29. Januar 2009

Kommentar zu einem Dekansbrief

In meiner geliebten Lokalzeitung hat sich einer der lokalen Dekane in einem Leserbrief zu Wort gemeldet, was ich ihm grundsätzlich hoch anrechne. Es ist nicht selbstverständlich, daß katholische Priester den Papst gegen unrichtige und oberflächliche Anwürfe verteidigen. Und trotzdem kamen mir beim Frühstück ein paar Kommentare in den Sinn, die ich jetzt, gut zwei Tage später, im Fr. Z.-Stil hier festhalte. (Und wem das ganze Thema inzwischen reicht, der braucht nicht weiterzulesen und dem sage ich: Mir auch. Bald geht es wieder um anderes.)

Martin Flenner (der Kolumnist der Lokalzeitung) erweckt in seinem Kommentar zu sehr den Eindruck, als ließe sich die Versöhnungsgeste des Papstes gegenüber den vier Bischöfen aus der Bruderschaft Pius X. nur im Rahmen einer mittleren Katastrophe verstehen. Hier bedarf es eines differenzierteren Blicks. (Richtig. Lobenswert das Vorhaben, auch den Lesern der Lokalzeitung eine differenziertere Sicht zuzumuten - so muß man es ja wohl sagen.) Vorab sei aber betont, dass auch ich erheblich glücklicher wäre, würde sich Benedikt XVI. mit gleichem Elan um die Gruppen am linken Rand der Kirche bemühen (so sie noch existieren). (Danke für die Offenheit... Es ist glücklicherweise "am linken Rand" zu keinen Abspaltungen gekommen; auch wurden meines bescheidenen Wissens nach keine Exkommunikationen vorgenommen oder festgestellt. Die gemaßregelten "Kirchenrebellen" von "links" wie Küng, Boff, Drewermann wurden allesamt nicht exkommuniziert. Im Unterschied zu den Gruppen am "rechten Rand der Kirche", um die Terminologie aufzugreifen, haben Gruppenmitglieder von links mindestens in Deutschland durchaus auch freien und kirchensteuerbezahlten Zugriff auf die Fleischtöpfe Ägyptens bzw. die Kopierer und Rednerpulte der katholischen Bildungshäuser. Und besteigen nicht zuletzt auch Kanzeln.)
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Für die Kirche gibt es kein schlimmeres Übel als das der Spaltung. (Die Einheit ist ein hohes, ein sehr hohes Gut - wir kennen die Abschiedsreden des Johannesevangeliums. Aber die pilgernde Kirche hat immer auch gesehen, daß sich Einzelne oder Gruppen von ihr loslösen. Und sie hat deswegen nicht ihren Glauben, das ihr von ihrem HErrn Antvertraute über Bord geworfen.) Es gehört daher zu den wichtigsten Aufgaben des Papstes, Schismen zu verhindern bzw. zu überwinden. (D'accord) Dies ist der große Rahmen für den Schritt vom vergangenen Wochenende. Hierfür hat Benedikt mit dem 50. Jahrestag der Ankündigung des Zweiten Vatikanischen Konzils ein äußerst symbolträchtiges Darum gewählt: nach einem halben Jahrhundert sollte der im Gefolge dieses Konzils entstandene Riss geschlossen werden. (Eine sachliche Würdigung des Schrittes des Papstes - schön, wenn auch unerwartet.)
Freilich ist es in der breiten Öffentlichkeit kaum möglich, diesen Versuch eines guten Signals ohne Trübung klar zu sehen. Zum einen wird der Blick wegen der Holocaust-Leugnung durch einen der Rebellenbischöfe verzerrt (Ja), zum anderen aber ist seit einigen Jahren, nicht zuletzt
durch die Wiederzulassung der Messe im Tridentinischen Ritus, der Eindruck entstanden, als ob sich die Kirche auf die Bruderschaft hinbewegt hätte.
(Die Wiederzulassung der "Alten Messe" war sicher auch ad extra, nach außen gemeint, genauso aber auch ad intra, nach innen. Sie entsprach den Einsichten Kardinal Ratzingers in die Liturgie und in ihren Zustand 40 - 50 Jahre nach dem Konzil.) Richtig aber ist, dass sich diese bewegen muss! (Der Papst ist sehr wohl in Vorlage getreten, Barmherzigkeit tut immer mehr als sie muß. Nun ist die Pius-Bruderschaft mit ihren Bischöfen an der Reihe.)
____Das päpstliche Schreiben zur Wiederaufnahme der vier Bischöfe in die Kirche fordert sinngemäß deren Umkehr und ehrlichen Schmerz über die von ihnen verursachte Trennung. (Da ist es z.B. kontraproduktiv, wenn auf der deutschen Homepage die Rede von der Rücknahme des "ungerechten Exkommunikationsdekrets" ist - so wird das mit dem barmherzigsten Papst nichts, wenn man ihm dauernd die eigene Position unbarmherzig unter die Nase reibt.) Will heißen: sie und die von ihnen repräsentierte Bruderschaft Pius X. müssen nun zeigen, dass sie das Zweite Vatikanische Konzil in seinen bislang von ihnen abgelehnten Kernanliegen anerkennen. (Langsam, langsam. Es geht einmal um die Anerkennung des Konzils als solchen, und dann um die Anerkennung seiner Lehren, wie sie in den Beschlüssen und Dokumenten vorliegen, wobei es sicherlich einen gewissen Spielraum für Vorbehalte geben mag. Nicht aber kann es darum gehen, einem eher ominösen "Geist des Konzils" zuzustimmen oder einer Hermeneutik des Bruches.) Dabei geht es um wesentlich mehr als um eine Frage des Ritus; hier geht es um die Zustimmung zum positiven Verhältnis der katholischen Kirche zu den anderen Konfessionen und Religionen sowie um eine kritisch-positive Wertschätzung von Welt und Gesellschaft. (Lassen wir das so stehen - immerhin handelt es sich um einen Leserbrief und keine theologische Abhandlung. Aber ganz so einfach mit dem "positiven Verhältnis" und der "kritisch-positiven Wertschätzung" ist es nicht, wie das hier zum dampfenden Kaffee suggeriert.)
____Es liegt nun an der Bruderschaft Pius X., entsprechende Signale auszusenden. Sollte sie bei ihrer diffamierenden Ablehnung dieser Anliegen bleiben, so wäre die Versöhnungsgeste des Papstes tatsächlich nichts anderes als ein fatales Signal bzw. im Sinne von »gut gemeint« das Gegenteil von gut. (Falsch. Wenn diese ausgestreckte Hand nicht ergriffen und - im Bild gesprochen - nach guter alter Sitte auch geküsst wird, dann wird sie damit nicht zu einem fatalen Signal, sondern zu einem Skandal im biblischen Sinn: Wehe dem, der daran zu Fall kommt. Die Geste erfolgte nicht im rechten Moment, war wohl von der Kurie schlecht vorbereitet und schlecht flankiert und wurde damit zu einer Kommunikationskatastrophe, aber daß sie an sich, als Zeichen des väterlichen Entgegenlaufens gut gemeint und gut war, daran gibt es für mich keinen Zweifel. Da ändert kein Williamson etwas.)

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