14. August 2003

Ach Du lieber Himmel!

JESUS The Monster Truck (via Saintly Salmagundi)
Koordinaten

Meine Koordinaten für die zweite Augusthälfte sind: 55° 33' 12" , 8° 7' 42". Im Weblog wird sich in dieser Zeit nichts mehr tun.

Allen Freunden, Lesern und Besuchern wünsche ich kühle Tage!

13. August 2003

Entzücken

Bleibt das Herz
stehen oder
schlägt es nur
hoch und der Himmel
fährt hinein

so atemlos
weil wir schon
auf der nackten
Erde liegen
lebend
unter Augen
und einer ruft:
Komm!

Sterblichen verschlägt
große Freude den
Atem, wenn du spürst
wir sind mehr als
das was uns noch
heute morgen der
Spiegel vorhielt
oder das Wasser

An unseren Rändern
und als habe es uns
einer plötzlich ins
Fleisch geschnitten -

Komm! Den Andern,
das Andere erkennen.

Komm! Mehr
ist es nicht.

(Richard Exner: Die Zunge als Lohn - Gedichte 1991 - 1995)

Ich habe dieses Gedicht erst als Gedicht über den Tod gelesen - und dann erst gemerkt, daß es um das Entzücken, das Hinweggerissenwerden durch den/das Andere/n geht.

So finde ich es passend für den kommenden Marienfeiertag am Freitag: "Dein Sterben war Entrücktsein nur aus Sehnen." (Joseph Kentenich)
McDonald's - der Große Satan

"Und Gott ließ auf der Erde Broccoli wachsen, Blumenkohl und Spinat und gelbes und grünes Gemüse aller Art, auf daß der Mensch lange und gesund lebe.

Der Teufel aber erschuf McDonald's. Und McDonald's zeugte den Doppelten Cheeseburger. Und McDonald's sprach zum Menschen: 'Willst Du auch Pommes dazu?'"

Das hätte sich Rev. John Wright nicht träumen lassen, daß seine Satire im Pfarrblättchen so gut trifft, daß er sogar in der BBC (fast) alle ernsthaften Absichten dementieren müsste: "The nearest thing to a message in this article is related to how hard it is to resist things." (via Fr. Bryce Sibley und A Saintly Salmagundi)

11. August 2003

R. S. Thomas: The Gap

God woke, but the nightmare
did not recede. Word by word
the tower of speech grew.
He looked at it from the air
he reclined on. One word more and
it would be on a level
with him; vocabulary
would have triumphed. He
measured the thin gap
with his mind. No, no, no,
wider than that! But the nearness
persisted. How to live with
the fact, that was the feat
now. How to take his rest
on the edge of a chasm a
word could bridge.
He leaned
over and looked in the dictionary
they used. There was the blank still
by his name of the same
order as the territory
between them, the verbal hunger
for the thing in itself. And the darkness
that is a god's blood swelled
in him, and he let it
to make the sign in the space
on the page, that is in all languages
and none; that is the grammarian's
torment and the mystery
at the cell's core, and the equation
that will not come out, and is
the narrowness that we stare
over into the eternal
silence that is the repose of God.


Die Lücke

Gott erwachte, aber der Alp
wich nicht zurück. Wort für Wort
wuchs der Turm der Rede.
Er sah ihn an aus der Luft,
auf der er ruhte. Ein Wort mehr und
er wäre auf einer Höhe
mit ihm; Wortschatz
hätte triumphiert. Er
maß die schmale Lücke
mit seinem Geist. Nein, nein, nein,
weiter als jetzt! Aber die Nähe
hielt stand. Wie leben mit der
Tatsache, die jetzt die Leistung
war. Wie Ruhe finden
am Rand eines Abgrunds, den ein
Wort überbrücken konnte.
Er lehnte sich
hinaus und sah ins Wörterbuch,
das sie gebrauchten. Da war noch die leere Stelle
neben seinem Namen, von gleichem
Rang wie der Raum
zwischen ihnen, der Hunger des Worts
nach dem Ding an sich. Und die Dunkelheit,
das Blut eines Gottes, schwoll an
in ihm, und er ließ sie los,
zu machen das Zeichen im Raum
auf der Seite, das in jeder und keiner
Sprache ist; den Grammatikern eine
Qual und das Geheimnis
im Kern der Zelle, und die Gleichung,
die nicht aufgeht; das die
die Enge ist, über die
wir starren ins ewige
Schweigen, das Gottes Ruhe ist.
Humaner Umgang mit der Hitze

Ich bin ja einer der (anscheinend) wenigen Menschen, der seine Tage in einem wohlklimatisierten Büro verbringen darf. Meist schweige ich darüber, um Neid zu vermeiden. Doch die Zehn Gebote zum Umgang mit der Hitze, die die Frankfurter Rundschau weitergibt, finde ich doch sinnvoll - Trinkempfehlungen sind nicht alles:

"Zehn Gebote zum Umgang mit der Hitze hat der süditalienische Provinzobere des Passionisten-Ordens, Pater Antonio Rungi, zusammengestellt. Sie sind laut einem Bericht der Zeitung Il Tempo vor allem auf die mentale Bewältigung des Problems gerichtet. Erster Rat: 'Reg dich nicht mehr auf als sonst und lass dich nicht nervös machen. Denn angespannte Nerven verstärken die Hitze.' Es folgt eine Empfehlung für tropisch heiße Nächte: 'Wenn du nicht schlafen kannst, lies ein gutes Buch und bete in der Stille der Nacht.'

Das neunte Gebot: 'Begib dich in Kirchen, Konvente, Klöster und Gotteshäuser, die dafür geeignet sind, die Unannehmlichkeiten der Hitze auf ein Minimum zu verringern.' Für jene, die trotz aller guten Ratschläge die Hitze nicht ertragen können, empfiehlt der Pater: 'Bete zu Gott, dass er die Hitze zurückgehen lässt.'"
Mel Gibsons Version der Theodramatik

Auf den Punkt bringt Mel Gibson das Geschehen, durch das sich ein für alle Mal das Schicksal der Erde und der Menschheit entschieden hat:

"Gott wird Mensch, und Menschen töten Gott - wenn das keine Action ist, dann gar nichts." (via Spiegel Online.

10. August 2003

Schweinfurter Glaubenslehrer

So ganz ohne Maria wird die Ansprache am 15. Augst in Schweinfurt, St. Michael (können wir das St. nicht weglassen, lieber Mikey??) auskommen. Dafür werden die Gottesdienstteilnehmer über mütterliche Prinzipien, das rechte Verständnis der Apokalypse und einen lebensgerechten Glauben belehrt werden:

"Wir haben heute zwei Texte gehört, die von einer neuen Zeit reden. Der erste erwähnt eine schwangere Frau, vom „Glanz der Sonne bekleidet, eine Krone mit 12 Sternen auf dem Haupt und auf einem Mond stehend“. Römische Glaubenslehrer sehen darin die 'Himmelfahrt' Mariens, der Mutter Jesus [sic] von Nazaret, biblisch belegt. Andere Theologen deuten die Frau als die christliche Kirche. Sie gebiert unter Qualen ein Kind, das wie ihre anderen Kinder, von dem roten Drachen, den politischen Gewalten, bedroht wird. Wie auch immer, Eines ist sicher: Das Bild der Himmelskönigin zeigt nur eine Szene in einem breiten mythologischen Text vom Untergang der Welt, an dessen Ende der Erzengel Michael den siebenköpfigen Drachen besiegt. Für den Schreiber gibt es nur eine gerechte Welt, wenn die alte und mit ihr das Unheil versunken ist. Für ihn ist die Welt schlecht, aber Gott wird sie am Ende ihrer Tage richten.

Nun mag an diese Vision glauben, wer mag. Mit christlichem Glauben, mit Vertrauen in Gott und darauf bauendem Leben, hat das wenig zu tun. Lebensorientierte Fragen lauten: Kann ich Gott trauen? Ist er gerecht? Bevorzugt er die Seinen? Ist er helfend? Ist er strafend? Ist er unveränderlich? Ist er tot? Ist er nur Einbildung? Wie kann ich ihn, wie können wir ihn erfahren? Was folgt daraus für mich, bzw. für jeden von uns? (...)

Das Mütterliche ist bei Gott, - ist in Gott - und das zu allen Zeiten. Gerade der evangelischen Theologie fehlt meist das Mütterliche, das Katholiken gefühlsmäßig über Maria vertraut ist. Also doch Maria, wenn vielleicht auch ohne Himmelfahrt?

Wir wissen über die Kindheit und Jugend von Jesus fast nichts. Aber wenn ein so relativ junger Mensch wie Jesu[sic] iebevoll und konsequent redet und handelt, kann sein Elternhaus nicht schlecht gewesen sein – und Maria eine gute Mutter. Das lehrt uns unsere Erfahrung. Aber brauchen wir Maria als Mittlerin?"

Man tritt dem Autor, Erich Ruppert, wohl nicht zu nahe, wenn man den letzten Satz für eine rhetorische Frage hält. Schweinfurter Glaubenslehrer werden den Teufel tun und sich mit ihren "römischen" Kollegen ins gleiche Boot setzen.

Daß durch solche Theorie und Praxis "das Mütterliche" Katholiken "gefühlsmäßig" eben nicht mehr "über Maria vertraut" gemacht wird - nun, das ist eine andere Sache.

(Scipio hofft, daß die wissenschaftliche Arbeit von Erich Ruppert als Soziologieprofessor fundierter ist als die vergleichsweise billige Aneinanderreihung liberalkatholischer Stereotype. Aber vielleicht sind das Rupperts "reduktionistische Theorien", die am kommenden Freitag einmal in Gegenrichtung zum sonstigen Vorgehen "hochkomplexe, räumlich-zeitliche Simulationsmodelle" zu "einfachen Hypothesen" "synthetisieren".)

9. August 2003

Thomas Metzinger als Selbstmodell

Wieder ein Geisteswissenschaftler - diesmal ein Philosoph -, der das "Ich" als "Illusion" enttarnt, als "nützliches Selbstmodell, das als Folge der Informationsverarbeitung im Gehirn" entstehe.

Die Süddeutsche hat Thomas Metzinger interviewt und ihm folgendes Geständnis entlockt:

"SZ: Haben Sie Ihre Theorie in Ihr eigenes Selbstmodell eingebaut?

Metzinger: Die philosophisch hochinteressante Frage ist, ob ich das überhaupt versuchen sollte. Die Theorie könnte ja auch falsch sein. Außerdem: Die Architektur, die dem Selbstmodell zu Grunde liegt, ist relativ robust, man kann sie nicht einfach nach Gusto verändern. Wahrscheinlich hat das gute evolutionäre Gründe, immerhin ist das Selbstmodell auch für eine Vielzahl von Stoffwechselfunktionen und für das Immunsystem von zentraler Bedeutung."

Was er meint, ist natürlich, ob sein Selbstmodell das versuchen sollte. Daß die Theorie auch falsch sein könnte, verhindert nicht, daß er (bzw. sein Selbstmodell) damit gutes Geld verdient und seine physische Fortdauer damit sichert.

Philosophie nach Metzingers derzeitigem Erkenntnisstand oder besser: Selbstmodellversion besteht darin, daß früher als Iche bezeichnete Selbstmodelle anderen Selbstmodellen erklären, wie sie funktionieren, das aber nicht zu laut sagen und aus Angst vor Dysfunktionalitäten ihr Wissen um sich selbst nicht verinnerlichen. Theorie ohne Praxis sozusagen.

8. August 2003

Was da Chesterton wohl gesagt hätte?

Steven Levitt "is a prolific and diverse writer. But his paper linking a rise in abortion to a drop in crime has made more noise than the rest combined. Levitt and his co-author, John Donohue of Stanford Law School, argued that as much as 50 percent of the huge drop in crime since the early 1990's can be traced to Roe vs. Wade [Mit der Entscheidung im Fall Roe vs. Wade sprach der US Supreme Court 1973 einer Frau das Recht auf Abtreibung während der ganzen Schwangerschaft zu; Scipio]. Their thinking goes like this: the women most likely to seek an abortion -- poor, single, black or teenage mothers -- were the very women whose children, if born, have been shown most likely to become criminals. But since those children weren't born, crime began to decrease during the years they would have entered their criminal prime. In conversation, Levitt reduces the theory to a tidy syllogism: 'Unwantedness leads to high crime; abortion leads to less unwantedness; abortion leads to less crime.'" (NY Times am 3. August 2003; den Artikel von JJ Donohue und SD Levitt: The Impact of Legalized Abortion on Crime.- Quart J Econ 2001; 116(2): 379-420 gibt es zum kostenlosen Volltext-Download bei der MIT Press.)

Abtreibung als faktisch prophylaktische Ausmerzung zukünftiger Knackis. Angewandte Sozialhygiene. Denn wäre ein Leben erst als ungewolltes Kind und dann als Verbrecher und Gefängnisinsasse wirklich lebenswert?

Aber bei uns in Deutschland ist das nicht so. Nein.
"Teilweise regressiver Rudel-Charakter"

Wenn die NZZ schon über die Flash Mobs schreibt, dann ist dieses Phänomen endgültig Teil der bürgerlich-nachbürgerlichen Spaßkultur und nicht zu weit von Daniel K. anzusiedeln.

Daß dem "cleveren Rudel" laut Howard Rheingold die Zukunft gehören soll, finde ich nach meinen Erfahrungen mit diversen Rudeln eher beunruhigend. Das Niveau eines Rudels ist in der Regel geringer als das Durchschnittsniveau der "Einzeltiere". Und Cleverness ist von Klugheit so verschieden wie die Fata Morgana von der Oase.
Jauchwissen

Da wusste ich doch 25 Jahre nach meiner einzigen Lektüre der Buddenbrooks immerhin noch, wie der Bruder von Thomas B. heißt. (ZEIT Bildungshappen - 8.8.03)

7. August 2003

Noch nicht genug von Matrix?

Dann ist dieser Weblog der richtige: Matrix Essays.
Nouwen, täglich

Passend war der Tagestext von Henri Nouwen: Den Frieden im Herzen bewahren. (Schnell anklicken - morgen gibt es einen neuen!)

Auf deutsch gibt es die Tagestexte in einer sehr schönen Ausgabe bei Herder: Leben hier und jetzt.
Between a rock and a hard place: Anglikanische Optionen

Folgendes schreibt mir ein Freund aus den USA - als inzwischen pensionierter Episcopalian Priest dürfte er seine Kirche kennen:

"The views of Anglicans from other non-North American Provinces is below...

The Archbishop of Canterbury will, of course, do nothing re exhorting the Americans to stop their unilateralism, for he is among the English faction that supports such actions. Funny, isn't it - the Episcopal church condemns the US government for going it alone in foreign policy and war, but doesn't hesitate to take the road to heresy and sin and blow off the international Anglican communion. Ah well, as Jesus said, 'You swallow camels and choke on gnats...or...'take the beam out of your own eye before you take the sliver out of someone else's....

I should also point out that $$$$ will play a part in the pressure the Americans will put on the international communion...eg, as the richest province the others, including Canterbury and almost all international agencies of the communion depend on American bucks and the Americans will not hesitate to withhold the $$$$ from those who disagree with them. This puts Lambeth and the Africans and others between a rock and a hard place..."

Der Bericht, auf den er verweist, stammt von AP und findet sich bei der NY Times.

6. August 2003

Wo ist der katholische Nabel?

Weil Elisabeth auf meinen Kommentar hin nachfragt, was ich mit Süden und Osten in Bezug auf das Christentum meine, linke ich mal wieder auf den Artikel The Next Christianity von Philip Jenkins im Atlantic Monthly vom Oktober 2002. Hier geht es nämlich schlicht und einfach um einen - ääääh - Paradigmenwechsel. Oder anders: darum, daß der katholische Nabel nicht in Deutschland sitzt.

"The changes that Catholic and other reformers today are trying to inspire in North America and Europe (and that seem essential if Christianity is to be preserved as a modern, relevant force on those continents) run utterly contrary to the dominant cultural movements in the rest of the Christian world, which look very much like the Counter-Reformation. But this century is unlike the sixteenth in that we are not facing a roughly equal division of Christendom between two competing groups. Rather, Christians are facing a shrinking population in the liberal West and a growing majority of the traditional Rest. During the past half century the critical centers of the Christian world have moved decisively to Africa, to Latin America, and to Asia. The balance will never shift back. (...)

It may be true that from the liberal Northern perspective, pressure for a Reformation-style solution to critical problems in the Church—the crisis in clerical celibacy, the shortage of priests, the sense that the laity's concerns are ignored—seems overwhelming. Poll after poll in the United States and Europe indicates significant distrust of clerical authority and support for greater lay participation and women's equality. The obvious question in the parishes of the developed world seems to be how long the aloof hierarchy can stave off the forces of history. (...)

From Rome, however, the picture looks different, as do the "natural" directions that history is going to take. The Roman church operates on a global scale and has done so for centuries. Long before the French and British governments had become aware of global politics—and well before their empires came into being—papal diplomats were thinking through their approaches to China, their policies in Peru, their views on African affairs, their stances on the issues facing Japan and Mexico. To adapt a popular activist slogan, the Catholic Church not only thinks globally, it acts globally. That approach is going to have weighty consequences. On present evidence, a Southern-dominated Catholic Church is likely to react traditionally to the issues that most concern American and European reformers: matters of theology and devotion, sexual ethics and gender roles, and, most fundamentally, issues of authority within the Church."
Bücher- und Körperkiste

Ist das ein Bücherregal, das "danach" als Sarg verwendet werden kann - oder ein Sarg, der schon vorab nützlich ist? (via netbib weblog)

Jetzt fehlt noch die Urne für die Zweitbuchbesitzer.
Augustwetter a la Robert Musil

"Über dem Atlantik befand sich ein barometrisches Minimum; es wanderte ostwärts, einem über Rußland lagernden Maximum zu, und verriet noch nicht die Neigung, diesem nördlich auszuweichen. Die Isothermen und Isotheren taten ihre Schuldigkeit. Die Lufttemperatur stand in einem ordnungsgemäßen Verhältnis zur mittleren Jahrestemperatur, zur Temperatur des kältesten wie des wärmsten Monats und zur aperiodischen monatlichen Temperaturschwankung. Der Auf- und Untergang der Sonne, des Mondes, der Lichtwechsel des Mondes, der Venus, des Saturnringes und viele andere bedeutsame Erscheinungen entsprachen ihrer Voraussage in den astronomischen Jahrbüchern. Der Wasserdampf in der Luft hatte seine höchste Spannkraft, und die Feuchtigkeit der Luft war gering. Mit einem Wort, das das Tatsächliche recht gut bezeichnet, wenn es auch etwas altmodisch ist: Es war ein schöner Augusttag des Jahres 1913." (aus: Der Mann ohne Eigenschaften, ganz vorne)
Lageberichte zu Mel Gibsons Passion

Heinrich Wefing: Wozu dienet dieser Unrat?, FAZ vom 6. August
Lorenz Jäger: Passionen, FAZ vom 4. August
Schrein der Heiligen Schläge

In der katholischen Weblog-Szene hat sich blitzschnell der Shrine of the Holy Whapping einen herausragenden Namen gemacht, den einige Studenten der Universität of Notre Dame in Notre Dame, IN pflegen.

Obskurste Dinge werden uns da präsentiert; Paradebeispiel ist ein Posting über obskurste und wohl meist ausgestorbene katholische Gemeinschaften wie die Agonizanten, die Träger des Sterns, die Brüder vom Sack, die Regularkanoniker der Priorei der Zwei Liebenden, die Bedlam-Bettler, die Ritter vom Grünen Schild und die Blinden Schwestern vom Hl. Paulus ("some of whom can see, and still exist today").

Nicht schlecht auch die Legende vom Hl. Flutius von Bologna, von dem sich der Weblog-Name herleitet. (Oder ist es umgekehrt?)

Ernsthaftes gibt es auch, und nicht zu wenig.

Katholische Vielfalt at its best.
Das neue Lied der Engel
oder:
Feingefühl, liturgisches, fehlendes

Gestern abend in der Messe: "Mit ihrem [der Engel; scipio] Lobgesang lasst auch unsere Stimmen sich vereinen und voll Ehrfurcht rufen: 925,4."

5. August 2003

Die ultimative Religion

Suchen wir nicht alle eine Religion, die unsere Anlagen zur vollen Entfaltung bringt, die in Übereinstimmung mit den Erkenntnissen der Wissenschaft den persönlichen und gesellschaftlichen Fortschritt befördert, die den göttlichen Funken in allen lebenden Kreaturen erkennt und hegt, die die traditionellen Religionen ehrt und achtet - und doch gleichzeitig auf eine festes und vor allem gemeinsames Fundament stellt?

Es gibt sie. Es ist die Church of Spiritual Humanism. Und das schönste ist, daß sich dort jeder und jede jetzt und hier zum Priester weihen lassen kann.

Wie gewohnt, ist die Ordination lebenslang gültig. Das einzige Weihehindernis ist das Fehlen einer gültigen E-Mail-Adresse.

Cool.
Vatikanisches Sommerloch

L'Espresso und kath.net spekulieren über einen bevorstehenden Rücktritt der Kardinäle Sodano und Ratzinger und bringen Angelo Amato, den jetzigen Sekretär der Glaubenskongregation als Ratzinger-Nachfolger ins Gespräch.

Amato ist seit Januar im Amt und zum Bischof geweiht - und dürfte damit doch ein bißchen zu "jung" für diese Aufgabe sein. Er gilt übrigens als Ko-Autor von Dominus Iesus, was ihn umgekehrt wieder passend werden lässt: für die, die vatikanische Prügelknaben brauchen...
Flashy statt smart

Statt Smart Mobs beglücken uns im Jahrtausendsommer 2003 weniger smarte Flash Mobs. Die Leute haben Langeweile, scheint's.

Der nächste Winter kommt bestimmt.

4. August 2003

Wodehouse, reincarnated

Pelham Grenville Wodehouse´scheint der Hauptinspirator von Hinglish zu sein, eines Englisch, wie es in Indien gesprochen und vor allem wohl: geschrieben wird, ein Englisch, "a trifle too bizarre, sir, in my opinion” (Jeeves).
Der Homer aus Illinois

"Kaum wohl möchte dir helfen der Stab, und der Lorbeer des Gottes!" schleudert Agamemnon dem Apollo-Priester Chryses gleich am Anfang der Ilias (1, 28) entgegen. Nachschlagen auf Griechisch, Englisch und Deutsch läßt es sich bei Chicago Homer, unterfüttert mit schönen Grammatik- und Analysefunktionen.

Skeptron, der Stab, kommt immerhin 27mal in der Ilias und 9mal in der Odyssee vor, in Hesiods Werken und Tagen dagegen nur einmal. Homer ist mir sympathischer. :-) (via BibLog)
Der größte Dogmatiker

"P. Wilhelm Klein SJ, der ehemalige Spiritual im Collegium Germanicum zu Rom, fragte einmal, wer der größte Dogmatiker sei. Die Antwort musste lauten: 'Der Teufel!', so wenigstens die Sentenz der theologischen Tradition seit Augustinus. Luzifer ist nach Gott am meisten mit Vernunft begabt und vermag auf einzigartige Weise die Wirklichkeit Gottes zu erfassen, zu studieren und zu erklären. Eines aber kann der Teufel nicht, nämlich all das, was er denkt, mit dem Leben des Glaubens zu erfüllen; er kann nicht beten und anbeten."

Über das Verhältnis von Theologie und Glaube, von Wissen und Gebet denkt P. Michael Schneider SJ anläßlich der abgeschlossenen Guardini-Werkausgabe nach.
Weblogs: unkontrolliert, autonom, anarchisch

Weblogs fördern die Medienkompetenz, verwirklichen die Utopie des many(single ones)-to-many-Publizierens, machen durch Kommentare auch Leser zu Sendern, greifen andere Strömungen auf als der Medien-Mainstream, beschränken sich auf Inhalte - das alles und mehr schreibt ein de:bug-Artikel den Weblogs zu.

"Weblogs sind ein Ausdrucksmittel der Souveränität und der Selbstbestimmung, die gelebte Akzeptanz der eigenen Subjektivität, das angewandte Wissen über die faktische Unmöglichkeit der Objektivität und somit - so absurd es auf den ersten Blick auch klingen mag - ein Schritt weg von der Ichbezogenheit." (via generation next)
Kardinäle bei der Arbeit

Gernot Facius in der Welt über den Krach zwischen deutschen Kardinälen.

"Wenn plötzlich und öffentlich ein solch handfester Konflikt aufbricht, dann ist er alt und geht sehr tief. Die Kardinäle sind also gebeten, alle Karten auf den Tisch zu legen", zitiert er einen ungenannten Kommentator.

Dabei verläuft die Haupt-Sollbruchlinie nicht zwischen den Kardinälen...
Wir können alles, außer schwäbisch

Daß Brit- und Chinesinnen schon Basler-Fashion tragen, vor allem wohl die der Generation 45+ mit Größen von 38+, ist erfreulich, aber der Firmensitz von Basler liegt trotzdem nicht im schwäbischen Städtchen Goldbach, sondern im unterfränkischen Marktflecken gleichen Namens, liebe Welt am Sonntag.

Ganz sicher. (Mußte aus persönlicher Betroffenheit einfach gesagt werden.)

3. August 2003

Flannery O'Connor (+ 3.8.1964)

Gerard Serafin erinnert an Mary Flannery O'Connor, läßt alle, die ihre gesammelten Briefe als "A Habit of Being" nicht im Regal stehen haben, einen Brief lesen und zitiert Thomas Merton:

"When I read Flannery O'Connor, I do not think of Hemingway, or Katharine Anne Porter, or Sartre, but rather of someone like Sophocles. What more can you say for a writer? I write her name with honor, for all the truth and all the craft with which she shows man's fall and his dishonor."

2. August 2003

Sie machen nicht satt.

Wir suchen dich,
Christus,
weil wir deine Gaben
gegessen und getrunken haben.
Je mehr wir sie essen,
um so mehr hungern wir,
Christus,
nach dir.
Gib uns nicht Zeichen
an deiner Statt.
Sie machen nicht satt.
Gib Feuer, Herr,
nicht nur Licht in der Nacht.
Wir dürsten so lange,
bis dein Wein,
deine Liebe uns trunken macht.
Amen.
(Silja Walter OSB: Das Wort ist Brot geworden, S. 96f.)

1. August 2003

Pop-Ups machen Spaß

The Shifted Librarian recommends: The Pop-Up Brady Bunch!

Requirements: Speakers, disabled Pop-Up Blocker.
Ungesenktes Haupt

Johann Baptist Metz wird 75 und deshalb öffentlich geehrt. Sein Interview mit Aldo Parmeggiani von Radio Vatican ist ausschnittsweise im Rheinischen Merkur zu lesen und gibt einen schönen Überblick über den aktuellen Stand seiner theologischen Erkenntnis.

"Welche Botschaft haben Sie für Rom?

Selbst wenn es auf den ersten Blick nicht sehr fröhlich und nicht sehr praktisch klingen mag: Wir brauchen mehr Karsamstags-Atmosphäre in unserer Rede von Gott und seinem Christus. Auch in unserer Liturgie und in unserer Pastoral. Wir brauchen mehr Aufmerksamkeit für die schwelende Glut dieser schon angesprochenen Theodizee-Frage, und zwar inmitten auch unserer säkularisierten Welt. Ich weiß das aus Gesprächen und Begegnungen mit Menschen, die aus ganz anderen Hintergründen kommen als ich. Wenn die Sprache unserer Gebete mehr hörbar gemacht würde als elementare Krisen- und Leidenssprache der Menschen – wofür es ja biblische Beispiele zuhauf gibt –, würde man entdecken können, dass weit mehr Menschenkinder beten, als die Statistiken das verraten.

Gibt es eine Botschaft aus Rom, die Sie besonders schätzen?

Am wichtigsten scheint mir allemal die Unterstützung aus Rom im Kampf um Gott. Es geht schließlich um diese Frage, heute ganz elementar in meinen Augen jedenfalls. Und zwar als eine Frage, mit der der Kampf um den Menschen und seine Humanität durchaus zusammenhängt. Die viel besprochene Kirchenkrise, das habe ich in den letzten Jahren häufig betont, ist jedenfalls in meinen Augen im Kern eine Gotteskrise. Sie betrifft nicht nur uns Katholiken, nicht nur die Christenheit, einzelne Religionen, sondern alle Menschen. Denn Gott ist entweder ein Menschheitsthema oder überhaupt kein Thema. Ich wünschte mir – das mag vielleicht merkwürdig klingen –, dass von oben aus deutlicher wird, dass man die westliche Aufklärung in ihren Widersprüchen nicht überwinden kann, ohne durch sie, ungesenkten Hauptes freilich, hindurchgegangen zu sein."
Guido W.s guter Rat

Unser aller Guido gibt guten Rat: "Wenn die katholische Kirche mehr auf ihre Gläubigen hören würde und auf das, was sich in der Gesellschaft entwickelt, bin ich sicher, ginge es ihr auch besser." (Er muß es ja wissen, denn auch er hat das Ohr am Puls der Zeit, wie man an seinen Wahlergebnissen sieht.)

Naja, sie wäre nicht mehr die katholische Kirche, aber darauf kommt's dann auch nicht mehr an.