9. April 2011

Reinhold Schneider bei Toom

Man muß heutzutage weit gehen, um christlicher Literatur und katholischen Schriftstellern über den Weg zu laufen: Aus den Buchhandlungen sind sie verschwunden, aber in Supermärkten deutscher Arbeitervorstädte gelegentlich noch zu finden. Ich wollte nur etwas zu essen und zu trinken für den Abend im Hotelzimmer; der schnelle Blick in die Bücherramschkiste fand nur zweitklassige Saisonware des Jahres 2005.

Doch zwischendrin steckten sie: die "Gedichte" von Reinhold Schneider, als Suhrkamp-Taschenbuch von 1987, ohne "Mängelexemplar"-Stempel, wie neu. Die Dame an der Kasse ließ sich überzeugen, daß der Preis 2,99 € sein müsse, genau wie der der restlichen Bücher in der gleichen Kiste.

Schneider dichtet noch im hohen Ton, der uns (mir jedenfalls) fremd geworden ist, und zumeist in der strengen Form des Sonetts, dichtet in der Bedrängnis "innerer Emigration", dichtet mit apokalyptischem Blick auf die Welt.

Aus den 1944 veröffentlichten "Waffen des Lichts" stammt folgendes Sonett:

Entfremdet ist das Volk mir, nur sein Leiden
Bedrängt mich nachts, und furchtbar drückt die Not,
Daß ich nicht spreche nach des Herrn Gebot
Und schweigend seh' das Heilige verscheiden

Ob aller Augen sich am Glanze weiden,
Seh' ich die Nacht, das Unheil und den Tod,
Und wie der Untergang im Siege droht
Und sich in falschem Ruhm Verderber kleiden.

Verkehrt sind alle Zeichen, stumm die Dichter,
Es bannt das Wort nicht mehr die Todesmächte,
Die deine Seele, Volk, in Fesseln schlagen.

Mein Volk, mein Volk, wie wird der ewige Richter
Dereinst uns wägen nach dem ewigen Rechte,
Wenn er nicht zählte, was wir stumm getragen!

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