Synodale Strukturelemente innerkirchlicher Demokratie, Vertretung der Laien in der Kirche, pilgerndes Gottesvolk, konziliarer Geist - für all das und noch viel mehr stehen in unserer deutschen Kirche die vielfältigen Räte auf allen Ebenen: Pfarreien, Dekanaten, Diözesen, Bundesebene. Für Außenstehende - also zum Beispiel für den durchschnittlichen Leser der im aktuellen Regensburger Rätereformstreit schwer engagierten Mittelbayerischen Zeitung - klingt das leicht so, als gebe es da eine demokratische Legitimation im üblichen Sinne: Die Vielen an der Basis wählen aus ihrer Mitte einige Vertreter, die wiederum aus ihrer Mitte für die nächste Ebene einige Vertreter wählen, die wiederum...
So ist es natürlich nicht, denn tatsächlich gibt es, könnte man sagen, eine Gruppe von Rätekatholiken, die eben auch ohne diese durchgängige Legitimation einer direkten Wahl durch die Basis ihren langen Weg durch diese Räte gehen. Geborene Synodalkatholiken quasi.
Nehmen wir Birgit Pottler als Beispiel dafür: Sie ist zugewähltes Mitglied des Diözesanrates Würzburg und von diesem als Verteterin in das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken entsandt. Birgit Pottler, wie sich aus dem Internet ergibt, war von 1997 - 2000 BdKJ-Diözesanvorsitzende in Würzburg, studierte daselbst katholische Theologie, hospitierte u.a. beim Würzburger Katholischen Sonntagsblatt, der KNA und dem BR, forschte bei Bernhard Heininger zur "Wahrnehmung der Geschlechterdifferenz in religiösen Symbolsystemen", wurde 2002 Assistentin des Würzburger Generalvikars und ist seit Dezember 2004 in Radio Vatikan tätig.
In der Terminologie der Gewaltenteilung ausgedrückt: Sie kennt nicht nur die kirchliche Exekutive von innen, sondern wirkt gleichzeitig in der 4. Gewalt, den kirchlichen Medien, und in dem, was im Selbstverständnis des Rätekatholizismus der Legislative am nächsten kommt: den deutschen Laienvertretungen.
Eine junge Frau also, die einen großen Teil ihres Lebens in den Dienst der Kirche stellt - bezahlt und ehrenamtlich, artikuliert, kompetent, engagiert, gutmeinend und überzeugt. Und gleichzeitig Exemplar einer nicht ganz einflußlosen Klasse ungeweihter Kirchenfunktionäre/innen, deren Werdegang einen an die vielbeklagte Inzucht in der deutschen Politikerklasse denken lässt.
Wenn also bei einer Rätereform die Abschaffung von Mitsprache und Mitwirkung von Laien in der Kirche beklagt wird, dann geht es nicht unbedingt, oder sagen wir fairerweise: nicht unbedingt nur um Lieschen Müller vom Frauenbund Dingolfing, um den Karl von den Mitmachmännern oder um die schwerbehinderte Frau Hintersperger, die an jedem Priesterdonnerstag ihre Eucharistische Anbetung für gute Priester aufopfert. Da geht es eben auch oder vielleicht sogar vor allem um die Meinungsmacher und Institutionenmarschierer, die Netzwerker und Konzilsverwirklicher, die geborenen Basisvertreter und mündigen Laien, die um ihr Forum fürchten - und um den Verlust ihres Anspruchs, für "die deutschen Katholiken" zu sprechen.
(Disclaimer: Ich kenne Frau Pottler nicht und habe mit ihr kein Hühnchen zu rupfen. Ich bin nie in irgendwelchen innerkirchlichen Wahlen gescheitert. Es stinkt mir lediglich, daß andere in meinem Namen auftreten bzw. von Dritten so getan wird, als ob sie es täten.)
25. November 2005
Katholizismusrätin
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