31. Oktober 2006

Jesus Veritas est

"In seiner evangelischen Gestalt konzentriert sich der christliche Glaube darauf, daß Jesus Christus die Wahrheit des Evangeliums in Person ist." (Wolfgang Huber in der FAZ)
Das katholische Pendant dazu in Ratzingerscher Gestalt:
"Ich muss immer mehr lernen, unserem Herrn zu überlassen, ob ich noch Zeit bekommen werde oder nicht, denn so viele Jahre schauen da ja nicht mehr heraus. Aber irgendwo versuche ich doch in freien Stunden, die es selten, aber manchmal gibt, ein bisschen etwas weiterzubringen. Ich habe im August angefangen, ein Buch über Jesus zu schreiben. Da werde ich sicher drei, vier Jahre brauchen, so wie die Dinge aussehen. Da möchte ich zeigen, wie aus der Bibel eine lebendige und in sich stimmige Gestalt auf uns zutritt und wie der Jesus der Bibel auch ein ganz gegenwärtiger Jesus ist." (2003)
Die Tagespost sagt uns, daß das Buch inzwischen geschrieben ist. Demnächst gilt es also wieder Platz im Bücherregal schaffen. Die deutsche Ausgabe sollte nicht lange auf sich warten lassen.
Huber credens, intelligens et reformans

Zum Reformationstag bekommt Bischof Wolfgang Huber von der FAZ richtig viel Platz, um über das Verhältnis von Glaube und Vernunft im Protestantismus nachzudenken und dabei Papst Benedikt zu würdigen und zu korrigieren. (Ich finde Hubers Stil immer etwas dröge und werde mir die 7 Seiten daher nicht antun - aber wer's schafft, bekommt wahrscheinlich einen guten Einblick in die aktuelle Theologie des Mainstream-Protestantismus.

30. Oktober 2006

Lektürevorschläge

- Wolfgang Picken (vgl. auch Kirchenschwinden): Priestermangel: Bedingungsfaktoren aus sozialwissenschaftlicher Sicht (Neue Ordnung)
- Frederica Mathewes-Green: Twelve things I wish I'd known (Witzige, tiefsinnige und praktische Einführung in Orthodoxe Eigentümlichkeiten, nicht uninteressant für Liturgie-Interessierte...)
Last Exit Orthodoxy

Rod Dreher, wertkonservativer Kolumnist und CrunchyCon-Blogger, vor einigen Jahren zum katholischen Glauben konvertiert, sah keinen anderen Ausweg und wurde orthodox. Orthodox mit großem O.

Seine Gründe, die er in einem sehr lesenswerten Posting darlegt: der "long lent", die lange Fastenzeit des großen Mißbrauchsskandal in der AmChurch; das Versagen der katholischen Bischöfe bei seiner Aufarbeitung; die Schwierigkeit, eine Pfarrheimat zu finden, in der unverdünnt und orthodox, richtig geglaubt wurde; die Arroganz der katholischen Konservativen ... Jetzt geht es ihm so:
Basically, though -- and this is as blunt as I can be -- I'm in a church where I can trust the spiritual headship of the clergy, and where most people want to know more about the faith, and how we can conform our lives to it, rather than wanting to run away from it or hide it so nobody has to be offended.
Den orthodoxen Ausweg haben wir in Deutschland de facto nicht. Und ich kann mir auch persönlich auch gar nicht vorstellen, aus dem Schifflein Petri auszusteigen - das Gras ist anderswo auch nicht grüner (um die Bilder einmal wild durcheinander zu mischen), und die Gnade lässt die Christen anderswo auch nicht üppiger gedeihen als in der Una Sancta.
Nützliche Idioten und bezahlte Knechte

"Kritik wird innerhalb der Kirche als gegnerisch eingestuft. Das binnenkirchliche Bewusstsein exkommuniziert Kritiker immer noch, wenn auch nur informell. Ich glaube, das geschieht auf einem Hintergrund latenter Angst. Angst, dieses oder jenes könnte zu weit gehen, dem eigenen Zugriff entgleiten, die beanspruchte Autorität in Frage stellen und Veränderungen auslösen, die man immer fürchtet."
So spricht Hubertus Halbfas, seit einigen Jahrzehnten durch Entzug der kirchlichen Lehrerlaubnis quasi auch so etwas wie exkommuniziert, in der "Zeitschrift für kritische Christen" und legt in puncto Christologie und Soteriologie gleich kräftig nach. So ganz orthodox und dogmatisch klingt das dann nicht mehr und soll es auch nicht: "Die binnenkirchliche Mentalität mumifiziert die überlieferten Inhalte" und ein Halbfas hat mit diesem Leichengeruch kirchlicher Sprachspiele nichts zu schaffen.

Erstaunlich ist, daß er so viele "nützliche Idioten" (Wladimir Iljitsch Lenin) findet, die ihn bei seinen Umbau- und Abbrucharbeiten kräftig unterstützen: Sie sitzen an den theologischen Fakultäten, beim Deutschen Katechetenverein, in den Schulreferaten der bischöflichen Ordinariate, in Priesterseminaren und wohl auch auf den deutschen, schweizerischen und österreichischen Bischofsthronen (vgl. Vigilate).

Rom ist weit, bis zum Adlimina-Besuch ist alles vergessen - und sind wir nicht für jeden dankbar, der uns freundlich und nett beim Schafehüten hilft? Natürlich fällt ab und zu mal ein Schäfchen vom Glauben ab, aber das wäre doch noch viel schlimmer, wenn wir ihn nicht hätten, unsern Halbfas... Gewiss, am Anfang war alles ein wenig ungewohnt, wie es Jesus selber im Johannesevangelium ankündigt ("Einem Fremden aber werden sie nicht folgen, sondern sie werden vor ihm fliehen, weil sie die Stimme des Fremden nicht kennen", Jo 10, 5), aber wir lassen den Professor Halbfas unser Rasierwasser benutzen und geben ihm ein Einführungsschreiben mit, dann klappt das schon. Und nach einer Weile kennen sie es gar nicht mehr anders...
Weil Blogger gestern morgen Probleme hatte, gibt es das Sonntagmorgen-Posting erst jetzt:

Katholisches Kabarett

Schnell, bevor ich mich ans Kochen für die Kinder mache, noch zwei kleine Beobachtungen aus dem "NonStopKabarett", wie ein unbekannter, aber dafür einen Höllenlärm verbreitender "Sediwas?" die römisch-katholische Kirche nicht ganz zu Unrecht bezeichnete:

Unbeabsichtigt, aber nicht desto weniger ein liturgisches Selbstdementi: Der Priester stellt das zuvor geküsste und feierlich in die Höhe gehobene Evangelienbuch aus Mangel an einer geeigneten Ablage kurzerhand auf den Boden, damit auf dem Ambo für die Predigtzettel Platz ist. Der Brotkorb vom Tisch des Wortes gehört nach dem Essen eben nicht auf den - wenn auch sauberen - Kirchenboden...

Niedergang eines katholischen Verlages: Diesmal nicht Herder, sondern Kösel. Ehemals Hausverlag z.B. von Josef Pieper, Romano Guardini und des jungen Joseph Ratzinger, hat er sich zu einem der inzwischen branchentypischen Gemischtwarenläden entwickelt. Unter den Buchempfehlungen "Spiritualität/Religion - Herbst 2006" finden sich - in dieser Reihenfolge:
  • J. Ratzinger: Die christliche Brüderlichkeit (Neuausgabe des Werkes von 1960)
  • D. Hamer: Das Gottes-Gen (ein Verhaltensbiologe untersucht die genetischen Grundlagen der Neigung zu Religion und Spiritualität)
  • E. Lukas: Auf dass es dir wohl ergehe (Psychotherapeutische Lebenstipps)
  • Durch das Jahr - durch das Leben (Hausbuch für die ganze Familie)
  • M. Bader: Wohnen in guter Energie: Räuchern und Rituale für Haus und Wohnung (der Titel sagt alles)
  • B. Davis: Freude (Something psycho again)
  • W. Lenssen: Der Ruf der Mayas: von der Magie uralter Prophezeiungen - eine Schamanenreise
  • P. Gyger: Hört die Stimme des Herzens: werdet Priesterinnen und Priester der kosmischen Wandlung.
Im Verlagssprech von Kösel nennt sich das "eine klare Programmpolitik",die "dem Verlag beim Handel und beim Publikum hohes Ansehen" verschaffen. Nicht beim ganzen Publikum. Nicht bei mir. (Ja, ja, natürlich weiß ich, daß von tatsächlich-christlichen oder gar katholischen Büchern heutzutage kein Verlag mehr leben müssen. Daß es Cashcows geben muß, die den kaum-verkäuflichen Rest mitfinanzieren. Aber so'n Schrott muß doch jetzt wirklich nicht sein...)
Mörder, Ehebrecher und das Reich Gottes

Übermorgen ist es wieder so weit: Wir feiern die lebenden Beweise, daß wir es auch schaffen können.

Das Wall Street Journal gibt einen Überblick über die Gesellschaft, die uns drüben erwartet.

27. Oktober 2006

Ausgleich des Bösen durch klares Zeugnis

Allen, die Matthias heißen, sei diese Passage aus der "Apostelkatechese" des Papstes vom 18. Oktober zur Kenntnis gebracht (Quelle: Die Tagespost):
"Zum Abschluss wollen wir auch an denjenigen erinnern, der nach Ostern an die Stelle des Verräters gewählt wurde. In der Kirche von Jerusalem wurden zwei Männer von der Gemeinschaft vorgeschlagen und schließlich das Los gezogen: 'Josef, genannt Barsabbas, mit dem Beinamen Justus, und Matthias' (Apg 1, 23). Letzterer wurde ausgewählt, so dass er den 'elf Aposteln zugerechnet' wurde (Apg 1, 26). Von ihm wissen wir nur, dass auch er Zeuge des gesamten irdischen Lebens Jesu gewesen ist (Apg 1, 21–22) und Ihm bis zum Schluss treu geblieben war. Der Größe dieser seiner Treue wurde die göttliche Berufung hinzugefügt, den Platz des Judas einzunehmen und dadurch gewissermaßen dessen Verrat auszugleichen. Daraus ziehen wir eine letzte Lehre: auch wenn es in der Kirche nicht an unwürdigen und verräterischen Christen mangelt, ist es Sache eines jeden von uns, das von ihnen begangene Böse mit unserem klaren Zeugnis für Jesus Christus, unseren Herrn und Erlöser, auszugleichen."
Dünner Kaffee

Anscheinend hat sich die Internationale Theologenkommission letzthin gar nicht über den "limbus puerorum" unterhalten, sondern den Katalog der Hauptsünden um eine achte erweitert.



Steve Colbert hat sie seinen Zuschauern schon mal visuell-pädagogisch näher gebracht; der Ironic Catholic weiß mehr.

Die Deutsche Bischofskonferenz kündigte inzwischen an, bei der für 2020 vorgesehenen Überarbeitung des zweiten Teils des deutschen "Erwachsenenkatechismus" einen entsprechenden Passus einzuarbeiten - vorausgesetzt, dem "korrespondiere dann noch eine grundlegende Offenheit des modernen Menschen." In mehreren katholischen Bildungshäusern liegen bereits Unterschriftenlisten aus, die sich gegen römischen Gewissenszentralismus und für die Beibehaltung der liberalen Kaffeekoch-Praxis aussprechen. Gegenwärtig darf in den Bildungshäusern Kaffee jeder Stärke ausgeschenkt werden, vorausgesetzt er wurde ökologisch angebaut und fair gehandelt.
Fast-fanatische Hingabe an den Papst und eine nette, rote Uniform

Nicht alle kennen die Life-Übertragung aus dem Wohnzimmer der Spanischen Inquisition. Andrew Sullivan verlinkt sie...

Goodness gracious...

Gegen Jerry Lee Lewis ist sogar Chuck Berry ein Waisenknabe. Die Welt porträtiert den 70jährigen "Killer" anläßlich seines neuen Albums. So einer wie er kann nur aus dem amerikanischen Süden kommen, dem Land des "Wrong-Eyed Jesus" , der Heimat St. Flannerys und ihrer Romanfiguren...

26. Oktober 2006

Deutschlands Lieblingsmedium

Eros und Thanatos auf einer Seite, alles zeigen, nichts sagen. Die Zeit kommentiert zur BxxD-Zeitung und ihrem Beweis, daß, wenn auch alles fließt, in ihrer Redaktion alles beim Alten und Schlimmen bleibt.
Pflichtlektüre ...

... für den Francis Kardinal Arinze-Fanclub: "Liturgical Roles In the Eucharistic Celebration".
The sacred liturgy is the public prayer of the whole Church. The chief person acting in every liturgical celebration is our Lord and Savior Jesus Christ himself, the one perfect Mediator between God and man.

25. Oktober 2006

Schluß mit lustig

Um den unmäßigen Einsatz von Ausrufezeichen und permanente Unhöflichkeit einzudämmen, will der Chef ab sofort alle Kommentare sehen und prüfen, bevor sie online gehen. Bis auf weiteres. Bis sich der Troll trollt.

Sorry, Jungs.
Der Pius-Putsch

"Na ja scittio ,mal ganz ehrlich, von deiner Antichristensekte ist seit dem 58erModernistenputsch sicherlich alles andere ausser geistiger Gesundheit gekommen, dafuer aber sicherlich NonStop Kabarett und Burleske von einer ganz hoellischen Art-du selbst z.B bist ja ein ganz spektakulaeres Beispiel dafuer"
So weit ein gewisser, unbekannter Blogozesen-Liebling in einem Kommentar zu Yours Truly.

Ja, ja, der Modernistenputsch von 58...

Gut, daß die Öffnung des Vatikanischen Archivs endlich aufdeckt, daß der Putsch nicht erst 1958 statt gefunden hat, sondern schon unter, durch und mit Papst Pius XII. Wie sonst sind Fotos wie die folgenden zu erklären wenn nicht mit satanistischer Machtübernahme? Ein crowd surfing Pope, ein vogelliebender Papst kann doch nur aus einer, der untersten, höllischen, diabolischen Ecke kommen? Burleske und Kabarett allüberall...

Fumare notiert: "The Society of Humorless Catholics had no comment."


24. Oktober 2006

"Nicht mal eine ernsthafte Frage"

Für den Fall, daß einer fragt, warum die Glaubenskongregation gelegentlich Dokumente wie die "Lehrmäßige Note zu einigen Fragen über den Einsatz und das Verhalten der Katholiken im politischen Leben" verfasst, hier ein Prachtexempel:

Nancy Pelosi (D - CA), demnächst - je nach Wahlausgang - vielleicht Sprecherin des US Repräsentantenhauses, jetzt schon Katholikin und Mutter von fünf Kindern und mit einem laut Suicide of the West seit 1987 makellosen Abstimmungsverhalten - jedenfalls aus der Sicht von Planned Parenthood und NARAL Pro Choice America. Newsweek hat sie interviewt:
Newsweek: I think the issues that brought you into politics were the environment and also choice [abortion]. [You had] five children in six years, a Catholic background…Was embracing choice [abortion] an issue with your family?

Pelosi: To me it isn’t even a question. God has given us a free will. We’re all responsible for our actions. If you don’t want an abortion, you don’t believe in it, [then] don’t have one. But don’t tell somebody else what they can do in terms of honoring their responsibilities. My family is very pro-life. They’re not fanatics and they’re not activists. I think they’d like it if I were not so vocally pro-choice.
Quizstunde

Tough Catholic Quiz for those speaking English: Inquizition. (via Curt Jester)

Ich lege schon mal mit 11 von 20 vor.
Zornphilosoph, Princetonian und B16

"Peter Sloterdijk verteidigt den Papst" gegen Joschka Fischer; Einzelheiten nennt die Welt leider nicht.

23. Oktober 2006

Das Konzil und seine Messe

Immer noch, immer wieder die Liturgie:

Heute ein Essay (in Englisch - alas/leider!) von P. Joseph Fessio SJ, einem Ratzinger-Schüler über "Die Messe des II. Vatikanums" - manches Bekannte, einige schöne Beobachtungen (Wendete sich Patton auf seinem Panzer tatsächlich von seinen Soldaten ab?), klare Worte und vor allem die Option für die Schönheit.
Deo gratias

Was für eine Überraschung am Ende eines ansonsten eher dunkelgrauen Tages:

Dylan is back.

Nicht Bobby D., sondern "unser" Dylan. St. Blog's own Dylan. Der Dylan, der mich zum Bloggen brachte. Der Dylan, bei dem ich zum ersten Mal Zeilen des großen Edward Estlin Cummings las. Der Dylan, von dem z.B. das Motto von Catholicism Wow! stammt: "Eine größere Sünde als häretisch zu sein, ist es, langweilig zu sein."
Fallacis Bibliothek

"Die Mitte September verstorbene italienische Autorin Oriana Fallaci hat ihre Bibliothek der vatikanischen Lateran-Universität in Rom geschenkt." (Tages-Anzeiger)
Die A3 bei Aschaffenburg

Vor gut 60 Jahren sah die heute und morgen total gesperrte A3 von oben so aus:



Wenn es ein Blindgänger war, hatten wir Millionen so lange viel Glück, bis heute ein Bauarbeiter starb.

R.i.p.
Papst Gerhard I. im Rückblick auf seinen Deutschlandbesuch
"SPIEGEL: Was hat diese für Sie letzte von anderen Tourneen unterschieden?

Schröder: Das waren zum Schluss eher gelesene Messen als gewöhnliche Wahlkampfauftritte. Es war eine schöne Erfahrung, dass da auf großen Plätzen 10 000, 15 000 häufig junge Leute standen, die einfach neugierig waren: Was sagt denn der jetzt eigentlich? Was will er uns vermitteln? Ich habe selten einen Wahlkampf erlebt, der so störungsfrei war wie die letzten Wochen im Wahlkampf 2005." ("Für mich gibt es keine Rückkehr" im SpOn)

22. Oktober 2006

Bayrisches Wochenende

Zwei Tage im oberbayerischen Kernland verbracht und einiges erlebt:

Z.B. habe ich beim mühsamen Aufstieg auf unseren Samstagsgipfel den hl. Paulus zum Patron aller bergwandernden Flachländer gekürt. Qualifiziert hat ihn Röm 8, 18: "Die Leiden der gegenwärtigen Zeit bedeuten nichts im Vergleich zur Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll."

Nach der guten Heimkehr - danke, Paulus! - waren die Liebste und ich im lokalen Sonntag-Vorabendgottesdienst. In dem sollten aus Anlass des Weltmissionssonntags und um die Universalität der Kirche auszudrücken, Lieder in fünf Sprachen gesungen werden; am Ende waren es aber doch wieder nur die drei klassischen (Latein - "Laudate omnes gentes", Griechisch - "Kyrie eleison", Hebräisch - "Schalom chaverim") und zwei modernen Kirchensprachen (Englisch - "Kumbayah, my Lord", Deutsch - der Rest). Das ist 2007 oder andernorts durchaus steigerungsfähig: Etwas Französisches sollte auf jeden Fall drin sein ("Plaisir d'amour"?), und bei entsprechender Vorbereitung auch ein afrikanischer Kanon.

Auch farblich ging es bunt zu: Trugen die Ministranten das jahreskreisliche Grün, erschien der Pfarrer in Violett: Nicht wegen etwaiger Reue und Buße angesichts des von Missio in den Vordergrund gerückten Themas "Aids in Ostafrika", sondern weil das Meßgewand aus Ruanda stammte.

In der Folge verspürte ich wieder die üblichen Anflüge von Sehnsucht nach liturgischer Korrektheit, die aber zum Glück von der Gegenwart des HErrn gelindert wurden.

19. Oktober 2006

Es geht auch vernünftig

Die Tagespost würdigt den "Brief der 38", die wiederum "His Holiness" und seine Regensburger Rede ernst nehmen.
1oo ironische Gründe, katholisch zu sein, heute

Nr. 70-61.
Konzentration aufs Wesentliche
"A few years ago, I was out in Southern California, visiting a school in Orange County. I can’t remember the name of the parish to which the students took me for Mass, but what has stayed with me ever since is the conversation as they drove me back to the hotel. Talk about the homily’s content didn’t interest them; even talk about the homily’s lack of content didn’t interest them. 'I just kind of tune it out,' the driver said, and the others all agreed. 'I just go to church for confession, to pray, and to take Communion,' added the young woman in the back. 'At least the priests can do that.'" (Joseph Bottum: When the Swallows Come Back to Capistrano: Catholic Culture in America; in: First Things)
Bi- und Multirituelles

Frau Elsa fragt zurecht: "Du aber, Scipio, was meinst du?"

Weil ich keine kurze, knappe Antwort geben kann und für eine längere, differenzierte in den nächsten paar Tagen keine Zeit haben werde, verweise ich für heute nur ein Posting auf Rorate Caeli: Wenn in Frankreich manche Bischöfe einen verordneten "Biritualismus" kommen und die "Einheit der Katholischen Kirche" in Gefahr sehen, illustriert er den bischöflicherseits kaum angefochtenen de-facto-Multiritualismus, der - und das sage jetzt ich - mancherorts die Einheit der Katholischen Kirche vor Ort ganz anders und ganz gründlich unterhöhlt.

Wenn wir wenigstens aktuell nur einen Ritus hätten, der auch überall so gefeiert würde, wie ihn z.B. die Allgemeine Einführung ins Meßbuch oder Redemptionis Sacramentum hm, sagen wir: nahelegen, dann ginge es mir jetzt schon viel besser. Da bin ich mit FingO einig. Der Novus Ordo (mit seinen lokalkirchlichen Umsetzungen) hat allerdings bestimmte Schwächen und Anfälligkeiten, die auch prompt von Radikalreformern ausgenützt wurden und werden. Schließlich spielt die bisherige Geschichte des Novus Ordo nicht umsonst großenteils in den Jahren der Postkonziliaren Krise, die erst langsam zu Ende geht - mancherorts schneller, hierorts langsamer (me thinks).

Jetzt aber Schluß. Sonst dementiere ich mich noch selber.

18. Oktober 2006

92 Jahre "totus tuus"

Noch ein Geburtstag am 18. Oktober: Schönstatt.
Unsaubere Gefäße

Und noch einmal Chuck Berry, diesmal aus der göttlichen Perspektive:
"Verausgabt hat sich Berry stattdessen in diversen aus Größenwahn und Gier geborenen kleinkriminellen Aktivitäten. Mehrfach saß er im Gefängnis. Genau wie der große Soul-Mann James Brown ist auch Berry ein Beispiel dafür, dass Gott nicht immer die saubersten Gefäße aussucht, um sie mit Inspiration zu füllen." (Welt)

17. Oktober 2006

Hail, hail Rock'n'Roll - deliver me from the days of old!

Und morgen früh, auf dem Weg zur Arbeit, zur Feier seines 80. Geburtstages: die Musik von Charles Edward Anderson „Chuck“ Berry einlegen, an meine späte Kindheit zurückdenken und dem HErrn danken. Und für den guten alten Chuck beten.

Links:
Chuck Berrys MySpace
Send Chuck a Birthday Greeting
Edo Reents' Würdigung in der FAZ
Der Meister mit Keith Richards beim Spielen
Todeskandidaten

Als ich vom U-Bahn-Unglück in Rom hörte, erinnerte ich mich an den Moment in der vergangenen Woche:

Ich stand in der Pariser RER und schaute einem Mitreisenden über die Schulter. Der Artikel in seiner Gratiszeitung handelte von den zum Tode Verurteilten, die in den Etats-Unis auf den elektrischen Stuhl warten. Und es dachte in mir: "Todeskandidaten - das sind nicht nur die dort drüben in den Todeszellen, sondern genauso wir alle, die hier sitzen und stehen. Unsere Fahrt mag nur ein bißchen länger dauern. Aber notre destination, unser Ziel und unsere Bestimmung, ist die gleiche."
Einer der 50 Besten der Tagespost

Georg Alois Oblinger über Die letzte am Schafott von Gertrud le Fort und seinen theologischen Kontext:
"'Opfer', 'Stellvertretung', 'Sühne' – diese Worte werden von der zeitgenössischen Theologie weitgehend gemieden. Andererseits gibt es kirchliche Bewegungen, die in ihrer Spiritualität hierauf sehr stark den Akzent setzen und 'Sühnemessen' beziehungsweise 'Sühnenächte' abhalten. Welchen Sinn hat es, das Leid für einen anderen zu tragen? Kann man sein Leiden für andere 'aufopfern'? Solche Fragen haben zu allen Zeiten religiöse Menschen beschäftigt. Die Theologie hat eine Antwort entwickelt ausgehend von den Worten des heiligen Paulus: 'Für den Leib Christi, die Kirche, ergänze ich in meinem irdischen Leben, was an den Leiden Christi noch fehlt.' (Kol 1, 24)."
Der Kampf der Pappnasen gegen den "Rollback"

Nicht nur Paul Badde steht in den Startlöchern und berichtet vorab über den "einen einzigen Ritus in der römisch-katholischen Kirche ... - ab jetzt jedoch mit zwei gleichberechtigten Formen: dem gewöhnlichen Ritus in der Landessprache und dem außergewöhnlichen und universalen Ritus in Latein". (Welt)

Wetten, daß die Verfechter des Status quo schon in Stellung sind und vor Ort, in den Bildungshäusern und Pfarrheimen, auf dem "Dies" und in den Räten Aufklärungsarbeit über die römische Verschwörung betreiben werden?
Infallibilität und Affekte am Montag abend

Eigentlich sollte man sich das nicht antun: Direkt nach der Arbeit ohne Pause um 20.00 Uhr in die Lektorenschulung mit einem unserer Würzburger Berufslaien einschweben.

Da kann einem nämlich der antirömische Affekt des Herrn Referenten voll auf den leeren Magen schlagen: Rom macht dieses, Rom unterlässt jenes; nur Rom weigert sich noch da und dort; wir würden ja, wenn Rom nicht wieder; ...

Bewundernde Blicke wendeten sich stattdessen ins blühende Nord-Elbien, wo uns die protestantischen Schwestern und Brüder vormachen, wie man mit Sonntag-Abend-Mählern die Kirche mit Leuten füllt. Ein Erschauern überhauchte die anwesenden Lektor/inn/en: "Das wäre ja noch was: Da sind die Kirchen voll, und bei uns..."

Nur gut, daß es noch ein paar mutige Diplomtheologen aus den späten Sechzigern und frühen Siebzigern gibt, die den Konzilsgeist hochhalten und die Dekrete und Erklärung des Vaticanum II unfehlbar auslegen. Jedenfalls in einem untermainischen Pfarrheim an einem Montag abend um acht und vor Leuten, die es nicht besser wissen.
Kleideranordnung

Da hilft wohl nur ein Riesenkreuz, das unter keiner Uniform verstecken lässt:
"Einer Angestellten am Ticketschalter der British Airways (BA) wurde von der Fluglinie verboten, ihr am Hals getragenes, kleines Silberkreuz offen zu zeigen: Die Kleiderordnung für Beschäftigte der BA sehe vor, dass religiöse Symbole unter der Uniform versteckt werden müssten. (...) Da die Frau sich weigerte, dies zu tun, wurde sie ohne Abfindung von ihrem Dienst suspendiert; dagegen will sie vor einem Arbeitsgericht klagen. Sie argumentiert unter anderem, dass Sikhs ihre Turbane und angestellte muslimische Frauen den Hijab, das Kopftuch, durchaus tragen dürften, was die Airline damit begründet, 'dass diese Symbole sich schlecht unter der Uniform verbergen lassen'. Das Vorgehen der BA ist auf scharfe Kritik gestoßen. Unter der Prominenz des Landes wird inzwischen zum Boykott der Fluglinie aufgerufen." (Welt)

14. Oktober 2006

Schott zu verschenken

Heute aus der Papiertonne gezogen: ein recht gut erhaltenes Exemplar von P. Anselm Schotts "Das Meßbuch der heiligen Kirche" (Freiburg: Herder, ca. 1957), in rotem Leder und Goldschnitt, mit Kunstdruckillustrationen und ein bißchen Grünspan auf den inneren Umschlagseiten. Der Vorbesitzer ist mir persönlich bekannt; es handelt sich um einen frommen Kirchgänger und ein aktives Gemeindemitglied.

Wer Interesse hat und sich auf die Freigabe der Prä-Novus Ordo-Messe vorbereiten will ;-), kann sich bei mir melden. Die e-Mailadresse ist auf meiner Impressumseite angegeben. Zusendung frei Haus.
Sediwas?

"Endlich von den Sedisvakantisten entdeckt!" - Auf diesen Jubelruf brachte mein Jüngster die trockene Gegenfrage: "Sediwas?"

Ich hatte nach den jüngsten Spamattacken auf Fono und Kollegen schon das Gefühl, ich sei zu wenig katholisch. Warum spammte mich keiner zu? Muß ich mehr Papst bringen, um gemeinsam mit der Una Sancta Catholica übel angemacht zu werden?

O.k., lieber Anonymous, um dessen psychische Genesung ich nachher in der (Novus-Ordo-)Messe beten werde: Ich bin stolz und froh und dankbar, der Novus-Ordo-Sekte anzugehören, die ansonsten alle Welt die römisch-katholische Kirche nennt. Diesem irdenen Gefäß, in dem mir DER Schatz der Herrlichkeit GOttes geschenkt wird. Der Braut des Gekreuzigten, dem pilgernden GOttesvolk, dem mystischen Leib des HErrn.

As it was in my beginning, is now and ever shall be.

13. Oktober 2006

Liberalisierung

Ich bringe mich langsam wieder aufs laufende, z.B. mit John Allens Bericht über die erwartete Freigabe des Prä-Novus Ordo: Pope set to liberalize use of Pre-Vatican II Mass.

Gegen Liberalisierung kann doch keiner was haben?
USA 101

Ein höchst nützlicher Blog, besonders in Zeiten beschleunigter atlantischer Kontinentaldrift: USA Erklärt.

12. Oktober 2006

A Te ügyedrõl van szó!

Die Kerze in der Sakramentskapelle von Saint Sulpice dürfte noch brennen, die sich die Übersetzerin eines Horaz-Satzes (epistolae I, 18, 84) ins Ungarische incl. umgehender Zusendung via Handy mit dieser Spontanaktion verdient hat. Danke!

An der Messe in Saint Sulpice nahm ich (äußerlich) schweigend teil, bis beim Auszug des Priesters jemand das "Salve Retschina" anstimmte und mir und meinem deutschen Latein das Einstimmen ins Lob Mariens möglich machte.

9. Oktober 2006

Paulus und der Ernstfall

Man vernachlässigt Paulus nicht ungestraft.

Daß er allen alles wurde, den Juden ein Jude, den Griechen ein Griechen (vgl. 1 Kor 9, 19-22), gilt zuerst für seine religiöse Praxis. Aber kann man sich ernsthaft vorstellen, daß er bei südanatolischen oder maltesischen Spezialitäten die Nase hochzog und dankend ablehnte, statt, vielleicht widerwillig, vielleicht neugierig mit seinen Gastgebern zu essen, was auf den Tisch kam? Er, der immer die höchsten Ansprüche an sich stellte und sie in der "Narrenrede" (2 Kor 11,16 - 12,13) seinen geliebten Kindern in Korinth aufs Brot schmierte, war kein "Geschmäckler", kein "Feinschmecker" im normalen Umgang - und auch nicht auf seinem "spirituellen Weg" (wie man im frühen 21. Jahrhundert so sagt). Wie es kommt, ist es recht. "Wenn Truthahn, dann Truthahn. Wenn Fasten, dann Fasten", wie es in der Version der Teresa von Avila heißt.

Die Umsetzung in den Alltag ist anspruchsvoll: Daß mich die sechs Austern, die ich vorhin - Premiere! - schlürfte, nicht süchtig machen auf mehr davon, ist kein Grund, mir wer-weiß-was einzubilden. Vielleicht kommt morgen früh die Bewährungsprobe: Wenn der gute Käse alle ist, das Weißbrot wider Erwarten zäh und feucht, der Kaffee kalt und die Tasse schmutzig.

Dann muß ich mich entscheiden, ob Paulus tatsächlich recht hatte. Ob ich trotz Kopfschmerzen und schwieriger Gesellschaft immer noch glaube, daß nichts uns scheiden kann von der Liebe Christi (Röm 8, 35). Die "Mächte und Gewalten" sind weit weg, in einer nebulösen Über- oder Unterwelt. Die grünen Bananen, das überheizte Hotelzimmer, die versiffte Dusche - sie sind nicht wegzuwünschen und drängen sich ungefragt in mein ach so bescheidenes Leben.

In diesen Momenten nimmt ER unsere großen Worte beim Wort. Also aufpassen!
Kirchenschwinden macht's möglich

Gernot Facius: Allianz mit Fundamentalisten. Mit dem Leibhaftigen in einem Boot sozusagen...

8. Oktober 2006

Kardinal Ratzinger über Thérèse von Lisieux und eine ganze Menge mehr

Da ich derzeit öfters unterwegs als zuhause bin, kam ich nicht dazu, am 1. Oktober, dem Fest des hl. Fräulein Thérèse Martin, einen Text zu bloggen, der aus einem Interview stammt, das George Weigel 1997 mit dem damaligen Kardinal Joseph Ratzinger führte. Das hole ich jetzt nach:
"Wir kennen ganz unterschiedliche Kirchenlehrer, noch vor Antonius von Padua. Auf der einen Seite die großen scholastischen Lehrer, Bonaventura und Thomas von Aquin, die Professoren, Akademiker und große Lehrer im wissenschaftlichen Sinn waren, in der patristischen Phase große Prediger, die die Glaubenslehre nicht im theologischen Diskurs, sondern im Predigtwort entfalteten, daneben Ephräm, der seine Theologie wesentlich in Hymnen und Musik ausprägte. In diesen Zeiten nun gibt es neue Formen von Lehrern und es ist wichtig, den Reichtum unterschiedlicher Lehrweisen in der Kirche zu heben. Da haben wir nun Teresa von Avila mit ihren mystischen Erfahrungen und ihren Auslegungen der Präsenz Gottes in mystischer Erfahrung. Wir haben Katharina von Siena mit einer Erfahrungstheologie. Und nun haben wir Thérèse von Lisieux mit einer anderen Art von Erfahrungstheologie.

In unserer wissenschaftlichen Gesellschaft ist die Botschaft von einer einfachen und tiefen Gottesbeziehung ebenso wichtig wie die Lehre, wie einfach es ist, eine Heilige, ein Heiliger zu sein: In dieser Zeit, die so auf Wirkung aus ist, zu lehren, daß es nicht unbedingt von großen Taten abhängt, ein Heiliger zu sein, sondern daß es darin besteht, den Herrn in uns arbeiten zu lassen.

Das ist auch für den ökumenischen Dialog interessant. Anlaß zu Luthers Rechtfertigungslehre war seine Schwierigkeit, sich selbst so zu denken, als sei er gerechtfertigt und erlöst durch die komplexen Strukturen der mittelalterlichen Kirche. Gnade erreichte seine Seele nicht und wir müssen in diesem Zusammenhang den Aufbruch des sola fide verstehen; daß Luther schließlich selbst entdeckte, man müsse dem Herrn nur fiducia, Glauben, schenken, sich selbst in die Hände des Herrn geben - und ich bin erlöst. Ich denke, auf eine sehr katholische Weise kehrt das mit Thérèse von Lisieux wieder: Wir müssen nichts Großes tun. Ich bin arm, spirituell und materiell, und es ist genug, mich in die Hände Jesu zu begeben. Das ist eine wahre Auslegung davon, was es heißt, erlöst zu sein. Wir müssen nichts Großes tun, wir müssen zuversichtlich glauben. In der Freiheit solchen Glaubens können wir Jesus nachfolgen und ein christliches Leben führen. Das ist nicht nur ein wichtiger Beitrag zum ökumenischen Dialog, sondern zu unserer gemeinsamen Frage: Wie kann ich erlöst werden, wie bin ich gerecht? Der 'Kleine Weg' ist eine sehr tief reichende Wiederentdeckung der Mitte christlichen Glaubens.

Die andere Konzeption ist es, daß man vom Kloster aus, in Weltabgeschiedenheit, viel für die Welt tun kann. Gemeinschaft mit Christus ist Christen auf der ganzen Welt gegenwärtig. Jeder kann 'wirksam' für die allgemeine Kirche sein - das ist eine neue Definition der 'Wirksamkeit' in der Kirche. Es gibt so viel Aktion, und wir müssen entdecken, daß´'Wirksamkeit' bei der Gemeinschaft mit Christus beginnt. Die Vorstellung, daß das Herz der Kirche in allen ihren Gliedern gegenwärtig ist, ist eine wichtige Korrektur einer rein pragmatischen Kirche, einer 'wirksamen' Kirche im äußerlichen Sinn. Sie ist eine Wiederentdeckung der Wurzeln allen christlichen Humanismus." (Das Projekt Benedikt.- München: Pattloch, 2006, S. 318f)
Nichts für schwache Herzen

Durchaus "pious and overdevotional": Eine, hmm: Zentralreliquie des hl. Jean Marie Vianney on tour und im Bild bei Mr. Curt Jester.
Meisterschaften

Evangelical Catholicism veranstaltet Theologie-Weltmeisterschaften und lässt uns alle mitabstimmen.

7. Oktober 2006

Bevor Orthodoxie verboten wird...

... geht man zuerst einmal paternalistisch-herablassend mit ihr um und lädt sie zum Gespräch ein. Das Ziel steht dabei von vornherein fest, und wer anderer Meinung ist, steht unter dem Vorbehalt des "Noch" und unter dem Diktat "kulturelle(r) und soziologische(r) Bedingungen".

Pfarrer Thomas Wipf, der neue Präsident der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa, im Interview mit dem Rheinischen Merkur:
"...Zum innerevangelischen Dialog: Spricht die GEKE auch kontroverse Fragen wie die Ordination von Frauen an? Und wenn ja: Mit welchem Ziel? Aus meiner Sicht besteht das Ziel in der Gleichstellung von Männern und Frauen bei der Ordination. Das lässt sich durchaus biblisch-theologisch begründen. Doch wir müssen das Gespräch darüber einladend führen. Dabei gilt es, die kulturellen und soziologischen Bedingungen ernst zu nehmen, unter denen die Entscheidung in manchen evangelischen Kirchen noch anders getroffen wird."
Hilde Domin: Ecce Homo

weniger als die Hoffnung auf ihn

das ist der Mensch
einarmig
immer

nur der gekruzigte
beide Arme
weit offen
der Hier-Bin-Ich
Das Neuhaus-Gesetz in der praktischen Anwendung

Father Richard John Neuhaus kommentiert in First Things (October 2006) ein Exempel des von ihm konstatierten Gesetzes:

"Die großen schwedischen Zeitungen brachten die Nachricht auf den Innenseiten. Es war nichts großes. Anders Wejryd war zum Erzbischof von Uppsala gewählt worden, was ihn sozusagen zum Primas der Schwedischen Kirche macht. Die Wähler gehören zu den verschiedenen diözesanen und nationalen Räten, die von den politischen Parteien kontrolliert werden. Wenige von ihnen, und ein noch kleinerer Anteil der Bevölkerung im allgemeinen, treten je durch eine Kirchentür. Die Schwedische Kirche ist eine hundertprozentige Tochter des schwedischen Staates. Eine Minderheit des schwedischen Klerus und der Kirchenbesucher hat theologische Einwände gegen die Priesterweihe von Frauen, Wejryd und die maßgeblichen politischen Parteien aber halten an der pro-feministischen und pro-schwulen Agenda fest. Svenska Dagbladet berichtet, daß Wejryd in einem Interview 'gefragt wurde, wie er sich in seiner Führungsaufgabe sehe. Er verglich sich mit einem Zirkusdirektor - jeder möge sein Kunststück vorführen.'

Das brachte mir Erinnerungen an frühere Jahre zurück, als mein Freund James Morten Dekan von St. John the Divine, der episkopalianischen Kathedrale in New York wurde. Es sei sein Ziel, sagte er, die Kathedrale in einen Zirkus zu verwandeln. Was er tat. Ich behauptete damals, daß er seinen Unterhaltungswert überschätze.

Erzbischof Wejryd jedoch ist gar nicht lustig und verspielt. Nach seiner Ernennung sagte er Dagens Nyheter, daß er der Polizei ohne Zögern Priester melden würde, die sich weigerten, mit geweihten Frauen zusammenzuarbeiten. "Wir haben ein Antidiskriminierungsgesetz, und in diesen Fällen handelt es sich um ein besonders beleidigendes Verhalten."

Wer sagte noch, daß Orthodoxie da, wo sie zur Option würde, früher oder später verboten würde?"

6. Oktober 2006

"Schwarz und Weiß – und zwar mehr Schwarz als Weiß"

Mehr über den Comic über den Rockabilly Rebel aus God's Own Country.
Philosophen gesucht!

"Steven Hales, an academic from Bloomsburg University in Philadelphia, USA is actively seeking paid contributors for a book entitled Beer and Philosophy, that he is producing ...

He is currently soliciting abstracts for the final articles to appear in this volume. So far, the articles are being written by professional philosophers who are also beer enthusiasts, on topics such as the objectivity and subjectivity of taste, beer and friendship, authenticity, and various ways in which beer and beer drinking is related to the thoughts of the great historical philosophers."(Bei Campaign for Real Ale via Daily Eudemon)
Papst und Sprache

Edda Moser, "Sängerin und Sprachkritikerin", im FAZ-Interview beiläufig über den Papst und die deutsche Sprache:
Die deutsche Sprache ist ein moralisches Vermächtnis, wie unser Mann in Rom zu sagen pflegt. Er macht übrigens einen sehr guten Job!
Daß es mir nicht schade

"Ich bat unseren Herrn aufrichtig darum, über mein Geschriebenes zu wachen, nicht daß er's vor dem Verlorengehen bewahren solle oder vor dem, daß es zu nichts führt, denn dazu gebe ich gern mein Ja, aber daß es mir nicht schade durch Feindseligkeit oder Trotz von jemandem oder mir selbst. Daß er's sich zu eigen mache und es einsetze oder nicht einsetze, wie es ihm gefällt. Und ich glaube, das wird erhört." (Gerard Manley Hopkins SJ, Exerzitienaufzeichnungen September 1883, zit. nach StdZ 2006; 224 (9):627)
Nein, Hopkins war kein früher Blogger, sondern einer der großen katholischen Dichter. (Webpräsenz z.B. hier)

5. Oktober 2006

Selbstbezügliches auf der Buchmesse

Eine katholische Bloggerin
und ein katholischer Blogger schlendern gemeinsam über die Frankfurter Buchmesse, greifen sich beim Gemeinschaftstand der katholischen Presse je eine Ausgabe einer nord- oder ostdeutschen Bistumszeitung und freuen sich köstlich, als sie erwartungsgemäß auf S. 10 den Artikel über "Benedikts Blogger" mitsamt ihren URLs entdecken.

Ansonsten werde ich heute abend noch eine Strophe von "Danke für diesen schönen Mittag" vor mich hinsummen. Buchmesse ist immer toll, und in guter Gesellschaft gar nicht mehr zu toppen. Petra und ich machten u.a. den netten Herrn von den "fontes christiani" glücklich, als wir uns für Sozomenos, Eusebius und die Trullanische Synode interessierten (während in unserem Rücken die Dame vom Universellen Leben ihre "Gott ja - Kirche nein"-Aufkleber verteilte) und brachten die Dame des Johannes-Verlags zum Staunen, als wir sie fragten, ob die Neuausgabe der Bernanos-Briefe ein identischer Nachdruck der beiden in der Reihe "Christ heute" erschienenen Bändchen sei.

Der (bis zum Beweis des Gegenteils) nettesten Bloggerin der Blogozese vielen Dank!

4. Oktober 2006

Father Samways Hitliste

P. Patrick Samway SJ, ehemaliger Literatur-Redakteur von America und Biograph von Walker Percy, hat vor einigen Jahren seine eigenen Top-Ten-Catholic-Novels aufgelistet - hier sind sie zum Nachlesen.

Zur Terminologiefrage sagt er:
In much the same way that I am not sure that Catholic mathematics or Catholic watercolors exist, so too I am not sure about putting too much stock in the category of "Catholic novels." I do know that there are Catholic authors who write novels, but can we call their novels "Catholic?" Since the word Catholic is not under copyright, what does it mean exactly? Should the definition of Catholic be restricted to someone who has been baptized in a Roman Catholic Church? Or is more at stake? What do you call someone baptized in this church but who no longer believes what the Roman Catholic Church teaches? Can a novel by such a person be called a "Fallen-Away Catholic Novel"? And is there such a creature as a "Uniate Catholic Novel"?

By posing such questions, I merely want to open up - and not restrict - any discussion about Catholic novels, particularly in suggesting that, in my view, it might be legitimate to call a novel Catholic/catholic if it dramatizes a view of the world that provides an opportunity for the reader to enter in some reflective way into the mysterious plan that God has for his people.
Tag des Herrn und des Papstes Blogger

lux aeternitatis verweist uns auf eine Seite über Benedikts Blogger in der Magdeburger Kirchenzeitung.

3. Oktober 2006

Der Preis der Freiheit, Dreck Dreck nennen zu dürfen

"Der 'homo religiosus' aber muss einstweilen, zumal im Blick auf den Gegeißelten und Gekreuzigten, 'lernen, mit Schmach zu leben in unserer Kultur', bilanzierte Sektionsleiter Isensee den juristischen Befund. Er solle die Hinnahme aber nicht mit falscher Toleranz verbrämen, sondern 'Dreck auch Dreck nennen', denn Toleranz sei immer nur der Person und nicht deren Rede zu zollen. Und wenn der Staat den Schutz religiöser Gefühle praktisch ganz dem Taktgefühl überlasse, dann müssten die Konsequenzen alle gleichermaßen ertragen, auch empörte Moslems angesichts dänischer Karikaturen – und erst recht eines historischen Zitats in der Regensburger Universität." (Die Tagespost)
Der Blogozesen-Roman-Kanon

Dann machen wir uns also mal gemeinsam an eine Romanliste großer "christlicher Romane", im Sinn von Romanen erklärter Christen, die dezidiert christliche Themen zur Sprache bringen - mit allen Vorbehalten, wie sie Martin Mosebach letzthin in "Was ist katholische Literatur" (in: Schöne Literatur; München: Hanser, 2006, S. 105ff) wieder vorgebracht hat.

Tagespost (T), Fingo (F), Petra (P) und fr. Benedikt (B) haben vorgelegt; ich füge meine Kandidaten hinzu:

Frans G. Bengtsson: Abenteuer des Röde Orm (B)
Robert Hugh Benson: Come Rack, Come Rope (F)
Robert Hugh Benson: Lord of the World (F)
Georges Bernanos: Tagebuch eines Landpfarrers (P)
Georges Bernanos: Die Freude
Gilbert Keith Chesterton: Das fliegende Wirtshaus
Gilbert Keith Chesterton: Der Mann, der Donnerstag war (P)
Fjodor M. Dostojewski: Der Idiot
Fjodor M. Dostojewski: Die Brüder Karamasoff
Fjodor M. Dostojewski: Schuld und Sühne
Julien Green: Ein Mensch in seiner Nacht (P)
Graham Greene: Die Kraft und die Herrlichkeit (P)
Graham Greene: Monsignor Quixote (P)
Gunnar Gunnarsson: Die Leute auf Borg
Gunnar Gunnarsson: Jon Arasson
Ron Hansen: Atticus
Ron Hansen: Mariette in Ekstase
Oscar Hijuelos: Mr. Ives' Christmas
Joris-Karl Huysmans: En route (P)
Elisabeth Langgässer: Das unauslöschliche Siegel
Elisabeth Langgässer: Märkische Argonautenfahrt
C.S. Lewis: Die große Scheidung
C.S. Lewis: Perelandra-Trilogie (DS)
C.S. Lewis: Narnia-Erzählkreis (DS)
Walter M. Miller Jr.: Lobgesang auf Leibowitz (P)
David Lodge: How Far Can You Go? (P)
Carlo Manzoni: Die Brautleute (ER)
Bruce Marshall: Keiner kommt zu kurz (B)
Michael D. O'Brien: Sophia House (B)
Michael D. O'Brien: Father Elijah (B)
Flannery O'Connor: Die Gewalt tun
Flannery O'Connor: Wise Blood
Walker Percy: Liebe in Ruinen
Walker Percy: Die Wiederkehr
Adrian Plass: Tagebuch eines frommen Chaoten (DS)
Adrian Plass: Die rastlosen Reisen des frommen Chaoten (DS)
J. F. Powers: Ein Zweig im frischen Triebe
Marilynne Robinson: Gilead
Edzard Schaper: Der vierte König (B)
Reinhold Schneider: Las Casas vor Karl V.
Muriel Spark: The Prime of Miss Jean Brodie (P)
Sven Stolpe: Frau Birgitta lächelte (B)
Sven Stolpe: Leicht, schnell und zart (B)
Jón Sveinsson: Nonni und Manni
Sigrid Undset: Kristin Lavranstochter (P)
John Updike: Ehepaare
John Updike: Gott und die Wilmots
Evelyn Waugh: Helena (P)
Evelyn Waugh: Wiedersehen mit Brideshead (T)
Charles Williams: Die Stätte des Löwen

Da kommen bestimmt noch mehr?

[4. 10.: In der Tat: Aus den Anmerkungen habe ich einiges hochgeholt und selber noch ein paar Werke hinzugefügt, vorurteilsfrei, ohne Wertung, ob es wirklich alles kanonfähige Klassiker sind. Aber Novellen, Biographien und Erzählungen bleiben außen vor. Irgendwo muß ja mal Schluß sein.]
Roman-Kanon für Christen

Die fünfzig besten Romane, "literarische Höhepunkte, die für Christen interessant und von bleibendem Wert sind", kündigt die Tagespost an und macht den Anfang mit "Wiedersehen mit Brideshead" (Brideshead revisited) von Evelyn Waugh.

Vielleicht können wir ja mal tippen, welche Romane da noch auftauchen (sollten)? (Heute nacht werde ich das jedenfalls nicht mehr tun...)

1. Oktober 2006

Buchmessenwoche

"Erst durch das Lesen lernt man, wieviel man ungelesen lassen kann", zitiert die FAZ Wilhelm Raabe. Meine Variante des Satzes würde mit "muß" enden.

Beim Heimflug von London-Heathrow am Freitag konnte ich nicht widerstehen und habe mich mit vier verheißungsvollen Werken eingedeckt: A Year in the Merde (ich begann die Geschichte des Engländers in Frankreich gleich auf der Wartebank zu lesen und hörte lieber auf, um die Mitwartenden nicht durch lautes, langes Lachen zu stören), God's Secret Agents (über die Jesuiten im elizabethanischen England), 1599 (ein Jahr im Leben des William Shakespeare) und Whose Bible is it? (das letzte Buch des jüngst verstorbenen lutheran-turned-orthodox Theologen Jaroslav Pelikan). Dürfte für eine Weile reichen.

Momentan bin ich an der Handreichung des Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz zur Trinitätstheologie (gibt's kostenlos hier). Wenn ich denn zum Lesen komme. Es bleibt erst einmal hektisch.
Herzlich willkommen!

Auf Spiritualität interpretiert Gregor Starosczyk die Wirklichkeit.

Ob aus dem kleinen Anfang etwas größeres wird? Ich wünsch's uns.