Der Weltjugendtag wird - wie vieles andere Katholische - seine imposante, beeindruckende Außenseite haben. Selbst wenn es nicht zu Superlativen reicht - die Komparative sind erstaunlich genug und würden manch anderen Veranstaltern zu ewigem Ruhm gereichen. Man kann diese Außenseite ärgerlich und (wenn das im eigenen Weltbild eine erlaubte Kategorie wäre) diabolisch finden - wie die professionellen Kleinredner und Show-Off-Asketen -, man kann sie lobend und freudig in den Vordergrund stellen. Sie ist nur Ermöglichung und vielleicht Bedingung.
Denn wer glaubt denn ernsthaft, daß es diesen Hunderttausenden nur darum ginge, dem Papst zuzujubeln? Eine Woche auf den Beinen, die Ersparnisse eines Jahres vielleicht geopfert - wegen einer Kultfigur?
Der Papst ist lediglich Katalysator - jemand, der durch sein Dabei-sein ganz verschiedenartige Reaktionen in Gang setzt: umkehrbare, kurzzeitige Verwandlungen, bald verblassende Erlebnisse, aber auch unumkehrbare Begegnungen, Berufungen, wahrscheinlich und hoffentlich auch dieses Mal wieder: Begegnungen zwischen Herz und HErz. Das wußte Johannes Paul II. so gut wie Benedikt XVI. - und dem zweiten ist das Wissen darum wohl sogar angeboren.
Eugen Drewermann dixit:
"Es ist gut denkbar, dass die Individualisierung der Massengesellschaft dahin drängt, sich neu in die Masse - ein dialektisches Phänomen - zu drücken, um kollektiv Sicherheit zu suchen. Diese Bewegung ist gefährlich. Keine Kirche sollte das Recht haben, sich darauf einzulassen. (...)Die Beziehung zwischen dem Einzelnen und den "Vielen" ist um einiges komplexer als er es darstellt. Es geht nicht um das Individuum, das in die Menge auf dem Marienfeld hinein verschmilzt. Es geht um das Individuum, das in der Menge aufwacht und in den Gesichter seiner Nachbarn sieht: Ich bin nicht allein mit meinem Glauben und meinem Leben in der Kirche. Wir sind viele, die von ihrem HErrn geliebt und erlöst sind, denen er Freude und Dankbarkeit ins Herz schenkt und die diese Dankbarkeit auch an andere weitergeben können.
Das Christentum ist eine Entscheidungsreligion, basierend auf der Existenz jedes Einzelnen. Deshalb ist es nicht möglich, Menschen fertig in großen Haufen verwalten zu wollen. Anders ausgedrückt: Das Christentum ist eine Erlösungsreligion. Es muss all die Probleme von Angst, Verzweiflung und Einsamkeit mit den Einzelnen durcharbeiten. (...)
Die Folge davon ist, dass man glaubt, in Massenseligkeit schon auf dem rechten Weg zu sein." (taz)
Nicht der Einzelne ist das christliche Ideal, sondern der "Heilige" - der seine "Probleme von Angst, Verzweiflung und Einsamkeit" vielleicht nicht ein für alle Mal durchgearbeitet und gelöst hat, sondern der sie in die Gemeinschaft mit Jesus hineingibt und damit "loswird", weil er sie dem Anderen, noch Einsameren und ihm in seiner Einsamkeit Begegnenden gegeben hat. Er gibt sie hin als Einzelner in einer Gemeinschaft, getragen von dem Gebet und der Hilfe anderer, die ihm den eigenen Glauben, die eigene Bekehrung nicht ersparen, sondern (idealerweise) leichter machen.
Vielleicht erzählt uns am Ende jemand, wie viele Beichten - als Spitze des Metanoia-Eisbergs - während dieser Tage abgelegt wurden, wie viele seelsorgliche und geistliche Gespräche geführt wurden, wie viele Worte des Evangeliums auf guten Grund gefallen sind, wo sie nächste Woche, nach der Rückkehr, in einem halben oder gar erst in 20 Jahren aufgehen?
Die Kritiker müssten diese Polarität oder besser: dieses Wechselspiel von Innen und Außen kennen - umso tragischer für sie (und die, die ihnen glauben), wenn sie für die eigene "propaganda fidei" nur das eine erwähnen und das andere verschweigen.
2 Kommentare:
Meine Hacke - Drewermann regt sich darüber auf, dass der Papst die "physikalische" Auferstehung lehrt? Ich wusste gar nicht, dass es SO schlimm um ihn steht... *entsetzt*
Den Rest bin ich grad gar nicht fähig, zu kommentieren...
Ich wusste gar nicht, dass es SO schlimm um ihn steht...
Bei solchen Leuten frage ich mich auch wirklich... Ich meine, die Leugnung der Auferstehung ist ja eine der ältesten Häresien überhaupt - so alt, dass sie sogar von Paulus im 1. Korintherbrief diskutiert wird...
Leute wie Drewermann glauben aber, dass sie damit was ganz Neues sagen. Dabei kann er sich seinen symbolischen Glauben echt in die Haare schmieren. Warum sollte ich denn an einen Gott glauben, der nur ein Mythos ist wie alle anderen?
Umso mehr ein Grund für meine Kerzleinaktion...
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