3. November 2008

Bedingungslos, o Herr, bedingungslos

Lieber Jesus von Nazareth,

Markus berichtet im 10. Kapitel seiner Geschichtensammlung von deiner Begegnung mit einem jungen Mann. Du legst da die Hürde so hoch, daß er - laut Bruder Martin - "unmutig" über deine Worte wurde und "traurig davon" ging.

Du hättest schon ein bißchen aufpassen sollen, denn das ist ja nicht mehr vermittelbar. Wenn der Herr Reinhold Nöth in seinem Lobesartikel auf den innovativen und aufgeschlossenen "Münnerstädter Kreis" im "Würzburger Katholischen Sonntagsblatt" schreibt:

"Wer die Menschen noch erreichen wolle, müsse den kirchlichen Innenraum verlassen und zu den Menschen hinausgehen. Auch dürfte man ihnen nicht Vorbedingungen auferlegen, die sie zu erfüllen nicht bereit oder in der Lage sind",

dann meint er auch dich. Du brauchst gar nicht wegzuhören oder -schauen. Wer lief denn damals herum und hat Unmögliches verlangt, in Rätseln gesprochen, Nachfolge, Abschied von Familie, Flucht aus der Verantwortung und ziemlich verengten, einengenden Glauben verlangt?

Gut, daß Du nicht mehr so präsent bist, denn du würdest unsere Missionserfolge ganz schön verunmöglichen.

Bleib also, wo du bist. Um die Evangelien nachzubessern, ist es ja wohl zu spät.

Nichts für ungut,

Dein scipio

6 Kommentare:

dilettantus in interrete hat gesagt…

Lol!

Aber sach mal alter Fundi: Wär das nicht ein schöner Leserbrief?

FingO hat gesagt…

Also wenn ich zwischen Deinen zynischen Zeilen Dich richtig verstehe, soll man im Kirchengebäude bleiben, um die Menschen zu missionieren?

Interessanter Ansatz.

Scipio hat gesagt…

Es ging mir um die Vorbedingungen und das Unmögliche, das nicht verlangt werden darf.

Zur Frage des Kirchengebäudes: Dort bin ich pro Woche 1-3 Stunden, ansonsten immer außerhalb und ab und an mit anderen Menschen zusammen. Die meisten anderen Christen sind das auch. Ich und sie: Wir können Menschen erreichen, und tun es auch, so oder so. Auch wenn ich mich in puncto Predigt gerne auf Walker Percy berufe: Das íst nicht mein Job. Mein Job ist es, ein möglichst guter Christ zu sein. Da bin ich allerdings immer noch Azubi.

Tiberius hat gesagt…

Ein guter Text! Natürlich soll man sich als Christ nicht auf die Kirche und den Sonntag beschränken, aber die Wassersuppe, die einem heute oft geboten wird - in der Furcht, zu schwere Kost zu verabreichen -, die macht einfach nicht satt.

FingO hat gesagt…

@Tiberius: Dahinter könnte aber weniger der Ruf nach wahrem Christentum als eine ziemliche Anspruchshaltung lauern. Das will ich weniger Dir als mir vorwerfen: Ich rege mich fast ständig über Predigten auf, weil mir die "und.... kennen wir das nicht alle?"-Mentalität auf den Geist geht, weil diese und jene Themen, die doch so wichtig sind, nicht oder nur schwach angeschnitten werden, weil der Priester die Wissenschaft falsch darstellt, weil er schlecht singt, weil die Aussprache der liturgischen Texte so nach Märchenonkel klingt.... Aber gehe ich hin, um eine mir genehme Show zu genießen - oder Christi (und(!) meinem Nächsten) zuliebe?
Nichts gegen Veranstaltungen, die mir dann mal wieder richtig zusagen, auch wenn ich jetzt schon länger nicht im Opus war, wird es mich dort immer und immer wieder hinziehen - aber auch die Liturgie ist - ja, selbst für einen Nicht-Modernisten wie mich - kein Wunschkonzert.

Anonym hat gesagt…

Ich denke,daß der Begriff "kirchlicher Innenraum" nicht auf ein bestimmtes Gebäude sondern auf ein bestimmtes Umfeld verweist.

Übertragen lese ich den Vorschlag von Reinhold Nöth wie ein: "Wenn ihr die Herde nicht hinter die Hürden bringen könnt, dann baut doch einfach die Hürden um die Herde herum - und schon ist die Herde sicher, oder nicht?."

Was Du über den Besuch der Messe sagst, muß ich für mich zurückweisen. Ich gehe dort weder um Christi Willen noch um eines anderen Willen hin. Ich gehe nur um meinetwillen hin.

Es ist schön, nette Menschen vor der Kirche zu treffen und mit ihnen die heilige Messe zu feiern. Aber selbst, wenn die Menschen nicht nett wären würde ich hingehen. Die Menschen sind in der heiligen Messe nicht auf mich angewiesen, ich nicht auf Sie und Gott schon gar nicht auf uns.

Für mich ist allein mein Bedürfnis nach Begegnung mit Gott entscheidend - mein Bedürfnis. Diese Begegnung ist im Alltag manchmal schwer. Die heilige Messe wird meinem Anspruch dann gerecht, wenn Sie mir dabei hilft, Gott zu erfahren.

Ein Schlüssel zu dieser Erfahrung liegt in dem Bewußtsein der Ganzheit des Menschen, wie es in der heiligen Messe zum Ausdruck kommt.

Vale Tiberius!