RTL-Liturgie mit heiterem Personenraten
Eigentlich hatte ich mir - allerdings ein bißchen unbestimmt bleibend - vorgenommen, im Advent nicht an der Liturgie herumzumeckern, wie sie mir begegnen würde. Aber eine Ausnahme sei mir noch gestattet - danach ist Ruhe bis Weihnachten.
Denn der gestrige Familiengottesdienst in einer Nachbargemeinde war schon "speziell": Nach der kurzen offiziellen Eröffnung durch den Pfarrer übergab der das Mikro an den Gemeindereferenten, der mit klarer, lauter Stimme ankündigte:
"Wir haben auch dieses Jahr den Advent wieder thematisch gestaltet und uns etwas ganz Besonderes ausgedacht. Lassen Sie sich überraschen. Sie sind heute Teilnehmer an einer großen Quizshow."
Wo solche Events bevorstehen, muß auf dem "Tisch des Wortes" ein Schnellimbiß reichen. Ohne Lesungen, aber immerhin mit Evangelium ging es ab in den "katechetischen Teil" - wieder mit dem showmasternden Gemeindereferenten. Die Kinder hockten sich auf die im Altarraum ausgelegten Teppiche, der Meister begrüßte eine Kandidatin und ließ seine 12jährige Assistentin einen Zweig und einen aus Pappe gebastelten Turm hereintragen. Spätestens jetzt war es jedem "Zuschauer" klar, welche "Person der Kirchengeschichte" gesucht wurde. Das Ritual begann: Mit ein bißchen scherzhaftem Hin und Her wurden die üblichen Textbausteine zum dem Leben der Heiligen ausgetauscht: der böse Vater, die Tochter im Turm, der Kirschzweig im Kleid - alles schön glatt und katechetisch simpel. Felix Pfefferkorn wäre verzweifelt. Und hätte, als die Kandidatin endlich richtig raten durfte, vor lauter Verzweiflung wahrscheinlich den Höhepunkt verpasst: Eine vierzigjährige Mutter aus dem Vorbereitungsteam, in einem Kleid, das sie wie eine Kreuzung aus Vestalin und Burgfräulein aussehen ließ, trat aus der Sakristei mit den Worten "Ich bin die heilige Barbara" und stellte sich den gestellten Fragen des Gemeindereferenten.
Yours truly begann schon zu überlegen, ob die hl. Barbara, die ja immerhin als Schutzfrau der Artilleristen agiert, der Quizshow ein plötzliches Ende setzen könnte... Woran meine Banknachbarn dachten, weiß ich nicht. Scheinbar ist man einiges gewöhnt und hat für alle Fälle einen leicht abgestumpften Gesichtsausdruck parat.
Nach einigen bemerkenswerten Fürbitten ("Guter Gott, gib, daß wir morgens wenigstens manchmal vor den Spiegel treten können und zu uns sagen: "Ich mag dich.") setzte sich der Gottesdienst immerhin im Großen und Ganzen liturgisch korrekt fort. Nur "das Wichtigste" (O-Ton) hätte der Gemeindereferent beinahe vergessen und fügte es lautstark ans Schlußlied an: "Die Kinder bekommen wieder ein kleines Behalti!"
Das eigentliche Schlußwort sprach draußen vor der Kirchentür ein guter (und hier mitlesender) Freund, der bislang nicht durch schismatische Neigungen aufgefallen war: "Am Ende landen wir noch alle in Kleinwallstadt."
Miserere nobis.
NB: Am nächsten Sonntag geht die Quizshow weiter. Allen Interessierten gebe ich Ort und Zeit gerne per e-Mail oder telefonisch durch.
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