So viel zu kauen und zu verdauen gibt uns der folgende Abschnitt auf, daß ich beruhigt ein paar Tage Pause machen kann. Vor Samstag geht es mit P. de Lubac sj hier nicht weiter. Persönlich denke ich ja, daß schon allein das, was hier folgt, den guten Père zum Kirchenlehrer qualifiziert.
"Aber die Unnachgiebigkeit in Glaubenssachen und die Liebe zur Tradition verkehren sich beim echten Mann der Kirche nicht in Härte, Verachtung, Herzensdürre. Er bleibt empfangsbereit, läßt sich in keine Festung starrer Abwehrhaltungen einschließen. Er vergißt nicht, daß Kirche nicht nur im Haupt, sondern auch in den Gliedern 'lauter Ja' in sich tragen muß, und daß jede Ablehnung nur die Kehrseite einer stärkeren Bejahung sein darf. Sowenig wie die Kirche selbst gibt er dem Geist des Kompromisses Raum, aber er will doch auch wie sie 'alle Türen offenlassen, durch die auch ganz verschiedengeartete Geister zur einen Wahrheit Zugang finden'. Sowenig wie sie möchte er 'denen beschwerlich sein, die konvertiert haben', und die löbliche Zurückhaltung, die auch Jakobus beim Apostelkonzil an den Tag legte, erscheint ihm menschlicher und weiser, ja den Wegen Gottes gegenüber ehrfürchtiger als die Forderungen irgendwelcher Zeloten. Nach dem gleichen Vorbild will er sich durch keinen exklusiven Gedanken den Kopf verdrehen lassen, nach Art der gemeinen Fanatiker, denn er glaubt mit der Kirche - ihre ganze Dogmatik und die Ketzergeschichte beweisen es -, 'daß das Heil nur im Gleichgewicht liegt'. Auch verwechselt er Orthodoxie und Glaubensfestigkeit nicht mit Enge oder Trägheit des Geistes. Non ideo quia durum aliquid, ideo rectum[Nicht weil es etwas hart/unbequem ist, ist es deswegen schon richtig; Scipio] (Augustin). Er vergißt nicht, daß es eine seiner Aufgaben ist, 'für die Menschen seiner Zeit die heilsnotwendigen Dinge darlegen zu können'. Er ist sorgsam darauf bedacht, daß in ihm nicht allmählich eine allgemeine Idee das Übergewicht über die Person Jesu Christi gewinnt. Sosehr ihm an der Reinheit der Lehre und der theologischen Klarheit liegt, sosehr wehrt er sich, das Glaubensmysterium zu einer Ideologie herabsinken zu lassen. Seine volle und unbedingte Treue erniedrigt sich auch nicht zu einer Art kirchlichem Chauvinismus. Prüft er sich selbst, dann wird ihm angst, er könnte auch dem schrecklichen Fehler jener 'Theologen' verfallen, die, 'klug und weise' geworden, 'das Evangelium zu einem Wissenschaftsobjekt machen und sich einbilden, davon eine vollkommenere Kenntnis zu besitzen als der Durchschnitt der Gläubigen', während doch 'oft gerade sie es am wenigsten im Sinn Jesu Christi verstehen'." (Die Kirche.- Einsiedeln: Johannes, 1968, S. 225 - 226)
Zum vorigen Abschnitt hier.
27. Februar 2011
In der Kirche leben (7)
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