Harki postet unter dem Titel "Alles gelogen" Fragen an die Katholiken. Mal sehen, ob ich etwas Sinnvolles dazu sagen kann - es wird wieder einmal nichts Systematisches sein...
Lügen wir, wenn wir sagen: Es gibt jemanden, zu dem wir beten? Wissen wir es eigentlich besser - und sagen bewußt das Falsche? Ja, ich habe ab und an Zweifel, ob es diesen GOtt gibt, ob Jesus nicht doch nur ein lange schon toter Wanderprediger ist - ob ich mir, ob wir uns und anderen nicht doch nur etwas vormachen. Anfechtung würde ich es nicht nennen, eher so ist es, wie ich an anderen Dingen hin und wieder zweifle, die ich nicht permanent erfahre, die ich mir und meinen Sinnen nicht auf Verlangen reproduzieren kann: die Liebe meiner Frau, das Vertrauen meines Chefs, das schweigende Zuhören des Gesprächspartners am Telefon.
Und daß wir - glauben wir nur lange genug - uns auch das Leben so einrichten, daß es dazu passt: Klar. Wenn die Beziehung, wenn meine Liebe zu GOtt das ist, was mich definiert, dann drückt sich das aus in vielen Dingen. Und wenn meine Liebe einmal vergeht, wenn meine Beziehung zu ihm verschwindet, dann kann es schon so sein, daß das, was vorher eine lebendige Wirklichkeit ausgedrückt hat, nun wie eine Fassade dasteht, hinter der das ehedem bewohnte Gebäude schon abgebrochen ist.
In den Worten von Henri de Lubac:
"Ein Glaube kann dem Nullpunkt zustreben, ohne daß ein Zweifel ihn anflöge. Sich höhlend, sicher veräußerlichend, allmählich vom Leben zum Formalismus übergehend, kann er sich auch härten und den Anschein prächtiger Stärke gewinnen. Die Rinde ist erstarrt, der Stamm innen faul." (Glaubensparadoxe, S. 13)
Die Versuchung ist umso stärker da, wo, wie Harki schreibt, wir "arrondiert", sozial eingepasst und gut bürgerlich durch ein offenes Bekenntnis unseres Nicht-glaubens viel zu verlieren haben. Lieber in christlichen Formen weiterleben als klar den Unglauben zu bekennen. Aber dafür gibt es ja in dieser Kirche, nebenan (für mich wenigstens), z.B. solche wie den ermordeten Erzbischof Paulos Farradsch Rahho, Christian de Chergé und seine Mitbrüder in Tibhirine/Algerien oder einen Franz Reinisch, und die ungezählten anderen. Nicht daß es nur in der Kirche, bei den Christen Märtyer gäbe, das ist nicht der Punkt - sondern daß es in dieser Kirche welche gibt, die nicht arrondiert, nicht in gut geheizten Wohnungen mit festem Monatseinkommen sich und dem Rest der Welt etwas über ihren Glauben vorlügen. Sondern die gerade wegen ihres Glaubens Sicherheit und Leben riskieren und beim Wort genommen werden. Und daß jeder von ihnen Befriedigung daraus gezogen hätte? Von der "Befriedigung" einer Mutter Teresa in ihrer dunklen Nacht haben wir ja inzwischen erfahren...
"Ich wißt vor allem und ganz selbstverständlich, daß niemand der Erlösung bedarf. Wovon denn? Die Taten der Menschen verdienen weder den Himmel noch die Hölle. Daß das Erbsündengerede Unfug ist, wißt Ihr selbstverständlich auch," sagt Harki.
Als jemand, der zwei Wochen nach seiner Geburt getauft wurde, hatte ich meinen Anteil an der Erlösung, bevor sich die Erbsünde an mir und durch mich richtig bemerkbar machte. Von daher sind meine Gedanken und Erfahrungen immer schon die eines Getauften. Und doch, manchmal, ist das, was die Kirche mit Erbsünde meint, ganz offensichtlich: Ich, die Anderen, wir alle sind nicht so, wie wir sein sollten. Wir sind nicht richtig. Da ist ein Riß in mir, da ist nicht nur Mißlingen, sondern Schuld, da gibt es Opfer, die zu Tätern werden und da gibt so viele, die nur Opfer sind. Achselzuckend weitergehen ist nicht. Selber heilen und retten auch nicht. Von den Weltenrettern hatten wir erst jüngst welche.
[So viel mal für jetzt. Fortsetzung folgt.]
13. März 2008
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