Constantin Magnis hat für den "Cicero" den britischen Comedian und Musikvideo-Regisseur Richard Ayoade interviewt und bemerkenswerte Antworten eingesammelt:
"Der Katholizismus, sagten Sie kürzlich einmal, fasziniere sie als Künstler. Warum?
Ich bin selbst kein Katholik, aber je älter ich werde, desto weniger interessiert mich die Arbeit von Menschen, die sich von keiner inneren Struktur leiten lassen. Und ich bin an den Punkt gekommen, mich zu fragen, was für einen Sinn es überhaupt noch macht, einen weiteren Film zu drehen. Ich kenne viele, extrem begabte junge Filmemacher, die es trotzdem nicht hinbekommen, bis ins Fleisch, die Eingeweide einer Geschichte vorzudringen. Und ich glaube, für diese Fähigkeit braucht es ein Gefühl dafür, worin diese Eingeweide überhaupt bestehen, was wirklich wichtig ist, und was nicht. Ich habe angefangen, katholische Schriftsteller zu lesen, wie Flannery O’Connor oder Graham Greene. Und ich glaube, dass die meisten Leute, die durch diese Denkschule gegangen sind, beides haben: Einen Sinn für das absurde, weil es ja im Katholischen diesen zeremoniellen, hochinteressanten aber zugleich auch absurden Aspekt gibt, und zugleich einen tiefen Sinn für den Ernst des Lebens. Für Dinge, die weder egal, noch relativ sind. Bestes Beispiel dafür ist der Vergleich zwischen einem Gangsterfilm von Martin Scorsese, und einem von Guy Ritchie. Man sieht den Filmen des Katholiken Scorsese an, dass seine Charaktere an etwas profundem teilnehmen, dass sich an ihnen etwas existentielles, relevantes vollzieht. Bei Guy Ritchie ist alles was geschieht primär ein großer Spaß. Aber das macht es eben auch beliebig, und weniger interessant.
Ist das denn für Sie ein Widerspruch, der Ernst und die Komik?
Gar nicht. Die meisten interessanten Dinge spielen sich ja dazuwischen ab, nehmen sie die alten Buster Keaton Filme, die immer beides sind: Tiefmelancholisch und sehr, sehr komisch. Nein, für mich ist die Frage nicht: Sind Dinge lustig oder sind sie ernst? Die Frage ist: Sind sie wahr, oder sind sie nicht wahr."
Gut beobachtet, Richard, kann man da nur sagen. Aber wer Flannery O'Connor liest, entkommt dieser Vereinigung von Absurdem und Ernstem, von Groteskem und Lebensentscheidendem, von Heiterem und Melancholischem nun einmal nicht. An Graham Greene hätte ich nicht so schnell gedacht. Mir fallen da am ehesten Andreas Maier oder Sibylle Lewitscharoff ein, die das momentan praktizieren - ohne daß ich die beiden sofort zu "katholischen Schriftstellern" erklären will.
Richard Ayoade drücken wir die katholischen Daumen, auf dass er mit seinen 34 Jahren genug Sinnvolles zu tun findet - und dem Geheimnis hinter der katholischen Synthese auf die Spur kommt.
22. Februar 2011
Glauben und das Absurde sehen
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