31. Juli 2003

Hasenhüttlsche Motive und das Schweigen der Kollegen

Raymund Schwager, Jesuit und Dogmatiker in Innsbruck, äußert sich im Innsbrucker Theologischen Leseraum eindeutig zum "Fall Hasenhüttl":

"Die bischöfliche Reaktion auf Gotthold Hasenhüttl, der beim ökumenischen Kirchentag in Berlin bei einer Eucharistiefeier die kirchlichen Weisungen eindeutig übertreten hat, wecken entsprechende Kritik in der Presse, und selbst der deutsche Bundespräsident glaubte bei einem Fernsehinterview (21. Juli 2003) sein eindeutiges Missfallen äußern zu müssen. All diesen Reaktionen ist gemeinsam, dass sie nicht auf die zahlreichen Publikationen des suspendierten Priesters und Theologieprofessors eingehen. Dieser vertritt nämlich seit Jahren, dass den christlichen Glaubensaussagen keine objektive Bedeutung zukommt, sondern dass Gott "eine gewisse Weise der Mitmenschlichkeit" sei (Hasenhüttl, Glaube ohne Mythos 1, 491). Eine solche Überzeugung, die heute auch von manchen anderen auf ähnliche Weise vorgetragen wird, verlässt nicht nur den Boden der katholischen Kirche, sondern auch den eines bekenntnismäßigen Christentums.

Das Naheliegendste und Entprechendste wäre deshalb seit langem gewesen, dass Hasenhüttl, wenn er bei seiner Überzeugung bleiben will, die katholische Kirche verlässt oder mindestens seine Funktionen als Priester und als Professor für katholische Theologie freiwillig aufgibt. Da dies nicht geschehen ist, wäre es zunächst Sache seiner Kollegen gewesen, sich von ihm öffentlich zu distanzieren. Aber auch dies ist nicht geschehen, und Arbeitsgemeinschaften von katholischen Theologen und Theologinnen, die sehr sensibel reagieren und öffentlich protestieren, wenn sie glauben, bei römischen Instanzen ein vermeintliches Abweichen von Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils festzustellen, schweigen auf seltsame Weise, wenn Kollegen und Kolleginnen den Boden eines bekenntnismäßigen Christentums verlassen.

So bleibt es Aufgabe der zuständigen Bischöfe zu handeln. Diese hätten schon seit langem genug Gründe gehabt, den verantwortlichen Priester und Professor zur Rechenschaft zu ziehen. Sie haben es nicht getan und werden wohl gedacht haben, die Bücher von Hasenhüttl würden kaum gelesen und man solle einen öffentlichen 'Fall' vermeiden. Die letztere Annahme hat sich nun als irrig erwiesen, da Hasenhüttl selber dafür gesorgt hat, dass er zu einem öffentlichen 'Fall' wurde. Die Folge ist nun, dass die Entscheidung des zuständigen Bischofs - wegen der Unkenntnis des weiteren Hintergrundes - kaum verstanden wird.

Und die Lehre daraus? Anstehende Entscheidungen, die notwendig sind, zu verschieben, ist kaum ein guter Weg und führt leicht dazu, dass die Situation nur schwieriger wird. Wenn Hasenhüttl angekündigt hat, er werde in Rom Beschwerde einlegen, dann weiss er natürlich, dass er bei seiner 'Theologie' dort keine Zustimmung finden wird. Auf diese Weise versucht er aber, seinen Fall in den Medien am Kochen zu halten. War dies vielleicht der Grund für seine Aktion beim ökumenischen Kirchentag? Schon andere haben vor ihm die Erfahrung gemacht, dass man durch einen Streit mit den Bischöfen oder gar mit dem Papst die Verkaufszahlen der eigenen Bücher erhöhen kann." ( (c) Raymund Schwager)

Danke für den Mut, aus der Phalanx des Schweigens auszubrechen!

Berlin 2003 war wohl nur eine weitere Station auf dem Weg nach einem längst vollzogenen Abschied.
Kein Grund zur Schadenfreude

Oswald Sobrino vom Catholic Analysis-Weblog kommentiert den Fall von Canterbury und den Aufstieg von Lagos. Aktuell hier und vor einem Monat dort.
Franz, singend, auf englisch

Es "gilt zu verstehen, daß ein solcher Gesang, wie etwa der Sonnengesang des heiligen Franz, nicht eine Entgleisung des Glaubens in das Poetische darstellt, daß er nicht seine Wurzel in irgendeiner mystischen Naturreligion hat, sondern daß der heilige Franz zu singen - fast möchte man sagen -, zu tönen beginnt, weil er so tief von der Gnade Christi berührt ist.

Das gilt es zu sehen, daß der Heilige darum mit Sonne und Sternen, Wasser und Tod so brüderlich zu tönen beginnt, weil die Gnade des Gekreuzigten die letzte Tiefe seiner Kreatürlichkeit geweckt hat, so daß er nicht nur als jener Sünder dasteht, dem Erbarmung widerfahren ist, sondern auch als diese armselige - dem Esel zugewandte - Kreatur, die keine andere Möglichkeit mehr hat, als im Lobpreise Gottes zu verströmen." (Erik Peterson: Von den Engeln, enthalten in Theologische Traktate, S. 229)

Der Poverello nackt und sterbenskrank auf dem Boden seiner Zelle - und simultan mit den Engeln und ihnen gleich im Ganz-Lobgesang-sein.
There ain't nothing like a library

Daß Bücher und Bibliotheken nicht verbesserbar sind - oder daß es für die Zwecke, für die wir sie brauchen, nicht auch bessere Lösungen geben
könnte, das glaube ich wieder nicht. Aber Nikolaus Wegmann in der Süddeutschen beschreibt ihr Erfolgsgeheimnis sehr schön: Das Regal als vorbereiteter Ort der Serendipity, die Kalkulation mit dem unvorhergesehenen Fund, die Balance zwischen unscharfer und fokussierter Informationssuche, die Körperlichkeit, ja Sinnlichkeit der Rücken und ihre Verortbarkeit im je-meinigen Raum-Zeit-Kontinuum - "that makes all the difference".

Die Bibliothek als ein Ort, an dem ich etwas finde, von dem ich nicht wusste, daß es das gibt - und daß ich es suchte.

30. Juli 2003

Wo bleibt das Positive?

Hier zum Beispiel: Ein erfrischendes Weblog von Johannes Kleske zum Thema "urban lifestyle vs. holiness in the 21st century". (Ich muß ja nicht mit allem übereinstimmen, was er schreibt...)
TriTop a la Elaine Pagels

Erinnert sich noch jemand an TriTop? Zuckersüß, künstlich, hochkonzentriert und pur nur für die ganz Harten genießbar. Verdünnt hat es den Geschmackssinn einer ganzen Generation geprägt. (Naja, teilweise.)

Eine Tritop-Version des liberal-christilichen Credo präsentiert in Edge
die Religionswissenschaftlerin Elaine Pagels. So dicht aufeinander und so offen ausgesprochen finden sich die Glaubenssätze vieler Irgendwie-aber-Hauptsache-modern-Christen selten.

Alles dabei, was das Herz begehrt: Autoritäre Tradition, die von Anfang an liberale, mystische, ja buddhistisch beeinflußte Versionen des Christentums unterdrückt; Jesus als mein Herzenszwilling und Glaube als Suche nach dem Gott in meinem Innern; die Unterscheidung zwischen gerettet und verdammt, zwischen gut und böse als die Ursünde abendländischer Geschichte; die lineare Fortsetzung dieser Sündengeschichte im US-Angriff auf den Irak; die Entstehung der Satansidee als Beginn des christlichen Antisemitismus; Religion als Fortsetzung unserer Träume, als soziobiologisch erklärbare Funktion des Gehirns, das assoziierend Bilder zu einer story-line zusammenreiht, als äußerst wichtiger Teil menschlicher Kultur.
"Aussage vom Menschen und zwar im Bereich relationaler Kommunikation"

Hasenhüttl ist mehr als Berlin 2003. Hasenhüttl steht für ein theologisches Programm, das P. Engelbert Recktenwald in einem kath.net-Text kurz kritisch darstellt.

"Hasenhüttls positives Anliegen ist, den christlichen Glauben als aktuelles Bezogensein zu verstehen; das Fatale seines Entwurfs ist aber, daß er diesem berechtigten Anliegen nicht nur die formelle Transzendenz Gottes und seine Personalität sowie den auferstandenen Christus als personalen Bezugspunkt des Glaubens, sondern auch die Einmaligkeit und Unvertauschbarkeit des Menschen opfert. Hasenhüttl ist mit dem Anspruch angetreten, 'die christliche Wahrheit des Glaubens' in neuer Form zur Sprache zu bringen. Dieses Vorhaben wurde dann aber so verwirklicht, daß eine völlig neue, andere Lehre vorliegt, deren inhaltliche Identität mit dem überlieferten Glauben nicht zu sehen ist. Fazit: Der von Hasenhüttl eingeschlagene Weg ist nicht eine veränderte Weise, Dogmatik zu betreiben, sondern vollzogene Selbstauflösung." - So zitiert P. Engelbert Recktenwald den Theologen Franz Courth SAC.

Und der "Eichmann-Gehorsam" stammt wohl auch schon aus dem Jahr 1979. Nur sollte man ihn damals GOtt gegenüber nicht leisten.
Illusionäres

Akiyoshi's illusion pages (via netbib weblog)

29. Juli 2003

Der Gottprotz

Zur Gewissenserforschung:

"Der Gottprotz muß sich nie fragen, was richtig ist, er schlägt es nach im Buch der Bücher. Da findet er alles, was er braucht. Da hat er eine Rückenstütze. Da lehnt er sich beflissen und kräftig an." Alles weitere im Aufsatz von Stefan Hartmann in der Neuen Ordnung
Zwei Runden Mitleid

- die schenkt die Süddeutsche Franz Maget, dem SPD-Mitbewerber um den bayrischen Thron. Er ist einer der Männer, die alle sympathisch finden und die trotzdem keiner wählt.

Passt nicht

Junge, komm bald wieder

(Der erste Wahlprospekt seiner lokalen Parteigenossin war gestern in unserem Briefkasten; das Parteikürzel ging zaghaft im Fließtext unter.)

28. Juli 2003

Konvertiten zum dritten

Die Katholische Akademie der Erzdiözese Freiburg hatte im Februar eine Tagung "Wendepunkte im Glauben: Von Konversionen und Konvertiten" geplant - die aber offensichtlich entfallen ist.

"Wie stellen sich die institutionell verfassten Glaubensgemeinschaften der gegebenen Herausforderung?" ist nur eine der Fragen, die dort nicht beantwortet wurden. Wichtiger und offener scheint mir die Frage: "Wie stellen sich die geborenen Katholiken/Protestanten/... zu dem/r Übergetretenen und seiner /ihrer Herausforderung an ihre Praxis und ihre Theorie?"
Konvertiten zum zweiten

Wie in Benedikts Kommentar-Abteilung bemerkt wurde, sind nicht alle der unten aufgeführten Konvertiten auch im strengen Sinne solche. Entsprechend lege ich meinem Posting Benedikts weitere Definition "nicht technische Konversionen, sondern ... echte Bekehrungen" zugrunde und erweitere meine Liste um die bei ihm genannten Namen.
Sage mir, was du liest ...

Damals, als Eugen Drewermanns "Kleriker" gerade neu erschienen waren, präsentierte mir einer meiner neo-katholischen Freunde stolz sein für 90 DM frisch erstandenes Exemplar. Ich sah neben dem 900 Seiten-Wälzer Drewermanns tiefenpsychologische Deutung des Kleinen Prinzen stehen und fragte ihn, wie er das denn fände.

"Das haben wir geschenkt bekommen, aber ich habe es noch nicht gelesen. Den Kleinen Prinzen lasse ich mir nicht kaputt machen."

Wenn sie mir doch objektiver wären, die Zertrümmerer...
Eine Frage der Zeit

Der anglikanische Priester Paul Oestreicher schreibt in Publik-Forum einen (im Vergleich zur Generallinie des Rebellenblättchens) unpolemischen Bericht über die aktuelle Krise der anglikanischen Kirche. Die Fälle Jeffrey John und Gene Robinson machen die dort schon lange schwelenden Konflikte "nur" akut; die Episkopalianer jedenfalls standen seit Jahren vor einer offenen Spaltung - bei der übrigens die Sollbruchstellen nicht nur zwischen progressiv - konservativ, sondern gleichzeitig auch zwischen Norden und Süden verlaufen!

Oestreichers Schlußsatz: "Eigentlich geht dieser Riss durch alle Konfessionen und Religionen, der Konflikt zwischen Liberalität und Fundamentalismus, oder auch zwischen Evangelium und Gesetz. Der liberale Katholik von Wir sind Kirche ist Dorothee Sölle oft näher als dem Papst. In der Theorie ist die Koexistenz möglich, aber eben nur in der Theorie, nicht wenn entschieden werden muss: Wird Jeffrey John Bischof oder nicht. Der Erzbischof hat es offen ausgesprochen: Es gibt schon jetzt mehr als eine anglikanische Kirche. Sind sie überhaupt noch im Gespräch?"

Die Gleichsetzung von Liberalität mit dem Evangelium ist imho Unsinn, die von Fundamentalismus und Gesetzesreligion gleichermaßen. Aber ansonsten stimmt's. (Man vergleiche doch nur mal den Kommentar des Publik-Forum-Chefredakteurs Peter Rosien zur Hasenhüttl-Sache: Da ist Bischof Marx ein "knallharter Duce", einer der "Lukaschenkos mit Krummstab". Friedliche Koexistenz mit solchen Faschisten und Diktatoren kommt für solche Diffamierer doch wohl nicht mehr in Frage.)
Stauffenberg-Film

Jo Baier äußert sich zu seinem neuen Film über Claus Schenk Graf von Stauffenberg - ebenfalls in der Welt:

"Für mich beginnt der sittliche Wert eines Menschen erst dort, wo er bereit ist, für seine Überzeugung sein Leben einzusetzen." (Henning von Tresckow)
Tanzt noch einen heiteren Abendländler


Berlin-Lyrik von Günter Kunert in der
Welt:

"Ihr Wahrzeichen
das zwiefache Gebrüst, dem Himmel
verkuppelt und auf zu ihm gestreckt aus dem Leib einer
kahlen Kirche, bar Gottes,
der auf jedermanns Zunge liegt
in Zeitungen, Pässen und Büchereien:
Farblos und freundlich gepresst: Eine Ansichts-
sache."

26. Juli 2003

Meine Blaue Blume 2003

Leicht zu übersehen.
Allgegenwärtig.
US-Gewalt

Leider kann ich zu Dirks Kommentar im letzten Posting nichts mehr hinzufügen - das Enetation-Fenster ist "unten zu groß".

Zu "Bowling for Columbine" kann ich mich nicht äußern, da ich den Film nicht gesehen habe. Moore ist natürlich nicht der erste, bestimmt nicht der letzte (und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch nicht der geignetste), der sich zum Thema der Gewaltkultur der U.S. of A. geäußert hat.

Mich selbst hat die Analyse des Historikers David Hackett Fischer überzeugt, der in seinem Buch "Albion's Seed: Four British Folkways in America" neben vielem anderen auch diesen Aspekt der amerikanischen Kultur auf die Eigenarten der vier regionalen "Gründungskulturen" zurückführt, die durch die Einwanderungswellen im 17. und 18. Jahrhundert entstanden sind: die puritanische Kultur Neu-Englands, die auf Einwanderer aus East Anglia zurückgeht; die Kultur Virginias mit ihren Kavalieren aus dem Süden Englands; die Quäker-Kultur am Delaware, die ihre Ursprünge in den nördlichen Midlands hat; die Kultur des amerikanischen Hinterlands, die von Einwanderern aus dem englisch-schottischen Grenzland geprägt wurde.

Gewalt (violence) öffentlich und gesetzlich zu sanktionieren und dem einzelnen auch (mit Einschränkungen) zuzugestehen ist nach Fischer für die "Backcountry"-Kultur typisch, die ihrerseits den "Wilden Westen" des 19. Jahrhunderts beeinflußt und zentral geprägt hat. Nach Fischer wirken diese Kulturen - nicht nur auf dem Gebiet der violence - bis heute nach. Seine Analyse zeigt, daß es in den USA einen regional ganz unterschiedlichen Umgang mit Gewalt gibt.

(Ob Fischer sagen würde, daß mit George W. Bush ein typischer Texas Man an der Spitze der USA steht? Ich vermute nicht. Denn immerhin stammt GWB ja aus einem alten neu-englischen Geschlecht und außerdem mußten nach Fischer alle jüngeren US-Präsidenten für mehr als eine der vier Kulturen wählbar sein.)
Mythos Michael Moore

"Michael Moore, Humbug" im City Journal

25. Juli 2003

UNO setzt Reportern Grenzen

Den Schockwellenreiter linke ich sonst nie, jetzt muß es einfach sein:

Die große Weltfriedensorganisation UNO schließt »Reporter ohne Grenzen« aus allen Sitzungen aus - weil sie im März protestiert hatte, als Libyen den Vorsitz der Menschenrechtskommission übernahm. Die europäischen Vertreter enthielten sich damals übrigens der Stimme. The dialogue must go on ... (Siehe Posting vom 20.1.03)
Smart Mobs

Internet-Pionier Howard Rheingold kündigt die nächste Revolution an:

"Smart Mobs mobs emerge when communication and computing technologies amplify human talents for cooperation. The impacts of smart mob technology already appear to be both beneficial and destructive, used by some of its earliest adopters to support democracy and by others to coordinate terrorist attacks. The technologies that are beginning to make smart mobs possible are mobile communication devices and pervasive computing - inexpensive microprocessors embedded in everyday objects and environments. Already, governments have fallen, youth subcultures have blossomed from Asia to Scandinavia, new industries have been born and older industries have launched furious counterattacks."

For better or worse. Und die evolutionsgeschichtliche Einordnung ist auch schon da..

24. Juli 2003

Die Hierarchie

Catholic-Hierarchy hat jede Menge Informationen über katholische Bischöfe und Diözesen. Viel mehr Fakten gibt es über die Nachfolger der Apostel nicht zusammenzutragen!
Anti-Heise

"Je komplizierter die Weltlage, desto fester glauben die Deutschen an Verschwörungstheorien." (Die Zeit)
Gutenberg-Bibel digital

In Philos Arbeitsbuch: Das Harry Ransom Center an der University of Texas hat seine Gutenberg-Bibel - eine der 48 überlebenden - voll digital im Netz!
Ganz klar: Verbieten

"Pfui Teufel, so ein Weihwasser!" schreibt die Süddeutsche Zeitung.

"In der Gnadenkapelle zu Altötting war der Befund am ekligsten. 100 Millionen Keime in nur einem Milliliter Weihwasser! So das Ergebnis einer Untersuchung beim Institut für Hygiene der LMU München. Außerdem schwammen im Altöttinger Weihwasser Fäden, Sporen, Kügelchen und koagulase positive Staphylokokken (Verursacher von Abszessen, Furunkeln und kurzen Durchfällen). Wie unappetitlich. 'Was sich die Pilger dort ins Gesicht schmieren, kann man mit Abwasser vergleichen', sagt Lebensmittelchemiker Udo Pollmer. 'Hier werden hygienische Mindestanforderungen nicht beachtet.' Er fordert für die Zukunft des Reinigungsrituals: tägliche Weihwasserwechsel oder Beimengung von Salz (tötet Keime) oder regelmäßige Kontrollen durch staatliche Stellen."

Oder - die quasi ökumenische Lösung: Abschaffen. Ist doch eh nur ein Symbol. Oder?
R.S. Thomas: Which?

And in the book I read:
God is love. But lifting
my head, I do no find it
so. Shall I return

to my book and, between
print, wander an air
heavy with the scent
of this one word? Or not trust

language, only the blows that
life gives me, wearing them
like those red tokens with which
an agreement is sealed?

Welche?

Und ich lese in dem Buch:
Gott ist Liebe. Hebend aber
den Kopf, finde ich es anders.
Soll ich mich wieder zuwenden

meinem Buch und, zwischen den
Zeilen, wandern in einer Luft,
die schwer ist vom Duft dieses
einen Worts? Oder nicht trauen

der Sprache, nur den Schlägen, die
das Leben verteilt, und sie tragen
wie jene roten Zeichen, die
einen Vertrag besiegeln?
Ein ganz normaler Mensch wie Mami und Pappi.

Ich gestehe sogar im realen Leben, selten einen Kalauer ungenutzt vorüberziehen zu lassen. Unmöglich also, diese Sätze eines meiner Lieblingsprediger unkommentiert zu lassen:

"Für viele Christen geht die hohe Theologie – die jetzt im Abendmahlsstreit wieder sehr nachdrücklich bemüht wird – an den Köpfen, vor allen Dingen aber an den Herzen vorbei. Am vergangenen Sonntag konnte ich unterhalb des Aggensteins an der Bad Kissinger Hütte einen Berggottesdienst feiern. Natürlich für alle mit Brot und Wein. Für die Kinder hatten wir an diesem heißen Tag Limo auf den Altar gestellt; sie gehörten ja zu unserer Hüttengemeinschaft ganz dazu. Hinterher sagte ein Junge zu seiner Mutter: 'Der Pfarrer ist ein ganz normaler Mensch!'"

O-Ton von der Kissinger Hütte: "Du, Mami, ich will aber keine Limo. Ich will lieber Cola." - "Du, Sebastian, der Roland hat extra keine Cola auf den Altar gestellt." - "Warum? Ich will aber doch Cola!" - "Weil die aus Amerika kommt, Du weißt doch, von denen, die wo den Saddam wegen dem Öl überfallen haben. Und weil da so viele gestorben sind, deswegen trinken wir jetzt keine Cola mehr. Und außerdem ist Cola ungesund." - "Aber Limo ist auch nicht gut für die Zähne, sagt die Frau Hagelstein in der Schule." - "Ja, aber ihr kriegt doch jeder nur eine kleine Flasche." -"Ich will aber Cola, und die Limo langt sowieso nicht. Der Kasten auf dem Altar ist viel zu wenig für die ganzen Kinder! Der Roland ist genauso wie ihr. Ihr kauft auch immer zu wenig Limo. Und Cola auch nicht."

23. Juli 2003

Die Zukunft hat schon begonnen

Passend zum vorigen Posting der Hinweis auf einen Artikel in Touchstone, dem Journal of Mere Christianity (und einem Musterbeispiel praktizierter Ökumene!). Richard J. Mammana, Jr. rezensiert zwei Bücher über den Aufbruch junger Erwachsener (wie es so schön heißt) zu einem in seiner Fülle gelebten katholischen bzw. evangelikal-protestantischen Glauben.

"Here, as elsewhere in The New Faithful, there is a nuanced and cautious reading of the signs of the times. The signs do point to a decline in vitality for 'polyester-pantsuit-clad nuns spinning John Lennon records in high school religion classes' and 'agnostic confirmation instructors puffing on cigarettes while extolling existentialism to their teenage charges.' The new alternative to this tomfoolery is far more traditional, far more wholesome, and far more lively.

Yet if Carroll and Webber are right in their major theses—and let us hope they are—there will be laborers for the harvest when the 'suicide of liberal Christianity,' as historian Thomas Reeves called it, runs the last stages of its course. And when orthodox believers have weathered the current storms of social secularism, governmental restriction, and doctrinal disorder within church bodies, then new faces can begin afresh the work of restoring the unity of Christ’s own Bride."
Konvertiten, Revertiten und andere Neu-Gläubige

Gerard Serafin hat in seinem Blog eine ganze Menge von Konvertiten aufgelistet. Sowas könnten wir doch auch für den deutschsprachigen Raum beginnen? Nicht um anderskonfessionelle Schwestern und Brüder zu beschämen, sondern in erster Linie um uns klar zu machen, daß unsere alte, römisch-katholische Kirche "attraktiv, jung und lebendig" ist und daß GOtt ihr nicht die Schlechtesten zuführt. Für den Anfang fallen mir ein:

Fono, Isa Vermehren, Christa Meves, Gabriele Kuby, Adrienne von Speyr, Gertrud von le Fort, Heinrich Schlier, Erik Peterson, Peter Seewald, Horst Bürkle.
Update am 28.7.2003: Werner Bergengruen, Edith Stein, Karin Struck, Gustav Mahler, Theodor Haecker, Dietrich von Hildebrand, Ernst Jünger, Alfred Döblin, Reinhold Schneider, Heinrich Spaemann
Update am 30.7.2003: Siegfried Ernst, Erwin Hilbert, Elfriede Goldschmidt,
Das Evangelium nach Robert Zimmerman

Nach dem Hinweis auf das Evangelium according to Dr. Ralph Stanley sei nun auf ein Album mit Bob Dylan-Gospelsongs hingewiesen. Im Sojourners-Magazin findet sich eine schöne Rezension.

Könnte das Kaufen und Anhören lohnen.
Küblböcks Memoiren

"Das Aussehen der Erde und des Himmels könnt ihr deuten. Warum könnt ihr dann die Zeichen dieser Zeit nicht deuten? Warum findet ihr nicht schon von selbst das rechte Urteil?" (Lk 12, 56f)

22. Juli 2003

Jesus aber sprach zu seinen Mitarbeitern

"Über die Vergänglichkeit der Bibel" ist der Untertitel des Essays "Thron und Altar" von Hanno Helbling in der Neuen Zürcher Zeitung vom 19. 7. 2003. Aber nicht die Vergänglichkeit der Bibel, sondern ihrer Interpretationen und Zähmungen durch die Jahrhundert ist eigentlich sein Thema.

Beginnend beim Predigtvers für den Gedächtnisgottesdienst für Friedrich den Großen 1786 über den Alltagsgebrauch von Bibelworten und Büchmanns Zitatenschatz bis zum Aufbegehren gegen Milieu- und Bildungschristentum des 20. Jahrhunderts zeigt er an vielen Beispielen, wie wir alle die Bibel inkulturieren, indem wir sie für unsere Zwecke und für unsere Ideologien in Dienst nehmen.

Vielleicht ist das fast unvermeidlich; jedenfalls aber unterliegen auch all die einem Irrtum, die meinen, mit Verheutigung und Vereinfachung die Bibel dem "modernen Menschen" (wer auch immer das ist) näher bringen zu können. Denn das Heutige ist immer auch banal, und das Fremde der Bibel ist nie mühelos zu erkennen und zu akzeptieren.

Helbling: "Die Inhalte der Verkündigung werden von dem frommen Zungenschlag freigehalten, der nicht mehr als «zeitgemäss» gilt - was er schon früher nicht war, nur hatte man das von einer religiösen Ausdrucksweise auch nicht erwartet. An die Stelle der «Sprache Kanaans» tritt eine Alltagssprache, deren Echtheit oft zweifelhaft bleibt, die aber der Enttabuisierung dient, den Zugang zum Evangelium - zu der «guten Nachricht», wie es nun heissen kann - leicht macht, zugleich allerdings auch lenkt; denn die zeitgemässe Rede erfasst vorzugsweise diejenigen Aspekte der Lehre Jesu, die sich als «heutig», als aktuell im Sinn ideologischer Vorgaben deuten lassen.

Die sprachliche Aufbereitung bezieht den Text der Heiligen Schrift mit ein. Wenn das Wort «Evangelium» mit «gute Nachricht» übersetzt wird, soll das einer Leserschaft entgegenkommen, von der man - jetzt erst - feststellt, dass sie weder die griechische noch die latinisierte Vokabel gelernt hat und sie nur sozusagen empirisch versteht. Eine «Nachricht» und nicht etwa eine «Botschaft» muss es aber deshalb sein, weil «Botschaft» schon zu feierlich, zu wenig alltäglich klingt. Eine Nachricht, und dazu noch eine gute Nachricht erzeugt keine «Schwellenangst», nimmt niemandem den Atem - es sei denn, die erzählten Ereignisse hätten trotzdem etwas Beunruhigendes an sich. Und die Beunruhigung, oder die Betroffenheit, durch das Gelesene oder Gehörte lässt sich dadurch gewiss auch erhöhen, dass die Geschichte nicht altvertraut wirkt, sondern durch einen fürs Erste noch ungewohnten, verfremdeten Wortlaut die Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Nun steckt in jeder Neufassung eine Polemik gegen den alten Text; das gilt für die katholische Liturgiereform so gut wie für die modernen Bibelübersetzungen. Und die Polemik richtet sich über den Text hinaus auch gegen (profan gesprochen) sein Stammpublikum. Wenn nun zum Beispiel steht: «Jesus aber sprach zu seinen Mitarbeitern», und diese Formulierung wird damit begründet, dass man heutigen Menschen nicht zumuten könne, zu wissen, was ein Jünger sei, so ist das zwar ausnehmend töricht, aber gerade deshalb aufschlussreich. Denn darauf, was ein Jünger ist, haben schon gestrige Menschen nur kommen können, indem sie ein Kapitel eines Evangeliums lasen; erst wenn das Wort in dem Text nicht mehr vorkommt, verliert sich die Kenntnis. Und eben das soll sie auch. Die «gute Nachricht» soll sich durch keine Sonderterminologie auf eine Vorverständigung beziehen, nicht an ein Bescheidwissen appellieren, das einem kirchlich-bildungsbürgerlichen Traditionsverband den Vortritt zum Altar gewährt."
Steak, Bier, Zigarre

Michael Novak zitiert G. K. Chesterton in seinem First Things-Artikel Women, Ordination, and Angels:

"Catholicism ... is a thick steak, a glass of stout, and a good cigar."
Was sagen denn eigentlich die Orthodoxen?

Angesichts des momentanen ökumenischen Trubel vergessen wir leicht, daß es noch einen großen und wichtigen Partner in der Ökumene gibt - die Orthodoxie.

Huw verweist in seinem Doxos-Blog auf einen Vortrag des russisch-orthodoxen Bischofs von Wien und Österreich, Hilarion Alfejew, der kein Blatt vor den Mund nimmt:

"The main challenge from within Christianity is the liberalization of doctrine and morality which is occurring in many churches of the Reformation under the influence of processes taking place in secular society. This liberalization is constantly criticized by the Orthodox Churches, but their voice is not properly heard, and the gap between them and their ecumenical partners of the Reformist background is only widening. (...)

In my opinion, recent liberalization of teaching and practice in many Protestant churches has alienated them from the Orthodox much more than all prior Protestant history.

It has also undermined the common Christian witness to the secularized world. Here in Europe Christian voice is not united: we preach different moral standards, our doctrinal standpoints are dissimilar, and our social positions vary a great deal. One wonders whether we can still speak of ‘Christianity’ or whether it would be more accurate to refer to ‘Christianities’, that it, markedly diverse versions of the Christian faith.

Liberal tendencies, I contend, make Christianity ever more vulnerable in the face of militant secularism, which steals from us millions of people, notably youth. Many Christian communities, especially in Western Europe, experience a catastrophic shortage of vocations. But what is the reason for this? One of the reasons is precisely that doctrinal and moral liberalism which not only undermines credibility of Christian communities in the eyes of the secular world but also makes Christianity uninteresting and irrelevant, since it does not challenge secular society and does not have anything significantly different to offer to young people educated by secular culture." (Orthodoxy Today)

21. Juli 2003

Richtig telefonieren

"There is no sweeter sound to another person than the sound of his own name. Be sure to use it whenever appropriate." Das ist nur einer der vielen nützlichen Tipps aus dem netten Ratgeber "How to make friends by Telephone".

Gefunden, Herr Scipio, im netbib weblog.
Was soll ich denn heute kochen?

Angehende Mütter können sich bei Mamas Klassiker die besten Sprüche für ein glückliches Leben mit ihren Kindern abholen. (via netbib weblog)
What would Elvis sing?

Tears in Heaven, Graceland oder gar Dieter B.s Pink Cadillac? Klar!

(via A Saintly Salmagundi)

20. Juli 2003

Liturgische Blüten IV

Von Caroline Madsen stammt der Artikel "The Common Word: Recovering Liturgical Speech" in der Zeitschrift CrossCurrents, der einige sehr interessante Beobachtungen und Befunde zur Psychologie und Geschichte der liturgischen Sprache bringt.

Gerade gegenüber einem Trend (und zunehmend einer Praxis), der Liturgie als Ort sieht, an dem sich Gefühle ausdrücken (vgl. die dauernden Aufforderungen, Liturgie solle Freude ausstrahlen, die Menschen sollten dort auf einander zugehen und sich begegnen), stellt sie sehr realistisch fest:

"Liturgie beginnt bei einer der eher trostlosen Tatsachen menschlicher Erfahrung: Wir leben in Gruppen, aber sehr wenig von dem, was wir am meisten sagen müssen, kann in einer Gruppe gesagt werden. Zwischen den Leuten, die wir zu gut, und denen, die wir nicht gut genug kennen, können wir in einem öffentlichen liturgischen Rahmen nicht viel über oder unter die Oberfläche gehen - außer mit indirekten Methoden. Unsere Geheimnisse sind zu mächtig, oder zu zerbrechlich, für eine solche Enthüllung."

Liturgie löst dieses Problem durch ihre hoch formale Struktur, die "in Momenten der Verwundbarkeit die Teilnehmer gegen die Risiken einer Interaktion schützt. David Crystal, ein Linguist, der sich auf Intonation spezialisiert hat, bemerkt einmal, daß die Rezitation von geschriebener Liturgie in einem der Monotonie nahen Tonfall stattfindet. Mienenspiel, spontane Gesten, Heben und Senken der Stimme - sie alle verschwinden; Gebet, praktisch als die einzige unserer sprachlichen Ausdrucksweisen, ist emotiv, ohne expressiv zu sein. Die Trance-ähnliche Wiederholung emotional aufgeladener Sprache - gesprochen in der Gegenwart anderer, aber der wesentlichen Werkzeuge der Unterhaltung beraubt - erlaubt es einer intensiven Innerlichkeit, in einer äußerlichen Form aufzutauchen."

Madsen verfolgt die Geschichte der englischen Sprache in der (protestantischen bzw. anglikanischen) Liturgie, macht kurze Exkurse in die neurologischen Auswirkungen und Grundlagen liturgischen Sprechens und fordert eine Liturgie, die wie die traditionellen jüdischen und christlichen Liturgien, die erfahrenen Zerstörungen und Verluste erinnert. "Von allen Ironien des 20. Jahrhunderts ist nicht die geringste, daß im Jahrhundert Hitlers und Stalins, Freuds und Einsteins, im Jahrhundert der Schützengräben und der staatlichen finanzierten Gaskammern, der Atombombe, der chemischen Waffen und der globalen Erwärmung ausgerechnet die Liturgie optimistisch werden soll."

Optimistisch, das darf man ergänzen, nicht in der Erwartung von Gottes absoluter und eschatologischer Zukunft, sondern im Sinn einer oberflächlichen heilen Welt.

Ich denke, das gibt einen Vorgeschmack auf die knapp sieben Seiten, die sich für jeden lohnen, der sich für Liturgie interessiert (und wie unten: das Englische nicht scheut).
Liturgische Blüten III

Schon ein bißchen älter, aber erst gestern von mir gelesen: Ein Eintrag von Victor Lams, in dem er ein US-Neues Geistliches Lied und den Werbe-Jingle von Mr. Clean (=Meister Propper) vergleicht. Clean schneidet inhaltlich und lyrisch bei weitem besser ab.

Wer das Englische nicht scheut, wird seinen Spaß haben.
Liturgische Blüten II

Scheint auch ein Kennzeichen von Christen zu sein, daß sie das Normale tun wollen und tun - aber dafür eine hochtheologische Begründung beiziehen.

Die Essenz der heutigen Predigt: "Wenn der Streß uns packt und wir eine Pause brauchen, dann sorgt Gott weiter für die uns anvertraute Aufgabe. So dürfen uns dann sorglos entspannen."
Liturgische Blüten I

Der Priester zur Eröffnung der heutigen Sonntagsmesse: "Der Herr, der uns eine Stunde Ruhe und Besinnung schenken möchte, sei mit Euch!"

Und ich dachte, es geht um ein Gedächtnis und um die Vergegenwärtigung eines Dramas.
Na, geht doch.

Da waren's schon sechs dkWs. Grund genug, die Freunde und Kollegen alphabetisch zu sortieren.

19. Juli 2003

Grenzgänger

Cormac McCarthy wird heute 70 und die Süddeutsche Zeitung gratuliert ihm zurückhaltend.
Vorauseilender Ungehorsam

Walter Kasper 1970: "Die eigentliche Irregularität sind nicht solche offenen Kommunionfeiern, sondern die Spaltung und gegenseitige Exkommunikation der Kirchen. Die nicht positiv genug zu würdigende Funktion einzelner Gruppen, welche hier vorpreschen, ist es, dass sie den Kirchen den Skandal ihrer Trennung im Sakrament der Einheit immer wieder vor Augen führen und dafür sorgen, dass wir uns nicht bequem mit dem Status quo abfinden. Deshalb können einzelne gemeinsame Eucharistiefeiern, wenn sie in christlicher Verantwortung begangen werden, ein Zeichen der Hoffnung sein, dass die trennenden Gräben aus der Vergangenheit durch gemeinsame Anstrengung überwunden werden können, indem sich alle im Glauben an den einen Herrn um den einen Tisch versammeln, um das eine Brot zu teilen und sich zu einem Leib verbinden zu lassen."

Christliche Verantwortung. Dehnbar wie nur irgendein Schlagwort. Und jeder hat sie, der sie für sich beansprucht.

Guido Horst in der Tagespost gibt die genaue Zitatstelle im Werk des jungen Kasper an und stellt fest, daß wie so oft im Leben andere die Suppe löffeln müssen als der Koch, der verliebt in seine revolutionären, progressiven Kochideen mit dem Salz nicht spart.
Pietistische Präsidentenlogik

Keiner wird wegen seiner logischen Fähigkeiten Bundespräsident. Illustriert hat das gestern Johannes Rau.

Wenn die Frankfurter Rundschau bzw. dpa richtig berichten, sagt er in einem ZDF-Interview: "Der ökumenische Kirchentag war gerade von den jungen Leuten her ein Zeichen dafür, dass sich Institutionen verändern. Um so schrecklicher ist für mich die Maßregelung eines Priesters, die ich als evangelischer Christ nicht verstehen kann, ohne da der katholischen Kirche ins Wort fallen zu wollen."

Sein Folgerung, daß die Suspendierung des Prof.em. GH schrecklich sei, trägt natürlich nur, wenn zur Feststellung sich ändernder Institutionen weitere Sätze dazukommen. Genau da wird es kritisch, und deshalb hat sie Rau wohl auch verschluckt.

a) Der ÖKT insgesamt und besonders die Art der Beteiligung junger Leute zeigt, daß sich Institutionen (hier: die Kirchen) verändern.
b) Diese Veränderung ist nicht nur ein historisches oder soziologisches Faktum, sondern eine Veränderung zu etwas Besserem, ein Fortschritt also im neuzeitlichen Sinn.
c) Daher darf diese Veränderung nicht nur festgestellt oder gar verlangsamt oder gestoppt, sondern muß gefördert und unterstützt werden.
d) Die Suspendierung eines Priesters aus kirchenrechtlichen Gründen oder wegen unerlaubter Abendmahlsgemeinschaft fördert diese Veränderung nicht.
e) Deshalb (und vielleicht wegen des zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs mit dem ÖKT) ist sie schrecklich.

Ganz klar ist Satz b der Angelpunkt des Rauschen Arguments. Damit er gilt, muß aber entweder definiert sein, was einen Fortschritt, was eine Entwicklung zu etwas Gutem oder Besserem ausmacht. Das klingt bei J. Rau nicht einmal an und kann deshalb hier nicht einmal ansatzweise kritisiert werden.

Oder wir modifizieren Satz b: Eine Veränderung ist per se, unabhängig von ihrem Inhalt etwas Gutes, geht quasi automatisch in die richtige Richtung. (Voraussetzung mag je nachdem noch sein, daß sie von einer ausreichend großen Zahl von Menschen oder von der richtigen Gruppe wie z.B. der Jugend getragen wird.)

Dann erhebt sich natürlich das Problem der Prognose und des zeitlichen Horizonts: Wer gibt J. Rau die Sicherheit, daß die Prognose richtig ist und eben keine self-fulfilling prophecy, die propagandistisch wirken soll und wirkt? Wenn aber die Prognose richtig ist: Wie geht es nach Erreichen des nächsten Stadiums weiter? Gibt es evtl ein Rollback, ein Wiederaufgreifen früherer Zustände der veränderten Institutionen? Und wäre dieses Rollback nicht auch ein Fortschritt, da ja - s.o. - jede Veränderung per se gut ist? Wäre es dann nicht besser, wir würden gleich längerfristige Tendenzen stärken?

Bevor es zu kompliziert wird, höre ich auf - nicht ohne vorher noch zusammenfassend zustellen, daß für mich als katholischen Christ Johannes Raus Logik ziemlich schrecklich ist, ohne ihn allerdings kritisieren zu wollen. Wie das funktioniert, weiß er selbst am besten.



18. Juli 2003

Hilaire Belloc: Lines to a Don

Remote and ineffectual Don
That dared attack my Chesterton,
With that poor weapon, half-impelled,
Unlearnt, onsteady, hardly held,
Unworthy for a tilt with men –
Your quavering and corroded pen;
Don poor at Bed and worse at Table,
Don pinched, Don starved, Don miserable
Don stuttering, Don with roving eyes,
Don nervous, Don of crudities;
Don clerical, Don ordinary,
Don self-absorbed and solitary;
Don here-and-there, Don epileptic;
Don puffed and empty, Don dyspeptic,
Don dull, Don brutish, Don pedantic;
Don hypocritical, Don bad,
Don furtive, Don three-quarters mad;
Don (since a man must make an end),
Don that shall never be my friend.

Don different from those regal Dons!
With hearts of gold and lungs of bronze,
Who shout and bang and roar and bawl
The Absolute across the hall,
Or sail in amply bellying-gown
Enormous through the Sacred Town,
Bearing from College to their homes
Deep cargoes of gigantic tomes;
Dons admirable! Dons of Might!
Uprising on my inward sight
Compact of ancient tales, and port
And sleep – and learning of a sort.
Dons English, worthy of the land;
Dons rooted; Dons that understand.
Good Dons perpetual that remain
A landmark, walling in the plain –
The horizon of my memories –
Like large and comfortable trees.

Don very much apart from these,
Thou scapegoat Don, thou Don devoted,
Don to thine own damnation quoted,
Perplexed to find thy trivial name
Reared in my verse to lasting shame.
Don dreadful, rasping Don and wearing,
Repulsive Don – Don past all bearing.
Don of the cold and doubtful breath,
Don despicable, Don of death;
Don nasty, skimpy, silent, level;
Don evil; Don that serves the devil.
Don ugly – that makes fifty lines.
There is a Canon which confines
A Rhymed Octosyllabic Curse
If written in Iambic Verse
To fifty lines. I never cut;
I far pretend to end it – but
Believe me I shall soon return.
My fires are banked, but still they burn
To write some more about the Don
That dared attack my Chesterton.
Hilaire Belloc: The Catholic Sun

Wherever the Catholic sun doth shine,
There’s always laughter and good red wine.
At least I’ve always found it so.
Benedicamus Domino!
Deep Linking erlaubt,

sagt heute der BGH
Entweder sichtbar oder gar nicht

Pünktlich kommt der Beitrag von Klaus Berger zur Ökumene in der heutigen FAZ: "Wer Augen hat. Blindekuh-Ökumene: Die unsichtbare Kirche gibt es nicht"

Er nimmt eine - neben den traditionellen Verhandlungsökumenikern und den "Wiedervereinigung jetzt"-Praktizierern - dritte Richtung ins Visier: Hier wird die sichtbare Kircheneinheit gar nicht mehr angezielt, sondern mit einem Verweis auf neutestamentlichen Theologiepluralismus überflüssig gemacht. Der Status quo reicht völlig. "Das höchste Ziel ist damit die Anerkennung jeder Einzelkirche durch die anderen Kirchen, insbesondere durch die katholische. Daher auch der Protest gegen 'Dominus Iesus', weil dieses Dokument anderen Konfessionen das Kirche-Sein abzusprechen schien, was selbst der gebildete Laie so verstand, als werde ihm das Christsein abgesprochen".

Daß dieser Ansatz ganz und gar nicht schriftgemäß ist, erklärt Berger so: "Und wer gar Paulus zum sanften Ökumeniker macht, der alle Christen zum Tisch des Herrn eingeladen hätte, verkennt, daß schon in Galater 1, 8 andere Christen, nämlich solche, die ein anderes Evangelium lehren als Paulus selbst, feierlich mit Bann und Fluch belegt werden. Und wer die nach Ansicht des Paulus falsche Sexualpartnerin hat, mit dem darf man nicht einmal zusammen essen, geschweige denn Abendmahl feiern (1 Korinther 5, 11). Die Leidenschaft für Wahrheit und Eindeutigkeit rangiert nach Paulus vor jeder verschwommenen Nächstenliebe.

So gewiß der Kanon des Neuen Testaments eine Variationsbreite des christlichen Konsenses angibt, so eindeutig ist es kein zukunftsträchtiger Weg, die Wahrheitsfrage auszuklammern. An den Extremen kann man lernen. Anhand der untereinander sehr verschiedenen Gruppen der Anthroposophen, der Mormonen und der Zeugen Jehovas, die sich alle auf Jesus berufen, mag die Bedeutung der Wahrheitsfrage erkennbar werden."

Neutestamentlich ist für ihn das Ziel und die Bedeutung einer sichtbaren Kircheneinheit begründet durch "die sichtbare Einheit durch die Sukzession der Getauften, durch den Kanon und durch die allseits anerkannten Autoritäten", die sich "als menschliche Erfindungen ... relativieren" lassen.

Fazit: "Nach dem vierten Evangelium ist die tätig verwirklichte, sichtbare Einheit der Christen nicht menschlichem Ermessen überlassen, sondern Jesu Gebot. Jesus bindet geradezu den Glauben an ihn als Gottessohn an die Bewahrung der Einheit durch die Jünger (Johannes 17, 21-23). Wer die sichtbare Einheit verletzt - dazu gehören allerdings zumeist zwei Seiten -, der vergeht sich gegen den Willen Jesu. Der Verzicht auf eine sichtbare Einheit der Kirchen und die Ansiedelung der Einheit im Unsichtbaren ist daher für jeden Anhänger des Neuen Testaments unerträglich."
Eugen Redivivus

Der Evangelische Pressedienst (epd) hat die Identität von Gotthold Hasenhüttl aufgedeckt. Der Mann mit dem unwahrscheinlichen Namen ist in Wirklichkeit - Eugen Drewermann.

Oder kennen Sie einen anderen "Sanften Priester und Rebell"?

[Jezz aba ma Schluß. Damit sich Gotthold nicht weiterwundern muß: "Ständig steht etwas Neues in den Weblogs, auch Dinge, die ich gar nicht gesagt habe" (Quelle wie oben.)
Endlich!

Gotthold Hasenhüttl hat es in die Schlagzeilen geschafft. Erich bringt sie alle in seinem Weblog.

Er tanzte nur einen Sommer. Cito transit gloria mundi - der Ruhm der Welt vergeht im Flug. Das Vergessen kommt. In 25 Jahren pinkelt der erste Hund an seinen Grabstein. Gotthold selber wird schon bereut haben (für den Grammatiker: Futur exakt) und sieht IHN. Ist immer noch geblendet, überwältigt, stummt, leer-voll von IHM. (Keine Angst: Ich bin mir bewußt, daß die ersten drei Sätze für mich genauso stimmen; der vierte hoffentlich noch nicht vn wegen durchschnittlicher Lebenserwartung und so, und wegen der letzten bitte ich Euch, Brüder und Schwestern, um Euer Gebet - für Gotthold und mich.)

Auf den Philippinen, in Südkorea, in Sibirien, in Peru, in Deutschland werden weiterhin Katholiken den Leib und das Blut Christi empfangen. Und irgendein junger Kirchenhistoriker sucht zu seinem Artikel für die 5. Auflage des LThK in den Weiten des Hyperweb nach Material über einen dubiosen katholischen Theologen, der damals in Berlin eine wahnsinnige Provokation unternommen haben soll. Irgendwas mit Hase, oder so. Keine Ahnung. Gab's damals ja viele davon. Sind gegen 2015 ausgestorben. Weil keiner mehr einsah, warum er so gequält katholisch sein sollte. Entweder mach ich's richtig oder lass es bleiben. Richtig.

17. Juli 2003

Zum Stand der Krankentötungen in den Niederlanden

Lesen: Fuat S. Oduncu und Wolfgang Eisenmenger: Geringe Lebensqualität: Die finstere Praxis der Sterbehilfe in Holland – bis hin zum Mord

"Die Zahl von Tötungen ohne Verlangen zeigt, dass ein Missbrauch auch durch die de-facto-Legalisierung nicht verhindert werden konnte, ja sie wirft die Frage auf, ob der Missbrauch nicht gerade durch die Duldung und Legalisierung der Tötung gefördert wird."
Armer Kerl

Nicht mal die Pensionäre haben mehr ihre Ruhe. Gotthold Hasenhüttl, von Suspendierung bedrohter katholischer Rebell, findet alles nicht so schlimm.


Schön, lehrreich und obercool die Passage: "Damals, erinnert sich Hasenhüttl, habe Pater Klein, der Spiritual der Gregoriana, die Studenten ermutigt, bei aller Kirchenbindung frei zu denken – 'daran habe ich mich gehalten'."

P. Wilhelm Klein SJ dürfte spätestens jetzt im Sarg auf dem Bauch liegen.
Damit lernt sich's leichter.

Was für Chemiker, Chemikanten und Gymnasiasten: The Comic Book Periodic Table of the Elements (via EveTushnet.com)
Laufrichtung

Erich fragt nach der Bewegungsrichtung der "Partner"-Kirchen im ökumenischen Raum.

In der Erwartung des deutschen (oder westeuropäischen) Mainstream ist die Richtung klar: In Richtung eines gesellschaftlich an-/eingepassten Christentums, einer sozial-multireligiös-orientierten, durchaus transzendenzoffenen NGO (Non-Governmental Organization), die die Eintrittsvoraussetzungen - auch in ihre Bürokratie und Leitungsschicht - niedrig hält, ihre gründlich bereute Geschichte auf die "Wir über uns"-Seite abschiebt und sich ansonsten für Frieden, Weltethos, saubere Luft, die UN, gegen Arbeitslosigkeit etc einsetzt. (Umso mehr als das alles den jesuanischen Geist voll verwirklicht.)

Da aber unsere evangelischen Brüder (und manchmal vor allem die Schwestern an ihrer Spitze) damit schon weiter gekommen sind als wir, bewegen sich also die r.-k. Christen auf die Protestanten zu und diese als running target vor uns her in der gleichen Richtung.

16. Juli 2003

Christian Science

Martin Roth berichtet von einem Radiointerview mit Francis Collins vom Human Genome Project:

"A few minutes into the interview came a simple question: 'Do you believe in God?' The answer: 'I do. Quite passionately, in fact.' And then came a strong defence of traditional Christian beliefs."
Katholisches Weblogging im deutschsprachigen Raum

Nach fast einem Jahr Weblogging denke ich gelegentlich "off blog" über den Zustand des katholischen Weblogging in Deutschland (und mit Erich in Österreich) nach.

Es gibt nach wie vor "nur" vier Weblogs dieser Kategorie [und neuerdings das von Elisabeth, das noch ein bißchen sein Profil sucht - würde ich jedenfalls sagen. Nix für ungut.]. Dazu Dybart Simpson, der sich "langsam, ganz langsam, fast gar nicht" (Paul Hannappel) in unsere Richtung bewegt.

Von einem Zustand wie in den U.S. of A., wo Mark Shea von den "New Catholic Media" und Father Neuhaus von der "Blogger Insurgency" sprechen, sind wir jedenfalls noch ganz weit entfernt. Allerdings ist es wohl kein Zufall, daß die vier deutschsprachigen katholischen Weblogger (dkW) allesamt "of a slightly conservative bent" sind, wie die amerikanischen Kollegen sagen würden.

Meine Arbeitshypothese dazu ist, daß jeder Weblogger eine Mission, eine Botschaft hat: Er hat etwas, was er verkündigen will. Nun setzt eine Botschaft aber eine Menge Unwissender oder Ungläubiger voraus. Der Missionar begibt sich immer ins Heidenland oder auf Heimaturlaub zum Geldsammeln und Auftanken.

Haben also unsere Glaubensbrüder auf der anderen Seite des Hauptganges vielleicht deswegen nichts zu bloggen, weil ihre Botschaft ja eh schon von den Kanzeln tönt? Nicht den römischen und bischöflichen, aber denjenigen, die für die Plausibilitätsstrukturen(Peter L. Berger) sorgen?

Einen Beleg dafür sehe ich z.B. im Gästebuch der Breitenbach-Pfarrei St. Michael, Schweinfurt, dessen Moderator sich dort durchaus als Blogger betätigt.

Ein großer Unterschied zu den U.S. of A. ist der folgende: Dort bloggen auch Profis, Journalisten wie Andrew Sullivan, Priester wie Don Jim von Dappled Things oder Theologen wie der Alte Oligarch.

Mal sehen, wann wir den ersten Profi begrüßen können. Mal sehen. Technische Unterstützung wird von den dkW aus der Ferne bestimmt geleistet.
Ganz schön skeptisch

Emeth Hesed Smith schreibt im Dead Frog Blog:

"Blogging is fake. Blogging is unreal. Don't think you can get to know people through their blogs. I've been more and more convinced of this as I get to know bloggers better. As we keep in touch, telling each other things we could never blog, we all agree on how little we actually write on our blogs. What a blog reveals of a blogger's life is smaller than the tip of an iceberg. Real life is so unbloggable."

Eingeschränkte Zustimmung.

Auch ich blogge nicht mein ganzes Leben, und wie soll ich den ganzen Eisberg enthüllen können, wenn ich selbst nur die Spitze sehen kann, die übers Wasser ragt?

Sed contra: Das, was ich blogge - aus freiem Willen oder als ungewollt-unabsichtliche Zugabe für den Menschenkenner - ist ja durchaus real. Es sind meine Meinungen, meine Erlebnisse, meine Charakterzüge, die da zu lesen und zu erkennen sind. Stellt Scipio, Erich, fono und Benedikt nebeneinander - und nach dem ersten Satz wisst Ihr, wer welcher Blogger ist. (Wahrscheinlich würde man uns schon beim Betreten des Raums der Gegenüberstellung und beim Aufstellen vor dem verspiegelten Fenster zuordnen können - ohne ein Wort.)

Natürlich ist der eigene Stil nicht natürwüchsig, eine 1:1-Projektion unserer Person auf das Medium Weblog, sondern ist Ergebnis einer Stilisierung, beim einen mehr, beim anderen weniger. Wenn es schon kaum möglich ist, ein Tagebuch ohne Rücksicht auf potentielle Leser zu schreiben, wie soll das bei einem Weblog möglich sein, das auf Öffentlichkeit aus ist? (Wir tun ja auch alles, um unser Ranking bei google.com zu verbessern oder uns im Blogmos finden zu lassen.)

15. Juli 2003

Orientierung statt eingeweihte Leiterwagen

Im Gegensatz zu Lazy Lester haben wir es bei Bischof Gerhard Müller (Regensburg) mit Lover and Fighter gleichermaßen zu tun. Das passt nicht jedem, besonders nicht denen, die ihren Bischof gern bei ländlichen Honoratioren sehen und derweil ihre Agenda abarbeiten.

Die Süddeutsche bringt ein Interview:

"SZ: Suchen Sie den Konflikt?

Müller: Man hat es immer einfacher, wenn man die Dinge laufen lässt. Aber dann droht alles auseinander zu bröseln. Ich bin kein Direktor einer Folklore-Bewegung; ich bin nicht Bischof, um nur Feuerwehrautos einzuweihen, Kinder zu herzen und dann wieder wegzufahren. Mir geht es immer um die Vermittlung des Glaubens, der den Menschen Orientierung für ihr Leben gibt.

SZ: Es zucken auch treue Katholiken, wenn Sie junge Priester aufrufen, 'Kämpfer für den Glauben' zu sein.

Müller: Wer bibelfest ist, weiß, dass das Bild vom Kämpfer für den Glauben aus dem ersten Timotheusbrief stammt. Ich habe bei der Priesterweihe verdeutlicht, dass man sich für die Glaubensvermittlung anstrengen muss und nicht bequem im Sessel sitzen bleiben darf.

SZ: Es ist aber interessant, wie man das sagt. Warum das Kämpfer-Bild?

Müller: Weil es zu wenige aktive Vermittler des Glaubens gibt. Mit dem Glauben ist es wie mit der Rente. Da haben zu viele zu lange gedacht: Für mich reicht es noch, und die künftige Generation ist mir egal. Da ist das Bild vom Kämpfer ein gutes Bild.

SZ: Sie sprechen von der 'Neuevangelisierung'. Soll ein elitärer Kreis der Evangelisierten die Volkskirche ersetzen?

Müller: Die Kirche kann nur Volkskirche bleiben, wenn ein lebendiger Kern da ist. Wenn die Mitte eines Baumes verfault, bricht auch alles andere auseinander. Es braucht also Christen, die sich für die Verkündigung und Seelsorge besonders engagieren."

Informator statt Terminator

Endlich: mein Berufsstand hat eine eigene Actionfigur!

"Librarians aren't known for Terminator-style stunts. Rarely do they need to be faster than a speeding bullet or leap tall buildings in a single bound.

Pearl herself comes across as modest and unassuming, but she's an unabashed booster of her profession: 'The role of a librarian is to make sense of the world of information. If that's not a qualification for superhero-dom, what is?'

Amen, says Mark Pahlow, owner of Accoutrements. In addition to historical characters, he looks for action figures in 'people in unusual or underappreciated jobs.'

'Nancy is the quintessential librarian!' Pahlow said, '... She is an iron fist inside a velvet glove. And she does not take herself too seriously.' (...)

Seattle City Librarian Deborah Jacobs, Pearl's boss, said anyone who doesn't view a librarian as a potent force doesn't understand the job. "Ideas are more powerful than bombs," she said. 'Information is the way to take over the world.'"

Eisenfaust, Superheldentum, stärker als Bomben, Welteroberung. Für den Anfang ganz gut.
Heinsesein


Was macht eine Stadt mit einem großen Sohn, den keiner kennt? Sie widmet ihm eine Straße und feiert seinen 200. Todestag mit einem Gedenkjahr.

Aschaffenburg feiert also Johann Jakob Wilhelm Heinse und erhascht ein paar Strahlen aus dem Spätglanz des Nicht-ganz-Klassikers.

Zum Glück gibt es mit Reinhard Paczesny einen lebendigen lokalen Dichter-Satiriker, der uns Normalos Heinse auf respektlose Art näherbringt. Respektlos nicht so sehr gegen Heinse - den erlebte das Publikum gestern auf der Bühne gequält von seinen Kopfdämonen und zerrissen auf der Suche nach seiner wahren Bestimmung - als gegen die "Ascheberscher", die die Qualen ihres Heinse ganz schnell in die richtigen Kategorien stecken ("ganz wie dem Karl sein Obba") und lieber ihren Schafkopf zu Ende spielen.

Recht so.

[Kompliment an die Pennäler-Schauspieler! KGA rocks.]
Was glaubten eigentlich die Nazis?

"Unzählige Seiten sind über die Haltung der christlichen Kirchen zu den Nationalsozialisten geschrieben worden, doch merkwürdigerweise gibt es bis heute keine gründliche Studie über die religiösen Anschauungen der Nationalsozialisten."

Ein neues Buch schließt die Lücke auch nicht, sagt die SZ.
Doch keine Vakanz

Paul-Werner Scheele: "Bischöfe kommen und gehen, Jesus Christus bleibt."

- So richtig vakant ist Würzburg also nicht.

- Nicht nur Bischöfe kommen und gehen. Alle andern auch.
Europas Gewaltlosigkeit

In der "Welt" werden intellektuelle Europaträume referiert:

"Das Plädoyer von Jürgen Habermas zeigt eine ähnliche Struktur. (...) Also charakterisiert er die europäischen Gesellschaften exakt so, dass es diese Absicht stützt: Er hebt ihren hohen Säkularisierungsgrad hervor, ihr Vertrauen in die Steuerungsleistungen des Staates bei gleichzeitiger Skepsis gegenüber den Steuerungsleistungen des freien Marktes, ihr ausgeprägtes Misstrauen gegenüber technischer Fortschrittsbegeisterung und ihre niedrige Toleranz angesichts von Gewalt gegen Personen."

Lies: "gegen geborene Personen". (Wie hoch liegt eigentlich die gemittelte Abtreibungsrate in der Europäischen Union?)
R. S. Thomas: Gifts

From my father my strong heart,
My weak stomach.
From my mother my fear.

From my sad country the shame.

To my wife all I have
Saving only the love
That is not mine to give.

To my one son the hunger.

Von meinem Vater das starke Herz,
den empfindlichen Magen.
Von meiner Mutter die Angst.

Von meinem traurigen Land die Scham.

Meiner Frau alles, was ich habe
(Bewahre nur die Liebe
die nicht ich verschenken kann).

Meinem einen Sohn den Hunger.

14. Juli 2003

Geistliche Gourmets

Vorhin vergessen: Öffentlich unbeachtet bleiben soll der elitäre Klang und die vermutliche Wirkung von "evangelische Akademien" und "Studentengemeinden" bei und auf Ulrich Beer. Ever worked in a coal mine? (Ich auch nicht; hab's nur bis in die Papierfabrik gebracht und dort wunderbare Monate verbracht.)
Abendmahl als Großabfütterung und Null-Erlebnis

Beim "Christ in der Gegenwart" findet sich ein Gespräch zwischen Ulrich Beer und seiner Frau Roswitha Stemmer-Beer. Wie üblich, arbeite ich mich an einer Passage ab, mit der ich nicht übereinstimme:

"Ulrich Beer: Besonders schön erlebte ich die Abendmahlsfeiern in kleinen Kreisen, zum Abschluß von Tagungen, etwa in evangelischen Akademien, zum Beispiel Loccum oder Tutzing, ebenso in Studentengemeinden. An ökumenische Eucharistiefeiern erinnere ich mich ebenfalls. Was mich allerdings immer wieder und immer mehr stört, ist die anonyme, kollektive 'Großabfütterung' in Gottesdiensten, in denen einer den anderen nicht kennt, auch nicht kennenlernen will, wo man die Umstehenden aber mit dem Friedensgruß kurz kontaktieren soll. Das kommt mir künstlich und gewollt vor. Ich habe mich dadurch sogar schon von der Teilnahme am Abendmahl abhalten lassen. Überhaupt ist mir die regelmäßige Teilnahme nicht mehr so wichtig. Ich kann auch Gemeinschaft mit Gott in Christus so herbeisehnen, daß ich sie zu fühlen meine. Was hindert mich, mein eigenes Abendmahl zu feiern - auch mit eigenem Wein, getreu dem Auftrag: 'Solches tut, so oft ihr's trinket, zu meinem Gedächtnis'?

Roswitha Stemmer-Beer: Das kann ich verstehen und vollziehe es gern nach und mit. Aber ist ein solches Feiern dann nicht doch sehr irdisch und kein 'heiliges' Abendmahl mehr? Hast du dich dann nicht auch vom lutherischen ganz zum reformierten Verständnis des Abendmahls als Gedächtnismahl hinentwickelt?

Ulrich Beer: Die Unterschiede sind für mich nicht mehr so trennscharf bedeutsam. Und ist der 'Gedächtnisauftrag' nicht von Jesus selbst ausgesprochen? Ich meine, entscheidend ist doch, was es in mir bewirkt: Über das Gedächtnis die lebendige Verbindung mit Gott und den Menschen und die innere Stärkung des Glaubens. Dazu kommt die innere Verbindung mit der Christenheit, der unsichtbaren Kirche. Mit der sichtbaren, organisierten Kirche habe ich nicht nur gute Erfahrung."

Unkommentiert lasse ich die ökumenischen Eucharistien und UBs eigene Abendmähler und stürze mich nur auf zwei Aspekte, die ich gaaanz anders "erlebe":

Ich verstehe die Abneigung von UB gegen Großabfütterungen und anonyme Gottesdienste in anonymen Gemeinden etc.; die "Abendmähler" in einer Kuschel-, Freundes-, Familien- oder sonstwie vertrauten und homogenen Gruppe haben etwas für sich - absolut.

Nur: Der Einladende ist Jesus Christus - wie wir letzthin wieder gehört haben - und wer nicht zur Hochzeit kommt, weil außer ihm und seinen Lieben noch 250 oder tausend andere Gäste auftauchen, die er noch nicht kennt, der verhätschelt vielleicht doch seine schöne Seele. Oder im biblischen Bild: Es sind die Pharisäer, die als religiöse Gourmets gerne unter sich bleiben; bei den Zöllnern, hinten, vorne, im Seitenschiff, bei den namenlosen Spießbürgern und getauften Dummköpfen, den alten, nie emanzipierten Frauen und den Normalos im Sonntagsstaat, den Tuschlern und Schwätzern fühlt sich unser Herr wohl. Nicht weil er Zöllner per se liebt oder weil er Dummheit lieber mag als aufgeklärte Intellektualität (die oft genug wieder eine spezielle Form von Dummheit ist), sondern weil hier der Dank und die Überraschung ehrlicher sind. Weil ER das Törichte in der Welt erwählt hat. Weil hier neben dem "Dienstboten" (Phil 2, 7) Jesus die "Narren" (2 Koer 12, 12) und "Bastarde" (1 Kor 15, 8) sitzen.

Ich verstehe auch die Sehnsucht von UB nach einem Gottesdienst-Erlebnis. Der immergleiche Ritus, die Körpergerüche der Banknachbarn, alternde Organisten und beschränkte Priester vermiesen es auch mir oft genug.

Worauf kommt es mir denn an? "If I could just touch the hem of his garment", sehnt sich der Gospelsong - und jetzt, hier, berührt mich der Saum des Gewandes Christi; er hat mich "whole", heil und ganz gemacht, und ich habe nichts gespürt, gefühlt. Was ist daran so schlimm?

Es gibt den Glaubensalltag, und meine Feiertage datiert Gott. Ob ein Gottesdienst ein Erlebnis wird, liegt bei ihm. Es muß ja nicht gleich die "Dunkle Nacht" sein, in die ER uns hineinnimmt. Aber vielleicht schenkt er uns ja auch nur ein paar graue, vernebelte Tage, die meinen Glauben innerlich stärken und mich mit der sichtbar-unsichtbaren Kirche gleichermaßen verbinden. Wer bin ich, daß ich da Nein sagen dürfte?

Gerade die Psychologen müssten es besser wissen: Die Fixierung auf eine Erfahrung, die ich machen will, zwingt diese gerade nicht herbei, sondern führt eher zu Erwartungsangst, lähmt und erzwingt Fluchtverhalten. Eine Prise paradoxe Intention empfehle ich Ulrich Beer als Gegenmittel.
Nichts für Angsthasen

Grusel-Comic

(via Boing Boing: A Directory of Wonderful Things)
Von drinnen für draußen

"Haeftling kommt aus dem Knast Tegel.
Die erste Marke für Jailwear.
Von Inhaftierten handgefertigt."
(via netbib)

Franziskus in London



(BBC via Blog for Lovers)

13. Juli 2003

Im Nirgendwo angekommen

Es gibt einen Weg aus der Finanzmisere in Deutschland! Doch! Klicken Sie hier!
Liturgie statt Beschränktheit

Eine schöne, verständliche und kurze Übersicht über die Eigenart orthodoxer bzw. griechisch-katholischer Spiritualität und Liturgie gibt es auf den Seiten der Griechisch-Katholischen Kirche in der Slowakei.

Besonders der Passus: "Der Aufbau der langen Gottesdienste zielt weniger auf eindeutiges rationales Verstehen durch die Gläubigen, als daß er ihnen Freiraum läßt für ein individuelles Erleben des Gottesdienstes. Das Ziel ist, mit Gott zu sein und sich mit dem gefeierten Geheimnis zu vereinigen. Charakteristisch ist das Mehrmalige der Gebete, damit die Gläubigen die Wahrheiten tiefer und bewußter erleben können." trifft mein Erleben der Liturgie am vergangenen Samstag.

Kann es sein, daß der einzelne Christ viel freier, persönlicher, ganzheitlich-inniger vor Gott steht, wenn er nicht verbal-gewaltsam, durch Gemeindegesänge, verschiedenste Hinführungen und Einleitungen, durch Predigt und Aufrufe, durch gutgemeinte Geschichten und Sketche, in den Senkel gestellt wird? "Heute steht im Mittelpunkt unseres Gemeindegottesdienstes das Thema: 'Aufeinander zugehen - miteinander feiern'" - "Wir hören statt der Predigt heute die Geschichte von der Maus und dem Elefanten" - "Wir sind des Herrn Gemeinde und feiern seinen Tod" - "An diesem Misereor-Sonntag soll uns der Gedanke beschäftigen, wie wir am besten gemeinsam mit unseren Brüdern und Schwestern in der vierten Welt ..." - das alles greift viel stärker in meine, deine, unser aller Mitfeier ein als Gloria, Sanctus, Ektenien und Trishagion zusammen.

Vor allem aber liefert es uns der Endlichkeit, der Parteilichkeit und beschränkten Einsicht von Priestern, (gutmeinenden und gutwilligen, kein Zweifel!) Laien-Mitwirkenden, Vorbereitungsteams und Arbeitsgruppen aus. Und manchmal auch schlicht ihrer - Dummheit. (Dabei ist Liturgie eben gerade dazu gut, die Dummheit des Klerus und die Dummheit der Gläubigen soweit als möglich aus dem Gottesdienst zu verbannen.)
Das Wagnis von innen

Eudora Welty am Ende von "Eine Stimme finden":

"Wie Sie gesehen haben, bin ich eine Schriftstellerin, die einem behüteten Leben entstammt. Ein behütetes Leben kann dennoch ein waghalsiges Leben sein. Denn aller ernsthafte Wagemut kommt von innen heraus." ("As you have seen, I am a writer who came of a sheltered life. A sheltered life can be a daring life as well. For all serious daring starts from within.")
King James Version und Romans

Eudora Welty in ihren Erinnerungen "One Writer's Beginnings": "Wie viele von uns, aus meiner Generation von angehenden Südstaatenschriftstellern, waren auf die eine oder andere Weise, wenn nicht gar gleichermaßen, damit gesegnet, daß uns nicht die Bibelversion von King James vorenthalten wurde. Ihr Klang drang für immer in unsere Ohren und unsere Erinnerung." (Eine Stimme finden, 55f)

Ihrem Übersetzer Rüdiger Imhof (diesem Rüdiger Imhof?) wurde dieser Segen leider nicht zuteil. Denn König Jakob I. steht nicht für eine eigene Bibelversion, sondern nur für eine Übersetzung derselben. Und weder King James noch D. Martin Luther noch Eudora Welty kennen - im Gegensatz zum Übersetzer - mehr als einen Römerbrief. ("Von Zeit zu Zeit zuckten dann ihre Lippen über den ernsten und strengen Büchern der Bibel, zum Beispiel den Römerbriefen ...")

12. Juli 2003

Eudora

Wußte ich gar nicht: Eudora gibt es ja immer noch. Patin ist übrigens Eudora Welty mit ihrer Geschichte "Warum ich in einem Postamt lebe".
Librophilie

"Es war für mich beunruhigend und enttäuschend herauszufinden, daß Geschichtenbücher von Menschen geschrieben worden waren, daß Bücher keine Naturwunder waren, die aus sich selbst heraus entstehen wie das Gras. Doch ungeachtet dessen, woher sie kamen, kann ich mich an keine Zeit erinnern, in der ich nicht in sie verliebt war - in die Bücher selbst, den Deckel und Einband und das Papier, auf das sie gedruckt waren, mit ihrem Geruch und ihrem Gewicht und dem Gefühl, sie in meinen Armen zu halten, erbeutet und zu mir entführt. Obwohl des Schreibens und Lesens unkundig, war ich für sie bereit und darauf bedacht, ihnen alles Lesen angedeihen zu lassen, das ich ihnen zu geben imstande war." (Eudora Welty: Eine Stimme finden.- München: btb, 2001, 18f.)

11. Juli 2003

Musiktherapie

Nicht schlecht gegen Kopfschmerzen: Cowboy Junkies: Rarities, B-Sides and Slow, Sad Walzes.

Margo, soothe my achin' head.
Im deutschen Sommertheater fehlen die katholischen Schauspieler. Anbei ein kleines Skript, das die katholische Perspektive angemessen zur Geltung bringen könnte:

"Wir sind Kirche": Papst soll Sommerurlaub in Italien absagen

(kna) Hannover. Christian Weisner, Sprecher der KirchenVolksBewegung "Wir sind Kirche" forderte Papst Johannes Paul II. auf, seinen geplanten Sommerurlaub in Italien abzusagen. "Der Papst sollte dem mutigen Schritt von Gerhard Schröder folgen und dieses Jahr nicht nach Italien fahren. Es muß ja nicht gleich Hannover sein; unserer Meinung nach ist er in seiner Heimat Polen viel besser aufgehoben", meint Weisner, der selbst in Hannover lebt. "Es geht jetzt darum, ein prophetisches Zeichen gegen alle zu setzen, die das respektvolle Miteinander der Nationen und die kommunikative Begegnung der Kulturen immer wieder durch bösartige Bemerkungen unterminieren wollen."

Der renommierte katholische Theologie Hans Küng stellte fest, daß die Zeit reif sei, den Hauptsitz der Amtskirche aus dem Vatikan heraus zu verlegen. Küng, der seinen Jahresurlaub im Schweizer Sursee verbringen will, regte ein Kirchenplebiszit zu dieser Frage an: "Es kann nur weltweit, ja global entschieden werden, an welchem Ort das überholte System der römischen Kirchenleitung durch ein zeitgemäßes, ökumenisch und weltethisch orientiertes Papsttum abgelöst werden soll."

Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich bislang noch nicht offiziell geäußert. Ihre Kommission für Migrationsfragen bereitet allerdings ein Dokument zur sittlich verantwortlichen Urlaubsgestaltung vor, das auch eine Hilfestellung bei der Wahl des Urlaubsortes geben soll.


10. Juli 2003

Überraschungsliturgie

Samstag abend im Chiemgau: Statt der erwarteten Sonntagsvorabendesse in der rokokosierenden Dorfkirche die "Göttliche Liturgie des Heiligen Johannes Chrysostomus", gefeiert von einem griechisch-katholischen Priester und begleitet vom Münchner Madrigalchor. Trotz Orientierungsblatt war die gut-katholische Gemeinde und Scipio etwas verloren - aber der Show-Effekt verflog doch recht schnell. Denn weder Pope, Altardiener noch Chor nahmen Rücksicht auf Neugierde und Unverständnis, und feierten die göttlichen Geheimnisse "drauflos".

Über diese ganz andere Liturgie gäbe es noch viel zu sagen, aber das muß ich ein ander Mal tun.
Glaubensfolgen

"Sind Sie ein katholischer Schriftsteller?", wurde Walker Percy oft gefragt. Er reagierte dann erst einmal ironisch-negativ: Das sei doch ein Etikett, was dem Absatz seiner Bücher überhaupt nicht förderlich sei.

Im nächsten Satz wurde er konkreter: Er sei ein Katholik, und "of course, my faith informs my books". Inform - nicht so sehr in der Bedeutung informieren als: von innen her gestalten, formen, durchdringen. Was er schreibe, schreibe er aus dieser Perspektive. (Und deshalb beginne er meistens mit einem Menschen, der in einer Klemme (predicament) steckt.)

Bei einem Schriftsteller wird es vielleicht deutlicher, aus welcher Perspektive er die Welt sieht. Aber die In-Form des Glaubens kann auch jede andere Tätigkeit gestalten und durchdringen.

4. Juli 2003

Ruhe

Es ist tatsächlich ein Fluch, den der Psalmist GOtt in den Mund legt:

"Darum habe ich in meinem Zorn geschworen:
Sie sollen nicht kommen in das Land meiner Ruhe." (Ps 95, 11)
("So I took an oath in my anger:
Never shall they enter my rest.")

Und das traditionelle R.i.P. ist ernst gemeint. Es fällt uns nur schwer, den Begriff der Ruhe mit lebendigstem Leben zusammenzusehen. Frieden ist etwas anderes als Friedhofsruhe.

"Nach dem Tod ist alles aus" - so lautet der Wunsch säkularisierter Volksfrömmigkeit.

Der Tod ist der Anfang der Stille GOttes.
Bischof Paul Werner zieht Bilanz

"Bischof Scheele: Aber gerade weil es um das Allerheiligste geht, wenn ich das einmal in unserer Terminologie sagen darf, ist auch Verantwortung gefragt. Wenn ein katholischer Priester erklärt, jeder Mensch könne Eucharistie feiern, wird etwas vom Innersten des kirchlichen Lebens tangiert. Das kann man nicht einfach als kleinen Irrtum auf sich beruhen lassen.

RM: Warum verstehen das so viele Gläubige heute nicht mehr?

Bischof Scheele: Das hat viele Wurzeln. Es ist eine Anfrage an die gesamte Pastoral und die Katechese, ob wir alles tun, um das Geheimnis der Eucharistie so zu vermitteln, wie es uns gegeben ist. Die Liturgie-Konstitution hat schon vor 40 Jahren die wissende, tätige und fruchtbare Teilnahme der Gläubigen an der Eucharistie gefordert. Hier ist noch sehr vieles nachzuholen.

RM: Das heißt: mehr Katechese?

Bischof Scheele: Natürlich. Es geht aber auch um die Art und Weise der Zelebration selbst. Es gibt Mitbrüder, die machen das glänzend. Andere ändern in einer ganz neuen Form von Klerikalismus die Messtexte ständig ab. Liturgie braucht den Bereich des Vertrauten. Ich kann nicht in jedem Gottesdienst immer wieder von vorne anfangen. Dann werden die Gläubigen vom Mitbeten und Mitvollziehen abgelenkt und wissen nicht mehr, was hier eigentlich geschieht." (Rheinischer Merkur)
More last than star

Dylan fehlt den Pfarrkindern von St. Blog's immer noch. Weiterbeten.

"love is the voice under all silences,
the hope which has no opposite in fear;
the strength so strong mere force is feebleness:
the truth more first than sun more last than star" (E. E. Cummings)

3. Juli 2003

Blogger-Sünden - Checkliste

Langweilen.
Unnötigerweise nicht bloggen.
Die eigene Eitelkeit nicht erkennen.
Quellen nicht angeben.
Deep Linking zu urheberrechtlich geschütztem Material (läßlich?).
Auf Kommentare nicht antworten.
Anonym bleiben. (Hmmm. Naja, die richtige Google-Suche reicht bei mir schon.)
Das wirkliche Leben versäumen.


Blog-Pause ab Samstag

Frühestens am Mittwoch geht es weiter, das öffentliche Leben als Weblogger. Der wahre Scipio bewegt sich derweil irgendwo zwischen Marquartstein und der bayerischen Landesgrenze.

Ich freue mich schon auf die Chiemgauer Alpen. Und hoffe, daß ich vorher noch ein paar wichtige Dinge und längst überfällige E-Mails erledigen kann.
Vive la difference!

Der Film zur Affäre: Italien vs. Europa (Via: A Saintly Salmagundi)
Müde, erschöpft und nicht allein

Ziemlich "mighty" sind die Blind Boys of Alabama, die seit 1939 Gospel singen. Ihr letztes Album "Higher Ground" hat keine Lyrics; so merkt man - Quatsch: So habe ich erst nach einiger Zeit gemerkt, daß sie auch ein "Marienlied" aufgenommen haben. Im Original stammt es von Ben Harper.

The Blind Boys of Alabama


I Shall Not Walk Alone

"Battered and torn
still I can see the light
tattered and worn
but I must kneel to fight

Friend of mine
what can't you spare
I know some times
it gets cold in there

When my legs no longer carry
and the warm wind chills my bones
I reach for Mother Mary
and I shall not walk alone

Hope is alive
while we're apart
only tears
speak from my heart
break the chains
that hold us down
and we shall be
forever bound

When I'm tired and weary
and a long way from home
I reach for Mother Mary
and I shall not walk alone

Beauty that
we left behind
how shall we
tomorrow find

Set aside
our weight in sin
so that we
can live again

When my legs no longer carry
and the warm wind chills my bones
I reach for Mother Mary
and I shall not walk alone"
"Wear Sunscreen"

Schön, daß es Kurt Vonneguts berühmte nie gehaltene Commencement Speech von 1997 am MIT zu enzyklopädischen Ehren gebracht hat.

Ich finde den Text immer noch genial. Something to live by. Danke, Mary Schmich!

2. Juli 2003

Noch perverser als gewöhnlich

Aus dem New Scientist:

"Aborted fetuses could become 'unborn mothers'

"Ovarian tissue from aborted human fetuses has been kept alive in the lab, with some cells showing early signs of maturing into fully functional eggs, Israeli scientists have revealed.

Although the possibility remains only theoretical at present, researchers believe it is worth pursuing because there is an acute shortage of donor eggs for women undergoing fertility treatment. If such an egg were used to create a successful pregnancy, the child would have a mother that had never been born.

However, the UK's fertility regulator, the Human Fertilisation and Embryology Authority, said the use of eggs produced in this way for fertility treatment would be illegal. 'It would be difficult for any child to come to terms with being created by aborted fetuses,' said HFEA chair Suzi Leather.

Anti-abortion groups attacked the research, calling it 'macabre'. Nuala Scarisbrick, of the UK group Life said: 'It is sickening and disgusting, even by the low standards of reproductive technology.'"

1. Juli 2003

Morgengebet für Europa

"Maria, Mutter der Hoffnung,
gehe mit uns!
Lehre uns, den lebendigen Gott
zu verkünden;
hilf uns, Jesus, den einzigen Retter,
zu bezeugen;
mach uns hilfsbereit
gegenüber dem Nächsten,
gastfreundlich gegenüber den Bedürftigen,
laß uns Gerechtigkeit üben,
mach uns zu leidenschaftlichen Baumeistern
einer gerechteren Welt;
lege Fürbitte für uns ein, die wir in der Geschichte
leben und handeln,
in der Gewißheit, daß sich der Plan des Vaters
erfüllen wird.

Morgenröte einer neuen Welt,
erweise dich als Mutter der Hoffnung
und wache über uns!
Wache über die Kirche in Europa:
in ihr scheine das Evangelium durch;
sie sei ein wirklicher Ort der Gemeinschaft;
sie lebe ihre Sendung,
das Evangelium der Hoffnung
zu verkündigen, zu feiern und ihm zu dienen
für den Frieden und zur Freude aller.

Königin des Friedens,
beschütze die Menschheit des Dritten Jahrtausends.
Wache über alle Christen:
Sie mögen zuversichtlich auf dem Weg
der Einheit voranschreiten,
als Sauerteig für die Eintracht des Kontinents.
Wache über die jungen Menschen,
die Hoffnung für die Zukunft:
Sie mögen hochherzig
auf den Ruf Jesu antworten.
Wache über die Verantwortlichen der Nationen:
Sie mögen sich zum Aufbau eines
gemeinsamen Hauses verpflichten,
in dem die Würde und die Rechte eines
jeden Menschen geachtet werden.

Maria, schenke uns Jesus!
Mache, daß wir ihm folgen und ihn lieben!
Er ist die Hoffnung der Kirche,
Europas und der Menschheit.
Er lebt bei uns, mitten unter uns,
in seiner Kirche.
Mit Dir sprechen wir »Komm, Herr Jesus
(Offb 22, 20):
Möge die Hoffnung auf die Herrlichkeit,
von Ihm in unsere Herzen ausgegossen,
Früchte der Gerechtigkeit
und des Friedens tragen!"

(Johannes Paul II.: Ecclesia in Europa, Nr. 125)
Nach Freiburg kommt Paderborn

Die Westfalenpost meldet, daß Hans-Josef Becker, derzeit Weihbischof und Diözesanadministrator, neuer Erzbischof von Paderborn werden soll.
Regenbogen

Der Abend bringt uns nicht nur den immer noch heiß ersehnten Regen, sondern auch einen strahlenden Regenbogen, der das ganze Aschafftal überspannt. Das Grün der Bäume gewinnt wieder seinen frischen Frühlingston.
Howlin' Wolf?

Notker Wolf, Abtprimas des Benediktinerordens, spielt Rhythmusgitarre und Querflöte in der Rock'n'Roll-Band Feedback. MP3-Kostproben hier! (Zufällig bei Adoremus aufgelesen.)

Wieder ein Fall für Catholicism Wow, Abteilung OverFifty.
Die DUCKOMENTA

Und deswegen waren der Kanzler und seine Mannschaft in Schloß Neuhardenberg.
Der Verriß des ganz persönlichen Musikgeschmacks

Er kennt sie alle und mag keinen.
Härtetest

"Seht, wie sie einander lieben!" - Wer den Satz empirisch überprüfen möchte, sollte ein Wochenende hinter der Theke eines deutsch-katholischen Pfarrfestes verbringen.
Unsere Hoffnung sind: die Väter

Touchstone, ein ökumenisches Magazin hat mit The Truth About Men & Church von Robbie Low einen sehr interessanten Artikel online, der von einer Schweizer Studie ausgehend die Rolle der Väter bei der Weitergabe des Glaubens und der Hineinführung in die dazugehörige Gemeinschaft deutlich macht:

"In short, if a father does not go to church, no matter how faithful his wife’s devotions, only one child in 50 will become a regular worshipper. If a father does go regularly, regardless of the practice of the mother, between two-thirds and three-quarters of their children will become churchgoers (regular and irregular). If a father goes but irregularly to church, regardless of his wife’s devotion, between a half and two-thirds of their offspring will find themselves coming to church regularly or occasionally.

A non-practicing mother with a regular father will see a minimum of two-thirds of her children ending up at church. In contrast, a non-practicing father with a regular mother will see two-thirds of his children never darken the church door. If his wife is similarly negligent that figure rises to 80 percent!

The results are shocking, but they should not be surprising. They are about as politically incorrect as it is possible to be; but they simply confirm what psychologists, criminologists, educationalists, and traditional Christians know."

Es scheint, daß die "Hausfrauisierung" der Katholischen Kirche jedenfalls nicht so stark zur Einführung der Kinder in Glaube und Kirche/Gemeinde beiträgt, wie "man" es allgemein sieht - ja: vielleicht sogar kontraproduktiv ist.