Wir sind vorzeigbar, das ist die erste Lektion, die wir aus den vier Seiten lernen können, die uns das Vatican-Magazin (3 / 2008) widmet. Wir - die paar Handvoll katholischer Blogger deutscher Zunge und Tastatur.
Geschrieben hat den Artikel Alexander Pschera, Verfasser einer Studie über Leon Bloy und regelmäßiger Autor im Vatican-Magazin. Sein Aufhänger, eine virtuelle Reise durch die katholische Ecke des Weblog-Universums, scheint dem Insider erst einmal ein bißchen banal, kann aber für die Leserschaft durchaus passen: Wohl nur ein kleinerer Teil davon treibt sich täglich stundenlang im Netz herum oder weiß mit termini technici wie Feeds, Tags, URLs etc. etwas anzufangen. Hier geht es um eine erste Bekanntschaft mit dem Phänomen, nicht um ein religionssoziologische Analyse oder medientheoretische Einordnung.
Pschera besucht nacheinander neun Weblogs (Commentarium Catholicum, St. Dymphnas Gedankenwelt, Bodenpersonal, Auf Schleichwegen zum Christentum, Heiligenbildchen und Pastoralchemie, Pax et bonum, Einsam und allein, Marienklause und den meinen), kommentiert den einen oder anderen Eintrag und macht ein paar allgemeine Anmerkungen, bevor er seine Reise fortsetzt. Der Ton ist der Materie angemessen - nicht zu ernsthaft, mit leichter persönlicher Note und insgesamt positiv. Damit keine Mißverständnisse aufkommen - die ältere Generation unter uns erinnert sich noch an das "Kompendium" -, stellt der Teaser schon den Kontext her. Nach einem Hinweis auf die Forderung des Papstes, das Internet nicht den Atheisten oderden Spaßvögeln zu überlassen, heißt es da:
"Auch in privaten katholischen Blogs gibt man dem Materialismus Kontra, erfreut sich aber auch an den vielfältigen Spielformen des katholischen Alltags." (Das Umgekehrte hätte es freilich genauso gut getroffen: Man gibt in den katholischen Blogs gerne auch den vielfältigen Spielformen des katholischen Alltags Kontra und freut sich gleichzeitig an den guten Dingen der Schöpfung. Pschera gibt auch dafür die Beispiele.)
Wir Blogger, wir Bewohner dieses virtuellen Universums, machen uns wohl nicht mehr oft klar, daß der Rest dieses Universums nur ein, zwei, drei Mausklicks entfernt liegt, und wie überwältigend diese Nähe sein kann. Bei Pschera kann man dieses Staunen noch bemerken, wenn er von Phils "Metal for Christ" zu den "Realien des Glaubens" von Familie Dilettant und weiter in die Einsiedelei auf dem Kermeter springt.
Auf viele, die sich auf unsere Seiten verirren, wirkt die angebotene Vielfalt und die bunte Nachbarschaft von Todernstem, Abstrusestem, Provokantem, Humorvollem, Tieffrommem eher verwirrend, würde ich sagen. (Auch ein Teil meiner Familie weiß jetzt, nach diesem Artikel, endlich, was der pater familias da eigentlich macht, wenn er am "Compi" sitzt...)
Nicht einfach in einem Artikel wie diesem abzubilden ist auch die Vielfalt dessen, was Blogger mit diesen vergleichsweise simplen Tools alles anstellen: Selbst wenn "[d]er ursprüngliche Sinn eines Blogs" einmal "der eines Tagebuchs" gewesen ist (was ich noch nicht einmal glaube), dienen Blogs ein paar Jahre später eben allen möglichen Zwecken, und zwar legitimerweise. Warum nicht? Auch verlinken "was das Zeug hält" ist erlaubt - so ähnlich wie die Tageszeitung auf einen Bericht der dpa "verlinkt"... Ein Blog ist, was du daraus machst - und das ist gut so. (Nicht Wowereit, sondern Der Ewige - gepriesen sei er - in der Genesis.)
Für einen anderen Tag bleiben Fragen nach der Medienlandschaft in der deutschen Kirche überhaupt: In deutschsprachigen Landen spielen Blogs kaum eine Rolle, Bloggen selber ist keine ernsthafte Beschäftigung für Journalisten, Bischöfe oder katholische Laien, und mit den gedruckten Medien ist es ja auch so eine Sache. Das Vatican-Magazin ist da ein echter Lichtblick...
(Disclaimer: Dieser Blog wurde in dem hier besprochenen Artikel gelobt und u.a. als "Mutter aller katholischen Blogs" bezeichnet. Das hat meine Besprechung hoffentlich nicht unangemessen beeinflusst. Ich habe es allerdings mit Freude registriert und es prompt von meinen Familienangehörigen als "running gag" während der Ostertage zu hören bekommen: "Und dann hat die Frau in der Bank vornedran der Mutter aller katholischen Blogs die Osterkerze runtergestoßen!" - Allgemeines Gelächter!
Außerdem: Ganz offensichtlich haben auch Mütter Schwestern, Tanten und Mütter, die ihrerseits auch wieder ihresgleichen - in diesem Fall: katholische Blogs - gebären. Mit John Donne: Keine Mutter ist eine Insel.
Wenn man mit dem Bloggen nicht aufhört, sondern weitermacht, dann nicht wegen solcher - sehr erfreulicher - Publicity, sondern letztlich wegen Euch, liebe Mitblogger und Leser. Und weil es dem Reich GOttes mehr dient als schadet und obendrein immer wieder Spaß macht.)
27. März 2008
Christianus sum ergo blogo
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6 Kommentare:
äh, ich bin aber doch überhaupt nicht katholisch, und ich würde sogar sagen, ich könnte derzeit kaum weiter von Katholizismus entfernt sein. Kannst Du mir den Artikel mal scannen und mailen? Oder kopieren und schicken?
Vielleicht hätte ich meinen Emerging-Button doch nicht löschen sollen... :)
Sind nicht viele drinnen, die draußen oder so ähnlich? Von einem Urahn Luthers, wenn ich nicht irre?
Ansonsten: Klar.
ich bin auch drin? wie merkwürdig. naja, nimmt man die meinung des papstes, sind wir ja eh alle katholisch. :)
muss ich heut wohl mal in den bahnhof tigern ...
Hui, ich bin in der zeitung.
Was mich ja gewundert hat, ist, daß der St. Leibowitz nicht genannt ist...
Aber allg, gefällt der Artikel.
Und einige Bekannte werden Luftsprünge morgen machen, wenn ich ihnen erzähle, daß Erziehungstrends erwähnt wurde...
Bei "VerlinkenWasdasZeughält" muß man wohl auch ergänzen, daß so´n Log ja einfach für den Betreiber auch ein "Zettelkasten" sein kann.
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