9. August 2007

Wie der Tanz dem Stummen

Ein Hinweis von Fr. Neuhaus in seiner Kolumne "The Public Square" der gedruckten Ausgabe von First Things erinnerte mich an die folgende schöne Passage aus der "Geschichte eines Vaters" von Andre Dubus.

Ich hatte ja vor einiger Zeit mal versucht zu beschreiben, meinen Bewußtseinszustand während der Messe zu beschreiben, und bin mir immer noch nicht sicher, ob mir das damals einigermaßen geglückt ist. Dubus versucht es auch, für seine Figur Luke Ripley - natürlich gelungener, immerhin war das als Schriftsteller ja sein Beruf. Und regelmäßiger Kirchgänger war er sowieso:
"Und in St. Johannis dann feiern Pater Paul, fünf oder sechs Getreue und ich die Messe.

Halten Sie mich nicht für einen vergeistigten Menschen, dessen Gedanken während dieser fünfundzwanzig Minuten völlig eins mit der Botschaft der Messe sind. Jeden Morgen versuche ich es, jeden Morgen scheitere ich und weiß, daß ich stets ein Geschöpf sein werde, das sich, während es Pater Paul und den Altar ansieht und Gebete murmelt, von Rühreiern, Pferden, dem Wetter und Erinnerungen und Tagträumen ablenken läßt, die nichts mit dem Sakrament zu tun haben, das ich gleich empfangen werde. Ich kann sie jedoch erfahren, die Eucharistie, und auch, während der Messe und zu anderen Zeiten, Momente, ja sogar Minuten tiefer Versunkenheit. Aber ich kann mich nicht so versenken wie andere; und wenngleich ich so meinen eigenen Versäumnissen ins Gesicht sehen und sie mir verzeihen muß, habe ich durch sie die Notwendigkeit und das Wunder des Rituals gelernt. Denn das Ritual erlaubt es denen, die sich nicht vom Weltlichen befreien können, das Geistige zu zelebrieren, so wie es der Tanz dem Stummen ermöglicht, die Liebe zu zelebrieren." (Andre Dubus: Sie leben jetzt in Texas.- Hamburg: rororo, 1996, S. 226f.)

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