain knowledge, he was responsible for at least one conversion. He took considerable pride in financing his nephew's studies for the priesthood. And he regularly helped out at a shelter serving meals to the homeless and hungry. Trust Andy to have kept these activities in the dark. The knowledge of this secret piety inevitably changes our perception of an artist who fooled the world into believing that his only obsessions were money, fame, glamour, and that he could be cool to the point of callousness.

Never take Andy at face value...." (John Richardson)

27. November 2003

Nibelungen

Uns ist in alten mæren wnders vil geseit
von heleden lobebæren von grozer arebeit

Die Handschrift C des Nibelungenlieds digital bei der Badischen Landesbibliothek. Was die British Library kann, können die Karlsruher schon lange. (via Die Welt)
"Anathema sis!"

Big Innocent

Und erst der Werbetext (in freier Übersetzung):

"Stell diese Figur von Innozenz III. Deinen anderen Actionfiguren vor und staune, wie die spirituellen Funken fliegen! Mit der erschreckenden Macht der Exkommunikation und einer angsteinflößenden Schriftrolle bewaffnet, läßt dieser Papst bald all Deine anderen Actionfiguren vor dem Beichtstuhl anstehen! Auf der Rückseite der Packung wirst Du sehen, daß Innozenz eigentlich ein guter Kerl und Kunstmäzen war, für die Waisen sorgte, ein Krankenhaus baute und die Päpstlichen Lande vereinigte. Mit absetzbarer Tiara."
Google, vorkonziliar

Cur non guglere et frui linguae latinae?
Missarum Sollemnia

Das Deutsche Liturgische Institut bietet ab Dezember für 85,- € einen Reprographischen Nachdruck von J.A. Jungmanns Missarum Sollemnia an.

Interessant, wie Jungmann nach dem Konzil seine Arbeit und sein Buch sieht: "Ein Gedanke, der mich jetzt öfter beschäftigt: Hat Liturgiegeschichte eigentlich jetzt noch viel Bedeutung? Sie lockt mich nicht mehr, obwohl ich einige Themen in meinen Notizen finde, die ich bearbeiten könnte; ich habe ja bei meinen Studien fast immer den praktisch-pastoralen Zweck vor Augen gehabt; das ist nun im wesentlichen erfüllt und erreicht. Ich habe mich deswegen schon in der Commissio praeparatoria gegen den Vorschlag gewehrt, daß die Liturgik eine disciplina principalis werden soll (wie das in art. 16 der Liturgiekonstitution steht). Wenn die Liturgie reformiert ist, soll sie ja für sich selbst sprechen und braucht nicht mehr so viel Erklärung; es war ja beinahe der Sinn der Reform, daß geschichtliche Erklärungen überflüssig werden sollen. Darum kommt mir auch die Errichtung von Lehrstühlen für Liturgik an verschiedenen theologischen Fakultäten fast wie eine Ironie vor: Früher hätte man sie gebraucht, jetzt sind sie nicht gerade unnütz, aber unwichtig; die Geschichte ist nur mehr ein Stück kirchlicher Altertumskunde, immerhin anregend und insofern wertvoll, als diejenigen, die für neue Formen verantwortlich sind, sich am Vergangenen und besonders am Altertum schulen sollen; denn die Hauptarbeit der Liturgik wird nicht mehr sein: Erklärung des Überlieferten, sondern Verbesserung des Neuen." (1966, zit. nach Pacik)

Da klingen zwei Themen an, die inzwischen als Tremolo continuo meinereinem fast einen Tinnitus verursachen: Daß Liturgie transparent, durchsichtig sein solle und daß sie "semper optimanda", immer weiter zu optimieren sei. Aber daß soll nicht von Lektüre und Kauf abhalten. Vielleicht hat noch jemand einen Wunsch frei...
Cummings come

Endlich sind sie da, die "Complete Poems 1904 - 1962" von E. E. Cummings! Über 1000 Seiten Buchstaben-Bilder.

Ich fürchte oder verspreche - je nachdem -, daß meine werte Leserschaft jetzt noch öfter eines seiner Gedichte lesen oder überspringen darf. Je nachdem.

who are you,little i

(five or six years old)
peering from some high

window;at the gold

of november sunset

(and feeling:that if day
has to become night

this is a beautiful way)

(Collected Poems, S. 824)
Money - Not a Church's Best Friend

Zwei aktuelle Beiträge zu den unmittelbaren Folgen staatlicher und kirchlicher Sparsamkeit:

Gerhard Besier in der Welt zu den theologischen Fakultäten.
Stefan Meetschen in der Tagespost zur Lage im Schuldenbistum Berlin.

26. November 2003

Keiner da

Für wer Nemo sucht - da ist er.
Verfassungstreu? Nicht wirklich.

"Wir haben niemals behauptet, die ersten Christen seien im Sinne der Theologen Empörer gewesen; aber wir möchten darauf hinweisen dürfen, daß sie nach dem Urteil des Imperiums und der Beamten des Imperiums, nach der traditionellen gemäßigten Meinung im Imperium sehr wohl als solche galten.

Was wollt ihr? So entschlossen man sein mag, nicht von einem Extrem in das andere zu fallen, so ist es dennoch höchst unangenehm, gutmütige, wohlbeleibte Prälaten von der Bergpredigt wie von einem Manifest der Konservativen reden zu hören. Man hat den Eindruck, diese distinguierten Herren legten keinerlei Wert darauf, in der Öffentlichkeit, am Ende eines offiziellen Diners zum Beispiel, daran erinnert zu werden, daß die ersten zweiundzwanzig Päpste als Störer der Ordnung gerichtet, zum Tode verurteilt und exekutiert worden sind.

Wenn eine Institution, und mag sie die achtbarste aller bestehenden Mächte sein, in ihren Anfängen ein solches Verhältnis von Hingerichteten aufzuweisen hat, dürfte es wohl schwierig sein zu behaupten, daß sie bei den Professoren des Rechts und der staatsbürgerlichen Moral, den Eigentümern, den Gerichtsvollziehern oder Gendarmen sich einer besonderen Gunst erfreut habe."

(Georges Bernanos, Brief an die Engländer)
Der Stehrumchen-Gott

Mir ist bei den Diskussionen über den Gottesbezug in Verfassungen oder Kreuze in Klassenzimmern immer unbehaglich zumute, wenn ich Leuten meiner eigenen Fraktion zuhöre.

Ich halte die Gefahr für groß, vielleicht zu groß, daß GOtt zum Möbelstück im europäischen Wohnzimmer verkommt und wir statt einer bewußt christlichen Erziehung dem Kreuz einen religionspädagogischen Gnadenautomatismus zutrauen, den es nicht hat.

Christentum als Gesellschaftsstabilisator - das verändert auch das Christentum!

Kardinal Schönborn dazu bei kath.net.

25. November 2003

Klezmer meets Bluegrass

Klezmer Mountain Boys

Jewsweek stellt Margot Leverett und ihre Klezmer Mountain Boys vor. (via Relapsed Catholic)
Johnny of the Cross

Ein lesenswerter Artikel über Johnny Cash im Dezemberheft von First Things.

"Johnny Cash died in a way that demonstrated what it might mean to die well. Unlike those who die quickly, he was graced with the company of friends and loved ones, yet he never used his illness as a pretense or a front. His end was slow, painful, marked with tremendous accomplishments (even for a healthy person), but he drew near it honestly and unsentimentally. His spirit was scarred, busted, threadbare, but fearless, peaceable, witty and wise. In his living, playing, loving, and singing, he also sounded out the timbre of the Christian faith and showed how it ought to be lived: stammeringly, tunefully, with no overdubs and no effects. But most of all, with soul."
Reinkarnation a la Wilder Westen

Und weil ich grade bei den Buddhisten bin, hier ein nettes "Cowboy Poem" zum Thema "Reinkarnation":

Wallace McRae
Reincarnation

'What does Reincarnation mean?'
A cowpoke asked his friend.
His pal replied, 'It happens when
Yer life has reached its end.
They comb yer hair, and warsh yer neck,
And clean yer fingernails,
And lay you in a padded box
Away from life's travails.'

'The box and you goes in a hole,
That's been dug into the ground.
Reincarnation starts in when
Yore planted 'neath a mound.
Them clods melt down, just like yer box,
And you who is inside.
And then yore just beginnin' on
Yer transformation ride.'

'In a while, the grass'll grow
Upon yer rendered mound.
Till some day on yer moldered grave
A lonely flower is found.
And say a hoss should wander by
And graze upon this flower
That once wuz you, but now's become
Yer vegetative bower.'

'The posy that the hoss done ate
Up, with his other feed,
Makes bone, and fat, and muscle
Essential to the steed,
But some is left that he can't use
And so it passes through,
And finally lays upon the ground
This thing, that once wuz you.'

'Then say, by chance, I wanders by
And sees this upon the ground,
And I ponders, and I wonders at,
This object that I found.
I thinks of reincarnation,
Of life and death, and such,
And come away concludin': 'Slim,
You ain't changed, all that much.''

(aus: Wallace McRae: Cowboy Carmudgeon)

[Wer hätte das gedacht, daß die wilden Männer aus Montana, Texas und den Dakotas nicht nur wilde Pferde zähmen, am Feuer sitzen und eine Marlboro rauchen, sondern daß sie - dichten.]
No Zen, please! und Altbekanntes aus Paderborn

"Ich werde niemals in unserer Abtei Zen-Techniken zulassen, ganz gleich, welche es auch sein mögen. Diese sind einfach nicht zu trennen von ihrem religiös-philosophischen Hintergrund. Wenn man es doch versuchen würde, ginge langsam der Glaube verloren." So zitiert Klaus Berger in der FAZ den Abt der Trappistenabtei auf der japanischen Insel Hokkaido.

Anlaß des Zitates ist ein gnadenloser Verriß des Paderborner Platoniker-Bultmannisten-Jungianer-Markioniten E. Drewermann bzw. seines neuen Doppelwerkes über das Johannes-Evangelium. [Ich schätze, es ist im Großdruck geschrieben, denn die Drewermann-Leser sind doch auch schon alle älter. Oder kennt jemand einen unter 20?] Die Rezension ist polemisch und lesenswert - wer also Zugang zur FAZ vom 21. November hat, dem sei sie herzlich empfohlen.

(Danke, Erich, für den korrekten Link zum Kloster U.L.F. vom Leuchtturm!)

Die Rache ist mein, spricht - wer?

Man übersieht doch immer wieder was... Fono hat - nach dem Hinweis von mir - den "Großen Schweinfurter Segen" entdeckt, ein Glanzstück multireligiöser Apokalypse oder Apokatastasis oder Anakephalaiosis oder so. Na egal, das ist er:

"- Es segne uns Allah, der All-Barmherzige und All-Eine, zu dem die Muslime beten.

- Es segne uns Brahma, der Schöpfer, aus dem nach dem Glauben der Hindus alles geschaffen ist.

- Es segne uns Vishnu, der in diese Welt kommt, um ihren Lauf in Gang zu erhalten.

- Es segne uns Jahwe, der sich dem Volk Israel als der geoffenbart hat, der für die Menschen da ist.

- Es segnen uns die Muttergottheiten der Naturvölker, die alles Werden und Vergehen schützt [sic!], und aus dem Tod neues Leben bringt.

- Es segne uns Manitou, der große Geist der Indianer, der alles belebt.

- Es segne uns der dreifaltige Gott, in dem all die Gottheiten der Welt eins und aufgehoben sind, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist."


Ich befürchte allerdings, daß sich manche der vergessenen Gottheiten ganz bitter rächen könnten - Montezuma zum Beispiel.

Eine leicht antisemitische Tendenz sehe ich übrigens in der recht wahllosen Einordnung von JHWH zwischen Vishnu und die Großen Mütter. Ob der gute alte JHWH sich da so wohl fühlt? Aber da kann er auf seine alten Tage noch ein bißchen 'was von angewandter Pluralistischer Theologie der Religionen lernen. Halten wir dem Verfasser zugute, daß JHWH aus kompositorischen Gründen dort zu stehen kommt: Am Beginn Allah, am Ende der christliche Gott und JHWH genau in der Mitte, als belebendes Zentrum, Konvergenzachse, integrierende Mitte etc.

Dubios ist weiter, daß ein katholischer Priester den christlichen Gott ans Ende stellt. Da fehlt die richtige Demut, und der Chauvinismus vergangener Jahrhunderte ist noch nicht ganz rausgewaschen. Um solchen Zweideutigkeiten aus dem Weg zu gehen, sollte die Reihenfolge jedes Mal neu per Zufallsgenerator festgelegt werden.

Manchmal sehnt man das Ende, den großen Tag Jahwes, Gepriesen Sei ER, herbei. Heute ist so ein Tag.

24. November 2003

Zypries-Klon

"Ethik muss immer offen sein für das Neue, Fremde und Selbstkritische."

Nein, nicht Zypries, sondern Reiche, Katherina Reiche. (Aus der SZ )
"Ich brauch' einen Glauben, der zu mir passt."

"Versuch's doch mal mit Mammon!" (Thanks to Mark Shea and Marianne Thompson)
Doch kein Liturgielabor

"Das Experiment in der Kirche ist aber ein Vorgang in der Kirche selbst, weil es da ja kein Labor gibt, in dem man neben der Kirche experimentieren könnte. Es wird, wenn auch 'ad experimentum', in einer bestimmten Weise real Liturgie gefeiert, unterrichtet, es werden andere Verwaltungspraxen gehandhabt usw.

Es wird im kirchlichen Experiment eben gar nicht nur experimentiert, sondern real kirchlich gehandelt und gelebt. Und der Vorbehalt, man höre damit auf, wenn es nicht gut geht, ändert an diesem Charakter des kirchlichen Experiments nichts, demzufolge im kirchlichen Experiment ernst gemeintes kirchliches Leben selber vollzogen wird, das bei der Einbahnigkeit der Geschichte als es selber nie mehr rückgängig gemacht werden kann.

Das kirchliche Experiment hat einen existentiellen Charakter, kann gar kein Sandkastenspiel, kein Manöver sein, bei dem nur mit Platzpatronen geschossen wird." (Karl Rahner: Chancen des Glaubens, S. 240 - Der Ehrlichkeit halber sei gesagt, daß KR das kirchliche Experiment für die Zukunft als "Dauerzustand" und als "die Weise" sieht, "in der sich die Übergabe an den unbegreiflichen, nicht manipulierbaren Herrn der Geschichte und die Pflicht zur Planung der Zukunft in einer seltsamen Weise einen". Ich möcht' wetten, das sieht er inzwischen auch anders. 1970 waren wir alle noch jünger.)
Remember to flush

Verpasst: World Toilet Day am 19. November.

23. November 2003

Die deutschen Bischöfe zur Liturgie

In einer einigermaßen stillen Stunde konnte ich mir gestern das neue Pastorale Schreiben der Deutschen Bischöfe "Mitte und Höhepunkt des ganzen Lebens der christlichen Gemeinde - Impule für eine lebendige Feier der Liturgie" zu Gemüte führen. (Die Seitenzahlen beziehen sich auf das pdf-Dokument.)

Das Unernste zu Beginn:

* Der Titel ist unförmig - da lobe ich mir die einprägsamen Namen der päpstlichen Schreiben und werde das hier zu behandelnde Schreiben im folgenden mit MUH abkürzen.

* Erfreulich ist, daß auch hier wieder mal in gut katholischer Tradition das Wort "sachgerecht" auftaucht, noch erfreulicher, daß es nicht wie sonst üblich im Bezug auf Personen gebraucht wird. Diesmal bezieht es sich auf die "Feierpraxis" (31).

* Die Seite 40 des Download-Dokuments ließ sich nicht anzeigen und ausdrucken.

* Was soll man von diesem Satz halten: "Schüler, Frauen, Senioren oder auch andere werden häufig nicht täglich an einem Gottesdienst teilnehmen können, könnten sich aber fragen, ob es ihnen nicht an einem bestimmten Wochentag möglich wäre." (37) Die "anderen" - und da bleiben nur Kinder bis 6 Jahre und Männer zwischen 18 und 60 - können die "häufig täglich" oder nur "nicht häufig nicht täglich" an einem Gottesdienst teilnehmen? Oder geht es ihnen wie den Schülern, Frauen und Senioren: Sie können "häufig nicht täglich", könnten sich aber nicht fragen??

Und damit zu sachgerechten Bemerkungen:

MUH will 40 Jahre nach Sacrosanctum Concilium (SC) nicht ein Resümee der liturgischen Erneuerung im deutschen Sprachraum ziehen, sondern beschränkt sich auf "einen theologisch-geistlichen Beitrag zur liturgischen Bildung" (W. Haunerland in seiner Einführung in den Text). "Grunddimensionen und Kernfragen unseres liturgischen Lebens und unserer gottesdienstlichen Praxis" werden bedacht.

Mit dem Konzil nimmt MUH als Ausgangspunkt ein Verständnis der Liturgie als "nicht primär unser Werk, sondern Gottes Handeln für uns" (12), als "Vollzug des Priesteramtes Christi" (16 - Zitat aus SC 7), der "selbst das erste und grundlegende Subjekt jeder liturgischen Feier" ist.

Dieser Ansatz wird konsistent durchgehalten: Das menschliche Tun muß sich an dem orientieren, was objektiv Liturgie ist. Das gilt für die liturgischen Vorgaben des Ritus, die äußeren Bedingungen vom Kirchenbau bis zur liturgischen Kleidung, für die innere Vorbereitung aller Feiernden, für die "Verortung" der Liturgie im "ekklesialen Selbstvollzug" und die Glaubenspraxis des einzelnen Christen.

Gründlich wehrt MUH an mehreren Stellen der pädagogischen oder ethischen Funktionalisierung des Gottesdienstes: "Wir betrügen uns um diese Dimension [des von GOtt geschenkten Wortes und SEiner Liebe], wenn wir unsere Gottesdienste funktionalisieren und vorwiegend zur Belehrung oder ethischen Motivierung missbrauchen." (13) "In der gottesdienstlichen Verkündigung steht dagegen nicht der Lernfortschritt im Vordergrund." (9)

Entsprechend differenziert sieht MUH den Alltagsbezug der Liturgie: "Wir dürfen unser Leben mit hinneinnehmen ... Wir sollen dort auch von dem sprechen, was uns im Alltag bewegt." (11) Als ausgezeichneten Ort dafür sieht MUH vor allem das Allgemeine Gebet der Gläubigen, die Fürbitten also. Statt einer "Verdoppelung unserer Alltagswelt" (12) soll GOttes Wirklichkeit aufscheinen.

Dazu gehört dann auch, daß die Feiernden "die eigenen Stimmungen und Glaubensäußerungen" nicht "zum alleinigen Inhalt der liturgischen Feier ... machen" (15) sollen/dürfen. Davor bewahren die liturgischen Ordnungen, die "die verbindliche Grundlage unserer Gottesdienste" sind" und "darum der Verfügbarkeit des Einzelnen entzogen" (16) sind. Das entlastet die Vorbereitenden und schützt "gegen Willkür und Beliebigkeit. Denn auch die frei gestaltete Feier kann ja immer nur das Produkt einiger weniger sein, denen die mitfeiernde Gemeinde dann wehrlos ausgesetzt ist." (17)

Theologisch, nämlich von der durch die Feier des Pascha-Mysteriums konstituierten Kirche/Gemeinde wird späterhin begründet, warum Sonntags eigentlich in jeder Gemeinde ein einziger, wirklich gemeinsamer Gottesdienst gefeiert werden sollte - eine Praxis, die durch die abnehmende Gemeindegröße vielfach wieder möglich wird. Hier sind es laut MUH vor allem unterschiedliche Lebensgewohnheiten, ein Anspruchs- und Konsumdenken und der Wunsch nach gruppenspezifischen Gottesdiensten, die dagegen stehen. Auch wenn "nur die geringere Zahl der Priester" zum Nachdenken darüber zwingt, wäre wichtiger, "über den Sinn der sonntäglichen Eucharistiefeier für die einzelne Pfarrgemeinde nachzudenken und von daher nach der angemessenen Ordnung und Zahl zu fragen." (33) Ein frommer Wunsch ...

So viel einmal zu den m.E. wichtigen und interessanten Inhalten von MUH.

An vielen Stellen von MUH scheint durch, daß die Bischöfe die liturgische Praxis vieler Gemeinden 40 Jahre nach SC in einer Krise sehen. Aber gerade da, wo die Analyse nötig und schmerzlich wäre, herrscht ein versönlicher Tonfall vor: "Nicht alles, was versucht wurde, hat sich dabei als sinnvoll erwiesen." (S. 3) "Die große Nüchternheit, die in der Nachkonzilszeit an manchen Orten eingekehrt ist, darf nicht das letzte Wort behalten."(S. 10) oder noch eieriger die Passage zur unvorbereiteten Dauerkommunion: "Natürlich gibt es Gelegenheiten, bei denen der Eindruck entsteht, dies geschehe heute aus einem Automatismus ... Sieht man jedoch von diesen möglichen Fehlentwicklungen ab, ..." (S. 30)

MUH hat sich für einen sachlichen und einladend-offenen Stil entschieden - und genau den werden die üblichen Verdächtigen überhören. Ein Augenöffner ist der Hauptartikel von Guido Fuchs im Liturgie-Special des Rheinischen Merkur: Die Liturgietheologie dieses Liturgikdozenten ist gegenüber der von MUH schwach und dünn - er würde wohl sagen: menschenfreundlich, zeitgemäß und Fernstehende einholend. Erfahren, erleben, spüren, ansprechen, anrühren - das sind die Verben, die im Zusammenhang mit der Liturgie auftauchen: "Es gilt den Gottesdienst so zu gestalten, dass Jesus Christus selbst den Gläubigen erfahrbar und erlebbar wird, in seinem Wort, in seinen Zeichen, in der Gemeinschaft. (...) Die Liturgie der Kirche will in ihren Ritualen mehr als kurzfristige und individuelle Befriedigung schenken, sondern letzten Sinn und Halt in Gott im Erleben einer Gemeinschaft." Hier wird fröhlich drauflos funktionalisiert, und daß der Gottesdienst eine "Dimension des Mysteriums" hat, ist durch ein "auch" abgeschwächt und wirkt letztlich aufgesetzt und wie durch immer lautere Bedürfnisse ausgehungerter Christen und Noch-nicht-Glaubender erzwungen.

Liturgische Dauerexperimente haben vielerorts einen Scherbenhaufen hinterlassen - und zusätzlich im allgemeinen Glaubensbewußtsein den gut begründeten Eindruck, daß Liturgie Menschenwerk ist: Revidierbar, bastelfähig, beliebig, banal.

MUH versucht so etwas wie die theozentrische Wende in der Liturgie - aber wenn auf Seiten der Bischöfe dahinter nicht die Bereitschaft steckt, Energie, Kreativität, Willenskraft in diese liturgische Erneuerung zu stecken, waren die schönen Worte wieder mal umsonst. Dazu gehört auch, daß die Bischöfe Mißbräuche nicht nur anprangern, sondern sie auch konfliktbereit angehen und abstellen. Ein konkretes Beispiel: Die schönen Worte zum Hochgebet, dem "vornehmsten und wichtigsten Amtsgebet" (28f), werden von den wöchentlich neuen Versionen, die Roland Breitenbach offensichtlich seiner begeisterten Personalgemeinde vorsetzt, konstant ignoriert. Was gehen die Bischöfe mit dieser und ähnlicher "Sch... drauf"-Liturgiepraxis um?

Man darf gespannt sein.
Poor Scots

Schon gewußt: Den besten Scotch gibt es in Japan (National Post)
Aufklärung für Frau Zypries

Noch einer, der seinen Mund - GOtt sei Dank - nicht halten kann und - der ZEIT sei Dank - nicht halten muß: Robert Spaemann.

Er seziert die Bundesjustizministerin:

"Vom Lebensrecht eines Wesens kann aber nur dann die Rede sein, wenn diesem Wesen „Würde“ zuerkannt wird. Die Zuerkennung von Würde kann nämlich, soweit es sich um die Rechtssphäre handelt, gar nichts anderes bedeuten, als dass der Träger der Würde, um mit Kant zu reden, 'Selbstzweck' ist, dass also alles, was ihm von anderen Menschen geschieht, ihm gegenüber gerechtfertigt werden muss. Er hat den Status eines Subjektes von Rechten, nicht nur eines Mittels für die Zwecke anderer. Und auch nicht eines bloßen Objektes der Fürsorge, wie sie die Tierschutzgesetze vorschreiben. (...)

Wenn Frau Zypries menschlichen Embryonen Lebensrecht zuerkennt, dann hat sie ihnen bereits Menschenwürde zuerkannt, nämlich den Anspruch, von anderen nicht als gegen andere Werte abzuwägender Wert betrachtet, sondern als Subjekt von Rechten anerkannt zu werden. Auch das Verfassungsgericht sollte mit dem Wertbegriff vorsichtig umgehen und mit Bezug auf das Lebensrecht nicht von einem 'Höchstwert' sprechen. Dass das Leben nicht der höchste Wert ist, steht schon in Schillers berühmtem Trauerspiel Die Braut von Messina: 'Das Leben ist der Güter höchstes nicht.'

Aber darauf kommt es auch gar nicht an. Worauf es ankommt, ist, ob dort, wo es um die Existenz eines Wesens geht, die Perspektive dieses Wesens selbst zählt, ob es also zur Gemeinschaft der Personen gehört oder nicht. Ein Mensch kann freiwillig sein Interesse dem Interesse anderer unterordnen. Er kann 'sterben für seine Freunde', wie Epikur und Jesus lehren. Aber mit gutem Grund hat der Gesetzgeber es untersagt, fremddienliche medizinische Experimente mit Debilen zu machen, die selbst ihre Zustimmung nicht geben können. Der Embryo ist noch nicht so weit, sein Leben 'opfern' zu können. Keinem Menschen gegenüber aber können wir es rechtfertigen, dass wir versucht haben, ihn, als er noch von uns abhängig war, umzubringen."

Europäischer Embryonenschutz

Lieber Alexander Kissler, lassen Sie sich doch von Gero von Randow ermahnen und nennen Sie fürderhin Schwarz nicht Schwarz, sondern am besten Weiß, mindestens aber Hellgrau. Sätze wie den, daß sich seit vergangenem Mittwoch Embryonen in der EU am besten schützen lassen, indem man sie vernichtet, reißen Gräben auf und sind so gar nicht integrativ.

Also am besten: Embryos totschweigen - wortwörtlich.

20. November 2003

Liturgieschreiben der DBK

Der Wortlaut des Textes "Mitte und Höhepunkt des ganzen Lebens der Christlichen Gemeinde" (pdf, 139 kB) und der Kommentar von Winfried Haunerland.

Mehr nach Lektüre.
Sachen gibt's!

Aus einem Interview“ mit Prof. Dr. Haunerland im Würzburger Katholischen Sonntagsblatt:

"POW: Mit dem aktuellen Pastoralen Schreiben rückt die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) die Liturgie in den Mittelpunkt. Ist das eine Antwort auf die Vorgänge im Umfeld des Ökumenischen Kirchentags?

Professor Dr. Winfried Haunerland: Ganz im Gegenteil. Bereits beim zurückliegenden jährlichen Studientag hatte die DBK ein solches Schreiben verabredet. Und zwar als Versuch, positiv zu beschrieben, was Gottesdienst in den Gemeinden bedeutet. Der Text ist bewusst so gehalten, dass er als Einladung zur sachgerechten Feier ermuntert."

Da kann mir bestimmt der Sachausschuß Liturgie weiterhelfen, um zu verstehen, was sachgerechte Feier ist.
Nicht "Das Wichtige tun" (SPD), sondern: "Das Richtige glauben"

Geht es diesem unserem Land vielleicht deshalb wirtschaftlich so mies, weil die Deutschen nicht mehr an die Hölle glauben? Die beiden Harvard-Wirtschaftswissenschaftler Robert Barro und Rachel McCleary scheinen den Einfluß des Höllenglaubens auf das volkswirtschaftliche Wohlergehen laut einer Story des Economist empirisch festgestellt zu haben. Der Kirchgang hingegen scheint keine förderliche Wirkung auf das Bruttoinlands- und ähnliche Produkte zu haben - im Gegenteil: Der return on investment ist negativ: "The 'religion sector', as they call it, can consume more [und zwar time und ressources] than it yields."

So haben Gerhard Schröder und die katholische Kirche ein gemeinsames Problem: Wie bringen wir die Leute wieder dazu, an das ewig lodernde Feuer zu glauben?

(Mehr direkt beim National Bureau of Economic Research, wo es die Studie für USD 5.00 auch im Volltext gibt.)
Zurücklehnen, umblättern und genießen

Die British Library hat im Rahmen ihres "Turning the Pages"-Projekts vier Kostbarkeiten ins Netz gestellt: Leonardo da Vincis Notizbuch, das Lindisfarne-Evangeliar, den Koran von Sultan Baybar und das Sherborne-Missale. (Shockwave erforderlich!)

Sehr sachlich

Vom "Sachausschuß Jugend" war letzthin wieder irgendwo in einer Pfarrei, halt! in einer Gemeinde die Rede. Vermutlich gibt es dort auch Sachausschüsse für Senioren, Frauen und ähnliche Sachen, und wahrscheinlich hält man sich mit der Bezeichnung nur an die diözesane Satzung für Pfarrgemeinderäte.

Herr, erneuere Deine Kirche und fange bei der Sprache an!

18. November 2003

Flecken und mehr als Flecken

Peter Gauweiler zitiert Thomas Mann:
"Darum ist es für einen deutschgeborenen Geist auch so unmöglich, das böse, schuldbeladene Deutschland ganz zu verleugnen und zu erklären: 'Ich bin das gute, das edle, das gerechte Deutschland im weißen Kleid, das Böse überlasse ich euch zur Ausrottung.'" (Ethik und Heuchelei - sueddeutsche.de - Feuilleton)

Martin Hohmann wird nicht der letzte Hohmann sein, den wir erleben. Im Gegenteil: Je weiter die Große Katastrophe und das Große Verbrechen am Horizont verschwindet, desto mehr Normaldeutsche werden nach weißen (oder wenigstens frischgewaschenen bunten) Kleidern fragen.

Die Flecken des Großen Verbrechens werden nie mehr verschwinden, auch wenn sie vielleicht mit den Jahrzehnten blasser werden. Hohmanns Fehler war, daß er auf - eingebildete oder reale, das kümmert nicht - Flecken hinwies, auf die schon die Großen Verbrecher deuteten, und daß er dadurch die eigenen Flecken relativierte. Ich nehme es ihm ab, wenn er schreibt: "Der Kernsatz der Rede lautet: 'Weder die Deutschen noch die Juden sind ein Tätervolk.'"

Das Problem ist, daß das deutsche "Nicht-Tätervolk-Sein" vom jüdischen "Nicht-Tätervolk-Sein" qualitativ unterschieden ist.
Servus!

Ein herzliches Willkommen dem neuen Leser G.F. aus G.! Verliert man eigentlich Freiheitsgrade beim Schreiben, wenn zu viele Leute aus dem wirklichen Leben this here blog kennen und besuchen?

17. November 2003

Unearthed

Die Fans wissen es längst: Am 25. November kommt "Unearthed", die 5-CD-Box mit großteils unveröffentlichten American Recordings von Johnny Cash auf den Markt. Vielleicht hat ja noch jemand einen großen Wunsch frei.

Einen Vorgeschmack gibt es hier, mehr Infos da.
November 22, 1963 - Trauma Room 1

Leider nur für zahlende Leser zugänglich: der erste Bericht über das Kennedy-Attentat aus der Sicht eines der beiden Neurochirurgen, die Präsident JFK damals behandelten:

Sullivan D et al: The Assassination of President John F. Kennedy: A Neuroforensic Analysis Part 1: A Neurosurgeon's Previously Undocumented Eyewitness Account of the Events of November 22, 1963.- Neurosurgery 2003; 53(5): 1019-1027

15. November 2003

Spirituell korrekt

In seiner Kolumne "Spiritually Incorrect" beantwortet Dan Wakefield die Frage, ob das Essen eines Steaks spirituell korrekt ist, zu meiner vollen Zufriedenheit. Und deshalb wird er hier auch verlinkt.

14. November 2003

Nie war sie so klein wie heute

Die CDU "sollte offensiv erklären, was sie unter konservativ versteht, statt sich im Hohmann-Unglück wegzuducken". (Herbert Kremp in der Welt) Das überlassen Angela und Laurenz doch gerne Leuten wie Heiner und Rita, oder?

13. November 2003

Ökumene-Interview

Fono hat uns das Interview von Radio Vatikan mit Kardinal Kasper anempfohlen und ich habe seinen Rat treulich befolgt.

Gestöhnt habe ich nicht. Daß der Ökumene-Kardinal überaus diplomatisch sein muß, gehört zu seinem Job. O-Ton:

"RV: Dennoch sieht Kasper auch neue Schwierigkeiten in der Ökumene auftauchen:
WK: Vor allem in den moralischen Fragen gehen die Ansichten der Kirchen teilweise auseinander. Dann gibt es auch wieder ethnische und politische Konflikte, die dann auch spaltend wirken können zwischen den Kirchen."

Gene Robinson gegen Peter Akinola, ECUSA gegen die Anglikanische Communion und gegen eine ganze Menge anderer Kirchen und kirchlicher Gemeinschaften - das ist mehr als ein ethnischer Konflikt, da geht es schon ums Ganze. Aber wie es scheint, haben JPII und Walter Kardinal Kasper mit Rowan Williams unter vier Augen recht offen gesprochen.

Klar: Seine Betonung des Gebetes - füreinander und miteinander - fand ich erwartungsgemäß sehr gut und richtig.

[Nachtrag: Kardinal Kasper dürfte mit ethnisch und politisch vor allem auf die Beziehungen zu den orthodoxen Kirchen angespielt haben - habe ich gestern mit meiner deutsch-katholischen Brille nicht gesehen, die vor allem in Richtung der evangelischen Kirchen/kirchlichen Gemeinschaften blickt, und weniger nach Osten wie Rom.]
Ich bin O.K. - und du?

Keiner aus meiner geneigten Leserschaft erwartet, daß ich mit Dingen wie dem "Bibel-Code" etwas anfangen könnte. GOtt mag ein Mathematiker sein, damit aus Nichts Schönheit werde. Er ist aber garantiert kein Mathe-Pauker, der uns in dicken Büchern irgendwelche verschlüsselten Botschaften hinterlässt, die 1. banal sind im Vergleich zum Text, der sie versteckt und 2. die nur lösbar sind für - ja: Mathematiker eben. Ich hätte erwartet, daß vor allem Heilige - solche, die am ehesten in SEine Gedanken hineinschlüpfen und -schauen - sie verstehen.

Aber egal: Wir werden das alles noch früh genug erfahren. Bis dahin ist der Gematriculator ganz ergötzlich. Über garantiert hochspezialisierte Sprachanalyse und Text-in-Zahl-Konvertierungs-Algorithmen errechnet er uns Webloggern die ethische Güte unserer Blogs. Kommt irgendjemand auf bessere Werte als ich? Bei mir steht es 61: 39 für das Gute.

Wehe, der Obermathematiker nimmt das - so ER will und ich die durchschnittliche Lebenserwartung habe - in ca. 33 Jahren nicht zur Kenntnis!
Die Kirche und der Holocaust

The Holocaust: What Was Not Said - ein Artikel von Martin Rhonheimer im aktuellen First Things.

"Christians and Jews belong together. They are both part of the one, though still divided, Israel. This is why Pope John Paul II has called Jews, in exemplary fashion, our 'elder brothers.' Brotherhood includes, however, the ability to speak openly about past failures and shortcomings. This is true, of course, for both sides. But in view of all that Christians have done to Jews in history, it is Christians who should take the lead in the purification of memory and conscience."
Der verflogene Glanz der Basis

Jan Roß nutzt die Installierung von Wolfgang Huber in der Zeit zu einer kleinen, aber prägnanten Bestandsaufnahme:

"Was und wie Kirche ist, wird freilich nicht oben entschieden. Hat 'die Basis' überhaupt Lust auf ein selbstbewussteres, unabhängigeres Christentum, jenseits von Gruppenwohlgefühl und politisch korrektem Engagement? Lehmann hat den Berliner Ökumenischen Kirchentag dieses Jahres gegen die glaubensstrenge Nörgelei der Kardinäle Ratzinger und Meisner verteidigt, die da nur Spiritualitätskirmes und lehrmäßige Unklarheit sehen wollten. Aber im Nachhinein zeigt er sich doch etwas enttäuscht von der Veranstaltung, von ihrer geringen missionarischen Strahlkraft.

Die Kirche hat ein Aktivistenproblem: Nicht dass es einfach zu wenige wären; die Rührigen stecken vor allem noch sehr in den achtziger Jahren, finden „Sozialabbau“ verwerflich und den Dalai Lama sympathischer als den Papst. Mit Diakonie und Caritas, so segensreich sie wirken, sind die Kirchen zugleich eng mit dem abbröckelnden Wohlfahrtsstaat verknüpft. Der 'engagierte Laie', die Wunschfigur jedes Bischofs und Pfarrers, kann auch zur Last werden, zur Bastion der fortschrittlichen Mentalitäten von gestern. Lehmann und Huber haben zwei harte Nüsse zu knacken. Die eine ist die Religionsferne der Mehrheitsgesellschaft. Die andere sind die falschen Gewissheiten des kirchennahen Milieus."
I'm a Lap Cat!
Die Lap Cat wäre eine Alternative, wenn Fonos Kater mal die Leben ausgehen. Mit dem Mäusefangen wäre es vielleicht anfangs schwierig und den individuellen Katzencharakter gibt es vermutlich auch erst mit version 3.0, aber schnurren kann er schon.
Wer bin ich?

Ein Blogger-Panoptikum bei runtimeerror.
Steine, die schweigen statt zu schreien

In der Welt beschreibt Thomas Kielinger das aktuelle Anglikanische Dilemma als vollendetes Aggiornamiento:

"Der Konflikt ist jetzt da, Gene Robinson und seine Anhänger haben es so gewollt. Es geht um die Frage, ob eine ohnehin progressive Kirche auch noch auf ein letztes Kernstück ihrer Theologie - nein, ihrer Anthropologie verzichten muss, welches sie vor definitorischer Beliebigkeit schützt. Robinson in seiner anrührenden Fröhlichkeit, wie sie nicht untypisch ist, wenn man sich auf der Welle des Fortschritts wähnt, lieferte unlängst in einer Versammlung in New Hampshire ein höchst aufschlussreiches Bild des neuen Denkens ab. Er tat es mit einer historischen Anekdote. Als die große Elizabeth I. - der Bruch mit Rom war unter ihrem Vater, Heinrich VIII., vollzogen - einmal gefragt wurde, ob die Leute sich weiter nach Art der Katholiken zu bekreuzigen hätten, gab sie zur Antwort: 'Alle können, keiner muss, aber einige sollten.' (All may, none must, but some ought).

Gibt es eine bessere Definition von Beliebigkeit, eine bessere Charakteristik des modernen Dilemmas? Alle können, keiner muss, aber einige sollten - so die Antwort im Jahr 2003 auf ein Thema von brennender ethischer Relevanz. Mehr als die Gefahr eines Schismas steht hier im Raum. Geradezu paradigmatisch wirft die Krise im Anglikanismus die Frage auf, was 'Kirche' überhaupt noch bedeutet, wenn ethische Grundsatzfragen weiter ins Belieben abdriften und an ihrer Stelle ein zweifellos bedeutsames Thema wie die Bürgerrechte zur Leitlinie der Selbstbeschreibung wird. Sollte man dann lieber nicht von 'Kirche' reden, eher von einer Konkurrenz-Agentur der Gesellschaftspolitik?"

[Bei der Welt ist seit neuestem eine - noch? - kostenlose Registrierung notwendig, um den Volltext lesen zu können.]
Und wieder einer mehr...

Schön, daß wir mit www.jochenscherzer.de ein neues, verheißungsvolles, ästhetisch ansprechendes katholisches Weblog bekommen haben! Und auch noch aus der Hauptstadt.

Ich bin gespannt.

12. November 2003

Fettnäpfchen

Die Fettnäpfchen stehen dieser Tage überall. So würdigte unser wohlmeinender Bürgermeister in seiner Rede zur Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Fred Schönfeld, den einzigen Überlebenden der Goldbacher Juden, daß dieser - angestoßen von seiner katholischen Frau - "den größten christlichen Akt - die Vergebung -" vollzogen habe.
Antisemitismus der antifaschistischen Linken

Der Perlentaucher referiert und zitiert ein Interview von Jürg Altwegg mit Alain Finkielkraut.

"Es ist den Altermondialisten gelungen, den kritischen Diskurs über die Globalisierung zu monopolisieren. Ich halte das für die große Katastrophe unserer Zeit. Sie akzeptieren einen Antisemitismus, von dem sie glauben, dass er die neuen Verdammten dieser Erde verteidigt. (...) Sie sind die ersten, die laut protestieren, wenn es um Antisemitismus geht, der von der neofaschistischen Rechten kommt. Der rechtsextreme Antisemitismus, der rassistische Antisemitismus hat in Europa keine Zukunft. (...) Gefährlich ist der Antisemitismus der Wachsamen, der Antifaschisten. Er hat, so fürchte ich, bei den Globalisierungsgegnern eine große Zukunft vor sich. Sie haben den Judenstern durch das Gleichheitszeichen zwischen Hakenkreuz und Davidsstern ersetzt." Das Interview gibt es nicht online, also noch heute abend an der Tankstelle eine FAZ kaufen.

Starker Tobak, aber wie der Tüncher so schön sagte: Die Zukunft wird's weisen.
Jung, männlich, fröhlich: der Biertrinker

Der "Gastgewerbe Gedankensplitter"-Weblog verweist auf eine kanadische Studie, die feststellt, daß Biertrinker extrovertierter sind als Weintrinker. Über die Ursachen dafür und die Folgen davon kann jetzt trefflich spekuliert werden. (Vgl. auch realbeer.com)
Schnellsegen in 6 Geschmackssorten

Für die MiPau oder den kleinen Hunger zwischendurch: http://blessed-bandwidth.net

Frieden, Sicherheit, Loslösung, Erleuchtung für jeden Geschmack. "Do not panic you. Are being watched"

(Heiliges Kabel - sueddeutsche.de)

11. November 2003

EE Cummings: if you like my poems let them...

if you like my poems let them
walk in the evening,a little behind you

then people will say
'Along this road i saw a princess pass
on her way to meet her lover(it was
toward nightfall)with tall and ignorant servants.'

(Dieses und über 140 weitere Gedichte von EE Cummings bei Plagiarist.com)

10. November 2003

Freut Euch auf Ulm!

Hoffnung und Aufbruch für Deutschland: Wer aus "Gottes Kraft" lebt, ist hübsch, neugierig, aufgeschlossen, positiv, lebenslustig. Vor uns die schöne neue Welt, das Reich Gottes und die Apokatastasis. Alles gleichzeitig.

Ein Freundin gab vor ein paar Tagen den Kommentar ihres 14jährigen Sohnes zu den glücklichen Christen weiter, mit denen er anscheinend zu häufig zu tun hat: "Ich hasse diese fröhlichen Gesichter!" Ganz meinerseits.

Ulm-Plakat

(Wen die anderen 4 Plakatmotive noch interessieren, findet sie hier.)
The Meatrix

9. November 2003

Posse, keine Affäre

Ich folge der ganzen Hohmann-Nitsche-usw.-Affäre nur aus der Ferne. Gespensterdebatten beizuwohnen ist mir meine Zeit zu schade. Die Rollen sind klar verteilt, und jeder spielt die seine eifrig. Hier das kleine Häuflein nationalbewußter und vergangenheitsbewältigungsüberdrüssiger Provokateure, dort drüben die Medien, rot-grüne Politiker und die Intelligentsia, dazwischen die Parteifreunde, die widerwillig Führungsstärke zeigen. Mutig wirft sich jeder ins Getümmel: im Namen der deutschen Nation, der Opfer, der historischen Wahrheit, der abgeschlossenen oder nie abschließbaren Aufarbeitung. Jeder ganz uneigennützig, und sogar wer betroffen schweigt, lässt sich am besten noch fotografieren und filmen. Das Timing passt, und die Skripte der vergangenen Affairen müssen nur leicht überarbeitet werden.

Am sinnvollsten scheint mir dabei noch, nonkonformistischen jüdischen Stimmen zuzuhören: Sonia Margolina (im Interview mit der - of all papers! - Jungen Freiheit) zum Beispiel.
Warnung

Ich bin nur deswegen so ironisch, weil ich dem authentischen, gefühlsunmittelbaren Ton nicht mehr traue. Auch nicht dem eigenen. Außer dem GottMenschen, den Sohn-Gottes-im-Fleisch Jesus von Nazareth und seiner Mutter, Maria, die nach dem Glauben der Kirche von aller Schuld frei ins Leben trat - so wie sie von Gott gewollt und ins Leben geliebt war - sind wir alle lächerlich. Nicht in allem, nicht durchgängig und immer, aber doch so, daß wir uns nicht einfachhin für bare Münze nehmen sollten.

Nicht das ist wichtig, was hier gesagt/geschrieben ist, sondern das, was ungesagt/ungeschrieben bleibt.
Papstwahlschlüsselkriterium

JPII-Biograph Martin Posselt: "Beim Nachfolger von Johannes Paul II. wird es weniger um die zweitrangigen Fragen gehen: Wie alt soll er sein? Aus welchem Erdteil? Wie steht er zum Zölibat? Da sind sich die Kardinäle relativ einig. Es wird primär um die Frage gehen: Wer hält das Amt aus? Das war auch schon der Hauptansatzpunkt bei der Wahl Karol Wojtylas."

Vernünftig und lässt Raum für den Heiligen Geist. (Interview mit Martin Posselt im Münchner Merkur)
"Getting converted has never been so easy!"

Mit eingebautem Konversionsbeschleuniger kommt der Christian Kit. Aber die anderen Pakete - die jüdischen, buddhistischen, muslimischen und hinduistischen - haben den auch.

Wieder keinen Vorsprung. (via Fr. Bryce's Saintly Salmagundi)