22. Dezember 2009

Vom Gebrauch des Wortes Gott

Aus Andreas Maiers Roman "Kirillow", genauer aus einer Partydiskussion zwischen dem rebellischen Romanhelden und dem fiktiven hessischen Ministerpräsidenten über das richtige und das falsche Leben und warum alles ist, wie es ist:

"Was heißt hier Recht? Es ist doch alles genau so, wie alles ist, weil die Menschen einfach bloß tun, was sie tun. Und sie tun es ohne jeden Grund, sie tun es allein deshalb, weil es ihnen angeboten wird, weil die Möglichkeit da ist. Was sie angeboten bekommen, tun sie. So legitimiert ihr alles. Und man könnte jederzeit auf diesen ganzen Scheißdreck verzichten, aber ihr habt daraus eine wirtschaftliche Notwendigkeit gemacht. Ich hasse das. Ihr macht nichts weiter, als einen Damm nach dem nächsten zu brechen. Ihr seid ohne jedes Maß. Das könnt ihr allesamt vor Gott nicht wollen. Der Ministerpräsident runzelte die Stirn, und zwar wegen des Wortes Gott, das er aus dem Munde Julians nun wirklich nicht erwartet hätte. Dieses Wort aus Julians Mund schien ihm abgrundtief falsch und bloß demagogisch gebraucht. (Es schien ihm 'gegen die Menschen' gebraucht, und 'gegen die Menschen' konnte man das Wort Gott nicht verwenden, so war es auf jeden Fall falsch gebraucht.)" (Frankfurt: Suhrkamp, 2005, S. 95)

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