10. April 2005

Der gute Kerl

Ulrich Greiner fragt im gleichen Interview später:

"Was bedeutet Gott für Sie?"
Und Andreas Maier:

"Irgendwann habe ich damit angefangen, mir die Verwendung des Wortes Gott zu gönnen. Wenn man sich dieses Wort verbietet, hat man extreme Schwierigkeiten, bestimmte Dinge zu sagen. Aber dass uns der liebe Gott als ein guter Kerl vorgestellt wird, das verüble ich den heutigen Priestern und ihren Predigten in höchstem Maße. Es darf nicht sein, dass wir das Wort Gott nur verwenden, um uns gegenseitig zu versichern,dass wir alle schon irgendwie gut und richtig seien. Ich komme aber als Gläubiger schon deshalb nicht infrage, weil ich die versammelte Kirchengemeinde immer ganz grässlich finde."
Der liebe Gott als guter Kerl - wenn er denn wenigsten ein "Kerl" wäre, dann hätte er noch Kontur! Stattdessen sagen wir leichthin: "Er liebt dich, er nimmt dich an, wie du bist" und begnügen uns damit. Dieses ganze dicke Buch, in dem die Gestalt und die Geschichte dieser Liebe beschrieben ist, das lassen wir im Bücherregal stehen, und geben die dünne Essenz weiter, die uns selbst aus "Kommion"-Unterricht und Religionsstunden hängen geblieben ist.

Feuerbach ist modern: noch nie war der Gott der Christen so selbstgemacht wie heute.

Daß die Gräßlichkeit einer Kirchengemeinde als Grund des Fernhaltens dient, ist allerdings schon wieder ein Aspekt dieser Zähmung: Kann er mir zumuten, mich zwischen diese Langweiler, Heuchler, Gutbürger, Egoisten, Gotteszähmer zu setzen?

Klar kann ER, und ich merke gelegentlich, daß ER SIch "ex negativo", trotz der langweiligen Predigt, den schläfrigen Gesichtern, den stolpernden Ministranten, trotz meiner schlechten Laune, "blicken lässt", und dann: daß ER mir in diesem kleinen, runden Brotstück noch mehr schenkt als ein kurzes Aufblitzen: SIch selbst.

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