16. Mai 2008

Mitten im Leben

Als ich in aller Herrgottsfrühe im dritten Stau des Tages und nach 1,5 Stunden und 50 km Fahrt langsam an dem leeren schwarzen Schuh und einem weiß abgedeckten Körper am Straßenrand vorbeirollte, relativierte sich einiges.

Dabei hätte ich es wissen können, als ich abends das Zitat von Proust (Le Côté de Guermantes) las, das William Boyd seinem "Ruhelos" vorangestellt hat:

"Nous disons bien que l'heure de la mort est incertaine, mais quand nous disons cela, nous nous représentons cette heure comme située dans un espace vague et lointain, nous ne pensons pas qu'elle ait un rapport quelconque avec la journée déjà commencée et puisse signifier que la mort--ou sa première prise de possession partielle de nous, après laquelle elle ne nous lâchera plus--pourra se produire dans cet après-midi même, si peu incertain, cet après-midi où l'emploi de toutes les heures est réglé d'avance. On tient à sa promenade pour avoir dans un mois le total de bon air nécessaire, on a hésité sur le choix d'un manteau à emporter, du cocher à appeler, on est en fiacre, la journée est tout entière devant vous, courte, parce qu'on veut être rentré à temps pour recevoir une amie; on voudrait qu'il fît aussi beau le lendemain; et on ne se doute pas que la mort, qui cheminait en vous dans un autre plan, au milieu d'une impénétrable obscurité, a choisi précisément ce jour-là pour entrer en scène, dans quelques minutes, ..."

["Wir sagen wohl, daß die Stunde des Todes ungewiss ist, aber wenn wir das sagen, stellen wir uns diese Stunde in einer weiten, vagen Ferne vor, wir denken nicht, daß sie eine Beziehung zum schon begonnenen Tag hat, daß es heißen könne, daß der Tod - oder sein erstes, teilweises Besitzergreifen, nach dem er uns nicht mehr loslassen wird - sich schon am gleichen, so wenig unsicheren Nachmittag ereignen könne, dem Nachmittag, an dem der Gebrauch der Stunden schon im Voraus geregelt ist. Man hält an seinem Spaziergang fest, um auf ein Mal die nötige Menge frischer Luft zu bekommen; man hat gezögert, ob man einen Mantel wählen, einen Kutscher rufen solle; man sitzt in der Kutsche, der Tag liegt in Gänze vor einem, scheint kurz, weil man rechtzeitig wieder zurück sein will, um eine Freundin zu empfangen; man hätte gerne, daß auch der morgige Tag schön würde; und man ahnt nicht, daß der Tod, der einem auf einer anderen Ebene, in einem undurchdringlichen Dunkel, entgegen kommt, genau diesen Tag für seinen Auftritt gewählt hat, die nächsten Minuten schon ..."]

Zum Thema auch eine alte Zeit-Glosse. Und der Hinweis auf die Guglmänner - da lebt man schon so lange im Freistaat und erinnert sich nicht, je von ihnen gehört zu haben.

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