31. August 2005

"A War to Be Proud Of"

Nach langer Zeit einmal wieder Irak - Christopher Hitchens zieht eine Zwischenbilanz und beginnt mit der bescheidenen Feststellung:

"Prison conditions at Abu Ghraib have improved markedly and dramatically since the arrival of Coalition troops in Baghdad."
und arbeitet sich im weiteren Verlauf zu noch ärgerlicheren Sätzen vor:

"...a positive accounting could be offered without braggartry, and would include:

(1) The overthrow of Talibanism and Baathism, and the exposure of many highly suggestive links between the two elements of this Hitler-Stalin pact. Abu Musab al Zarqawi, who moved from Afghanistan to Iraq before the coalition intervention, has even gone to the trouble of naming his organization al Qaeda in Mesopotamia.

(2) The subsequent capitulation of Qaddafi's Libya in point of weapons of mass destruction--a capitulation that was offered not to Kofi Annan or the E.U. but to Blair and Bush.

(3) The consequent unmasking of the A.Q. Khan network for the illicit transfer of nuclear technology to Libya, Iran, and North Korea.

(4) The agreement by the United Nations that its own reform is necessary and overdue, and the unmasking of a quasi-criminal network within its elite.

(5) The craven admission by President Chirac and Chancellor Schröder, when confronted with irrefutable evidence of cheating and concealment, respecting solemn treaties, on the part of Iran, that not even this will alter their commitment to neutralism. (One had already suspected as much in the Iraqi case.)

(6) The ability to certify Iraq as actually disarmed, rather than accept the word of a psychopathic autocrat.

(7) The immense gains made by the largest stateless minority in the region--the Kurds--and the spread of this example to other states."
(via Achse des Guten)
Luther - das Filmchen

Luthervideos nicht nur für amerikanische Konfirmanden bei Winking Luther. "Martin Luther was a funny guy. Lutherans can laugh." (Pastor Tom Hiller, Milwaukie, OR laut Oregonian)

"... their favorite denominational joke: How many Lutherans does it take to change a light bulb? They answer in chorus: "None; we don't believe in change."
Kirchenschwinden - das Blog

Martin hat angeregt, ein eigenes Blog zum Thema "Kirchensterben" zu beginnen, und so habe ich heute dieses vor einiger Zeit begonnene Zweitblog mit dem Namen "Kirchenschwinden" und der URL http://kirchenschwinden.de veröffentlicht.

Ich habe Martin eingeladen, es als "Gruppenblog" zu führen - mal sehen, wie es anläuft und wohin es sich entwickelt. Das Thema ist emotional hochbesetzt, neben reiner Trauer und reinem Zorn gibt es bei Betroffenen und Beobachtern so ziemlich alle möglichen Gefühlskombinationen. Jede Lösung eines konkreten Falls ist suboptimal, Patentrezepte gibt es keine. Pilgerndes Gottesvolk halt.
Aufgeklärtes Weltjugendtagsimitat

Marcia Pally muß schon ganz weit in die Vergangenheit zurückgehen, um ihren alternativen "Weltjugendtag der Aufklärung" zu bevölkern. (FR)
Verteidigung der Heiligen Kuh

Wenn das nicht vielversprechend ist: Martin Mosebach verteidigt in seinem neuen Roman "Das Beben" Lebewesen, die ansonsten eher geschlachtet werden und stellt sich quasi in die Nachfolge Chestertons:

"Man stelle sich eine Wahlversammlung vor mit einem berühmten Politiker, von Fähnchen und Lautsprechern eingerahmt, seine kunstvoll kalkulierte Rede routiniert abwickelnd – und vor ihm schreitet bescheiden und würdig und voller Güte eine heilige Kuh vorbei. Wäre nicht, so scheint es mir zwingend, jedes seiner geschliffenen, in Parteigremien prämeditierten Worte augenblicklich geradezu fundamental in Frage gestellt, durch das bloße stumme Vorbeiziehen der Kuh? Nur sehr wenig in unserer Welt würde der Gegenwart der heiligen Kuh standhalten. Es liegt im Vermögen der Heiligkeit, durch bloße Anwesenheit die richtige Rangfolge herzustellen oder wiederherzustellen."

"Wohl keines unserer Übel würde nicht wenigstens gelindert durch die heilige Anwesenheit der mütterlichen, gedankenversunkenen Tiere." (Zitate in der Besprechung der SZ Mediathek, gefunden unter Martins Deliziositäten)

30. August 2005

"Glänzender Debattenbeitrag"

Robert Spaemann rezensiert den neuen Habermas:

"Die Distanz gegenüber der Religion ist eine solche respektvoller Fremdheit gegenüber einer Erfahrung, die ein vernünftiger Mensch nicht deshalb ablehnen sollte, weil er selbst sie nicht oder noch nicht gemacht hat. Was Habermas bewegt, ist die Frage nach Zusammenleben und Kooperation religiöser und säkularer, das heißt religionsloser Bürger der Republik." (Die Welt)

29. August 2005

Es trifft alle Epochen

Kirchensterben - ein Bericht von Wolfgang Pehnt in der FAZ:

"Da nichts mehr ist, wie es war, müssen die Gemeinden lernen, sich auf ihre neue Diaspora-Situation einzulassen: nur kleine Raumteile noch nutzen, wenn das Ganze nicht mehr zu bewirtschaften ist. Lange Bedenkzeiten bei der Suche nach anderen Nutzungen einräumen. Und wenn Nutzungsphantasie und Verhandlungsgeschick auf Dauer nicht fruchten, wäre dann nicht zu handeln, wie frühere Jahrhunderte gehandelt haben? Nämlich ein Bauwerk stillzulegen statt es abzuräumen. Es zu schließen und zu sichern. Gelegentlich Wallfahrten zu den aus dem Gebrauch gefallenen Sakralstätten zu organisieren. Notfalls die Natur ihr Werk verrichten zu lassen. Den Verfall planend zu begleiten. Ruinen binden Erinnerung auf lange Zeit. Erinnerung angesichts eines lädierten Bestandes ist allemal besser als der bald vergessene Totalverlust."
Zum gleichen Thema aus der gleichen Zeitung eine Glosse von bat, die schon ein paar Tage alt ist.
Freude über den Herrn Papst

Tilman Krause kriegt sich in der Welt gar nicht mehr ein, daß Benedikt XVI. einer ist, den zu duzen sich nicht mal Thomas Gottschalk unterstehen würde. Und schon damit ein Segen nicht nur "für die ganze heilige Kirche", sondern weit weit darüber hinaus. (via Matthias)

"Gerade wir Deutschen, die wir durch unsere Vorliebe für das Soldatische und die Kulte der Kälte so lange den Herrn nur in der Fratze des Herrischen ge- und erkannt haben - und danach, wiederum typisch deutsch, aus 'Wiedergutmachung' nur seine totale Negation -, gerade wir haben ja weiß Gott noch immer Nachhilfeunterricht in allem, was die Sphäre des Würdevollen, Repräsentativen, Huldvollen und Vornehmen angeht. Wir müssen es noch immer lernen, was andere Nationen längst begriffen haben, und wir werden es vielleicht von diesem Deutschen, der freilich ein Süddeutscher ist und ein Mann der Kirche, wir werden es vielleicht endlich von ihm lernen, daß ein Herr, also ein Mann mit Sinn für soziale Stufungen, auch herzlich sein darf, daß die 'lieblichen Gefühle' zu seiner Selbstdarstellung gehören können und müssen, daß die Ausstrahlung von Sanftmut, Geduld, Zugewandtheit und jener gezügelten Fröhlichkeit, die das Gegenteil von allem Rohen, Proletenhaften ist, keineswegs den Respekt vor einer Persönlichkeit vermindert, sondern diesen ganz im Gegenteil noch vermehrt."
Jeder sollte einen haben!

Und Landesbischöfinnen erst recht. Deshalb bin ich dabei, wenn es um einen "Katechismus für Käßmann" geht.

Katechismus für Käßmann

28. August 2005

"Vor Verwirrung und Sünde"

Martin hat aktuell keine Kommentarfunktion, daher eine Anmerkung zu seinem Posting Verwirrung und Sünde hier bei mir:

In meiner Pfarrkirche erlebe ich es gelegentlich, daß die Formulierung "vor Verwirrung und Sünde" des Embolismus abgeändert wird in "vor Verwirrung und Katastrophen". Nicht daß der HErr uns neben der Verwirrung nicht auch vor Katastrophen bewahren möge, aber für diese Bitte gibt es in der Heiligen Messe geeignetere Stellen - z.B. bei den Fürbitten oder dem Wettersegen - und vor allem bekommt der folgende Nebensatz ("damit wir voll Zuversicht das Kommen unseres Erlösers Jesus Christus erwarten") einen neuen Kontext: Nicht unser Tun, nicht unsere Verfehlungen, Nachlässigkeiten, Sünden nehmen uns die zuversichtliche Erwartung des Kommens Jesu Christi in Herrlichkeit - sondern Unwetter, Flugzeugabstürze, Unfälle und tödliche Erkrankungen.

Hoffnung wird dann - gerade in einer bürgerlichen Umgebung, in einer recht wohlhabenden Gemeinde eines wohlhabenden Landes der westlichen Welt - abhängig von der Erfüllung äußerer Gegebenheiten, ja fast: Bedingungen. Hat GOtt Bedingungen zu erfüllen, bevor wir hoffen können? Hoffnung ist eine göttliche, gottgeschenkte Tugend, die ich durch meine Verwirrung und meine Sünde verlieren kann. Dann geht mir "die freudige Unruhe der Jugend" verloren, "die das Eigentliche noch vor sich hat" (J. Pieper).

26. August 2005

Auf nach Minga

Zwei Tage in der Landeshauptstadt zum Neffen bewundern und umziehen helfen. Frühestens am Sonntag abend geht's weiter.

25. August 2005

Buch aus Luft

"Die Bücher von heute sind aus Papier. Die Bücher von gestern waren aus Haut. Die Bibel ist das einzige Buch aus Luft - eine Flut von Tinte und Wind. Ein unsinniges Buch, verirrt in seinem Sinn, ebenso verloren in seinen Blättern wie der Wind auf den Parkplätzen der Supermärkte, in den Haaren der Frauen, in den Augen der Kinder. Ein Buch, unmöglich in zwei ruhigen Händen zu halten, um bedächtig darin fortzulesen - es würde alsbald entschlüpfen, würde den Sand seiner Sätze zwischen den Fingern verrieseln lassen." (Christian Bobin: Das Kind, der Engel und der Hund, gefunden in der Pfarrei Herz Jesu, München)
Ich gäbe einen guten Durchschnittsamerikaner ab

"Where do you stand on faith?" - ein Poll von Newsweek, das sich diese Woche "Spirituality in America" vorgenommen hat.

Der Artikel über den "Roman Catholicism" fragt, wo sich die jungen Katholiken jetzt rumtreiben, nachdem die Cafeteria geschlossen hat.
O tempora, no mores

In der Süddeutschen schreibt Jens Bisky von einem patriotischen Tabu. Seit heute müsste man auch von einem "verfassungspatriotischen Tabu" sprechen: Denn seit 10.00 Uhr und dem BVerfG-Spruch ist das Grundgesetz nackt und keiner darf es laut sagen!

Mit dem bisherigen "Verfassungspatriotismus" dürfte es seit heute endgültig aus sein, wenn das Grundgesetz zur Rohmasse in den Händen eines taktisch gerissenen oder in die Enge getriebenen Kanzlers wird und die anderen Organe sich in ihrer Beurteilung vornehm zurückhalten oder die Interpretation so weit dehnen, daß sie mit dem Begriff der "auflösungsgerichteten Vertrauensfrage" operieren.
Ein Versuch, von außen nach innen zu schauen

Jesus, Du weißt
Balthasars Briefe

Manfred Lochbrunner publiziert zum 100. Geburtstag Hans Urs von Balthasars eine korrespondenzbasierte Studie zu dessen Beziehung zu den Philosophen Josef Pieper, Romano Guardini, Joseph Bernhart, Alois Dempf und Gustav Siewerth.

HUvB-Zitate aus der Besprechung der Tagespost:

"... die Linie des Konzils halten, das weiß Gott, 'altgläubig' ist."

"Wo der Klerus die Kirche ruiniert, werden die Laien das Licht hindurchtragen."

"Nur Rahner stänkerte endlos, er wollte ein ,Priestertum auf Zeit. Es ist wirklich Zeit, dass er abtritt."

24. August 2005

Raschke zum letzten

Mit diesem wundervollen O-Ton des bekannten und beliebten 26jährigen Aktivisten soll nun Schluß sein mit dem Thema; den Rest der Meinungsbildung überlasse ich den geneigten Lesern:

"Es ist schwer, zur Kirche zu gehen," so Raschke über seinen eigenen Kirchenbesuch. "Als junger Mensch hat man keine Lust, ins Altenheim zu gehen. Genau das ist die Kirche aber heute. Alte, fette Priester, angeführt von einem großen katholischen Diktator. So stelle ich mir den Weg Jesu nicht vor." (Quelle, eigene Übersetzung)

"It's hard to go to church," Raschke says of his own religious observance. "As a young person, you don't want to be in an old people's home. And that's what the church today is. Older, fat priests led by a big Catholic dictator. It's not how I imagine the way of Jesus." (Source)
You never dance alone



Folgt man der Reuters-Meldung, zeigt das Foto Schwester Johanne bei einer der harmloseren Figuren.

Nicht schlecht die Publikumsfrage bei AOL:

What's your take on the exuberant dancing nun?
O - Let the nun have fun!
O - She shouldn't make a habit of it.
Warum ich (noch) in der Kirche bin? - Drei Antworten

Tobias Raschke im ZDF, 19.8.2005:

"heute.de: Wenn Ihnen jemand sagt, der den Glauben konservativ auslegt: Was machen Sie mit all den revolutionären Reformwünschen überhaupt noch in der katholischen Kirche? Was sagen Sie dann?

Raschke: Ich habe vier Geschwister und man kann sich vorstellen, dass ich mit denen ab und zu mal streite und auch mal eine Woche lang nicht rede. Und so ähnlich ist das in der katholischen Kirche. Wir sind alle eine Familie, und da ist es völlig normal, nicht immer einer Meinung zu sein. Die Einheit bildet für mich diese Familie, der auch jemand angehören kann, der sehr konservativ ist oder der eben auch bei 'Wir sind Kirche' engagiert ist. Man sollte nur respektvoll miteinander umgehen und einen Dialog führen. Dieser Dialog kommt leider sehr oft viel zu kurz."


Catholics for a Free Choice:

"Question: How can you oppose church teachings and still call yourself a Catholic? If you're not going to follow church teachings, why don't you just admit you're not Catholic and leave the church?

Response: Why do you want to make the church smaller? Why can't you accept diversity? The fact that I don't agree with the pope doesn't nullify my Catholicism. It's my church too. I was baptized a Catholic, raised a Catholic, remain a Catholic, and will continue to be Catholic unless I decide to join another faith. (...) the church is like a family. I have disagreements with my brothers and sisters, and at times we argue among ourselves, but we are still family. In families as in the church, we don't all have to have the same opinions on everything-let's not confuse unity with uniformity. As one theologian has said, Catholicism is characterized by unity in diversity."


Joseph Ratzinger, 1970

"An die Stelle Seiner Kirche ist unsere Kirche und sind damit die vielen Kirchen getreten, jeder hat die seinige . . . Hinter 'unserer Kirche' oder auch 'eurer Kirche' ist uns 'Seine Kirche' entschwunden. (...) Ich bin in der Kirche, weil ich trotz allem daran glaube, dass sie zutiefst nicht unsere, sondern eben 'Seine' Kirche ist. (...) Die Kirche ist es, die uns, trotz all der Menschlichkeit der Menschen in ihr, Jesus Christus gibt, und nur durch sie können wir ihn als eine lebendige, vollmächtige, mich jetzt und hier fordernde und beschenkende Wirklichkeit empfangen. Die Kirche ist es, durch die er über die Distanz der Geschichte hinweg lebendig bleibt, heute zu uns spricht, heute bei uns ist als unser Meister und Herr, als unser Bruder, der uns zu Geschwistern vereint."

23. August 2005

Raschke, seine Minderheit und das nicht-stinkende Geld

Vor einiger Zeit, bevor er so richtig gefragt und berühmt zu werden begann, habe ich einmal zum Thema "Tobias Raschke" gepostet. Matthias wollte dann laut Kommentar sich noch ein wenig weiter kundig machen - dann kam allerdings der WJT dazwischen und das vermeintliche Ein-Mann-Unternehmen Raschke beglückte uns schwarzgelockt auf allen Kanälen.

Dank dem unverwüstlichen Vaticanista John L. Allen wissen wir inzwischen ein bißchen mehr über das Phänomen Raschke:

Zu allererst: Er ist nicht einer, er ist fünfzig. Ein paar seiner Rothemdenträger waren in den diversen Sendern bereits zu bewundern. Allen gestand er jetzt, daß die Initiative "WYD4All" immerhin fünfzig Teilnehmer hatte: 45 Europäer und fünf weitere aus den beiden Amerikas. (Ein Ghanaer war leider visatechnisch verhindert.)

50 Teilnehmer - das macht von konservativ geschätzten 500.000 WJT-Teilnehmern immerhin 0,1 Promille aus. Klarer Fall für den Minderheitenschutz durch die Massenmedien in der Form von Dauerinterviews und aktionsbegleitenden Filmchen!

Nun müssen die 40 - 50.000 Flyer, die Kondome, die Anzeigen in der U-Bahn etc. auch finanziert werden. Zum Glück gibt es die amerikanischen Brüder und Schwestern von "Catholics for a Free Choice", die sich nicht nur für die freie Wahl des Verhütungsmittels einsetzen, sondern vor allem für das Recht von Frauen auf Abtreibung.

An diesen "Catholics" ist ziemlich wenig katholisch außer dem Namen; sie decken die katholische Flanke der amerikanischen Abtreibungslobby, könnte man sagen. Dafür (oder: deswegen) schwimmen sie allerdings im "big money", denn einige der großen "Philanthropischen Stiftungen" bedenken sie regelmäßig mit reichlich Dollars.

Langer Rede kurzer Sinn: Wenn John L. Allen recht hat, lässt sich Tobias Raschke von der Abtreibungslobby sponsern.
Spaemann über Mosebach und die deutsche Kirche auf deutsch

Ein herzliches Merci beaucoup an jenen Leser meines Blogs, der mir eine vollständige Übersetzung des unten erwähnten Vorworts von Robert Spaemann zur französischen Mosebach-Ausgabe zugeschickt hat!

Vollständig möchte ich das Vorwort nicht posten, aber schicke die Übersetzung (mit der freundlichen Erlaubnis des Übersetzers) gerne jedem Interessenten zu. Meine E-Mail-Adresse findet sich im Impressum.

Im folgenden die ersten Absätze dieses "interessanten und harten" (Petra ) Textes:

Einer der großen deutschen zeitgenössischen Schriftsteller schreibt über die katholische Liturgie und die Krise, die sie durchmacht. Er selber findet das nicht normal. Aber die Situation, in der sich diese Liturgie befindet, ist selber nicht normal, und dies kann keinen Katholiken und auch keinen Europäer gleichgültig lassen, wenn man bedenkt, dass die lateinische Liturgie die wesentliche Quelle war und ist, aus der die meisten geistlichen Strömungen dieses Kontinents sich speisen.

Es hat sich in dieser Liturgie der abendländischen katholischen Kirche etwas festgefahren, die nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil reformiert worden ist. Genauer gesagt, wurde sie nicht reformiert: Man schuf unter dem Pontifikat des Papstes Paul IV. eine neue Liturgie, indem man Elemente der herkömmlichen lateinischen Liturgie und anderer christlicher Liturgien verwendete. Ihre Verwendung wurde in Kraft gesetzt und diejenige der altehrwürdigen Liturgie untersagt - ein einzigartiger Vorgang in der Geschichte der katholischen Kirche, die, wie Kardinal Newman angemerkt hat, noch niemals zuvor eine Gebetsform abgeschafft hatte, die durch eine fortwährende Überlieferung geheiligt war. Sicher, das Verbot wurde später abgeschwächt, aber die alte Liturgie, die, gestern wie heute nur eine marginalisierte Existenz führt, ist weiterhin Gegenstand der Missachtung.

Die neue Liturgie weicht in wesentlichen Punkten von den Forderungen des Zweiten Vatikanischen Konzils ab, wo der Wechsel der Ausrichtung des Priesters nicht zur Debatte stand, wo das Lateinische zum ersten Mal als Sprache der westlichen katholischen Liturgie festgehalten wurde und wo jegliche Neuerung untersagt wurde, von der man nicht "mit Sicherheit einen signifikanten geistlichen Gewinn" erwarten konnte. Ignorierten die Reformatoren die Anordnungen des Konzils, so ignorierten ein Großteil der Priester desgleichen die Vorschriften des Ordo Novus der Messe. Sie verstanden die neuen liturgischen Texte als simple Anstiftung zu experimentieren, und so, wie die Reformatoren die Autorität der Überlieferung auf die leichte Schulter nahmen, so nahmen sie die Autorität der Reformatoren nicht ernst. Die Revolution fraß ihre Kinder. Die Einführung der Handkommunion entgegen dem Willen des Papstes und der Bischöfe der ganzen Welt in ihrer erdrückenden Mehrheit ist nur ein Bespiel. Papst und Bischöfe haben anschließend vor der "Normativität des Faktischen" kapituliert. Alle Arten von Experimenten wurden toleriert. Der frevelhafte Empfang der Kommunion im Stand der schweren Sünde und ohne vorherige Beichte wurde - zur großen Empörung der östlichen orthodoxen Kirchen - allgemeine Praxis. Von nun an musste man Gott nicht mehr durch die Feier des Todes und der Auferstehung des Herrn verehren. Die christliche Gemeinde begann, sich in der sonntäglichen Versammlung unter dem "Vorsitz" eines Priesters oder Gemeindeleiters selbst zu feiern, der mit seinen Ministranten nicht mehr auf das Kreuz oder nach Osten hin orientiert war, sondern der ihr zugewandt war, wie jemand, der einer Festversammlung vorsitzt. Aus einem auf den Ritus zentrierten Gottesdienst machte man einen feierlichen Akt, der auf den Priester ausgerichtet war. Nicht mehr Christus empfängt, sondern der Priester. Oft genug, und dies entgegen den Entscheidungen des Konzils, empfängt dieser nicht die Kommunion "des Altars" als Erster, sondern kommuniziert als Letzter, wie es sich für einen Gastgeber gehört. Anlässlich einer solchen Feier, ist es nicht stets dasselbe Opfer, das man stets in gleicher Weise darbringt; der Priester muss sich etwas einfallen lassen, damit die Angelegenheit "interessant" wird. Schließlich, da eine religiöse Handlung in dieser Hinsicht niemals mit anderen Lustbarkeiten konkurrieren kann, wird sie unweigerlich langweilig und die Kirchen leeren sich. Manche Priester denken daher, man müsse sie noch interessanter gestalten, aber bemerken nicht, dass es genau diese Erwartung des Interessanten ist, welche die Langeweile hervorruft.
Miraculum Coloniae

Meine Lokalzeitung - in Kirchenangelegenheiten eher unbeleckt und antipathisch - meint heute, daß die WJT-Besucher in Sachen Müll noch viel dazu lernen müssten. Die Kölner sehen das anders:

"Von allen Seiten werden die Pilger gelobt. Geduldig seien sie gewesen, gesungen hätten sie statt zu schimpfen. Streitereien habe es nicht gegeben, auch Alkohol sei nicht übermäßig getrunken worden. Den Männern der Stadtreinigung in Köln ist die andere Zusammensetzung des Mülls aufgefallen. Weniger sei es gewesen. Vor allem sei Papier übriggeblieben, so gut wie kein Glasbruch oder anderer Dreck. Das werde beim Ringfest in der nächsten Woche ganz anders aussehen. Am Verhalten der Gäste liegt es wohl auch, daß während des ganzen Treffens kein einziger schwerer Unfall oder gar Todesfall zu verzeichnen war. Oberbürgermeister Schramma, der früher Lateinlehrer war, sprach vom 'miraculum coloniae', dem 'Wunder von Köln'."(FAZ)
Hübsch, cool und katholisch

Üblicherweise gab es zu Kirchen- und Katholikentagen in den großen Zeitungen ästhetische Randglossen. 2003 zum Beispiel, zum ökumenischen Kirchentag, meinte Harald Martenstein in der Zeit, daß Christinnen in ihrer Attraktivität ca. 30 Jahre zurücklägen.

Wenigstens katholischerseits hat sich seither einiges getan - jedenfalls wenn wir Andreas Rosenfelder (in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 21.8.2005) und unseren eigenen Augen trauen:

"Was am Weltjugendtag dagegen wirklich frappiert, ist, daß er fast ausschließlich als Aufmarsch gutaussehender und gutgekleideter Menschen wahrgenommen wird. Der Kölner 'Express" zeigt unter dem Stichwort 'So sexy ist der WJT' eine Bildergalerie mit der Unterschrift: 'Wer bisher der Meinung war, Christinnen seien keusch und unansehnlich, wird dazulernen müssen.' Und der Schriftsteller Joachim Lottmann formuliert den Sachverhalt in der 'taz' ähnlich: 'Zumindest die jungen Frauen sehen atembraubend aus. Und sie sind auch keineswegs verklemmt. So, als hätten sie einen Weg gefunden, der allgemeinen Pornographisierung der Gesellschaft zu entgehen. Indem sie unter das schützende Dach der Kirche flüchten konnten.'(...)

Tatsächlich muß man festhalten, daß viele der globalen Pilger in ihren Rallye-Jacken und verspiegelten Sonnenbrillen schon eine extrem coole Figur abgeben. Etwa der Typ von 'Parroquia Corpus Christi Alicante', der seinen tärkisen Kapuzenpullover über den Safarihut gezogen hat, eine blaugetönte Brille trägt und auf der Gitarre ein vermutlich christliches Lied schrammelt, das in seiner schleppenden Tragik aber auch einen Italo-Western untermalen könnte. Der Triumph, mit dem der Katholizismus jetzt von Südeuropa und Lateinamerika aus in Deutschland einzieht, ist nicht zuletzt der Triumph einer blendenen und sehr diesseitigen Ästhetik. Das hat es wahrscheinlich seit dem Zeitalter des Barock nicht mehr gegeben."
Jetzt müssten eigentlich die Links zu den verschiedenen Bildergalerien folgen, aber nein, die spare ich mir.

22. August 2005

If it ain't fun, she ain't a nun

Das nächste Jahr kommt bestimmt, und eindeutig steht schon fest, was wir uns da an die Wand hängen: den "Nuns Having Fun"-Calendar 2006, auch im dritten Jahr wieder unwiderstehlich. (Kosten: 11.95 USD in den U.S. of A., für den Rest der Welt gibt es Info hier.)

Von Hirt zu Hirten

Papst Benedikt XVI. an die deutschen Bischöfe:

"Tatsächlich ist dieser Weg, diese Wahrheit und dieses Leben – das, was jeder Mensch, und in beispielhafter Weise der Jugendliche, sucht – uns Hirten von Christus selbst anvertraut worden, der uns zu seinen Zeugen und zu Dienern seines Evangeliums gemacht hat (vgl. Mt 28,18-20). Darum dürfen wir weder das Suchen geringschätzen, noch die Wahrheit verbergen, sondern die fruchtbare Spannung, die zwischen beiden Polen herrscht, beibehalten: Es ist eine Spannung, die der Natur des heutigen Menschen zutiefst entspricht. Mit dem Licht und der Kraft dieser Gabe, nämlich des Evangeliums, das der Heilige Geist unaufhörlich belebt und aktuell werden läßt, können wir Christus ohne Furcht verkünden und alle auffordern, keine Angst zu haben, ihm ihr Herz zu öffnen, denn wir sind überzeugt, daß er die Fülle des Lebens und des Glücks ist.

Das bedeutet, zukunftsoffene Kirche zu sein, als solche reich an Verheißungen für die nachwachsenden Generationen. Die jungen Leute suchen nämlich keine künstlich sich jung gebende Kirche, sondern eine Kirche, die jung ist im Geist, eine Kirche, die Christus, den Neuen Menschen, durchscheinen läßt. Genau das ist es, was wir uns heute zur Aufgabe machen wollen, in diesem wirklich einzigartigen Augenblick – einzigartig, insofern er ein großes Jugendereignis abschließt, das uns drängt, auf das Morgen der Kirche und der Gesellschaft zu schauen. In diesem positiven, hoffnungsvollen Licht können wir sogar die schwierigsten Fragen, die sich heute der kirchlichen Gemeinschaft in Deutschland stellen, zuversichtlich aufgreifen. Wieder einmal erweisen sich die Jugendlichen als eine heilsame Provokation für uns Hirten, weil sie von uns erwarten, daß wir gradlinig, einig und mutig sind. Wir müssen sie unsererseits zur Geduld erziehen, zum Unterscheidungsvermögen und zu einem gesunden Realismus. Jedoch ohne falsche Kompromisse, um das Evangelium nicht zu verwässern." (kath.net)
Préface de "La Liturgie et son ennemie"

Mein Französisch reicht leider nicht hin, um das Vorwort von Robert Spaemann zur französischen Ausgabe von Martin Mosebachs "Häresie der Formlosigkeit" angemessen würdigen zu können.
Ohne Nein kein Ja

"Cardinal Avery Dulles once said to a Lutheran theologian, 'We'll only know what your 'yes' means when you say 'no' to someone.'"

Dieses knappe und treffende Zitat bringt Bill Cork in seinen Tischreden, nachdem er die Positionen von sechs protestantischen/evangelischen Denominationen zum Abendmahl präsentiert hat. (via Against The Grain)
Gut gemacht ...

... haben es die Jungs und das Mädel vom Weltjugendtagblog des WDR und der Deutschen Welle! Fair, frisch, persönlich. Kompliment!
Protestantischer Papst

Gerade kein papstzentriertes Woodstock haben wir erlebt - auch wenn uns das Leute mit engem Begriffsraster einreden wollen. Edo Reents zieht in der FAZ Bilanz.

21. August 2005

Und weil wir gerade im katholischen Zeichenkosmos verweilen, ein durchaus auch ernst gemeintes Gedicht des (katholischen) Schriftstellers Martin Mosebach aus seinem Kissenbuch:

Der Tierkatechismus des Hl. Franz von Assisi

Der heilige Franziskus zwar
der Vater aller Tiere war,
jedoch vier Kreaturen vor allen,
die wollten ihm besonders gefallen.

Und aus dem feuchten Reich der Flossen
hat den Heilbutt er an sein Herz geschlossen.
- Des Heiles Bütte, sprach Sankt Franz,
ist das Behältnis Unsres Herren Leid.
Wir sehn die Krippe, sehn das Grab nicht weit.
Daso umschließt sie corpus Christi ganz.
Wir dürfen uns zum Heil in seine Bütt gesellen,
es trotzt für uns des Teufels Sturm, des Todes Wellen.
Das Heil lenkt seine Bütte gut.
Der Seraph lacht, es kocht die Teufelsbrut.

Doch von den Tieren auf dem Sand geboren
hat er sich das Nashorn auserkoren.
- O weh, das Nashorn macht mich weinen!
So dick, du Mensch, ist deine schwarze Schwarte!
So wenig hörst du, was Jesaja lahrte!
Dein Horn ist der Berg Golgatha!
Dort drosselt man für dich den Reinen.
Doch dein Äuglein schimmert mild -
solltest doch du Reue fühlen?
Träne fließt dem frommen Bild,
wird dich in den Himmel spülen.

Kräht zu Assisi prächtig auch der Hahn,
der Heilige ist der Henne herzlich zugetan.
- O Henne, die nie einen Hahn erkannt!
Mutter des Höchsten, unser aller Mutter!
Die reinste Henne, so man je auf Erden fand,
sie reicht ihr einzges Ei dem bösen Mensch zum Futter.

Bricht er die Schale? Mag er selbst zerbrechen!
Doch diese Henne will die Schmach nicht rächen!
Nimmt unter ihre Flügel uns mit Rat und Tat
und fleht für uns beim weißen Ei um Gnad.

- Am meisten aber lernt der Sündentropf
vom Stich der Laus in seinen Lockenkopf.
So predigte Franziskus gar,
dem kein Geschöpf zu niedrig war.
- O würde doch bei jedem Sünderhaufen,
wenn wir mit Bösen prassend zechen,
der Reue Laus uns kräftig stechen,
damit wir traurig unsre Sündenlocken raufen,
die wir Erlöste sind in Seinem Namen
und sprechen wieder fromm: Laus tibi Christe!
Amen!
Feldworte von Benedikt XVI. - Samstag abend

"Nun lernen sie, daß sie sich selber geben müssen – kein geringeres Geschenk verlangt dieser König. Nun lernen sie, daß ihr Leben von der Weise geprägt sein muß, wie Gott Macht ausübt und wie Gott selber ist: Sie müssen Menschen der Wahrheit, des Rechts, der Güte, des Verzeihens, der Barmherzigkeit werden. Sie werden nicht mehr fragen: Was bringt das für mich, sondern sie müssen nun fragen: Womit diene ich der Gegenwart Gottes in der Welt. Sie müssen lernen, sich zu verlieren und gerade so sich zu finden. Indem sie weggehen von Bethlehem, müssen sie auf der Spur des wahren Königs bleiben, in der Nachfolge Jesu. (...)

Die Heiligen sind die wahren Reformer, hatten wir gesagt. Ich möchte es nun noch radikaler ausdrücken: Nur von den Heiligen, nur von Gott her kommt die wirkliche Revolution, die grundlegende Änderung der Welt.

In Jesus Christus, der sich für uns das Herz hat durchbohren lassen, ist uns das wahre Gesicht Gottes erschienen. Ihm folgen wir mit der großen Schar derer, die uns da vorangegangen sind. Dann gehen wir recht.

Das bedeutet, daß wir uns nicht einen privaten Gott und nicht einen privaten Jesus zurechtmachen, sondern dem Jesus glauben, vor dem Jesus uns beugen, den uns die Heiligen Schriften zeigen und der sich in der großen Prozession der Gläubigen, die wir Kirche nennen, als lebendig, als immer gleichzeitig mit uns und zugleich immer uns voraus zeigt."

Papst im Zeichenkosmos

Der Deutsche sitzt in seinem Wohnzimmer und staunt vor dem Fernseher. Ein normaler Donnerstag nachmittag im 21. Jahrhundert - und einer nach dem andern treten Jugendliche aus aller Herren Länder zu der kleinen weißhaarigen Figur auf dem Oberdeck des Rheinschiffes, knien sich vor den alten Mann hin, berühren scheu seine Hand, lassen sich von ihm segnen und treten ergriffen beiseite, um dem nächsten Platz zu machen. Papstverehrung, Personenkult. Zum Glück lässt sich das als uralte Magie abhaken, als Götzendienst gar oder als völliges Gegenteil zu dem, was Jesus gewollt habe.

Eine Zumutung, sonst schamhaft vollzogen in römischen Audienzsälen, jetzt eine Antwort erzwingend von den Katholiken, die damit aufgezogen werden.

Textbausteine gefällig?

Schauen wir ins Neue Testament - dort heilt der Glaube, dort heilt aber auch die Berührung, sogar die verdeckte, von hinten kommende eines Mantelzipfels, dort heilt ein Schlammbrei. "If I could just touch the hem of his garment", formulierte später der Gospel diesen biblischen Materialismus.

Lesen wir einen aktuellen Bestseller, den Bericht des Satirikers Tony Hendra über seine Begegnung und lange Freundschaft mit Father Joe, einem - laut Anselm Grün OSB - "Engel in Menschengestalt". Ein ergreifender Bericht, an dessen Ende Hendra schreibt:

"Father Joe war viel mehr Gott für mich als all diese idealisierten Statuen, viel mehr als hässliche, überladene deutsche Glasmalerei, mehr als alle Worte oder Glaubenslehren, die durch diese Mauern hallten. (...) Das Göttliche ist unverstellbar ohne einen menschlichen Körper als Medium, etwas, woran wir uns klammern können, das das Unvorstellbare berührt hat."

Schlagen wir nach bei einem Befreiungstheologen, dem Herrn Leonardo Boff, dem nicht nur der Stummel der letzten Zigarette des Vaters vor seinem Tod zum Sakrament wurde, sondern der vom "Sakrament des Grundschullehrers" spricht: Herr Mansueto, Dorflehrer im Süden Brasiliens, war für die, die ihn kannten, "sakramentales Symbol menschlicher Grundwerte (...), Symbol für den Typ eines Menschen, der bis zur Selbstaufgabe für die Mitmenschen da ist". Die "Mansuetologie", die sich nach seinem Tod als "gedeutete Erinnerung an sein Leben" entwickelte, fand ihren sinnlichen Ausdruck um sein Grab, in Blumen und Votivtafeln.

Überlegen wir, daß der Mann auf dem Schiff auf dem Rhein den Auftrag Jesu Christi verwirklicht: "Auf diesem Felsen will ich meine Kirche gründen." Die Jugendlichen, die hintreten stellvertretend für all die anderen am Ufer und in der Stadt, sie berühren den Stellvertreter des "Rock of Ages", den Nachfolger des Petrus. Sie leben mit Seele und Leib, und deshalb berühren sie mit Seele und Leib. Unsichtbar und sichtbar. Und treten vielleicht innerlich verwandelt weg, sodaß sie auch äußerlich verwandeln.

Ihnen allen ist klar, daß Joseph Ratzinger nach dem 19. April nicht plötzlich heiliger geworden ist, heilig im Sinne einer vollkommenen Antwort auf die vollkommene Liebe GOttes. Aber dieser gleiche Mensch wird jetzt zum Zeichen, zum berührbaren Zeichen.

Nicht zum einzigen Zeichen - der katholische Kosmos ist voll von bunten, alten, neuen Zeichen, bunt und vielfältig wie die Schöpfung. Dieser Tage steht das eine Zeichen im Vordergrund, so daß die weniger erfahrene Öffentlichkeit die anderen kaum wahrnimmt. Es, nein: er wird sich wieder einordnen in diesen Kosmos und die anderen Zeichen treten in den Vordergrund, am Montagmorgen z.B. die mit den Zeichen von Wasser, Chrisam, Kreuz in das neue Leben mit Christus aufgenommenen.

20. August 2005

Und dann war da noch ...

... die reincarnation parade - anscheinend schon im 11. Umlauf des ewig-drehenden Rads mit bis zu 200.000 Technoseelen.

Dann doch lieber den Kölner resurrection rave auf dem Campus Unserer Lieben Frau.

19. August 2005

Zöllner-Sammlung

A Postmodern Retelling of the Parable of the Pharisee and the Publican im axegrinder-Blog.

Der katholische Zöllner fehlt noch...
"Gegen die Massen-Sentimentalisierung des katholischen Glaubens und für eine klare, trockene Kirche"

Mehr ratzingermäßig müsste er sein, der Weltjugendtag - so würde ich das Plädoyer von Peter Fuchs (Frankfurter Rundschau) auf einen kurzen Nenner bringen.

Dem kann ich durchaus etwas abgewinnen, aber: jede Wette, daß das irgendeinem anderen deutschen Theologieprofessor auch wieder nicht passen würde.

Falls ich Zeit zum Schreiben habe, würde ich gerne in den nächsten Tagen einige Gedanken posten, die mir momentan durch den Kopf gehen, z.B. zu den Formen der Papstverehrung; der Bedeutung von Gemeinschaft und Alleinsein, von Hochtagen und Alltag fürs Glaubensleben; über die ärgerliche Konkretheit des Katholizismus; über Einseitigkeiten und Balance im gelebten und erlebten Glauben... aber ich fürchte, es gibt anderes zu tun. Wir werden sehen, sprach der Blinde...
Stellvertreterin

Seit 8.00 Uhr ist die beste aller Töchter und Schwestern nach Köln unterwegs und nimmt die Gedanken und Gebete ihrer Eltern und Brüder dorthin mit. Ihre Vorfreude hätte keinen Tag länger mehr dauern dürfen.
Liberal, konservativ, oder besser wieder nur-katholisch?

Bei Martins del.icio.us.ities aufgegabelt: Die Identity Crisis von Marian E. Crowe in America. A good weekend read:

"I want the old church back: “Pay, pray and obey.” No fellowship, no coffee and donuts after Mass. No parish councils, no congregational singing. Lists of do’s and don’t’s. Fasting from midnight before Communion. Catholics locked into miserable marriages. Rhythm. Mean nuns in ridiculous habits. Priests with Irish accents.

This is why I want the old church back: I am tired of factionalism. You were either Catholic or Protestant—not a liberal Catholic, or a conservative Catholic, or a cafeteria Catholic, or a cultural Catholic. You were a Catholic. The Mass was the Mass. You didn’t have to shop for a parish you could “stand.” (...)

Maybe it’s time to join the “flaming moderates” in the closet. I am going to let all my subscriptions to Catholic magazines lapse and read the old stuff: Knox, the Chesterbelloc, Dawson, Lewis, Sheed. I know, I know; it’s triumphalist, not Vatican II, not politically correct. I don’t care.

I need to feel good about being a Catholic. Not a conservative Catholic. Not a liberal Catholic. Just a Catholic, once again.
Ökumenische, nichtdualistische Leibeslektüre

Reading the body - Robert W. Jenson, ein lutherischer Theologe, fasst auf zehn Seiten die zentralen Linien der "Theologie des Leibes" von Papst Johannes Paul II. zusammen.

David B. Hart stellt sie dann ihrem bioethischen Antipoden, einem neo-darwinistischen Transhumanismus, gegenüber. Hart ist orthodoxer Theologe...

"I would want to argue that it is precisely this 'irrelevance' that makes John Paul’s theology truly relevant (in another sense) to contemporary bioethics. I must say that what I, as an Eastern Orthodox Christian, find most exhilarating about the Theology of the Body is not simply that it is perfectly consonant with the Orthodox understanding of the origins and ends of human nature (as indeed it is), but that from beginning to end it is a text awash in the clear bright light of uncompromising conviction. There is about it something of that sublime indifference to the banal pieties and prejudices of modernity that characterizes Eastern Orthodoxy at its best. It simply restates the ancient Christian understanding of man, albeit in the somewhat phenomenological idiom for which John Paul had so marked a penchant, and invites the reader to enter into the world it describes. And at the heart of its anthropology is a complete rejection—or, one might almost say, ignorance—of any dualism between flesh and spirit."
Und dann war da noch ...

... "Luther - das Fest".

Weil nur jeder dritte Deutsche katholisch ist und die anderen bloß am Rande nach Köln blicken, übertreibt die Welt maßlos, wenn sie schreibt:

"Auf andere Weise herausgefordert fühlen sich derzeit die Protestanten, die sich darüber ärgern müssen, daß auf allen Kanälen pubertierende Katholiken über Glaube, Liebe, Hoffnung räsonieren dürfen - aber kein medialer Hahn nach dem Engagement der, sagen wir, evangelischen Landjugend in Eisenach kräht.

Um dieses Aufmerksamkeitsdefizit zu kompensieren und die in Köln versammelte Weltjugend samt Benedikt XVI. zu düpieren, lädt Eisenach von heute an zu einem dreitägigen Religionsspektakel, das selbst ökumenisch gestimmte Gemüter nur als Gegenfest und sektiererische Kampfansage werten können."
Schrieb nicht Matthias heute irgendwo, daß die "Evangelischen" nicht so schön feiern können wie die Katholiken? Dann freut es uns umso mehr, wenn sie mit dem Üben anfangen!
Maßstäbe

Aus den "Flußworten" des Papstes:

"Wir fragen heute zwar nicht nach einem König; aber wir sind unruhig über den Zustand der Welt, und wir fragen: Wo finde ich die Maßstäbe für mein Leben – wo die Maßstäbe, um an der Gestaltung von Gegenwart und Zukunft der Welt verantwortlich mitzuwirken? Wem darf ich vertrauen – wem mich anvertrauen? Wo ist derjenige, der mir die befriedigende Antwort geben kann auf die Erwartungen meines Herzens?

Solche Fragen zu stellen, bedeutet vor allem anzuerkennen, daß der Weg nicht vollendet ist, so lange man nicht dem begegnet ist, der die Macht hat, jenes universale Reich der Gerechtigkeit und des Friedens zu begründen, nach dem die Menschen streben, das zu errichten sie aber allein nicht imstande sind. Diese Fragen zu stellen bedeutet weiter, jemanden zu suchen, der sich nicht täuscht und andere nicht täuschen kann und der darum fähig ist, eine Sicherheit zu bieten, die so unerschütterlich ist, daß man von ihr leben und gegebenenfalls sogar für sie sterben kann." (via kath.net)
Prophetischer Journalismus

Bei Nachrufen auf Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, so läßt sich vermuten, ist der Text bis auf das Todesdatum schon prämortal geschrieben. Wenn es um laufende Großereignisse geht, so hofft man, wird der Text erst post eventu verfasst.

Der Christ in der Gegenwart - kürzlich einmal als Blatt für die ältere Generation bezeichnet - ist diesmal seiner Zeit voraus und präsentiert einen Kommentar zum Weltjugendtag, bei dem zwei von drei Absätzen im Imperfekt und im Perfekt gehalten sind und sozusagen in die Zukunft zurückblicken.

Da lautete die Devise wohl: Erst schreiben, dann zuschauen (und weghören).

18. August 2005

Anspruch

Flannery O'Connor hängt in meinem Hausaltar gleich neben Walker Percy, Georges Bernanos und anderen literarischen Heiligen. Ehrensache, daß ich auf dieses Devotionalienstück von Ronald Webber verlinke.

O-Ton Flannery:

"When people have told me that because I am a Catholic, I cannot be an artist, I have had to reply, ruefully, that because I am a Catholic, I cannot afford to be less than an artist."
Blogger-Archäologie

Henry Clarke Wright was blogging in the early republic. In den vierziger Jahren des vorvorigen Jahrhunderts. Ausgegraben von W. Caleb McDaniel und ausgestellt auf dem Common-Place.

"Indeed, blogging demonstrates the persistence of a key truth in the history of reading, an insight as obvious to Tocqueville as it should be to most bloggers today. The insight is that readers, in a culture of abundant reading material, regularly seek out other readers, either by becoming writers themselves or by sharing their records of reading with others. That process, of course, requires cultural conditions that value democratic rather than deferential ideals of authority. But to explain how new habits of reading and writing develop, those cultural conditions matter as much—perhaps more—than economic or technological innovations. As Tocqueville knew, the explosion of newspapers in America was not just a result of their cheapness or their means of production, any more than the explosion of blogging is just a result of the fact that free and user-friendly software like Blogger is available. Perhaps, instead, blogging is the literate person’s new outlet for an old need. In Wright’s words, it is the need 'to see more of what is going on around me.' And in print cultures where there is more to see, it takes reading, writing, and association in order to see more."
Hier ist Papst

(via Tagesschau)
Schönstatt-Blog



Mis hermanas y hermanos de Schoenstatt comienzan a blogar: The Sound of Schoenstatt mit ersten, noch wackligen Schritten. [Schreibfehler korrigiert]
Harry Potter im Wüsten Land

The Novel according to Thomas Stearns. (Via Cacciaguida)
Church of Depression ...

.. anstelle der Church of Fear - das ausgelaugte Evangelium der ehemaligen "Provo-Batterie Christoph Schlingensief in der Welt.
Benediktinisierung

Ein strenger Vater - stern.de: Vom Titel des Artikels von Peter Seewald im Stern sollte man sich nicht abschrecken lassen. Seewald hat ein sehr lebendiges und lesenswertes Portrait geschrieben, mit klarem journalistischem Blick: "A Pope who knows how to pope."

"'Wie oft feiern wir nur uns selbst und nehmen Ihn gar nicht wahr?', klagte er an, 'wie viel Schmutz gibt es in der Kirche und gerade auch unter denen, die im Priestertum Ihm ganz zugehören sollten? Wie viel Hochmut und Selbstherrlichkeit?' Er möchte sich ganz 'einer inneren Erneuerung' verschreiben, hatte er nach seiner Wahl erklärt. Und damit bestätigt, dass Papst Ratzinger tut, was schon Kardinal Ratzinger für unabdingbar hielt. 'Die Kirche muss sich von ihren Gütern trennen, um ihr Gut zu bewahren.'

Mit diesem Papst, glaubt denn auch der Münchner Theologe Eugen Biser, werde das Christentum konsequent auf seinen Ursprung zurückgeführt, und damit auf Jesus Christus selbst. Der Papst sei nicht länger 'der Chef der Kirche, nicht das Kultobjekt der Kirche, er steht anstelle eines anderen, der allein geliebt und an den geglaubt werden muss'. Dreh- und Angelpunkt dafür ist die Konzentration auf den Kern der katholischen Lehre, besonders auf die Heiligkeit der Eucharistie. Die Regierung Ratzinger will wieder an das anknüpfen, was das Christentum von einer kleinen galiläischen Sekte zur mächtigsten Kirche der Welt machte: lehren, helfen, heilen. Es wäre die Rückkehr zu den Wurzeln, zu einem reinen Werk der Barmherzigkeit, zum Ursprung des Mysteriums - es wäre eine Benediktinisierung der katholischen Kirche.

Zu Hilfe kommen könnte dem 78-jährigen Oberhirten dabei eine neue Generation junger Christen, die den Glauben wieder in seiner ganzen Kraft und Fülle erleben wollen, unverkrampft und fromm. Diese neue Jugendbewegung war über Nacht aufgetaucht, als habe das lange Leiden und Sterben Johannes Pauls II. verschüttete Energien freigesetzt. 'Wir arbeiten nicht, um eine Macht zu verteidigen', sagt Benedikt XVI. 'In Wahrheit arbeiten wir, damit die Straßen der Welt offen sind für Christus.' Gegenwind und Geisterfahrer hat er dabei einkalkuliert. Denn selbst vor dem Apparat der Kirche, der an seiner Größe zu ersticken droht, will dieser Pontifex nicht Halt machen."
Wenn ich diesen Artikel gegen den Vortrag von Hans Küng halte, den sich Petra und Matthias vorgenommen haben, würde ich sagen:

Es ist, als ob Hans Küng mit seinem inzwischen ewig-gestrigen Protestplakat am Kölner Straßenrand stünde - und das Papamobil kommt gar nicht bei ihm vorbei. Bis er's dann merkt, hat BXVI im Dom seine Predigt zum Tagesevangelium bereits fertig und erhebt nach Credo, Fürbitten und Gabenbereitung die Hände zur Präfation: "Erhebet die Herzen! - Wir haben sie beim Herrn."

(Nein, das ist keine ernsthafte Auseinandersetzung mit Küng, aber sorry, Leute: Damit bin ich seit 25 Jahren durch und habe keine Lust am Wiederkäuen.)

17. August 2005

Honni soit qui mal y pense

Katholiken leiden unter Verfolgungswahn, habe ich mir kürzlich anhören müssen.

Dann ist auch dieser Bericht der Tagespost nur Einbildung. Was wäre denn z.B. schon dabei, wenn die SPD-Parteitagszeitung heimlich von der Bayernkurier-Redaktion auf fremde Linie gebracht würde? Wenn der Herr Kanzler in ungünstigem Licht erschiene und das Steuerkonzept von Paul Kirchhof berichtenderweise als dem des Herrn Eichel weit überlegen dargestellt würde? Wenn die Allensbacher Meinungsforscher mit bunten Kurven den Abschied der Deutschen von Uns Gerd illustrieren würden: "Sechzig Prozent der Deutschen wollen eine andere Regierung!"

Das wäre schön blöd von Parteiführung oder Kampa einerseits, aber von der Gegenseite her auch ziemlich unverschämt und gewiß nicht unabsichtlich - schließlich sind ja Profis am Werk.
Nachlese

Bei dem (oder den?) Knaben der Revolution habe ich zwei Links zu NZZ-Artikeln über Hans Urs von Balthasar gefunden:

Alois M. Haas: «Alles gehört euch - und ihr gehört Christus»

Jan-Heiner Tück: Höllenabstieg Christi und Hoffnung für alle
Es geht auch anders!

Sauber, liebe Pilger! - Weltjugendtag-Weblog: Für manche Lockerheitsspießer vielleicht spießig, für die anderen ein Zeichen, daß die alte Devise "Ordinaria extraordinarie" nur fast vergessen ist, daß für die viele oder gar die meisten in Köln die Veränderung der Welt in nächster Nähe beginnt und daß am Ende sogar die Kunst der Einfühlung, z.B. ins Reinigungspersonal und die, die es zahlen, praktiziert wird. Kompliment!
Noch einer aus Köln

Young and Catholic präsentiert dieser Tage die "Faces of Tomorrow's Church" mehr oder weniger live. (via der Holy Whaps)

16. August 2005

Frère Roger Schutz



Zum Paradiese mögen Engel dich geleiten,
bei deiner Ankunft die Martyrer dich begrüßen
und dich führen in die heilige Stadt Jerusalem.

Chöre der Engel mögen dich empfangen,
und mit Lazarus, dem einst so armen,
soll ewige Ruhe dich erfreuen.
Nur für eine Woche ...

... winkt euch der Papst von der Bravo entgegen, nächste Woche gibt es den Bravo-Foto-Roman, die neueste Boy-Group und die "100 intimen Geheimnisse" von wem-auch-immer wieder ohne Kirchensoße, liebe Bravo-Leser. Kein Grund, nervös zu werden oder sich so einiges von dem, was um Köln rum zu hören sein wird, zu Herzen zu nehmen. Ist nur ein Alibi-Unternehmen der Redaktion, die die Bravo in aller Munde bringt - den gegeißelten und gekreuzigten Jesus ersparen sie euch. Den soll schön der Papst im Munde führen.

Solltet ihr aber wirklich nach Köln und dem WJT eine länger anhaltende Begeisterung für den sogenannten "Gott" empfinden: Es ist wie mit der Liebe - kurz, schnell, schmerzlos, folgenlos. Vergeht wieder. Keine Angst.

Aber da spricht und schreibt der alte Zyniker, der schon über 30 Jahre zur "kognitiven Minderheit" gehört, zu den wenigen, die - wichtiges Wort! - noch glauben. Eigentlich wünscht er euch ja, daß ihr für euer Leben den einen und die eine findet. Und den EInen dazu. Besser ihr hängt das Poster auf, sammelt es in euren "Sammelmappen" und erinnert euch an diese Tage, an denen sogar die Bravo merkte, daß es mehr im Leben gibt. Und daß jeder Bravo-Redakteur, jede Container-Bewohnerin, jeder Robbie W. und erst recht jeder 14-, 15-, 16-jährige wie ihr gelegentlich dem großen Geheimnis begegnet, dem, der einen Namen, eine Stimme hat. Und ein Gesicht. (Nach der Lektüre von Bravo, Benedikt: Der deutsche Poster-Papst - Kultur - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten)
Wo man singt...



Eines der menschlichen Zentralprobleme: Wie lassen sich Gut und Böse unterscheiden? In der "Diktatur des Relativismus" wird das nicht einfacher als zu früheren Zeiten.

Eine der letzten pragmatischen Faustregeln ist nun endgültig dabei, ihre Gültigkeit zu verlieren. Auch böse Menschen haben Lieder, wie man am Vater-Sohn-Gespann Kim Il Sung und Kim Jong Il ablesen kann. (Lag unter den Gesprächsfetzen)
Kissler zum zweiten

Wenn Johannes Paul II - nach eigener Bekundung - ein "Papst aus einem fernen Land" war, dann kommt - nach Alexander Kissler - Benedikt XVI heim in ein fernes Land.

Mehr über Papst, Deutschland und ihre Beziehung in der Süddeutschen von heute.
Gezeitenwechsel bei unverändertem Ratzinger

Guido Heinen in der Welt über das Papst-Buch von Alexander Kissler. (via "The Blog formerly known as Katholisches Notizbuch")

"Umso erfrischender ist es zu lesen, wie mit der häufig verbreiteten Legende eines 'frühen' und 'späten' Ratzingers, der angeblichen Wandlung von einem 'guten' Konzilstheologen zu einem 'bösen' Reaktionär, aufgeräumt wird. Ratzinger ist sich treu geblieben, seine Begriffe von Kirche, Volk Gottes, Gottesherrschaft sind heute keine anderen als vor vierzig Jahren. Er hat sich weiterentwickelt, sicher, aber Teile der Kirche haben eine Entwicklung durchgemacht, die die vom II. Vatikanum gelegten Grundlagen verdunkelt. (...)

Die Begründungslast hat nicht dieses Pontifikat. Die von ihm gestellten Fragen bewegen die Welt. 'Man weiß, wofür Ratzinger steht', so Kissler. 'Mit dem Gestus des Selbstverständlichen, mit dem wohlfeilen Beifall und der kuscheligen Zufriedenheit ist es vorbei. Begründungspflichtig sind Papsteuphoriker und Papstkritiker geworden.'"
Eine Leseprobe aus Kisslers Buch gibt es beim Rheinischen Merkur.

15. August 2005

In ihrem Ende unser Anfang

David Scott auf godspy über den Anlaß unseres heutigen Feierns:

"However we want to think about it, it’s clear that the Church has believed from the earliest times that Mary shared in her Son’s dramatic victory—what Paul and the prophet Isaiah before him called 'the swallowing up death.'

And this may be the greatest loss in all the disinformation and outcry over the original dogma.

In their rush to condemn Catholic idolatry, the critics of Pope Pius missed the divine truth revealed in the Assumption. In the glorious example of Mary, we see, in the Pope’s words, 'to what lofty goal our bodies and souls are destined.'

We may never know what exactly happened at the end of Mary’s life. But we know the one thing God wants us to know—that in her end is the promise of our beginning, the pledge of our resurrection."
Entschärfter Noah

Playmobil zeigt, wie sich die große Flut mit reduziertem GOttesanteil, dafür aber ökologisch und sozial harmonisch überleben ließ, und Daniel Schüttlöffel hat sich das 1. Buch Playmobil in den Katoptrizomena gründlich vorgenommen. Mixed results.
"Wir sind nicht hier, um Party zu machen"

Das sagen nicht nur Mexikaner in Bayrisch-Schwaben, deutsche Jugendliche ohne WJT-Erfahrung erfahren das inzwischen auch.
Maria Assumpta


Sprachlos werden die wortwendigen Redner vor dir, o Gottesmutter. Solcher Ohnmacht versagt sich das Wort: wie du jungfräulich gebären konntest. Staunend schauen wir das Geheimnis des Glaubens:

Sei gegrüßt, du Gefäß der Weisheit Gottes;
sei gegrüßt, du Gemach seiner Vorsehung.
Sei gegrüßt, Philosophen hast du an die Grenzen geführt;
sei gegrüßt, Wissensforschern hast du das Unerforschliche gezeigt.

Sei gegrüßt, denn die gelehrten Streiter schwindelte;
sei gegrüßt, denn die Mythendichter schwanden dahin.
Sei gegrüßt, spitzfindige Denkgeflechte hast du zerrissen;
sei gegrüßt, gefüllt hast du die Netze der Fischer.

Sei gegrüßt, aus unbekanntem Abgrund hast du uns herausgeführt;
sei gegrüßt, bereichert hast du viele an Erkenntnis.
Sei gegrüßt, du rettendes Schiff derer, die erstreben das Heil;
sei gegrüßt, du Hafen derer, die das Leben erfahren.

Sei gegrüßt, du jungfräuliche Mutter!
Der All-Herrscher hat sich erboten, das Universum seiner Schöpfung zu erlösen. Unser Gott, unser Hirte, erschien uns als Lamm. Ihn, der sich für uns und uns zu seinesgleichen bestimmt hat, beten wir an:

Halleluja, Halleluja, Halleluja!


Im leuchtenden Strahlenkleide den Verblendeten erschienen schauen wir die Heilige Jungfrau. Seit sie das ewige Feuer ergriffen, führt sie auf immer zur Gotteserkenntnis, strahlenden Blickes den Geist erleuchtend. Wir huldigen ihr mit Rufen:

Sei gegrüßt, du Morgenstern der geistigen Sonne;
sei gegrüßt, du Lichtträger des Allerheiligsten.
Sei gegrüßt, du Wetterstrahl, der unsere Seelen trifft;
sei gegrüßt, wie vor dem Donnergroll entsetzen sich die Feinde.

Sei gegrüßt, du bringst die himmlische Erleuchtung ans Licht;
sei gegrüßt, denn dir entquillt, was überquellend uns tränkt.
Sei gegrüßt, das heilende Bad stellst du vor;
sei gegrüßt, den Makel der Sünde nimmst du fort.

Sei gegrüßt, du Schale, darin das Gewissen geläutert;
sei gegrüßt, du Kelch, daraus Jubel geschenkt.
Sei gegrüßt, du mystische Rose, daraus uns Christus entströmt;
sei gegrüßt, du der Inbrunst kostbarer Odem.

Sei gegrüßt, du jungfräuliche Mutter!

Weil er aus Liebe alle begnadigen wollte, welche der Strafe schuldig sind, kam ureigens er, der alle Menschen freispricht, heim als ein Fremder zu denen, welche fern seiner Gnade lebten. Und als er so den Schuldbrief zerriß, hörte er aus aller Munde „Halleluja“:

Halleluja, Halleluja, Halleluja!

(Quelle)

14. August 2005

Papst Benedikt im Prae-WJT-Interview

"Radio Vatikan: Heiliger Vater, können Sie sagen, was Sie der Jugend der Welt vor allem vermitteln wollen? Was ist die Hauptsache, die Sie „rüberbringen“ wollen?

Benedikt XVI: Ja – ich möchte ihnen zeigen, dass es schön ist, ein Christ zu sein, denn es besteht ja weithin die Idee, Christentum sei eine Menge von Geboten und Verboten, Gesetzen, die man einhalten muss und dergleichen und insofern etwas Mühseliges und Belastendes. Man sei freier, wenn man diese Last nicht habe. Ich möchte demgegenüber deutlich machen: sozusagen von einer großen Liebe und Erkenntnis getragen zu sein, ist nicht etwa ein Gepäck, sondern sind Flügel, und es ist schön, ein Christ zu sein, mit dieser Erfahrung, dass es uns das Weite gibt, dass uns das auch eine große Gemeinschaft gibt, dass wir als Christen eben nie allein sind – in dem Sinn, dass immer Gott bei uns ist, aber auch, dass wir immer miteinander in einer großen Gemeinschaft stehen, Weggemeinschaft sind, ein Projekt der Zukunft haben und damit eben wirklich ein Dasein, das sich lohnt - die Freude am Christsein, dass es schön und auch richtig ist, zu glauben. (...)

Radio Vatikan: Kann man – als letzte Frage – ein Idealziel des Weltjugendtages in Köln formulieren? Was wäre das Ziel, wenn es ganz, ganz toll laufen würde?“

Benedikt XVI:(lacht) Ja – nun, dass eben ein Schwung neuen Glaubens durch die Jugend geht – vor allem auch durch die Jugend in Deutschland und in Europa. Wir haben in Deutschland immer noch große christliche Institutionen. Es geschieht viel Christliches, aber es gibt auch eine sehr große Müdigkeit und wir sind so sehr mit Strukturfragen beschäftigt, dass der Schwund und die Freude des Glaubens fehlen. Wenn dieser Schwung, das Frohsein, dass wir Christus kennen, wieder neu aufleben würde und der Kirche in Deutschland und auch Europa eine neue Dynamik gäbe, dann denke ich, wäre das Ziel des Weltjugendtages erreicht."

Wer 13 min Zeit hat, sollte lieber das ungeglättete und lebendige Interview anhören!
Ökumene der Wahrheit statt Opportunismus

Was die Ökumene angeht, träumt Eberhard Jüngel keine rosaroten Träume. Und schon gar keine, die kirchenpolitisch opportun wären:

Daß der nicht selten von des Gedankens Blässe angekränkelte Protestantismus sich Arm in Arm mit der ihre Buntheit wirkungsvoll inszenierenden katholischen Amtskirche in den Augen der Welt und ihrer Medien vorteilhafter ausnähme, ist jedenfalls kein Argument für ökumenische Annäherungen. Der christliche Glaube richtet sich nach dem Zeugnis des Neuen Testaments auf das, was man nicht sieht. Er lebt von der Wahrheit.

Um der Wahrheit des Evangeliums willen streben denn auch die christlichen Kirchen nach ihrer Einheit. Kirchenpolitische Opportunitäten haben sich der Verpflichtung zur Wahrheit strikt unterzuordnen. Und ebendeshalb erwarte ich, daß man sich möglichst präzis darüber verständigt, worüber man sich vorerst nicht zu verständigen vermag.

Dazu gehört noch immer das unterschiedliche Verständnis des kirchlichen Amtes. Solange das so ist, sollte man allerdings auch nicht darauf bedacht sein, daß die Ämter der einen Kirche von denen der anderen Kirche anerkannt werden. (FAZ)
"Bein von meinem Bein" (Gen 2,23)



Here comes the Biotech-Wedding Ring! (By courtesy of the Old Oligarch)

Geht eigentlich ganz einfach:

1. Extract bone chips from jaw. Rinse.
2. Place bone cells in ring-shaped bioactive ceramic scaffold.
3. Feed liquid nutrients and culture in a temperature-controlled bioreactor for six weeks.
4. After coral-like bone forms fully around scaffold, pare down to final ring shape and insert silver liner (for engraving).
SJ, OP und OCSO auf einer einsamen Insel

"A Jesuit, a Dominican, and a Trappist were marooned on a desert island. They found a magic lamp, and after some discussion decided to rub it. Lo and behold, a genie appeared and offered them three wishes. They decided it was only fair that they could each have one wish. The Jesuit said he wanted to teach at the world's most famous university, and poof, he was gone! The Dominican wished to preach in the world's largest church, and poof, he was gone! Then the Trappist said, "Gee, I already got my wish!" (via Shrine of the Holy Whapping)
Zeit für Helden



"The idea that a celibate priesthood could be heroic is alien to our culture, but the Jedi knights were celibate."

"Anyone stepping forward to be a priest or nun has to be pretty courageous," says the Rev. Gerard Francik, the vocations director. It doesn't have the esteem it once did. ... Young people feel they are countercultural to do this. Before, if you said you were going to be a priest or sister, Catholics thought it was awesome, and they even admired it. Today, it's generally opposition young people face." ("Pop culture heroes help recruit priests" in der Washington Times)

Ein Image des Posters von Fr. Jonathan Meyer konnte ich auf die Schnelle im Web leider nicht auftreiben - vielleicht hat es jemand anders schon gesehen?

Update 15.8.05: Wer solche Freundinnen hat wie ich, spart sich das Suchen... Danke, Petra!
Katholizismus und Masse

"Das Mißtrauen gegen die Masse hat den Katholizismus seit langem nicht mehr verlassen, vielleicht schon seit den frühesten ketzerischen Bewegungen der Montanisten nicht, die sich mit entschiedener Respektlosigkeit gegen die Bischöfe wandten. Die Gefährlichkeit plötzlicher Ausbrüche, die Leichtigkeit, mit der sie weitertreiben, ihre Raschheit und Unberechenbarkeit, vor allem aber das Abheben der Distanzlasten, zu denen die Distanzen der kirchlichen Hierarchie in besonders hohem Maße zu rechnen sind - das alles hat die Kirche schon früh dazu bestimmt, in der offenen Masse ihren Hauptfeind zu sehen und sich auf jede mögliche Weise gegen sie zu stellen.

Alle ihre Glaubensinhalte, wie auch alle praktischen Formen ihrer Organisation, sind von dieser unerschütterlichen Erkenntnis gefärbt. Es hat bis jetzt keinen Staat auf der Erde gegeben, der sich auf so mannigfaltige Weise gegen die Masse zu wehren verstand. An der Kirche gemessen, erscheinen alle Machthaber wie traurige Stümper."

Auf vier Seiten in seinem Buch "Masse und Macht" geht Elias Canetti den Formen dieses Kampfes gegen die "Masse" nach: im Kult und seiner Gemessenheit und Anti-Ekstase; in der Vereinzelung des Gläubigen beim Empfang der Sakramente und im Stehen vor dem Priester als deren Spender; im Akt des Kommunionempfanges als Paradebeispiel; im Idealfall der "erlaubten Masse" der Engel und Seligen; in ihren Prozessionen und ihrem Akt der Verneigung vor dem Heiligsten; in den "Massenkristallen" von Klöstern und Orden und ihrer Beispielhaftigkeit für die, "die zwar Christen heißten, aber nicht wie Christen leben können". Auch wenn imho nicht alle Akzentsetzungen stimmen: interessante Lektüre in interessanten Zeiten.
Innen und Außen

Der Weltjugendtag wird - wie vieles andere Katholische - seine imposante, beeindruckende Außenseite haben. Selbst wenn es nicht zu Superlativen reicht - die Komparative sind erstaunlich genug und würden manch anderen Veranstaltern zu ewigem Ruhm gereichen. Man kann diese Außenseite ärgerlich und (wenn das im eigenen Weltbild eine erlaubte Kategorie wäre) diabolisch finden - wie die professionellen Kleinredner und Show-Off-Asketen -, man kann sie lobend und freudig in den Vordergrund stellen. Sie ist nur Ermöglichung und vielleicht Bedingung.

Denn wer glaubt denn ernsthaft, daß es diesen Hunderttausenden nur darum ginge, dem Papst zuzujubeln? Eine Woche auf den Beinen, die Ersparnisse eines Jahres vielleicht geopfert - wegen einer Kultfigur?

Der Papst ist lediglich Katalysator - jemand, der durch sein Dabei-sein ganz verschiedenartige Reaktionen in Gang setzt: umkehrbare, kurzzeitige Verwandlungen, bald verblassende Erlebnisse, aber auch unumkehrbare Begegnungen, Berufungen, wahrscheinlich und hoffentlich auch dieses Mal wieder: Begegnungen zwischen Herz und HErz. Das wußte Johannes Paul II. so gut wie Benedikt XVI. - und dem zweiten ist das Wissen darum wohl sogar angeboren.

Eugen Drewermann dixit:

"Es ist gut denkbar, dass die Individualisierung der Massengesellschaft dahin drängt, sich neu in die Masse - ein dialektisches Phänomen - zu drücken, um kollektiv Sicherheit zu suchen. Diese Bewegung ist gefährlich. Keine Kirche sollte das Recht haben, sich darauf einzulassen. (...)

Das Christentum ist eine Entscheidungsreligion, basierend auf der Existenz jedes Einzelnen. Deshalb ist es nicht möglich, Menschen fertig in großen Haufen verwalten zu wollen. Anders ausgedrückt: Das Christentum ist eine Erlösungsreligion. Es muss all die Probleme von Angst, Verzweiflung und Einsamkeit mit den Einzelnen durcharbeiten. (...)

Die Folge davon ist, dass man glaubt, in Massenseligkeit schon auf dem rechten Weg zu sein." (taz)
Die Beziehung zwischen dem Einzelnen und den "Vielen" ist um einiges komplexer als er es darstellt. Es geht nicht um das Individuum, das in die Menge auf dem Marienfeld hinein verschmilzt. Es geht um das Individuum, das in der Menge aufwacht und in den Gesichter seiner Nachbarn sieht: Ich bin nicht allein mit meinem Glauben und meinem Leben in der Kirche. Wir sind viele, die von ihrem HErrn geliebt und erlöst sind, denen er Freude und Dankbarkeit ins Herz schenkt und die diese Dankbarkeit auch an andere weitergeben können.

Nicht der Einzelne ist das christliche Ideal, sondern der "Heilige" - der seine "Probleme von Angst, Verzweiflung und Einsamkeit" vielleicht nicht ein für alle Mal durchgearbeitet und gelöst hat, sondern der sie in die Gemeinschaft mit Jesus hineingibt und damit "loswird", weil er sie dem Anderen, noch Einsameren und ihm in seiner Einsamkeit Begegnenden gegeben hat. Er gibt sie hin als Einzelner in einer Gemeinschaft, getragen von dem Gebet und der Hilfe anderer, die ihm den eigenen Glauben, die eigene Bekehrung nicht ersparen, sondern (idealerweise) leichter machen.

Vielleicht erzählt uns am Ende jemand, wie viele Beichten - als Spitze des Metanoia-Eisbergs - während dieser Tage abgelegt wurden, wie viele seelsorgliche und geistliche Gespräche geführt wurden, wie viele Worte des Evangeliums auf guten Grund gefallen sind, wo sie nächste Woche, nach der Rückkehr, in einem halben oder gar erst in 20 Jahren aufgehen?

Die Kritiker müssten diese Polarität oder besser: dieses Wechselspiel von Innen und Außen kennen - umso tragischer für sie (und die, die ihnen glauben), wenn sie für die eigene "propaganda fidei" nur das eine erwähnen und das andere verschweigen.

12. August 2005

Dabei sein
(Positives zum Tag - Folge 4)

"Die Wesenszusammenhänge der Theologie berichten von einem so ungeheuren Ereignis, daß von diesem eben nie (...) abstrahiert werden kann. Menschliche Wissenschaft wird immer die Tendenz zu solcher Ausklammerung behalten, auch wenn sie Theologie ist, und die geschichtliche Offenbarung weniger als je-jetzt zu vernehmendes und zu erhorchendes Geschehen verstehen denn als vorausgesetztes Ergebnis, und dieses bildet den Stoff der theologischen Reflexion.

Hiergegen haben die Heiligen sich immer zur Wehr gesetzt, indem sie in die Aktualität des Offenbarungsereignisses zurückdrängen. Sie wollen dabeisein, wann und wo es geschieht. Sie sitzen mit Maria zu Füßen Jesu. Sie hängen am Munde des Herrn, am Worte der Offenbarung. Sie wollen nichts wissen, als was Gott ihnen sagt. Sie wollen sich vom Ereignis des Hörens der Offenbarung kein Nu entfernen, als könnte man deren Inhalt wie ein vorliegendes, abgeschlossenes Ergebnis, vergleichbar den Resultaten anderer menschlicher Wissensgebiete, untersuchen. Sie sind Gott gegenüber in einem Verhältnis der Ausschließlichkeit. Sie wollen alles, auch das, was sie schon wissen, von ihm hören, wie wenn sie noch nie davon gehört hätten. Sie wollen sich die ganze Welt innerhalb der Offenbarung neu schenken, neu erklären und auslegen lassen. Sie wollen die Natür mit keinen anderen Augen betrachten als denjenigen Christi. Sie wollen Gott nicht als bloßes ens a se kennen, sondern einzig als den Vater Jesu Christi, und den Geist nicht als eine abstrakte Welt allgemeiner Gesetze und Geltungen, sondern als den Geist der Feuerzungen, der weht, wo er will. Sie haben einen Fanatismus der Ausschließlichkeit, der ihnen als der geradeste Weg zur Universalität und Katholizität der Wahrheit erscheint.

Sie sind nicht ängstlich besorgt um die Synthese zwischen Natur und Übernatur, Wissen und Glauben, weltlichen und kirchlichen Ordnungen, weil sie wissen, daß jedem, der seinen Standpunkt unverrückbar in Christus bezieht, die Sorge um solche Synthesen abgenommen ist; die Sorge, nicht die Aufgabe; die Sorge um die Einheit, nicht die Sendung aus der Einheit hinaus in die Welt. Um ihre christliche Sendung zu erfüllen, auch als Denker und Theologen, sind sie nicht gezwungen, ihren Standort in Christus zu verlassen. Christus ist ja der Gesandte Gottes in die Welt, der jene gleichfalls sendet und ihnen verheißt, alle Tage und bis an die Grenzen der Erde bei ihnen zu sein." (Hans Urs von Baltasar: Verbum Caro.- 3. Aufl.- Freiburg: Johannes, 1990, S. 221f.
Indeed, Father, indeed!

"Perhaps we do have something to offer Germany!" (Fr. Dowd in Waiting in Joyful Hope)
Zeitverschoben

Ich finde es ja ganz toll, was Ihr alle seit ein paar Tagen in der Kommentarabteilung veranstaltet - aber trotzdem werde ich nicht dazu kommen, mich immer "zeitnah" dazu zu äußern. In paar Minuten z.B. tobt das reale Leben bei uns im Wohnzimmer zu einer Geburtstagsfeier.

11. August 2005

Kirchenlehrer



100. Geburtstag von Hans Urs von Balthasar.

"Wir sind nicht die Kirche, sofern diese die uns geschenkte Fülle Christi ist: sie ist uns voraus, wir wurden in ihr und durch sie aus der Taufe gehoben. Wir können sowenig 'über' die Kirche reden und verfügen, als wir 'über' Gott reden und verfügen können. Wir empfangen das Wort und die Sakramente, wir verändern, vermehren, vermindern sie nicht." (Der antirömische Affekt.- Freiburg: Herder, 1974, S. 23f.)
Positives für den Tag - Teil 3

Zum Schluß des langen Tages zwei WJT-Blogs:

T.O. schreibt ihr LAMLand von Kanada aus und begibt sich mit ihren Lesern auf eine mit viel Liebe begonnenen virtuelle Pilgerfahrt.

Aus Kanada inzwischen in Neustadt (Diözese Fulda) gelandet ist Fr. Tom Dowd, der seine Erlebnisse audiobloggt.
Positives für den Tag - Teil 2

Was hätte ich bloß gemacht, wenn mich der Christian Tradition Selector weniger katholisch bewertet hätte als die Kolleg/inn/en? Auch die Gegenprobe stimmt: Zu den Sieben-Tags-Adventisten zieht mich bei allem Respekt eher wenig hin.

Aber so bin ich's zufrieden - alle zusammen im gelb-weißen Trikot. Ein bißchen wurmt es mich freilich, daß fono orthodoxer ist als ich:

1: Roman Catholic (100%)
2: Eastern Orthodox (79%)
3: Anglican/Episcopal/Church of England (77%)
4: Lutheran (70%)
5: Presbyterian/Reformed (37%)
6: Church of Christ/Campbellite (36%)
7: Congregational/United Church of Christ (33%)
8: Methodist/Wesleyan/Nazarene (29%)
9: Baptist (Reformed/Particular/Calvinistic) (21%)
10: Pentecostal/Charismatic/Assemblies of God (16%)
11: Anabaptist (Mennonite/Quaker etc.) (13%)
12: Baptist (non-Calvinistic)/Plymouth Brethren/Fundamentalist (6%)
13: Seventh-Day Adventist (5%)
Positives für den Tag - Teil 1

Patti Smith im Interview der Zeit:

"Sie waren in Rom, als Papst Benedikt XVI. gewählt wurde. Ist Patti Smith zum katholischen Glauben konvertiert?

Ich flog nach Rom, um eine Ausstellung mit meinen Bildern und Fotografien zu eröffnen. Also habe ich die Gelegenheit genützt und ging zum Petersplatz. Plötzlich wedelten die vielen Nonnen mit den Armen in der Luft und riefen »Blanca, blanca«. Als ich zum riesigen Bildschirm hochschaute, sah ich den weißen Rauch. Und dann fingen die Glocken an zu läuten – Wow!!! Es war einer der aufregendsten Tage meines Lebens. Unter Tausenden von Menschen auf dem Platz zu stehen, umgeben von dieser unglaublichen Freude. Für mich war das ein Augenblick positiver Geschichte –, und ich habe viele negative Momente erlebt. Selbst aus großer Entfernung konnte man auf dem Bildschirm die Menschlichkeit dieses Mannes spüren. Er war so glücklich – ich habe geweint. Dabei bin ich keine Italienerin, geschweige denn katholisch.

Nun teilen nicht alle diese Freude.

Ich weiß, dass er nicht nach jedermanns Geschmack ist, aber ich denke, er ist eine gute Wahl. Da ich mich um kein Dogma kümmern muss, kann ich intellektuell und spirituell von ihm lernen, wie ich auch vom Dalai Lama gelernt habe. Ich mag ihn – Ratzinger –, sehr sogar.

Er wirkte gelöster, anders, als man ihn kannte.

Er verändert sich. Sein Leben lang saß er in Zimmern und Bibliotheken und las und lehrte, und jetzt fühlt er die Liebe der Menschen. Das merkt man."
Reue

Hoppla, da habe ich ja gerade Feindbilder poliert. Jetzt aber Schluß damit, bevor Matthias das merkt, und für den Rest des Tages - als Buße - nur noch Positives!
WSK Youth anne Arbeit

Hat sich nicht letzthin jemand aus unseren Kreisen darüber mokiert, daß es sogar eine Wir sind Kirche-Jugend gibt?

Nach ein paar Recherchen im Netz würde ich momentan fast sagen: So wie die Mutterorganisation ganz monarchisch immer und überall von Christian Weisner vertreten wird - genau dem, der außer Hans Küng von der dpa immer zu Kirchenthemen befragt wird -, hat die WSK Youth ebenfalls eine klare Einzelspitze, nämlich den Herrn Tobias Raschke.

Spötter mögen jetzt sagen: "He, die vertreten doch gar keine Jugendlichen" und "Bei Wir-sind-Kirche sind doch eh nur mittelalterliche Langweiler". Das mag ja sein, aber (fettes ABER!): Die vernetzen, die dialogisieren, die knüpfen am Beziehungsnetz! Auch und gerade zwischen den Generationen, über die Kontinente, wenn's sein muß, auch zwischen Old Europe und (guten) Amerikanern!

Schaut Euch doch dieses Bild an, das Tobias Raschke beim Knüpfen und im Dialog mit den Mädels, äh: Damen aus der Ortsgruppe Washtenaw Area von Call To Action zeigt:



So wild sind die gar nicht! Schwiegersöhne, die in jedes Wohnzimmer passen! Das könnten glatt welche von uns sein! Das wären gerne welche von uns! Wenn da bloß der Papst nicht wäre, und die Geschwisterlichkeit, und die Hierarchie, und die Sexualmoral, und der Katechismus, und und und...
Weltjugendtag-Blogs

Die einen machen mit und bloggen dabei, die anderen machen mies und polieren ihre Feindbilder.

Bei allem Respekt, den die "Wir-sind-halt-immer-noch-Kirche-auch-wenn-wir-sie-für-sh..-halten"-Leute sonst dem großen Indianerhäuptling Seattle und den Sprichworten seiner untergegangenen Kultur entgegenbringen: In den Mokassins der anderen müssen sie nicht laufen, bevor sie sie verurteilen können.
Qualität des Erbarmens

Das könnte was sein: Ein 30 min-BBC Radio 4-Feature im Real Player-Format:

"The story of the history and meaning of Kyrie Eleison. Told through the voices of music historians, biographers and most importantly, ordinary people." (via Dappled Things)

10. August 2005

Diese Saison im Theater

Wenigstens im deutschen Theater ist der Jüngste Tag angebrochen: Gerhard Stadelmaier über eine ganze Auswahl von Bühnenmessiassen im FAZ.NET

9. August 2005

Ruhig ruhig angehen lassen

Über die Religion der Deutschen läßt sich vieles ganz nebenher erfahren. In der Lokalzeitung z.B. lese ich die Themenartikel zum Weltjugendtag oder zu den ersten hundert Tagen des Papstes nur mit Vorbehalt, da sie oft nicht informieren, sondern aufklärend, pädagogisch, mit einer hidden agenda geschrieben sind.

Dafür gibt es an anderen Stellen kleine enthüllende Bemerkungen, heute morgen etwa im Bericht über ein Gospelkonzert in einer katholischen Kirche im näheren Umkreis (ca. 75 % der Einwohner sind getaufte Katholiken):

"Etwas ungläubiges Kopfschütteln allerdings rief die Beichte einer gerade erst 30-jährigen Sängerin aus dem deutschsprachigen Raum hervor. Sie erzählte nach bestem US-amerikanischen Show-Vorbild vom Lotterleben, das sie vor der Entdeckung ihrer 'persönlichen Beziehung' zu Jesus Christus geführt habe. Im März 2004 habe sie dann angefangen mit Jesus zu reden, habe sich in der Bibel Nahrung geholt. Die junge Frau forderte die Zuhörer auf, es ihr gleichzutun: 'Ich verspreche Ihnen, es werden Wunder geschehen.'

Dass man in manchen europäischen Regionen, vor allem auf dem Land, den Glauben etwas ruhiger angeht, dass dort viele Menschen ganz selbstverständlich in ihn hineinwachsen können statt über den Umweg von Exzessen zu ihm finden zu müssen, konnte die nach eigenen Angaben 'nach 28 Jahren ohne Jesus' Bekehrte vielleicht bei ihrem Aufenthalt in Kleinostheim erfahren."
Man muß öffentliche Zeugnisse für Jesus im Rahmen von Konzerten nicht gut finden, um folgendes zu bemerken:

  • Was ist so sonderbar daran, daß eine "gerade erst 30-Jährige" sich bekehrt? Gibt es etwa eine Häufung von Bekehrungen in höherem Alter?

  • "Den Glauben etwas ruhiger angehen" - das scheint mir das Ideal vieler Christen zu sein. Zu den ersten urkundlich erwähnten dürften die Mitglieder einer obskuren Pfarrei in Laodizea gehören.

  • Erstaunlich ist auch die Umkehrung einer bekannten Lehrerzählung Jesu: Nicht die 99 Schafe sollen sich freuen über das eine, einst verlorene und jetzt aus den Dornen gerettete!

  • Glaube als irgendwie kirchlich-christliche Sozialisation, die ganz "selbstverständlich" akzeptiert und übernommen wird - das dürfte auch in Kleinostheim nicht mehr selbstverständlich sein. Aber hervorholen kann man diesen Gemeinplatz immer noch, um Zumutungen abzuwehren wie das "Reden-mit- Jesus", das "Sich-in-der-Bibel-Nahrung-holen", oder gar das "Wunder-an-sich-geschehen-lassen".
vox populi dei peregrinantis germanici

Martin erinnert an Katholische Obliegenheiten. Ich mache mich da gerne zur vox populi, die ja üblicherweise als meist ziemlich identisch mit der vox dei gehandelt wird, und schaue dem "Volk aufs Maul" - schließlich bin ich bei so vielen guten Vorbildern lernfähig.

  • Gehorsam gegenüber den Hirten der Kirche: "Das ist doch selbstverständlich. Ich schaue immer, ob das auch sinnvoll ist, was die Hirten sagen, und wenn ja, dann bin ich auf jeden Fall gehorsam. Natürlich ist es gerade bei den vielen rückständigen Positionen, die die Amtskirche einnimmt, kompliziert. Aber ich verlasse mich darauf, daß der Geist weht, wo er will, und bete, daß er die Bischöfe und den Papst entweder bekehrt oder uns wirklich gute, menschliche Hirten gibt. Bis dahin folge ich auf jedem Fall meinem Gewissen, wie es das Konzil ja will."

  • Finanzielle Beiträge (z.B. Kirchensteuer): "Kein Problem. Allerdings muß die Kirche auch verantwortlich damit umgehen! Do ut des: Wer Geld nimmt, der soll auch auf die Erwartungen hören, die der Geber damit verbindet, z.B. nach Sakramentenspendung an den Lebenswenden oder einer kirchlichen Beerdigung, oder Nachsicht, wenn im Leben was schief geht. Kirchensteuer von Geschiedenen-Wiederverheirateten zu kassieren und sie zu exkommunizieren [O-Ton - habe ich schon gehört!! scipio], ist besonders schofel. Das muß sich ändern."

  • Freitagsopfer: Alternativantworten: 1. "Das gibt es doch gar nicht mehr. Es wurde beim Konzil abgeschafft." 2. "Ich finde es gut, daß man jetzt selber bestimmen darf, was für ein Opfer man bringt. Ich esse so gerne Fisch, für mich wäre der Verzicht auf Fleisch gar kein Opfer. Aber wenn ich es recht bedenke: Das Leben ist sowieso so schwer, ich verzichte dauernd, an allen Ecken und Enden - ein Extra-Opfer ist nicht sinnvoll, und was soll es auch bewirken? Braucht Gott das? Das hat doch die Kirche erfunden, um die Leute klein zu halten."

  • Gemeinschaft mit der Kirche zu wahren: "Kein Problem. Ich bin bei der Frauengemeinschaft/KAB/Kirchenchor aktiv und war lange Schriftführer/in. Natürlich gibt es manchmal Zoff, aber wir vertragen uns immer wieder. Überhaupt müsste die Kirche viel mehr die Gemeinschaft betonen. Wir haben jetzt seit 5 Jahren jedes Jahr ein Pfarrfest und es ist immer wieder schön, wenn da abends alle zusammensitzen, nicht nur die Katholiken, sondern auch die Evangelischen und alle, die in unserm Viertel wohnen."

  • Kenntnisse über die Lehre zu erwerben: "Das ist aber jetzt wirklich Quatsch. Wir sind doch total verkopft - der Glaube muß auch aus dem Bauch kommen." (Evtl. zu ergänzen durch: "Ich lese jedes Wochenende die Erläuterungen zum Sonntagsevangelium im Bistumsblatt. Die sind so schön geschrieben.")

  • Missionspflicht: "Das ist keine Sache, die in unsere Zeit passt. Dialog ja, wenn er sich ergibt. Wichtig ist, daß wir tolerant miteinander umgehen. Ich will ja auch, daß mich die anderen in Ruhe lassen."

  • Sakramentenempfang (Eucharistie und Buße mindestens jährlich): "Ich gehe immer zur Kommunion, wenn ich in die Messe gehe. Da ist auch immer eine Gewissenserforschung und dann spricht uns der Pfarrer los. Jetzt mal theoretisch, wenn ich eine schwere Sünde begangen hätte, würde ich ja schon zur Beichte gehen. Aber so weit ist es noch nicht gekommen, Gott sei Dank."

  • Sonntagspflicht: "So eng darf man das jetzt nicht sehen, daß man immer Sonntags in die Kirche müsste. Denn 1. schlafen wir da alle aus und 2. ist das der einzige Tag, wo die Familie zusammen frühstückt. Es kommt doch auf den Alltag an, daß man ein guter Mensch ist und die Kinder richtig erzieht, sich nichts zuschulden kommen lässt. Gott ist nicht so pingelig."