Noch'n Kardinal
Rudolf Zewell für den Rheinischen Merkur aus Rom:
"Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano, der über Deutschlands politische Gemengelage besser Bescheid weiß als mancher Deutsche, konnte nicht umhin, seinen Gast auf die kritischen Äußerungen von SPD-Altkanzler Helmut Schmidt zur Haltung seiner Partei hinzuweisen. Ein Freund von mir, sagte Struck. Worauf der erste Mann nach dem Papst fein ironisch konterte: Seien Sie stolz, einen solchen Freund zu haben.
In der Bewertung des Irak-Krieges gibt es deutliche Nuancen im Vatikan. Die eindeutige Absage des Papstes an diesen Krieg ist zwar von der moralischen Autorität seines Amtes nicht zu trennen, es handelt sich aber dabei nicht um eine Aussage des Lehramtes. Nicht zu unterschätzen ist freilich die Sorge des Papstes vor einer durch diesen Krieg ausgelösten religiösen Katastrophe zwischen Christen und Muslimen, wie er noch am Wochenende anlässlich einer Audienz für Bischöfe aus Indonesien sagte. Für den Papst verbindet sich mit dieser Frage auch das persönliche Engagement als Wegbereiter des interreligiösen Dialogs.
Johannes Pauls II. grundsätzliche Position gegen den Krieg ist auch von seiner Biografie her zu sehen. Es fällt zudem auf, dass der Papst in letzter Zeit sein politisches Vokabular reduziert hat und stärker als Verkünder des Evangeliums spricht auch um eine einseitige politische Vereinnahmung des Heiligen Stuhles zu vermeiden.
Jedenfalls achtet die vatikanische Außenpolitik darauf, dass die Friedensappelle nicht als Antiamerikanismus ausgelegt werden. So hat der Vatikan die US- Bischofskonferenz nicht zu lauten Äußerungen über den Krieg gedrängt, auch gab es keinen gemeinsamen Hirtenbrief der amerikanischen Bischöfe.
Der Heilige Stuhl lässt keinen Zweifel daran, dass im Vorfeld des Krieges nicht alle Chancen genutzt wurden und rügt schwere Fehler der Politik, etwa dass sich Großbritannien so bedingungslos an die Seite der USA geschlagen hat, aber genauso die ebenfalls festgelegte Haltung Deutschlands. Die Uneinigkeit in Europa ist eine schwere Wunde für die Gemeinschaft. (...)
Dabei lässt vatikanische Politik durchaus Raum, differenziert auf die neuen Herausforderungen für Frieden und Sicherheit in der Welt zu antworten. Christen müssten Friedensmacher sein, aber keine Pazifisten, auf diesen etwas verkürzten Schluss lässt sich bringen, was der Delegation der CDU/CSU-Bundestagsfraktion unter Führung von Hermann Kues bei ihrem Besuch im Vatikan mitgegeben wurde. So wurde die proamerikanische Haltung der Union nicht infrage gestellt. Sodano ermutigte die Unionspolitiker allerdings, das Dilemma für christliche Politiker öffentlich klarer zu formulieren.
Der Kardinalstaatssekretär lässt durchblicken, dass angesichts der neuen Situation auch die Friedensethik eine neue Antwort auf die Sicherheitslage des 21. Jahrhunderts finden müsse. Das bedeutet in letzter Konsequenz: Die Definition des Präventivkrieges muss mit Blick auf neue Bedrohungssituationen überprüft werden. Das kann eine Nation nicht im Alleingang."
Klingt anders, nicht wahr?
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