Harki lernt auf amyklai gerade die Wahrheit des Satzes "Man wandelt nicht ungestraft unter Gesangbüchern".
Nachdem ich schon damit angefangen habe - da nämlich - und nicht wie er ein "Forist" oder wie andere ein "Kommentator" bin, werde ich über die von ihm aufgeworfenen Punkte auch weiter hier nachdenken.
Daß Erbsünde und Erlösung zusammengehören, eines ohne das andere nicht verstanden werden kann, sieht Harki ganz richtig. Mit Spaemann: "Daß das Heil jedes Menschen aus dem Opfer Christi hervorgeht, ist allerdings eine Einsicht, deren Plausibilität mit der kollektiven Schuldverstrickung unzertrennlich verbunden ist." (Das unsterbliche Gerücht, S. 208) Das bedeutet jetzt allerdings nicht, daß historisch gesehen die Menschheit erst einmal ihre Schuldverstrickung (übersetzen wir Erbsünde leichthin mal so) klar zu erkennen hatte, bevor sie an die Erlösung glauben konnte. Wenn ich das richtig behalten habe, hatten und haben die Juden keine Theorie der Erbsünde, und auch die Schuld Adams und Evas dominiert ja keineswegs den Hintergrund, auf dem sich alttestamentlich (und neutestamentlich) Geschichte abspielt. Könnte man soweit gehen zu sagen, daß erst von der Erfahrung und der Deutung des Todes Jesu am Kreuz als Erlösungsereignis und seiner Auferstehung als Ja GOttes zum "Für euch und für alle - bis in den Tod" her auch Licht auf den "anthropologischen Hintergrund" fällt? Erst der leidende, getötete und auferstandene Jesus macht dem Menschen den Menschen kund - frei nach Gaudium et Spes.
Und auch da, wo jemand Christ wird oder wo ein Getaufter ernsthaft glaubt und sich bekehrt, tut er das nicht in jedem Fall, um (s)einer Schuld zu entrinnen. Es gibt tausend Gründe, Christ zu werden, und mögen auch nicht alle gleich gut sein: Sie reichen offensichtlich, um die Augen zu öffnen für die ganze Wirklichkeit des Glaubens. Daß er durch Taufe und Bekehrung einem Verhängnis entkommen ist, das wird doch wohl oft genug erst nachher klar.
Daß man nicht nur zum Spaß Christ ist, daß es tatsächlich um etwas - um alles - gegangen ist, damals am Kreuz und damals, als ich auf SEinen Tod und SEine Auferstehung getauft wurde, ist das eine. Das andere ist, daß ich vor diesem Verhängnis, dem ich entronnen bin, rückblickend zwar gelegentlich erschauernd stehe, meistens aber dankbar, glücklich. Nein, auch unmoderne, orthodoxe Christen sind keine unglücklichen Kreaturen, die stets nur ihre und der anderen Sünde vor Augen haben. Da gibt es so viel zu entdecken, zu bestaunen, zu verkosten, zu verinnerlichen, zu verdauen, daß man ja eigentlich gar keine Zeit haben dürfte zu sündenverliebter Selbstzentriertheit. Oder mit der Therèse Martin: "Nicht einen Strohhalm habe ich aufgehoben, um das Fegfeuer zu meiden [Nota bene: von Hölle spricht sie schon mal gar nicht; Scipio]; alles, was ich getan, habe ich getan, um dem lieben Gott Freude zu bereiten und ihm Seelen zu retten."
15. März 2008
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3 Kommentare:
Vielleicht ist es auch ganz hilfreich zu wissen, dass Augustinus, der Vater der eigentlichen Erbsündelehre, die Erbsünde de facto daraus ableitete, dass es heißt, dass alle Menschen durch Jesus Christus erlöst wurden. Daraus schloß er, dass auch alle schuldig sein müssen. Und da kam ihm Röm 5 zur Hilfe, wo er in seiner altlateinischen Übersetzung lesen konnte, dass alle in Adam gesündigt haben. Dies kurz und schematisch zur Entstehung der Erbsündelehre.
Dank Euch, scipio und KJunk, für Eure Darlegungen und Hinweise.
Ich denke, ich sollte erst einmal meine Hausaufgaben machen; ich beginne, indem ich mir in den nächsten Tagen den Artikel "Erbsünde" im Lexikon für Theologie und Kirche zu Gemüte führe (Bd. 3, 1995, Sp. 743-49) - die Theologische Realenzyklopädie von Eurer Konkurrenz habe ich hier leider nicht greifbar.
Aus dem erwähnten Artikel, Abschnitt V. "Praktisch-theologisch": "Die Assoziationen, die das Wort E. wachruft, sind so irreführend, in Predigt, Religionsunterricht u. Taufgespräch (Katechumenat) nicht unmittelbar v. diesem Wort auszugehen, sondern die Situation zu beschreiben, zu deren Deutung es theologisch erforderlich wird."
Hausaufgaben machen ist natürlich immer gut...
Ohne daß ich jetzt was relativieren will, halte ich es in dem Zusammenhang für wichtig, zu sehen, daß "Erbsünde", "Erbschuld", "kollektive Schuldverstrickung" etc. sekundäre Begriffe und Theorien sind (wenn auch wahre/wirklichkeitshaltige Begriffe und Theorien), die bestimmte Aspekte in der Offenbarung bzw. Heilsgeschichte erklären wollen, und deswegen auch nur in dieser Gesamtsicht ihren Wert behalten.
Vielleicht ist es möglich, philosophisch in die Nähe zu kommen, aber dann hat man sozusagen die Frage gestellt. Als Christ glaube ich an die Lösung und die Frage. (Und Du, Harki, fragst natürlich und verständlicherweise, wieso Du eine Lösung brauchst, wenn Du gar keine Frage hast...)
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