7. Februar 2010

Monotheismus-Debatte - Bitte um Aufklärung über den übernächsten Schritt

Wolfgang Günter Lerch referiert in der FAZ - ohne große Einwände seinerseits - verschiedene Aufrufe an die "abrahamitischen" Religionen, eine "Aufklärung zu dritt" über ihre offensichtlich zu relativierende Historizität und das "Fragwürdige an althergebrachten Überzeugungen und Dogmen", und parallel dazu eine irgendwie gemeinsame Rückgewinnung ihres "gemeinsamen Ursprung[s] und Grundgedanken[s], eine[s] klaren, allumfassenden Monotheismus" zu betreiben.

Sozusagen frei nach Paulus: Ein Gott, ein Monotheismus, ein Grundgedanke aller, der nicht mehr Jude noch Christ noch Muslim kennt, sondern noch nur Ein-Gott-Gläubige, Urenkel des Echnaton, der die Scheidewand niederreißt zwischen drinnen und draußen, Orient und Okzident, Morgenland und Abendland.

Freuen würde ich mich freilich, wenn Sie, Herr Lerch, mitsamt den akademischen Vordenkern noch weiter vorausdenken könnten als Sie es eh schon tun. Denn wenn Sie dabei sind, Utopien zu skizzieren, die diese Welt ein für allemal von Religionskriegen zwischen Monotheisten befreien würden, dann gehen Sie doch einfach noch den nächsten Schritt.

Wer sagt denn, daß die Vereinigte Umma der Ein-Gott-Gläubigen, wenn sie ihre internen Alleinvertretungsansprüche abgelegt haben wird und - ach, wie schön wär's! - sich nicht mehr um die Wahrheit kloppt, sondern sie ohne falsche Aromastoffe aus jedem ihrer momentanen Traditionsstränge herausdestilliert haben wird, daß also diese Hypergroße Koalition des Stammes Echnaton nicht immer noch sich überlegen dünkt - all jenen nämlich, die den Einen Großen Gott nicht anerkennen und nicht an ihn glauben? Sehen sie dann nicht immer noch Atheisten, Agnostiker und gerne auch Hindus und Buddhisten unvermeidlich als Träger von Weltanschauungen "minderen Werts"?

Deshalb bitte ich Sie, Herr Lerch, mit ihren Vordenkern den wichtigsten, ja entscheidenden Schritt weiterzugehen. Arbeiten Sie doch daraufhin, daß die Monotheisten die Historizität, die geschichtliche Bedingtheit ihres Ein-Gott-Glaubens auch noch durchschauen, daß sie - vielleicht gemeinsam mit dem Herrn Assmann - hinter den "berühmten Pharao Echnaton" zurückgehen, nicht zu einer Vielgötterwelt, sondern zur einzigen Welt, in der Atheisten und ehemalige Monotheisten ohne gegenseite Abwertung und ohne falsche Wahrheitsansprüche miteinander leben können. Lassen Sie uns Monotheisten vielleicht noch von einer "Ein-Gott-Hypothese" sprechen, solange wir sie nötig haben. Solange wir noch nicht ganz zuhause sind in der weltlichen Welt, auf dem Planeten ohne Gott, in der endgültigen Einsicht in neuronale Mechanismen, die Echnaton, Abraham, Moses, Jesus, Mohammed in ihren Ein-Gott-Glauben zwangen und darin einschlossen.

Wir sind nüchtern genug und mittlerweile friedlich, mindestens die römischen Katholiken. Schenken Sie uns ruhig die ganze Wahrheit auf ein Mal in den Bembel. Wir vertragen das.

Wir haben schon ganz andere Schierlingsbecher geleert. Ohne Erfolg übrigens. Aber - wir heißen Sie hoffen - vielleicht haben Sie ja diesmal Glück.

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