26. Juni 2008

Wenn die Jünger die Steine zum Schweigen bringen

Ein provokanter Artikel in der Welt, zu schade,um ihn nur auf Kirchenschwinden zu posten: "Der Ausverkauf der Gotteshäuser".

Die Thesen:
  • Den Kirchen geht es nicht so schlecht, daß Kirchenbauten sterben müssten.
  • Es ist eine Faszination des "Wandels", die beim Kirchenabriß Pate steht.
  • Abriß schafft keine neuen Gläubigen.

Dazu die Beobachtung:

...ein ganz anderes Indiz, das zugleich auch eine andere, bisher kaum thematisierte Ursache der kirchlichen "Immobilien-Problematik" enthüllt: 70 Prozent der Baulichkeiten im Besitz der evangelischen Kirche sind keine Gotteshäuser. Der gewaltige Bautenbestand ist ein Erbe von 1968, als junge Theologen aufbrachen, die Kirche zu "reformieren". (...) Zu der neuen Kirche, die sie damals propagierten, gehörte eine uferlose Ausweitung des "weltlichen Auftrages" - eine Zielsetzung, die zu einer Bauwut ungekannten Ausmaßes verleitete, deren nach 40 Jahren reparaturbedürftige Produkte eine schwere Finanzbelastung der Gemeinden darstellen.

Und die letzten Absätze:

Kirchliches Leben hat nichts mit Protz und Prunk zu tun, auch wenn die Kirche keinen Anlass hat, sich in Sack und Asche zu kleiden. Aber das kirchliche Gebäude, so hat es Preußens großer Baumeister Karl Friedrich Schinkel einmal ausgedrückt, soll Gott darstellen. Und seinen Standeskollegen empfahl er, sich dieser Bauaufgabe in "Resignation" (d.i. Demut) zu widmen.

Christkönig in Kaiserslautern, ein Werk von Hans-Joachim Klostermann, ist ein schlichtes Haus aus solchem Geist und wurde 1959, ein Jahrzehnt vor den "68ern", geweiht. Ausgeräumt, wirkt die Kirche wie ein Zelt. Es ist das Bild, das dem Motto des jüngst vergangenen Katholikentages von Osnabrück eingeschrieben ist: "Du führst mich hinaus ins Weite." Denn was das verkürzte Wort nicht aussagt, ist in dem zitierten Psalm in direkten Bezug zum "Zelt" gesetzt. Die Weite ist nach dem Urtext die Freiheit unter dem Himmelszelt. So war es gemeint und kehrt es wieder in unzähligen Kirchengebäuden der Welt: von den Adern der Kreuzrippengewölbe überrankt und in die Höhe gehoben oder von Kuppeln, die den Himmel und das himmlische Jerusalem abbilden, den in den Kirchenbänken Kauernden wie eine Offenbarung zur Anschauung gebracht. In jenen Zeiten, in denen man noch wusste, was Kirchenbau bedeutet, hat man es anschaulich die "Predigt der Steine" genannt.

Dieses "Reden mit Zungen" ist nicht nur in Christkönig zu Kaiserslautern gewaltsam zum Verstummen gebracht. Es ist auch im neuen Kirchenbau, in den Bildwerken der Kirche, den Kirchenfenstern und den Predigten oftmals kaum noch vernehmbar, umso öfter hingegen von sinnentleertem Gekreisch überdröhnt. Wenn es nicht gelingt, die Sprache dieser "Zungen" neu verstehen zu lernen, ist das Ringen um die Kirchengebäude umsonst
.

Ich gestehe: Die Hoffnung, daß dieses Reden, diese Sprache vernommen wird, fehlt mir mittlerweile meist. (So sehr ich mich mit Elsa über die kleinen, signifikanten Revolutionen in der päpstlichen Liturgie freue, bin ich mehr als skeptisch, daß hier irgendjemand versteht, verstehen will, worum es dabei geht. Aber Hoffnung ist ja auch eine Gabe, keine Eigenleistung.)

1 Kommentar:

Martina hat gesagt…

und herzlichen Glückwunsch!