23. Mai 2005

Protestantismus als Privatsache

Martin macht aus seinem Katholischen Notizbuch eine richtig dicke Kladde mit vielen dicht beschriebenen Seiten und vielstimmigen Beiträgen. Es geht hoch her im Blog!

Ich habe mich eben mit einem Kommentar zur ersten der 95 Thesen von Martin Luther beteiligt und will hier noch ein Zitat von Erik Peterson nachschieben, aus dem Epilog zu seinem Briefwechsel mit Adolf Harnack von 1928:

"Die protestantische Landes-'Kirche [Preußens; scipio] hat nur zwei Möglichkeiten, 'öffentlich' zu werden. Sie kann entweder den staatlichen oder den spezifisch kirchlichen ... Öffentlichkeitsbegriff für sich in Anspruch nehmen. Die erste Möglichkeit würde die Rückkehr zum landesherrlichen Episkopat bedeuten. (...) Die zweite Möglichkeit würde die Rückkehr zum katholischen Kirchenbegriff und zum katholischen Kirchenrecht in sich schließen, und darum ist dieser Weg für den protestantischen 'Kirchenmann' ebenfalls ausgeschlossen. (...)

Geht man den Weg des staatlichen Öffentlichkeitswillens, so hätte der Staat über den Bekenntnissstand der Preußischen Landeskirche und die Rechtgläubigkeit der theologischen Fakultäten zu wachen. 'Reine Lehre' in diesem Sinne kannte aber der Protestantismus schon vor dem Wegfall des landesherrlichen Episkopats nicht...

Nimmt man jedoch seine Zuflucht zu dem Begriff einer spezifisch kirchlichen Öffentlichkeit, dann erhebt sich notwendigerweise die Forderung nach einer Dogmenbildung im Sinne des Katholizismus und nach einer dogmatischen Lehrautorität in der Kirche, was doch durch die protestantischen Voraussetzungen wiederum ausgeschlossen ist. Wenn es nun aber kein Dogma im echten Sinne in der protestantischen Kirche gibt, dann ist auch keine Theologie möglich. Denn es gibt keine Theologie ohne Dogmatik und keine Dogmatik ohne Dogma. (...)

Das heißt aber, protestantische Theologie wird immer, mehr oder weniger, eine private Angelegenheit der Theologieprofessoren bleiben, und daran wird auch durch die größere oder geringere 'Kirchlichkeit" des einzelnen prinzipiell nichts geändert." (E. Peterson: Theologische Traktate.- Würzburg: Echter, 1994, S. 186f.)

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