anonym hat in einem Kommentar gesagt:
"zum nachdenken:
warum erregen eigentlich in fundamentalistischen kreisen die ethisch und biologisch unbedenklichen "chimären" eine solche entrüstung?
das bedenkliche an dem gesetz ist die erlaubnis, embryos auf genetische ähnlichkeit mit einem lebenden (kranken) geschwister zu testen."
Nun, ich habe ein wenig darüber nachgedacht.
"Fundamentalistische Kreise": Was meint eigentlich das schöne Beiwort "fundamentalistisch"? Es ist so wunderschön unscharf, daß es wie letzthin "rassistisch" auf alles mögliche passt, vor allem auf die Anderen... Dann die "Kreise": Klingen da nicht Umtriebe mit, Konspiratives, Verabredungen, Verschwörungen? Raunt da nicht durch den Raum: "Gefahr im Verzug!"
Entrüstung über die Chimären: Der Blick in die nicht-fundamentalistische Presse zeigt uns, daß dort ebenfalls die Chimären im Vordergrund der Berichterstattung und Kommentierung standen. So speziell wären die "fundamentalistischen Kreise" mit ihrer Entrüstung also nicht.
Was sagen diese Kreise aber denn nun tatsächlich? ALfA - die "Aktion Lebensrecht für Alle" müsste doch wohl dazugehören: Wahrhaftige Fundamentalisten, was die eindeutige und kompromisslose Opposition gegen Abtreibung, Präimplantationsdiagnostik, Klonen, Sterbehilfe angeht. ALfA überschreibt ihren heutigen Bericht mit "1. Beschlossen: Großbritannien erlaubt Herstellung von Chimären für Stammzellforschung und 'Retter-Kinder'" und zitiert einen weiteren "Fundamentalisten", Peter Liese MdEP, der - o wei - sich ja ebenfalls zu beiden Themen äußert:
"Auch der Europa-Abgeordnete und Vorsitzende der Arbeitsgruppe Bioethik der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-ED), Dr. Peter Liese, übte scharfe Kritik an der Biopolitik in Großbritannien. "Das neue britische Embryonen-Klongesetz ist wissenschaftlich unsinnig und ethisch unverantwortbar", erklärte Liese in einer Pressemitteilung vom 20 Mai. Die Herstellung von embryonalen Stammzellen durch Klonen sei ein Irrweg. Er verwies darauf, dass sich in den letzten Jahren gezeigt habe, dass die Therapie mit adulten, aus dem Körper gewonnenen Stammzellen und die Reprogrammierung erwachsener Zellen den Patienten wirklich helfen können, während bei der embryonalen Stammzellforschung keine zählbaren Erfolge zu verzeichnen seien. Die Einbringung von tierischem Erbgut in die Zellen verkompliziere zudem die bestehenden Probleme. Es sei auch nicht tröstlich, dass vorgeschrieben ist, die Mensch-Tier-Mischlebewesen nach kurzer Zeit zu zerstören und nicht heranwachsen zu lassen. "Wenn die Technik zur Herstellung von Mischlebewesen einmal erforscht ist, wird es auch für verwirrte Forscher leichter sein, diese Mischlebewesen auswachsen zu lassen. In den USA wurde schon darüber diskutiert, Mischlebewesen weiterwachsen zu lassen, um Organe heranzuzüchten", warnte der Arzt und Abgeordnete.
Die Herstellung von "Designer-Babys" zur Rettung kranker Geschwister hält Liese für einen Verstoß gegen die Menschenwürde. "Jeder Mensch hat eine eigene Würde. Wenn ein Kind nur zu dem Zweck künstlich hergestellt wird, weil ein Geschwisterkind z.B. Knochenmark braucht, so widerspricht das diesem Prinzip. Welche Auswirkungen wird es auf das Zusammenleben in der Familie haben, wenn die Heilung trotz aller Bemühungen nicht funktioniert? Dies wird in vielen Fällen der Fall sein", verdeutlichte Liese die Problematik. Diejenigen, die in Deutschland für die Lockerung des Embryonenschutzgesetzes eintreten und Großbritannien immer wieder als Beispiel anführen, müssten sich fragen lassen, ob sie auch die neuesten Auswüchse als den richtigen Weg ansehen."
Ganz schön gerissen, diese Fundis! Hintergehen garantiert absichtlich unser wohlfundiertes Bild von ihnen, tarnen ihre Entrüstung mit Argumenten und stellen sich intelligenter als erlaubt...
24. Mai 2008
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3 Kommentare:
Also ist man jetzt schon Fundamentalist, wenn man Chimären NICHT für biologisch und ethisch unbedenklich hält oder nicht?
Tja, so schnell kann es gehen. Hättste Dir auch mal nicht träumen lassen, was?
Ein Grundirrtum in dem Eingangskommentar ist ja schon, daß die Chimären als unbedenklich gesehen werden.
Sicher, bei denen (wie auch beim reproduktiven Klonen) liegt das Problem auf einer anderen Schiene - ich würde sie mal die Frankensteinschiene nennen - als bei Abtreibung und Embryonentötung - dort geht es klar ums Menschenrecht auf Leben - das heißt aber doch nicht, daß es ethisch unproblematisch wäre.
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