9. Mai 2005

Dummheit ist Sünde

Karl Barth in seiner Kirchlichen Dogmatik ( IV,2, S. 464f), gefunden beim Pastörchen:

"Man muß einsehen, daß Dummheit als Grunddimension der menschlichen Trägheit Sünde ist: Sie ist Ungehorsam, Unglaube, Undankbarkeit gegen den Gott, der sich dem Menschen zu erkennen gibt, damit er weise werde und lebe. Sie ist eben damit das schuldhafte Abgleiten des Menschen in den Widerspruch zu sich selbst: in ein inkohaerentes, verworrenes, verderbliches Denken, Reden und Handeln. Man muß das einsehen, um würdigen zu können, was für eine Wirksamkeit sie hat, in welch rätselhaft mächtiger, aufregender und furchtbarer Gewalt sie in der Weltgeschichte, in jeglichem menschlichen Lebensbereich und tief verborgen oder auch handgreiflich offenbar in jeder menschlichen Lebensgeschichte ihre Rolle - wahrlich eine Hauptrolle! - spielt.

Dumm ist eben im Großen und im Kleinen alle Zuversicht, alles Sichstützen, Vertrauen auf das, was man sich, ohne Gottes Wort räsonnierend, selber sagen kann, sagen zu können meint. Dumm ist jedes Verhalten, in welchem man sich selbst über das, was wahr, gut und schön, recht, nützlich und heilsam ist, meint autoritative Auskunft geben zu können: alles Denken, Reden Und Handeln, das man auf diese Auskunft begründen zu können und zu sollen meint. Dumm ist dieses Verhalten selbstverständlich, u. zw. noch verschärft auch in der Form, daß man Gottes Wort je schon meint so gehört, seine Weisung und Weisheit in Form irgend eines Prinzips oder Systems sich schon so angeeignet zu haben, daß man es neu hören und zu betätigen nicht nötig habe - in der Form also, daß man sich selbst für einen durch Gottes Wort schon so Erleuchteten hält, man der Offenheit für die weitere, die fortgehende Belehrung durch das, was es eben jetzt und hier meinen, sagen und wollen könnte, sich schlagen zu können denkt. Wo irgend eine herrenlos gewordene Wahrheit oder Regel - und besäße sie die goldenste Klarheit - den Menschen die Menschen so regiert, wie sie sich nur in Erkenntnis Gottes sei durch sein lebendiges Wort regieren lassen dürften, da haben wir es bestimmt mit einer Offenbarung, ja im Prinzip mit der ganzen Ofenbarungsökonomie der Dummheit zu tun.

Und wo Menschen in der Meinung, einer ihnen nicht im tätigen Vollzug ihrer Erkenntnis Gottes, sondern an sich und als solche gesicherten Güte teilhaftig zu sein, als Guten leben, sich aufspielen und geltend machen wollen, da ist das nicht nur des Menschen Selbstrechtfertigung, in der er den Glauben verleugnet, sondern, indem es das auch ist, zugleich seine ihm durch Gottes lebendiges Wort verbotene, seine alles ihm wirklich verliehene Gute verheeren und zerstörende Dummheit. Als Adam und sein Weib, statt sich an Gottes Wort und Gebot genügen zu lassen, durchaus selber wissen wollten, was gut oder böse ist, da war das auch ihr Ungehorsam, zugleich aber der Schritt in eben die Dummheit, die als solche gerade nicht wissen kann und nie wissen wird, was gut und böse ist, die darum gut und böse wieder verwechseln und verwirren wird. Und es liegt ein tiefer Sinn in der bekannten Redensart, laut welcher auch der Teufel in all teuflischen Klugheit und Schlauheit letzten Grundes ein dummer Teufel ist. Wie könnte es anders sein, da er offenbar der insipiens im Prinzip, die Unkenntnis Gottes und die angemaßte Independenz und Souveränität ihm gegenüber in Person ist?"

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