Noch ein Kommentar anläßlich des Gänswein-Artikels von Wolfgang Büscher:
Muß es nicht tragisch sein? So viele eifrige Verheutiger des Glaubens taten seit dem Konzilsende alles, um ihren Glauben und ihre Kirche dem durchschnittlichen Zeitgenossen mundgerecht zu machen. So viele Bildungsreferenten und Ordinariatsangestellte, so viele Erwachsenenbildner und Jugendarbeiter warben unermüdlich für ihre Version einer erneuerten Kirche "aus dem Geist des Konzils".
Und dann wird - nach dem Konzilsvater Karol Wojtyła - einer der letzten einflußreichen Konzilstheologen Papst, ein Panzerkardinal und Katechismusverfasser, ein Grund für katholische Dauerscham und überflüssigerweise auch noch ein Landsmann? Er fasziniert die weltweite Öffentlichkeit und die deutschen kirchenfernen Medien mehr als je einer der Rebellen zuvor. Er macht Schluß mit einer Hermeneutik des Bruches, die den Gründungsakt der Kirche Jesu auf den 8. 12. 1965 verlegt. Er scheut sich nicht, den großen Vereinfachern anspruchsvolle Kost zu servieren. Er greift auf katholische Stilmittel zurück, um der überwältigenden Liebe GOttes in der Liturgie eine einigermaßen angemessene Antwort zu geben. Er bleibt bescheiden, demütig, zurückhaltend.
Es gelingt diesem vielgehassten und vielgeschmähten Mann, gerade bei den Anspruchsvollen unter den Ungläubigen ein Echo hervorzurufen: Keine vorbehaltlose Zustimmung, wie denn auch. Aber Respekt, Interesse, genaues, unvoreingenommenes Hinschauen. Plötzlich faszinieren nicht mehr die Motorrad- oder Stehimbißgottesdienste, sondern die feierlichen Formen des römischen Ritus. Plötzlich wird hinter den uralten Vorurteilen gegen alles Römisch-Papistische und jenseits der Lächerlichkeiten der sündigen Kirche ihr Geheimnis ahnbar, spürbar.
Darin vollendet sich das Scheitern vieler Hauptamtlicher, Kleriker und Laien: Daß sie nach all den Anstrengungen, mit der sie ihre Kirche weniger zeitgemäß als langweilig, weniger authentisch als banal gemacht haben, nun diesem GOttesgeschenk B16 gleichgültig bis verachtend gegenüberstehen. Jedem erzwungenen Lippendienst lassen sie eine abfällige Bemerkung folgen, jeder Erwähnung ein vielsagend lächelndes Schweigen. So vollendet sich, was einmal als Hoffnung auf bessere Zeiten begann, in der Blindheit für das beginnende Strahlen des Lichts inmitten unserer vielbeklagten Dunkelheit.
Vorbeugend füge ich hinzu: Ich halte B16 nicht für einen Einzeltäter, sondern für den Exponenten und Motor einer Strömung, eines Aufbruches in der Kirche, die die verschütteten Quellen frei legen und sprudeln lassen.
29. September 2008
Tragische Zeiten
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5 Kommentare:
"Es gelingt diesem vielgehassten und vielgeschmähten Mann, gerade bei den Anspruchsvollen unter den Ungläubigen ein Echo hervorzurufen: Keine vorbehaltlose Zustimmung, wie denn auch."
Mit dem Tod Johannes Paul II., den ich in Italien erlebt hatte und der Ernennung Benedikts XVI., die ich ebenfalls in Italien erlebte, und bei der ich mich noch an Transparente erinnere: "Wir lieben dich schon jetzt!", ich würde sagen, dass ganz viele Menschen über Benedikt XVI. letztlich zum katholischen Glauben gekommen sind, und ich würde diese Menschen weder als "nicht anspruchsvoll" noch als "Ungläubige" paraphrasieren wollen, sondern als welche, die "vorbehaltlose Zustimmung" wagen konnten - aufgrund seiner Persönlichkeit und dem Glaubenszeugnis seines Vorgängers.
Und die gibt es eben auch.
Sonst stünde ich alleine da.
Natürlich d'accord.
Aber das sind nicht die, die in der Argumentationslinie (?) meines Posts die Hermeneutikern und Praktikern des Bruches schmerzen. Das kann immer unter Rückfall in alte Zeiten gebucht werden, unter nicht überwundene Glaubensnaivität.
Dann haben sie nicht gesehen, wieviel Aufbruch damals in Wirklichket war.
War vielleicht von Deutschland aus auch schlecht zu sehen.
Immer der Dunst, der Regen, der Niesel, der Nebel - der Mief ...
Ich verdanke dem Heilige Vater unendlich viel und bete, daß er noch viele Jahre die Geschicke der Kirche lenken möge.
Dito.
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