Dabei sein
(Positives zum Tag - Folge 4)
"Die Wesenszusammenhänge der Theologie berichten von einem so ungeheuren Ereignis, daß von diesem eben nie (...) abstrahiert werden kann. Menschliche Wissenschaft wird immer die Tendenz zu solcher Ausklammerung behalten, auch wenn sie Theologie ist, und die geschichtliche Offenbarung weniger als je-jetzt zu vernehmendes und zu erhorchendes Geschehen verstehen denn als vorausgesetztes Ergebnis, und dieses bildet den Stoff der theologischen Reflexion.
Hiergegen haben die Heiligen sich immer zur Wehr gesetzt, indem sie in die Aktualität des Offenbarungsereignisses zurückdrängen. Sie wollen dabeisein, wann und wo es geschieht. Sie sitzen mit Maria zu Füßen Jesu. Sie hängen am Munde des Herrn, am Worte der Offenbarung. Sie wollen nichts wissen, als was Gott ihnen sagt. Sie wollen sich vom Ereignis des Hörens der Offenbarung kein Nu entfernen, als könnte man deren Inhalt wie ein vorliegendes, abgeschlossenes Ergebnis, vergleichbar den Resultaten anderer menschlicher Wissensgebiete, untersuchen. Sie sind Gott gegenüber in einem Verhältnis der Ausschließlichkeit. Sie wollen alles, auch das, was sie schon wissen, von ihm hören, wie wenn sie noch nie davon gehört hätten. Sie wollen sich die ganze Welt innerhalb der Offenbarung neu schenken, neu erklären und auslegen lassen. Sie wollen die Natür mit keinen anderen Augen betrachten als denjenigen Christi. Sie wollen Gott nicht als bloßes ens a se kennen, sondern einzig als den Vater Jesu Christi, und den Geist nicht als eine abstrakte Welt allgemeiner Gesetze und Geltungen, sondern als den Geist der Feuerzungen, der weht, wo er will. Sie haben einen Fanatismus der Ausschließlichkeit, der ihnen als der geradeste Weg zur Universalität und Katholizität der Wahrheit erscheint.
Sie sind nicht ängstlich besorgt um die Synthese zwischen Natur und Übernatur, Wissen und Glauben, weltlichen und kirchlichen Ordnungen, weil sie wissen, daß jedem, der seinen Standpunkt unverrückbar in Christus bezieht, die Sorge um solche Synthesen abgenommen ist; die Sorge, nicht die Aufgabe; die Sorge um die Einheit, nicht die Sendung aus der Einheit hinaus in die Welt. Um ihre christliche Sendung zu erfüllen, auch als Denker und Theologen, sind sie nicht gezwungen, ihren Standort in Christus zu verlassen. Christus ist ja der Gesandte Gottes in die Welt, der jene gleichfalls sendet und ihnen verheißt, alle Tage und bis an die Grenzen der Erde bei ihnen zu sein." (Hans Urs von Baltasar: Verbum Caro.- 3. Aufl.- Freiburg: Johannes, 1990, S. 221f.
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