27. Februar 2011

In der Kirche leben (7)

So viel zu kauen und zu verdauen gibt uns der folgende Abschnitt auf, daß ich beruhigt ein paar Tage Pause machen kann. Vor Samstag geht es mit P. de Lubac sj hier nicht weiter. Persönlich denke ich ja, daß schon allein das, was hier folgt, den guten Père zum Kirchenlehrer qualifiziert.

"Aber die Unnachgiebigkeit in Glaubenssachen und die Liebe zur Tradition verkehren sich beim echten Mann der Kirche nicht in Härte, Verachtung, Herzensdürre. Er bleibt empfangsbereit, läßt sich in keine Festung starrer Abwehrhaltungen einschließen. Er vergißt nicht, daß Kirche nicht nur im Haupt, sondern auch in den Gliedern 'lauter Ja' in sich tragen muß, und daß jede Ablehnung nur die Kehrseite einer stärkeren Bejahung sein darf. Sowenig wie die Kirche selbst gibt er dem Geist des Kompromisses Raum, aber er will doch auch wie sie 'alle Türen offenlassen, durch die auch ganz verschiedengeartete Geister zur einen Wahrheit Zugang finden'. Sowenig wie sie möchte er 'denen beschwerlich sein, die konvertiert haben', und die löbliche Zurückhaltung, die auch Jakobus beim Apostelkonzil an den Tag legte, erscheint ihm menschlicher und weiser, ja den Wegen Gottes gegenüber ehrfürchtiger als die Forderungen irgendwelcher Zeloten. Nach dem gleichen Vorbild will er sich durch keinen exklusiven Gedanken den Kopf verdrehen lassen, nach Art der gemeinen Fanatiker, denn er glaubt mit der Kirche - ihre ganze Dogmatik und die Ketzergeschichte beweisen es -, 'daß das Heil nur im Gleichgewicht liegt'. Auch verwechselt er Orthodoxie und Glaubensfestigkeit nicht mit Enge oder Trägheit des Geistes. Non ideo quia durum aliquid, ideo rectum[Nicht weil es etwas hart/unbequem ist, ist es deswegen schon richtig; Scipio] (Augustin). Er vergißt nicht, daß es eine seiner Aufgaben ist, 'für die Menschen seiner Zeit die heilsnotwendigen Dinge darlegen zu können'. Er ist sorgsam darauf bedacht, daß in ihm nicht allmählich eine allgemeine Idee das Übergewicht über die Person Jesu Christi gewinnt. Sosehr ihm an der Reinheit der Lehre und der theologischen Klarheit liegt, sosehr wehrt er sich, das Glaubensmysterium zu einer Ideologie herabsinken zu lassen. Seine volle und unbedingte Treue erniedrigt sich auch nicht zu einer Art kirchlichem Chauvinismus. Prüft er sich selbst, dann wird ihm angst, er könnte auch dem schrecklichen Fehler jener 'Theologen' verfallen, die, 'klug und weise' geworden, 'das Evangelium zu einem Wissenschaftsobjekt machen und sich einbilden, davon eine vollkommenere Kenntnis zu besitzen als der Durchschnitt der Gläubigen', während doch 'oft gerade sie es am wenigsten im Sinn Jesu Christi verstehen'." (Die Kirche.- Einsiedeln: Johannes, 1968, S. 225 - 226)

Zum vorigen Abschnitt hier.

26. Februar 2011

The beards have all grown longer overnight

Gegenwind

Einigen der Unterzeichner des Theologenmemorandums müsste es allmählich unbehaglich werden. Denn unterzeichnet ist schnell, dann kommen die Bedenken, die Zweifel am vorformulierten Text, der dahinter liegenden Sicht der Dinge. Und man, frau kann nicht mehr zurück. Da steht der eigenen Name.

Und dann kommen die Gegenstimmen. Die paar tausend Unterzeichner von "pro Ecclesia" lassen sich noch als Konservative, rechte Fundis, ultramontane Extremisten abtun. Brandmüller ist Historiker, Kasper vatikanverdorben, Seewald ein BXVI-Intimus.

Aber der Gegenwind, das würde man natürlich nicht öffentlich zugeben, hält an. Jetzt legen "Studierende und AbsolventInnen der katholischen Theologie" mit einem eigenen Memorandum nach - anscheinend fähig zu kritischem Denken und gewillt, den Muff unter den Theologen-Talaren zu lüften. Hier ist der ruhige, klare, kritische Text: "Memorandum 'plus' Freiheit"

Mögen die "Kirche 2011er" recht unruhig schlafen heute nacht. Es wäre ein gutes Zeichen.

Doch es tut sich nichts...

Weil Cicero sich zu "Kampfgebeten" äußern wollte: Dazu zählt wohl auch die folgende Art des Betens, die, wie's scheint, nicht sehr frustrationsresistent ist:

"Ähnlich äußerten sich Gäste aus Hammelburg, die den Verlust ihres Pfarrers Michael Sell beklagen. Auch er musste vor etwa anderthalb Jahren seine Pfarrgemeinde verlassen, weil er sich gegen die priesterliche Ehelosigkeit entschied. Noch immer würden sich 60 bis 70 Leute zum Donnerstagsgebet treffen, um für Reformen in der Kirche und ihren Ex-Pfarrer zu beten. »Doch es tut sich nichts. Wir sind frustriert und denken darüber nach aus der Körperschaft Kirche auszutreten«, sagte eine Hammelburgerin. Nur das Wissen, dass sie damit den neuen Pfarrer vor den Kopf stoßen würden, halte sei noch ab."

(Quelle - ich hoffe, der Link in den Google-Cache funktioniert.)

Das Wort als Wolke


Das biblische Wort GOttes mit Wordle visualisiert bei 66clouds.

Auch als YouTube-Video.

Für C. - Requiescat in pace



Bright morning stars are rising,
Bright morning stars are rising,
Bright morning stars are rising,
Day is a-breaking in my soul.

Oh, where are our dear fathers,
Oh, where are our dear fathers.
They are down in the valley praying,
Day is a-breaking in my soul.

Oh where are our dear mothers,
Oh where are our dear mothers.
They have gone to heaven shouting,
Day is a-breaking in my soul.

In der Kirche leben (6)

Nach der Pause kommt heute ein längeres Stück von Père de Lubacs Betrachtung über den homo ecclesiasticus, den kirchlichen Menschen. Man könnte meinen, es sei für jetzt und hier geschrieben. Lest selbst:

"Er ist kein Extremist und mißtraut den Übertreibungen; aber weil ihm die Sakramente der Kirche nicht den Geist der Zaghaftigkeit, sondern der Kraft gegeben haben, zögert er nicht, sich für die Verteidigung oder die Ehre seines Glaubens einzusetzen. Da er weiß, wieviel man durch Unterlassung sündigen kann, redet und handelt er dann mit Freimut, 'gelegen oder ungelegen', auch auf die Gefahr hin, vielen zu mißfallen, ja von denen mißverstanden zu werden, an deren Zustimmung ihm am meisten läge. Er vermeidet sorgfältig die Sackgassen, vor denen die Autorität ihn warnt, denkt eher an die positiven Aufgaben, an die sie ihn mahnt, deren Dringlichkeit er erblickt und vor denen menschliche Klugheit sich doch am liebsten drücken würde. Gern stünde er immer bereit, wie es ja Petrus schon fordert, vor allen Menschen Rechenschaft abzulegen über die ihn erfüllende Hoffnung, befürchtet höchstens, durch Gewöhnung an seinen engen Horizont und seine Bequemlichkeit dazu unfähig zu werden. Er möchte stets nicht bloß 'mit der Kirche' denken, sondern - wie der Verfasser der 'Geistlichen Übungen' sagte - 'in der Kirche', was jedoch eine tiefere Treue voraussetzt, eine intimere Teilnahme und auch eine freiere Haltung: die des echten Sohnes, der zum Hause gehört. Er läßt immer neu sich belehren, lenken, modeln, nicht durch Gewohnheiten und Schicklichkeiten, sondern durch die dogmatische Wahrheit. Wie Newman es war, kann auch er feinfühlig sein (oft mehr als andere) für die 'Schwierigkeiten der Religion'; aber wie dieser große Mann sieht er 'zwischen der Tatsache, daß man Schwierigkeiten wahrnimmt, auch wenn sie akut oder ausgedehnt sind, und dem Zweifel am Geheimnis, aus dem sie entspringen', keinen echten Zusammenhang. Auch er fühlt sich nicht versucht, das geistige Erbe in Stücke zu schlagen, das uns für die Gegenwart anvertraut worden ist' durch Männer vom Format eines Irenäus, Athanasius, Augustin oder Thomas. Er strengt sich im Gegenteil an, es zu wahren und zur Geltung zu bringen. Und er möchte solchen, die sich eifernd, aber oftmals kleinmütig daran klammern, den Beweis erbringen, daß dieses Erbe noch reicher und von größerem Nährgehalt ist, als sie meinen; daß mehr fruchtbbarer Saft darin kreist, der abermals neue Früchte verheißt. Er verschmäht jede moderne Selbstgerechtigkeit und jede Form von theologischem LIberalismus." (Die Kirche.- Einsiedeln: Johannes, 1968, S. 223- 225)

Père de Lubac zitiert reichlich in seinen Büchern, auch dieser Meditation über die Kirche. Ich spare mir das für jetzt.

Zum vorigen Abschnitt hier.

25. Februar 2011

Die Zu-Guttenberg-App

Rettung naht, für manche rechtzeitig, für manche - leidergottes! - zu spät:



Zitieren leicht gemacht, quasi, und wenn die Preise die App-Store üblichen sein werden, dann können auch junge Familienmütter und -väter sie sich leisten. Dann hat keine Ausrede mehr, wer nicht promoviert. Und kein Promovenden-Baby liegt mehr lange feucht oder ungestillt...

(Mit Gruß an die Kollegen von netbib)

23. Februar 2011

In der Kirche leben (5)

Die Gemeinschaft der Heiligen - nie war sie sowertvoll wie heute. Heute, wo wir nicht mehr im christlichen Abendland leben, ja: es uns nicht einmal mehr vormachen können, daß wir dort lebten. Heute, wo wir unsere Entscheidung für Christus permanent erneuern müssen, wo das "Ein-für-allemal" der Taufe zum täglichen "Ich widersage" und zum "Ich glaube" auffordert. "Wer glaubt, ist nie allein." Nicht der Papst in Rom, nicht der chinesische Bruder in seinem Gefängnis, der Seminarist vor der großen Berufungsfrage und - DEo gratias - schon mal sowieso nicht der Blogger nächtlich vorm Bildschirm. Der hat nämlich heute gehört, daß sein Geschreibsel nicht ins Leere läuft, sondern offensichtlich im Dienst der Freude und der Hoffnung steht.

"Als Mensch der Kirche erwirbt er sich diese Bildung nicht aus Neugier, um sie zu genießen, 'wie einer, der die Hauptgebäude einer Großstadt besucht'. Er steht ja ganz im Dienst der großen Gemeinschaft. Er teilt ihre Freuden und Prüfungen. Er kämpft ihre Schlachten mit. Aus allen Kräften ist er bemüht, in sich und soweit es geht in seiner Umgebung ein wacheres Gespür für die Interessen Christi zu erhalten als für die Interessen der Welt. Den Sinn für katholische Solidarität pflegt er in sich und versucht ihn bei seinen Brüdern, fernen wie nahen, zu fördern. Alles was nach Esoterismus riecht, ist ihm sonderlich verhaßt. Er widersetzt sich dem Trend der Modernität, ein sicherer Instinkt läßt ihn die geistlichen Gefahren beizeiten wahrnehmen." (Henri de Lubac: Die Kirche.- Einsiedeln: Johannes, 1968, S. 223)

Zum vorigen Abschnitt hier.

An die Ofenbank

Sancta Christina verspricht Erstaunliches. Ich bin gespannt und entbiete die üblichen allerfrömmsten Willkommensgrüße.

Auf langes, einfallsreiches und frohes Bloggen! Wir brauchen jede Stimme (besonders jede originelle).

22. Februar 2011

Leben

Das sieht alles nach sehr einseitiger Kost aus, die ich momentan hier präsentiere. Es ergibt sich einfach so.

Da stößt man auf einen Blog, bei dem einen schon der Untertitel fasziniert: "Musings on Los Angeles, Divine Intoxication, The Writing Life & The Thin Line Between Passion & Pathology", blättert, stöbert, schlendert weiter und gelangt schließlich zu diesem YouTube-Video:



Und ist anschließend so dankbar wie Heather King, um deren Blog es hier geht, für dieses ganze große Geschenk des Lebens. (Und kann das nicht nur innerlich-spirituell sehen, sondern gleichzeitig politisch, als den glühenden Kern jeden Protests gegen einen Gaddafi und seinesgleichen.)

In der Kirche leben (4)

Was Henri de Lubac in diesem ganzen Kapitel seines Buches als Agenda vorstellt, ist letztlich ein kleines Kunststück: Alle Einseitigkeiten gilt es zu vermeiden, oder besser solche, die unorganisch werden, die die Balance stören, die verhärten und verengen, die den Blick auf die ganze Wirklichkeit der Kirche und ihres Glaubens verstellen. Verlieben darf man sich freilich, das soll man sogar. Darf sich über Freunde Gottes freuen, die einem besonders nahe stehen und nahe gehen. Und darf sich von ihnen in die Mitte, in das "innerste Geheimnis" führen lassen. Von wo aus dann die große Überlieferung und Geschichte und - so darf man wohl sagen - auch die große und lebendig-bunte Gegenwart der Kirche in aller Vielfalt, in aller gnadengeschenkten Farbigkeit sichtbar wird. Das gilt es zu tun, oder nach GOttes Willen zu erleiden. Schreiben davon, bloggen zumal, wird nicht genügen.

"Ohne sich blindzustellen für die evidenten geschichtlichen Unterschiede - denn ob man es eingesteht oder nicht: vieles von dem, was den bleibenden Kern umlagert, wechselt nach Zeiten und Orten - ist es sein tieferes Anliegen, die Kontinuität herauszustellen, denn diese erscheint ihm realer. Ohne aus seinem Gesichtskreis etwas zu verbannen, was die Kirche billigt, wird er seine persönlichen Vorlieben haben, Wahlverwandtschaften fühlen und hegen, die Gott gewiß nicht umsonst gewollt hat; trotzdem wird er gewissen Hauptzeiten und exemplarischen Ereignissen vermehrte Aufmerksamkeit schenken: der Ära der ersten Blutzeugen, dem Aufbruch des mönchischen Lebens, den wichtigen Stufen in der Ausformung des Dogmas, dem Wirken der großen Heiligen und Kirchenlehrer, den Blüten geistlicher Erneuerung..., er wird auch gerne, wenigstens in den Hauptzügen, die Geschichte der Missionen sich vergegenwärtigen. Die alten Traditionen des christlichen Ostens wird er nicht vernachlässigen, als die 'erste Schicht', den ehrwürdigen Stamm, der uns alle trägt. Und wenn er selber Gelehrter ist, wird er die Methoden seines Faches - mit mehr oder weniger Glück - anwenden, und dabei nicht vergessen, daß die katholische Überlieferung sich in ihrem innersten Geheimnis auch einer erschöpfenden 'Bestandesaufnahme' nicht preisgibt; wird sie doch nur dem ganz verständlich, der sich in ihrer eigenen Achse hält und, weil er aus dem Glauben der Kirche liebt, von innen her betrachten kann." (Die Kirche.- Einsiedeln: Johannes, 1968, S. 222-223)

Zum vorigen Abschnitt hier.

Glauben und das Absurde sehen

Constantin Magnis hat für den "Cicero" den britischen Comedian und Musikvideo-Regisseur Richard Ayoade interviewt und bemerkenswerte Antworten eingesammelt:

"Der Katholizismus, sagten Sie kürzlich einmal, fasziniere sie als Künstler. Warum?

Ich bin selbst kein Katholik, aber je älter ich werde, desto weniger interessiert mich die Arbeit von Menschen, die sich von keiner inneren Struktur leiten lassen. Und ich bin an den Punkt gekommen, mich zu fragen, was für einen Sinn es überhaupt noch macht, einen weiteren Film zu drehen. Ich kenne viele, extrem begabte junge Filmemacher, die es trotzdem nicht hinbekommen, bis ins Fleisch, die Eingeweide einer Geschichte vorzudringen. Und ich glaube, für diese Fähigkeit braucht es ein Gefühl dafür, worin diese Eingeweide überhaupt bestehen, was wirklich wichtig ist, und was nicht. Ich habe angefangen, katholische Schriftsteller zu lesen, wie
Flannery O’Connor oder Graham Greene. Und ich glaube, dass die meisten Leute, die durch diese Denkschule gegangen sind, beides haben: Einen Sinn für das absurde, weil es ja im Katholischen diesen zeremoniellen, hochinteressanten aber zugleich auch absurden Aspekt gibt, und zugleich einen tiefen Sinn für den Ernst des Lebens. Für Dinge, die weder egal, noch relativ sind. Bestes Beispiel dafür ist der Vergleich zwischen einem Gangsterfilm von Martin Scorsese, und einem von Guy Ritchie. Man sieht den Filmen des Katholiken Scorsese an, dass seine Charaktere an etwas profundem teilnehmen, dass sich an ihnen etwas existentielles, relevantes vollzieht. Bei Guy Ritchie ist alles was geschieht primär ein großer Spaß. Aber das macht es eben auch beliebig, und weniger interessant.

Ist das denn für Sie ein Widerspruch, der Ernst und die Komik?

Gar nicht. Die meisten interessanten Dinge spielen sich ja dazuwischen ab, nehmen sie die alten
Buster Keaton Filme, die immer beides sind: Tiefmelancholisch und sehr, sehr komisch. Nein, für mich ist die Frage nicht: Sind Dinge lustig oder sind sie ernst? Die Frage ist: Sind sie wahr, oder sind sie nicht wahr."

Gut beobachtet, Richard, kann man da nur sagen. Aber wer Flannery O'Connor liest, entkommt dieser Vereinigung von Absurdem und Ernstem, von Groteskem und Lebensentscheidendem, von Heiterem und Melancholischem nun einmal nicht. An Graham Greene hätte ich nicht so schnell gedacht. Mir fallen da am ehesten Andreas Maier oder Sibylle Lewitscharoff ein, die das momentan praktizieren - ohne daß ich die beiden sofort zu "katholischen Schriftstellern" erklären will.

Richard Ayoade drücken wir die katholischen Daumen, auf dass er mit seinen 34 Jahren genug Sinnvolles zu tun findet - und dem Geheimnis hinter der katholischen Synthese auf die Spur kommt.

Zwangsheirat für Priester soll freiwillig bleiben

"Ich bin für einen Dialog", sagt Endingens Pfarrer Martin Baumgartner, "wir sollten kein Thema tabuisieren." Für die totale Abschaffung des Zölibates ist er nicht. "Der Zölibat ist eine sinnvolle Lebensform, den gibt es in jeder Weltreligion", sagt er. Er würde sich eine "Ergänzung" wünschen, ein Nebeneinander von verheirateten und zölibatär lebenden Priestern. (...) Wie sein Kollege Frank Martin in Kenzingen. "Es ist gut, dass Dinge zur Sprache kommen, die bisher vernachlässigt wurden", sagt er. Auch er würde den Zölibat nicht abschaffen. Jedenfalls nicht komplett. "Das sollte jedem selbst überlassen werden", meint er. (Badische Zeitung)

Beruhigend, daß der Zölibat nicht ganz abgeschafft werden soll. Ansonsten hätten wir Zwangsehen, Zwangslebensabschnittsgefährtenschaften oder andere Zwangspartnerschaften, richtig?

21. Februar 2011

Zur guten Nacht

Zu Guttenberg fällt mir aktuell nichts mehr ein. Auch wenn ihn eine Direktwahl zum Verteidigungsminister wohl im Amt bestätigen würde: Ich fände eine Zeit des "Bußschweigens" angebracht. Wenn die kritischen Augen des Internetschwarms recht sehen und tatsächlich gute 20 % der Dissertation plagiiert sind, dann ist das nicht mit irgendwelchen familiären Ausnahmesituationen oder unabsichtlichem Quellenkuddelmuddel zu entschuldigen. Sorry.

Trösten wir uns mit zwei kleinen guten Nachrichten: Von Alison Krauss und Union Station wird es vor Ostern noch ein neues Album geben und die Blind Boys of Alabama kommen mit Willie Nelson, Vince Gill und anderen Country-Stars raus.

Bevor wir schlafen gehen und uns noch einmal mitsamt aller Malaise dem HErrn der Geschichte und unseres Lebens anvertrauen, soll uns noch ein indianischer Blues trösten. Es singt und spielt Pura Fé:

In der Kirche leben (3)

Im nächsten Abschnitt hören wir deutlich den "Patristiker" de Lubac sprechen, der einer der großen Wiederentdecker der Kirchenväter und ihrer Theologie war. Aber er spricht eben doch nicht nur als Theologe zu Theologen, sondern formuliert allgemein- und damit auch für uns gültig. Bei den Klassikern in die Schule gehen - nicht (nur) um das Wissen zu mehren, sondern zuerst um von ihnen als "geistlichen" zu lernen. Geistlich leben zu lernen.

"Wenn er seine geistige Nahrung aus der Schrift zieht, hält er sich deshalb nicht für dispensiert, treu auf das Lehramt zu hören, und durch diese Gefügigkeit nicht der Pflicht enthoben, tieferen Kontakt mit der kirchlichen Überlieferung zu pflegen. Das Lehramt ermutigt ihn ja selbst immer wieder dazu. Und bei solcher Kontaktnahme sucht er etwas anderes und Größeres als die Frucht wissenschaftlicher Arbeit. Er weiß: nie würde er sich eine echte kirchliche Kultur verschaffen können ohne liebevollen und selbstlosen Umgang mit denen, die er mit Recht als Klassiker seines Glaubens bezeichnet. Er sucht bei ihnen weniger den Umgang mit 'großen Geistern', als den mit wahrhaft 'geistlichen Menschen'. Er trachtet deshalb soweit als möglich in die Intimität derer einzudringen, die vor ihm in der Kirche zu Christus gebetet haben, die für Christus gelebt, gearbeitet, gedacht, gelitten haben. Sie sind die Väter seiner Seele. Durch häufigen Umgang mit ihnen erwirbt er sich wenigstens etwas von dem katholischen Ethos, das weder durch Wissenschaftlichkeit noch selbst durch Orthodoxie zu ersetzen ist. Wie gut versteht er dann zum Beispiel die Begeisterung des damals noch anglikanischen Newman, da er die 'Kirche der Väter' entdeckte und in ihr durch eine Art platonische Anamnese, oder besser: durch eine Erleuchtung des Geistes seine wahre Mutter erkannte."(Die Kirche.- Einsiedeln: Johannes, 1968, S. 221-222)

(Zum vorigen Abschnitt hier)

20. Februar 2011

In der Kirche leben (2)

Das Positive entgegenhalten, nicht nur gegen das Negative angehen. Im Herzen der Kirche leben, ein Mensch der Kirche werden, mehr und mehr. Ein Stück ihrer Lebendigkeit sein. Den ganzen Glauben an den Immer-größeren-GOtt und SEin Tun in ihr und von ihr entgegennehmen, als einer der Millionen und Milliarden seit jenem Tag im Pfingstsaal. Nicht erstarren, sondern in der Liebe und der Dankbarkeit leben. Demütig und tastend vorangehen mit ihr zusammen.

In diesem Sinn ein weiterer Abschnitt aus Henri de Lubacs Meditation über die Kirche, genauer aus dem Abschnitt über den "Mensch der Kirche":

"Als Mensch der Kirche liebt er auch ihre Vergangenheit. Er meditiert über ihre Geschichte. Er verehrt und erforscht darin die Tradition. Nicht um sie wehmütig zu kultivieren oder sich in ein Altertum zu flüchten, das er sich beliebig zurechtdenken könnte, noch weniger um die Kirche von heute zu verurteilen, als wäre sie seither vergreist oder von ihrem Bräutigam verstoßen worden. Eine solche Haltung ist ihm instinktiv zuwider. Wenn er sich in Gedanken gern bei der Urkirche aufhält, bei den Zeiten, da, wie Irenäus sagt, 'die Verkündigung der Apostel noch nachklang', 'das Blut Christi noch ganz warm war und der Glaube ganz glühend in den Herzen der Gläubigen brannte', so mißtraut er doch den Mythen vom Goldenen Zeitalter, die dem natürlichen Hang des Menschen zur Übertreibung, Empörung, leichtfertigen Verurteilung so sehr entgegenkommen. Im übrigen weiß er, daß Christus immer gegenwärtig ist, heute wie gestern und bis zur Vollendung der Weltzeit, 'um sein Leben auf Erden fortzusetzen, nicht um es neu anzufangen'. Deshalb wiederholt er nicht in einem fort: Ab initio non fuit sic [Übs: Am Anfang war es nicht so; scipio].

Er befragt auch nicht 'eine stumme Kirche und tote Lehrer'. Er 'versteinert' die Tradition nicht. Sie ist für ihn keine Sache, die 'mehr der Vergangenheit angehört als der Gegenwart; sie ist eine große 'Kraft', lebensvoll und dauerhaft, die man nicht zerstückeln kann. Es fiele ihm niemals ein, von der heutigen lehramtlichen Verkündigung an irgendein früheres Stadium des Dogmas oder der kirchlichen Sitten zu appellieren, oder diese anzurufen, um jene zu interpretieren, das heißt sie zu neutralisieren. Er nimmt sie vielmehr immer als absolute Norm in Empfang. Denn er glaubt gleichzeitig, daß Gott uns alles geoffenbart hat, endgültig in seinem Sohn, und daß trotzdem die Vorsehung Gottes 'jeder Epoche in der Kirche und durch die Kirche das Verständnis für das Christusmysterium neu anpaßt'. Er weiß also sehr wohl, daß die Kirche in Ausübung ihres Lehramtes weder neue Erfindungen darbietet noch überhaupt aus sich selbst redet; sie gibt nicht vor, selber 'die wahre Quelle der Offenbarung' zu sein, wie ihr manche Tadler fälschlich vorwerfen; sie denkt nur der göttlichen Offenbarung entlang und erklärt diese 'unter der innern Lenkung des Heiligen Geistes, der ihr zum Kirchenlehrer gegeben ist'. 'Wer aber meint, sie mißbrauche ihre Vollmacht, um Lügen zu verbreiten, hat den Glauben an Den nicht, durch den sie regiert wird' Schrift, Tradition, Lehramt: diese drei betrachtet er als einen dreifachen und einzigen Kanal, durch den Gottes Wort ihm zufließt. Er sieht auch, wie die drei einander nicht schaden oder gegenseitig begrenzen, sich vielmehr unterstützen, ineinander verfügen, bestärken, erhellen, fördern. Er begreift, daß sie miteinander stehen und fallen. Er erkennt in ihnen den funiculus triplex, das dreifach gedrehte Seil, das unzerreißbar ist."
(Die Kirche.- Einsiedeln: Johannes, 1968, S. 218-221)

Zum vorigen Abschnitt hier.

18. Februar 2011

"Cairo is a mean old town"

Zum Wochenend-Einklang noch ein bißchen Stubenmusik mit Dave Rawlings und Gillian Welch mit "Sweet Tooth":



Der Text zum Mitsingen.

Daheim in der Mitte statt nur dagegen

Zu den Grundsätzen meines privaten Katechismus gehört die Aufforderung, daß man seinen Katechismus bitte nicht gegen jemanden lernen möge. Henri de Lubac sagte mir das einmal in einem seiner Bücher. Nicht daß ich mich immer daran halte, aber vergessen habe ich es nie können.

Jetzt ist wieder einmal so eine Zeit, wo es leicht, ach so leicht wäre, in und aus einem "Gegen" zu leben. Et ne nos inducas in tentationem.

So habe ich heute wieder einmal ein anderes Buch von Henri de Lubac aufgeschlagen, und weiß wieder, wo ich - bei allem Spott, bei allem Anflug von Verzweiflung und Entmutigung, mit meiner Freude und mit meiner Hoffnung - daheim bin.

"'Was mich betrifft', verkündet Origenes, 'so geht mein Wunsch dahin, wahrhaft ein Mensch der Kirche zu sein.' Er dachte richtig: es gibt kein anderes Mittel, ein voller Christ zu sein. Wer einen solchen Wunsch hegt, begnügt sich nicht damit, pünktlich den Pflichten nachzukommen, die seine katholische Konfession ihm auferlegt. Sondern er liebt das schöne Haus Gottes. Die Kirche hat sein Herz von sich weg entrückt. Sie ist seine geistige Heimat. Sie ist 'seine Mutter und seine Brüder'. Nichts, was sie angeht, läßt ihn gleichgültig und überlegen. In ihren Grund schlägt er seine Wurzeln, nach ihrem Bild formt er sich, in ihre Erfahrung schmiegt er sich ein. Mit ihren Reichtümern fühlt er sich reich. Er hat das Bewußtsein, durch sie, ja durch sie allein an der Unveränderlichkeit Gottes Anteil zu gewinnen. Von ihr lernt er zu leben und zu sterben. Er richtet sie nicht, läßt sich aber von ihr richten. Freudig ist er zu allen Opfern für ihre Einheit bereit."(Die Kirche.- Einsiedeln: Johannes, 1968, S. 218)

Post aus Berlin

Der zweite Mann im Staate hat mich nun auch mit einer e-Mail beehrt. Danke, Herr Lammert!

Ich bin nur ein wenig geknickt, daß sie erst so spät kommt. Andere haben ja schon vor ein paar Tagen berichtet, was auch bei mir drinnen steht. Das lässt sich bestimmt noch optimieren beim nächsten Mal, das Herr Lammert ja quasi ankündigt ("... werde ich mich selbstverständlich auch weiterhin an einem öffentlichen Dialog beteiligen").

Schummelzeit

"Theolügen" wollen wir mal nicht gleich sagen, aber "Theoschummler" schon.

Alexander Kissler hat sich an die Arbeit gemacht, ausgewertet, nachgezählt, klassifiziert, und siehe da: So viele sind sie gar nicht, die Memorandum "Kirche 2011"-Unterzeichner. Und allesamt Professor(inn)en für katholische Theologie an Universitäten im deutschsprachigen Raum schon mal gar nicht. Mindestens "Etikettenschwindel" und ein neuer Fall der "Magie der großen Zahl".

Gut, daß die Medien mit einem anderen Schummelfall beschäftigt sind, da müssen sich die "Theoschummler" schon nicht verteidigen. (Dabei wäre das doch so einfach. Wir hören schon raunen: Erbsenzähler! Korinthenkacker!)

Zum Selberlesen geht es hier zur Tagespost.

17. Februar 2011

Auch der beste Gaul stolpert mal

Also, ich bin ja der Meinung, daß Margot Käßmann den Preis der "Europäischen Kulturstiftung Pro Europa" ruhig hätte annehmen sollen.

Die Annahme selbst wäre nämlich der finale Akt ihrer Zivilcourage gewesen und damit in sich selbst hoch performativ.

Man lese sich nur einmal auf der Homepage der Stiftung den wunderbaren Text durch, mit dem die "Aussetzung" [sic!] der Preisverleihung erklärt wird. Es wimmelt da nur so von herrlichen Blüten voller Stammtischlyrik, die in eine modische Kurzhaarfrisur sich stecken zu lassen tatsächlich ein ganz exzeptionelles Maß an Zivilcourage erfordert:

"Für ihr Lebenswerk war sie schon lange als künftige Preisträgerin vorgesehen. Als die Alkohol-Fahrt der Landes-Bischöfin bekannt wurde stellte sich für uns die Frage, ob ihr Fehler ihr Lebenswerk entwürdigt und die Seelsorgerin unwürdig für eine Preisverleihung macht. Dabei war zu bedenken, dass es keinem Menschen dieser Welt möglich ist, absolut rein und ohne jeden Fehler durchs Leben zu gehen. Auch der beste Gaul stolpert bekanntlich einmal."

"Mit ihrem sofortigen Rücktritt zeigte sie Reue und verdient Vergebung. Die Stiftung war der Meinung, dass Gnade nicht nur göttlich ist: Sie ist auch eine Stütze der Gerechtigkeit."

"Viele von uns waren bereits einmal an einer Veranstaltung und sind mit etwas zuviel Alkohol nach Hause gefahren, ohne erwischt zu werden. Deswegen sollten wir nicht selbstgerecht sein und mit dem Finger auf den Balken im Auge der Anderen zeigen."

"Die Altbischöfin hat uns nach Protesten nun gebeten, von einer Preisverleihung abzusehen; die Stiftung hat daraufhin beschlossen, die Preisverleihung auszusetzen und nach einer anderen Gelegenheit zur Würdigung des Lebenswerkes von Frau Dr. Käßmann zu suchen. Wir hoffen, die blinden Kritiker, die nur auf den Fehler starren und dabei das Gute nicht mehr sehen, mögen noch erkennen, dass vergeben göttlich ist. Besonders bei Betrachtung des persönlichen Schicksals der Altbischöfin."

Das alles, vom stolpernden Gaul über die sehr spezielle Gnadentheologie und den eigenen Blutalkohol bis zu den "blinden" Kritikern, die starren und doch nicht sehen, ist so geradeheraus, so unbekümmert dahingesagt, so ganz ohne Stolpern - das ist entweder blutige Satire oder schlichter Ernst. So oder so aber wäre die Annahme eines Preises ein Hoheslied auf die Zivilcourage gewesen. Das zu hören entgeht uns für jetzt. Aber ausgesetzt ist ja zum Glück nicht abgesetzt. Und der beste Gaul bekommt auch mal wieder Futter.

(Mit Dank an Harki)

Die anderen, Christus und ich

"Wie nur Christus so zu mir sprechen konnte, daß mir geholfen war, so kann auch dem Andern nur von Christus selbst geholfen werden. Das bedeutet aber, daß ich den Andern freigeben muß von allen Versuchen, ihn mit meiner Liebe zu bestimmen, zu zwingen, zu beherrschen. In seiner Freiheit von mir will der Andere geliebt sein als der, der er ist, nämlich als der, für den Christus Mensch wurde, starb und auferstand, für den Christus die Vergebung der Sünde erwarb und ein ewiges Leben bereitet hat. Weil Christus an meinem Bruder schon längst entscheidend gehandelt hat, bevor ich anfangen konnte zu handeln, darum soll ich den Bruder freigeben für Christus, er soll mir nur noch als der begegnen, der er für Christus schon ist."
(Dietrich Bonhoeffer: Gemeinsames Leben.- Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2006, S. 31)

16. Februar 2011

ER lässt sich finden

Mehr als ein Gospelsong mit den Gibson Brothers ist heute nicht drin.



(via Ted Lehmanns Blog)

15. Februar 2011

Der Magie der großen Zahlen verfallen

... scheint Publik-Forum. Alles andere als eine Volkskirche ist des Teufels, liest man den Artikel von Hartmut Meesmann über die "letzte Chance", die der katholischen Kirche in unseren Breiten seiner Meinung nach bleibt. Ein unheiliger Rest von weniger als, sagen wir 5 Millionen Katholiken im Land macht die Catholica zur Sekte. Und da hört aller ökumenischer Takt auf, der ja üblicherweise jedes ex-protestantische Konventikel als Kirche im eigentlichen Sinn zu sehen bereit ist. Aber die Catholica - die degradiert dann von der Kirche zur Sekte. Regression zum Anfang sozusagen, zu ihrem Ursprung als jüdische Sekte.

Allerdings - und das lässt uns wieder hoffen - ist das alles nur solange kritisch, bis ein Nachfolger gefunden wird:

"»Ja, es gibt Katholiken und eine Reihe von Bischöfen, die den Weg zur kleinen Herde nicht weiter schlimm finden«, sagt der in Dortmund lehrende Pastoraltheologe Norbert Mette. »Doch eine solche Entwicklung wäre fatal.« Immer noch stünden die Großkirchen – trotz des Missbrauchsskandals – auch für Werte wie Solidarität, gegenseitige Unterstützung und soziale Sensibilität. Wenn die katholische Kirche einfach wegbreche, weil ihr die Mitglieder davonlaufen, hätte dies aus der Sicht des Theologen Konsequenzen, über die sich die Gesellschaft nicht unbedingt freuen sollte. »Es wäre ein Verlust, wenn die katholische Kirche die Caritas einschränken, Kindergärten aufgeben und Schulen schließen müsste. Denn dort geht es immer auch um Nächstenliebe und das Mitleiden mit den Notleidenden.«"

Gesetzt den Fall, daß wir demnächst einen "compassionate islamism" oder sonst eine weitverbreitete Fundierung für die gerechtere und solidarische Gesellschaft haben, für das Publik-Forumsche Reich Gottes, auf das sich alle Hoffnung und alle Gebete richten: Da bräuchten sich Mette und Meesmann nicht mehr mit den verkrusteten Strukturen Altroms herumzuquälen. Ersatz, effektiver Ersatz wäre da. Mehr braucht es nicht.

Oder gibt es da doch noch einen kleinen Mehrwert im Christentum, einen Alleinvertretungsanspruch, ein Alleinstellungsmerkmal? Einen wahren Kern, ein Dogma, das nicht mal die Herren vom P-F fallen lassen würden, wenn sie es auch sonst noch so eifrig als möglich beschweigen? - Ach, schöner Traum. So weit wird es nicht kommen, trotz der 15,000 gesammelten Unterschrift unter die Publik-Forum-Variante von "Kirche 2011".

Die Catholica wird nämlich ihren Marsch oder besser: ihre Pilgerfahrt fortsetzen, manchmal steif und hinkend, manchmal torkelnd und wie im Rausch, dann wieder konzentriert und demütig. Nie aber, nie allein.

Spam-Update - Heute: Ex-Potentaten

70 Milliarden Dollar soll Hosni Mubaraks Vermögen betragen. Da ist es wohl nur ein Tropfen vom großen Dollarmeer, den ich demnächst sichern könnte - mindestens wenn es nach Mister Omar Sam geht, der mir heute morgen ein Mail schickte:



Keine Ahnung, warum der Kollege, den ich in dieser Sache um Rat - "Soll ich oder lieber nicht?" - fragte, mit den Beatles antwortete: "Let it be."

13. Februar 2011

Sonntagsmusik

Für Puristen ist das natürlich nichts, aber für solche wie mich mit amerikanisiertem Musikgeschmack reicht ein "Pie Iesu", gesungen von den Burns Sisters, allemal.

12. Februar 2011

Verheißungen

"Wenn man sagt, die Kirche habe ewige Verheißungen erhalten, die sich alle zusammenfassen in eine einzige Ewigkeitsverheißung, so ist darunter eigentlich die Verheißung zu verstehen, daß sie ihrem eigenen Veraltern, ihrem Verhärten, ihrem Verstarren, ihrer Gewöhnung und ihrem Gedächtnis niemals erliegen wird.

Daß sie niemals zum totem Holz, zur toten Seele wird, niemals bis ans Ende eines Absterbevorganges geht, der mit dem Tod endet.

Daß sie niemals unter ihren Aktenstößen und ihrer Geschichte erstickt.

Daß ihre 'Erinnerungen' sie nie vollständig erdrücken.

Daß sie nie den aufgestapelten Paperassen, der Starre ihrer Bürokratie erliegt.

Und daß die Heiligen immer wieder hervorquellen."


(Charles Pėguy: Wir stehen alle an der Front.- 2. Aufl.- Einsiedeln: Johannes, 1952, S. 56-57)

10. Februar 2011

Neuer Blog in der Zese

Jetzt ist die Blogozese endgültig geadelt: Jetzt, da auch die Pfarrhaushälterinnen bloggen: "Was gibt's denn heute?"

1:0 für die Petition

Legen wir an die momentan zirkulierenden Bekenntnistexte deutscher Katholiken am besten die gleichen, objektiven Maßstäbe der Beurteilung an. Nutzen wir - warum nicht? - das Blablameter, einen Bullshitdetektor für deutsche Texte.

Ergebnis:

Memorandum Freiheit:



Petition pro ecclesia:



Knapp, aber klar.

Staugedanken zum Memorandum

Staus haben ihren Sinn. Zum Beispiel dienen sie zur Entlastung und zu innerseelischen Ver- und Bearbeitungen in schweren Zeiten, wie die folgenden, im Stau vor Frankfurt entstandenen Zeilen zeigen. Der Dichter möchte unbekannt bleiben; nennen wir ihn daher einfach und wie gewünscht A-66 und danken ihm für Gruß und Reime.

Ein Laie, der dem Zeitgeist wehrt,
Der täglich Richtung Frankfurt fährt,
Versucht auf Lammert und Konsorten,
Auf Journalisten in Kohorten,
Auf „Mut“ in Theologenkreisen,
Den der sie füttert frech zu beißen,
Die „Weg-von-Rom!“ ganz neu entfachen –
Sich irgendwie ’nen Reim zu machen:

Die „Deutsche Kirche“ singt – mal wieder –
Die alten „Wir-sind-Kirche"-Lieder.
Jedes Mal die gleiche Chose:
Gequirlte Kritikaster-Soße.
’Gen Rom’ gibt’s sattsam wohlbekannte
„Gravamina der Teutschen Lande“.

Denn sie ist billig, sie ist schick:
Die Romkritik.
Die Kritiker, schaut man nur näher:
Pharisäer.
Eingerostet, wohl bestallt –
Doch ganz schön alt!
Sie begehren auf in Listen:
Als „Deutsche Christen“.
Ihr „Memorandum“ klingt so schal –
Und national.
Die „Deutsche Kirche“ als Modell:
Wie provinziell!
Man mag’s, statt weltweit, allgemein:
Schön kuschlig klein.

Statt Glauben, Beten wird zur Norm:
„Strukturreform“.
„Strukturen der Beteiligung“ –
Nix Heiligung.
„Gemeinde“-Phrasen – schlicht banal:
Doch „synodal!“
Was längst passé und abgemeiert
Jetzt Urständ feiert.
Man holt – mal wieder – aus dem Orkus:
Den „vir(us) probatus“.

Denn voll im Zeitgeist und “modern” –
So hätt’ man’s gern.
Nach Protestanten Art wie toll,
Denn deren Kirchen sind sooo voll!!!
Und so sind all die kruden Thesen
Schon dagewesen.

Und mittendrin im Bla Bla Bla:
Das ZDK.
Die Deutsche Bischofskonferenz
Übt Abstinenz.
Die Bischöfe – statt Mut zu zeigen:
Beredtes Schweigen,
Dass Friede mit den Wölfen werde –
Bei solchen Hirten – arme Herde!
(Doch gilt es auch in diesem Falle:
So sind nicht alle.)

Sed quod dicit noster Deus:
„Nichts Neus!“
Et cogitat subridens:
„Ich kenn’s!“
Dann wendet er sich voller Ruh
Seiner „unae sanctae“ zu.

Spiel mir das Lied von Gott

Blogs sind das ideale Werkzeug, um seine Steckenpferde vor aller Augen zu hegen und zu pflegen.

Zur persönlichen Befriedigung und zur allgemeinen Ablenkung ein Hinweis auf einen Artikel von Joe Carter bei First Things:

"Finding God in the Gaps of Country Music" fragt nach, was diese und andere amerikanische Musikrichtungen zum Thema machen.

Von Gott, Familie, Mutter, Kindern, Vater, Ehe zu singen, ist immer noch das Alleinstellungsmerkmal von C&W.

7. Februar 2011

Sofort gucken!


Ein supersüßer Spot, der beim Super Bowl lief (via Fr. Zuhlsdorf)

Screwtape kommentiert ...

... ermunternd die deutsche Kirchenlage. Die Hölle schöpft Hoffnung, wie es scheint.

(Der C. S. Lewis heisst diesmal Helmut Müller.)

6. Februar 2011

Scipio 2011: mein notwendiger Aufbruch

"Zentraler Gedanke von „Kirche 2011: ein notwendiger Aufbruch“ ist Partizipation: Impulse kirchlicher Erneuerung sollen stärker aus der Gesellschaft kommen, zum Beispiel von Laien und Wissenschaftlern." - so zu finden bei Radio Vatican.

"Wissenschaftlern" - da haben sich die Theologen wohl allererst selbst mitgemeint. "Klassenkampf und Priesterherrschaft der Intellektuellen" hieß das vor ein paar Jahrzehnten bei Helmut Schelsky im Untertitel seines Buchs "Die Arbeit tun die anderen".

"Laien" - da könnte ich mich gemeint fühlen. Bloß: Sorry, ohne mich. Ich habe genug zu schaffen, mein Leben am Laufen zu halten, für Frau und Kinder zu sorgen, meinen Mitarbeitern ein guter Chef zu sein, auf einigen anderen Hochzeiten zu tanzen und das ganze im Sinne des guten Kampfes, des fortwährenden Pilgerns, des frohen, hingebungsvollen, die Gebote aus Liebe zum HErrn übererfüllenden Christenlebens, des sich stets neu aufrappelnden Sünders, der der Vorgabe, des Unterpfands der ihm geschenkten Gnade irgendwie wenigstens "a weng" gerecht werden möchte.

Ich habe also anderes zu tun, an meinem Platz, inmitten der Welt selber. Oder vielleicht besser anders: Wenn ich irgendwie "Impulse kirchlicher Erneuerung" geben sollte, dann durch das, was ich als Christ bin und tue. Hier ist mein Rhodos, mein Rom, mein Bethlehem, Nazareth, Jerusalem.

Dr. Ralph Stanley singt zum Sonntag

Damit es nicht irgendwann heißt: "Ich kannte ihn bisher nicht, aber holy smokes, was für ein toller Song!" und dann ist es zu spät, kommt hier und heute und als Ersatz für das Sonntagslied ein erneuter Hinweis auf Dr. Ralph Stanley.

Im gleichen Jahr 1927 geboren wie der jüngst verstorbene Charlie Louvin, wie Charlie die überlebende Hälfte eines berühmten Brother-Duos, sind sie von verschiedenem musikalischem Temperament: Gerade im Kontrast zu dem entspannten Charlie Louvin wirkt Ralph Stanley immer intensiv, oft schwermütig, zunehmend auch verinnerlicht. Kein Wunder, daß er seine Musik "Mountain Soul" nennt...

Hier nun das Promotion-Video seines neuesten Gospel-Albums mit Interviewstücken, Testimonials und Proben seines Könnens durch die Jahrzehnte.

5. Februar 2011

Dreifacher Nachschlag aufs Memorandum zum notwendigen Aufbruch

Kann sich überhaupt jemand vorstellen, wie sich die inzwischen 167 Theologieprofessor/inn/en gefühlt haben müssen, als der Papst "Anglicanorum Coetibus" veröffentlichte? Noch mehr von den Falschen am eigenen, katholischen Tisch, nicht wahr?

- - - - - - - -

Die Meldung, auf die wir vergebens warten werden*:

ZOLLITSCH FORDERT KLARES BEKENNTNIS
Theologen müssen Zweites Vatikanisches Konzil anerkennen
Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, hat von den Theologieprofessoren, die das Memorandum zur Abschaffung des Zölibats unterschrieben haben, ein klares Bekenntnis zum Zweiten Vatikanischen Konzil und zur Autorität des Papstes gefordert. (...)

Mit Blick auf die protestierenden Theologen forderte die katholische Laienbewegung "Wir sind Kirche" die Bischofskonferenz zu einem klaren Kurs auf. Er erwarte, dass die Bischöfe Klartext redeten, sagte der Sprecher der Bewegung, Christian Weisner, im Deutschlandradio Kultur. Es sei für die Menschen in der Kirche und für andere nicht verständlich, wie eine so kleine Splittergruppe die große katholische Kirche unter Druck setze. Die Bewegung will am Dienstag eine Petition "für die volle Anerkennung des Zweiten Vatikanischen Konzils" an die Bischofskonferenz überreichen."


Dabei sollte die vollständige Anerkennung des Konzils doch für die Damen und Herren ein Leichtes sein, wo sie mit Hünermann, Schmiedl und vermutlich noch ein paar anderen ausgewiesene Konzilskenner an Bord haben...

- - - - - - - -

"Dialog ohne Tabus" - Echt! Soll, darf, muß dann wirklich alles, ALLES! auf den Tisch? Nicht nur die paar moraltheologischen, ekklesiologischen oder kirchenrechtlichen Streitpunkte? Oder gerne auch mehr, je nach persönlichem Gusto? So wie es Euer Mitunterzeichner
Magnus Striet jüngst gefordert hat:

"Das, was wir heute glauben können, was wir redlich nachvollziehen können, ist nicht mehr der Glaube, den Menschen vergangener Generationen gehabt haben. Es ist auch nicht der Glaube, den Jesus selbst gehabt hat, denn auch Jesus hat im Weltbild seiner Zeit existiert. Das heißt, wir brauchen einen viel dynamischeren Begriff von Offenbarung. Das muss immer wieder neu gedacht und kompatibel gemacht werden mit dem Wissen der Welt. Es muss relativiert und historisiert werden und es muss neu darüber nachgedacht werden, was heutzutage noch zu glauben ist."

Wenn Ihr das wirklich so meint, liebe Schwestern und Brüder, dann ist der eschatologische Grundton der Erklärung wirklich berechtigt. Dann haben wir in Deutschland (oder wenigstens an den katholischen Fakultäten des Landes) Matthäi am letzten.
_______________________________
* Um Mißverständnissen vorzubeugen: Der Text des nachfolgenden Zeitungsartikels stammt aus der Presseberichterstattung über die Piusbruderschaft; er wurde von mir nur an den entsprechenden Stellen umformuliert.


4. Februar 2011

Lokalkirche im präschismatischen Zustand

Nun, nach Lammert und Kollegen und dem Mainzer Kardinal die nächste Eskalationsstufe des "Dialogs":

Kirche 2011: Ein notwendiger Aufbruch"

Danach kommt eine entsprechende Initiative des Diözesan- und Ordensklerus und eine offizielles und gemensames Statement von ZdK und allen Diözesanräten.

Anschließend wird ein Bischof, der nichts mehr zu verlieren hat, unter dem Beifall der katholischen und anderen Massen einen ersten "mutigen" Schritt gehen und hoppla: Wir sind im Schisma angekommen!

Oremus.

2. Februar 2011

Pause! Ab auf die Insel!

Bei so viel katholischem Hin- und Hergehacke (zu dem ich meinen Senf gestern nacht auch dazugeben musste) braucht es Momente des blitzschnellen Exodus, des vertikalen Herausgebeamtwerdens aus der dichten, dräuenden Malaise.

Versuchen wir das jetzt einmal mit einem wirklich lehrreichen Video über England, Großbritannien, das Vereinigte Königreich und einiges andere mehr. Wenn das nicht entspannt, dann weiß ich auch nicht. (Ach ja: Englischkenntnisse wären empfehlenswert.)



(via Grey's Blog)

1. Februar 2011

Kardinalsstück

Neudeutsch nennt man das wohl eine One-Page-Summary, die Kardinal Lehmann anläßlich der momentan Zölibatsdiskussion verfasste. Denn Neues sagt er nicht, stattdessen liefert er ein komprimiertes Meisterstück Lehmannschen Denkens und Wirkens ab - auf nur einer Seite.

Da gibt es Biographisches ("Initiativen" von 1970, die Synode, der "Bischof, der lange in Deutschland wirkt") und gar manches Ich-Statement; da gibt es väterlich-brüderlichen Tadel nach allen Seiten, speziell aber für den Historiker, der kürzlich als Kardinal "eingesetzt" wurde - ohne pastorale Erfahrung, wie der Kardinal anklingen lässt - und der deshalb, so darf man schließen, besser den Mund halten sollte; da gibt es Weihrauch für die verdienten Politiker, die sich zwar als Privatpersonen zum Zölibat äußerten, nun aber wegen ihrer Ämter und Verdienste keinesfalls "beschimpft" werden dürfen; da gibt es eine solche Entschiedenheit, daß man sich fast verzweifelt fragt, wozu bloß sie sich entschieden hat.

Da steht nach allen wohlgesetzten Worten am Ende jener Zauberort der "neuen Mitte" im "Dialogprozess", wo sich die coincidentia oppositorum ereignen soll, wo aus dem Zusammenprall der Materie der Tradition und des kirchlichen Bekenntnisses mit der Antimaterie der Zeitgemäßheit das Neue, vielleicht gar ein "novus ordo seclorum" entsteht, die neue Synthese von civitas Dei und civitas mundi, fortwährend gespeist vom ewig raunenden, fest entschlossenen Dialog.

Der glückliche Sisyphus

"Antwort auf die Frage nach meinen zehn bevorzugten Lieblingswörtern: Die Welt, der Schmerz, die Erde, die Mutter, die Menschen, die Wüste, die Ehre, der Sommer, das Meer." (Albert Camus)

Die dazugehörigen Fotos des Dichters bei der Zeit.