24. Dezember 2009

Und das Wort ist ...


R. S. Thomas: Blind Noel

Christmas; the themes are exhausted.
Yet there is always room
on the heart for another
snowflake to reveal a pattern.

Love knocks with such frosted fingers.
I look out. In the shadow
of so vast a God I shiver, unable
to detect the child for the whiteness.(1)

R. S. Thomas: Blinde Weihnacht

Weihnacht; die Themen sind aufgebraucht.
Doch da ist immer Platz
auf dem Herzen für eine weitere
Schneeflocke, die ein Muster enthüllt.

Liebe klopft an mit Fingern voll Reif.
Ich schau hinaus. Im Schatten
eines so riesigen Gottes zittere ich, kann
das Kind nicht entdecken in all der Weiße.

Die Weihnachtsroutine kennen wir alle, x Lieder in der ersten und vielleicht auch den weiteren Strophen. Jeder Stern sitzt am Baum und die Wünsche fließen wie Honig: "Frohe Weihnachten!", "Friede uns allen!" und überhaupt "Schönes Fest!"

Sogar die Routine-Durchbrecher sind geübt: "Mach's wie Gott - werde Mensch" und "Weihnacht in Haiti ist anders, ist schlimmer als hier. Keine Geschenke, kein Baum, und wenn, wäre er Brennholz in kalten Nächten."

Weihnachtsworte, im Zehnerpack, bunt sortiert, für jede Gelegenheit, jedes Ohr, jede Stimmung. So billig wie nie. Und nächstes Jahr fallen die Preise erneut, kein Zweifel.

Im Anfang war das Wort und das Wort ruft in der Krippe, schreit seinen ersten Verzweiflungsschrei ins Dunkel, bevor die Mutterbrust den kleinen Mund findet und stillt. Das Wort schreit wieder in der Nacht, die kommt mitten am Tag, als ob ein Vorhang zerrisse, so schreit es. Und am Ende: wieder das Wort. Noch einmal schreiend? Oder rufend? Oder ganz still, in Schweigen kehrt es zurück?

"Reden wir, denn wer redet, ist nicht tot." Mag sein. Und wer plappert? Lebt der noch? Wenn vor dem Wort unsere Wörter nicht passen, die Grammatik zerspringt: dann schweigen wir besser, verhalten uns still, bewegen uns kaum zwischen dem stummen Ochsen und dem Ja-Sager daneben. Und schauen einstweilen.

Glauben, das sehen lässt, und Sehen, das den Glauben nährt - das wünsche ich all den Lesern und Besuchern dieses Blogs. Den regelmäßigen und denen, die Bruder Zufall hier vorbeiführt. Den Gläubigen und den Ungläubigen. Den Zweiflern sowieso. Denen, deren Glaube und Gebet mich trägt. Den vielen Freundinnen und Freunden, und denen, die ich nicht kenne. Round the globe: von Goldbach/Ufr. bis zu den Gegenfüßlern im Pazifik.

Frohe Weihnachten Euch allen!

Scipio

(1) R. S. Thomas: Collected Later Poems: 1988 - 2000.- Tarset: Bloodaxe, 2004, S. 288

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