26. Februar 2011

In der Kirche leben (6)

Nach der Pause kommt heute ein längeres Stück von Père de Lubacs Betrachtung über den homo ecclesiasticus, den kirchlichen Menschen. Man könnte meinen, es sei für jetzt und hier geschrieben. Lest selbst:

"Er ist kein Extremist und mißtraut den Übertreibungen; aber weil ihm die Sakramente der Kirche nicht den Geist der Zaghaftigkeit, sondern der Kraft gegeben haben, zögert er nicht, sich für die Verteidigung oder die Ehre seines Glaubens einzusetzen. Da er weiß, wieviel man durch Unterlassung sündigen kann, redet und handelt er dann mit Freimut, 'gelegen oder ungelegen', auch auf die Gefahr hin, vielen zu mißfallen, ja von denen mißverstanden zu werden, an deren Zustimmung ihm am meisten läge. Er vermeidet sorgfältig die Sackgassen, vor denen die Autorität ihn warnt, denkt eher an die positiven Aufgaben, an die sie ihn mahnt, deren Dringlichkeit er erblickt und vor denen menschliche Klugheit sich doch am liebsten drücken würde. Gern stünde er immer bereit, wie es ja Petrus schon fordert, vor allen Menschen Rechenschaft abzulegen über die ihn erfüllende Hoffnung, befürchtet höchstens, durch Gewöhnung an seinen engen Horizont und seine Bequemlichkeit dazu unfähig zu werden. Er möchte stets nicht bloß 'mit der Kirche' denken, sondern - wie der Verfasser der 'Geistlichen Übungen' sagte - 'in der Kirche', was jedoch eine tiefere Treue voraussetzt, eine intimere Teilnahme und auch eine freiere Haltung: die des echten Sohnes, der zum Hause gehört. Er läßt immer neu sich belehren, lenken, modeln, nicht durch Gewohnheiten und Schicklichkeiten, sondern durch die dogmatische Wahrheit. Wie Newman es war, kann auch er feinfühlig sein (oft mehr als andere) für die 'Schwierigkeiten der Religion'; aber wie dieser große Mann sieht er 'zwischen der Tatsache, daß man Schwierigkeiten wahrnimmt, auch wenn sie akut oder ausgedehnt sind, und dem Zweifel am Geheimnis, aus dem sie entspringen', keinen echten Zusammenhang. Auch er fühlt sich nicht versucht, das geistige Erbe in Stücke zu schlagen, das uns für die Gegenwart anvertraut worden ist' durch Männer vom Format eines Irenäus, Athanasius, Augustin oder Thomas. Er strengt sich im Gegenteil an, es zu wahren und zur Geltung zu bringen. Und er möchte solchen, die sich eifernd, aber oftmals kleinmütig daran klammern, den Beweis erbringen, daß dieses Erbe noch reicher und von größerem Nährgehalt ist, als sie meinen; daß mehr fruchtbbarer Saft darin kreist, der abermals neue Früchte verheißt. Er verschmäht jede moderne Selbstgerechtigkeit und jede Form von theologischem LIberalismus." (Die Kirche.- Einsiedeln: Johannes, 1968, S. 223- 225)

Père de Lubac zitiert reichlich in seinen Büchern, auch dieser Meditation über die Kirche. Ich spare mir das für jetzt.

Zum vorigen Abschnitt hier.

1 Kommentar:

Rakir hat gesagt…

Wirklich interessant. Vielen Dank für die vielen Ausschnitte!