Die Fronleichnamsprozession komme wieder in Mode, meinte mein Lokalblatt heute morgen, weil die Menschen den verkopften Glauben satt hätten und stattdessen etwas zum Anfassen, für die Sinne und das Gefühl wollten. Das mag so sein - bloß gab und gibt es in der Breite des katholischen Volkes wenig Verkopfung, nicht einmal als man ihm in den nachkonziliaren Wirren die Nahrung für Herz, Sinne und Gefühl nahm.
Nichts besser jedenfalls als das Hochfest in einer Barockkirche und unter Orgelgebraus zu beginnen. Und dabei eines der theologisch korrektesten und gleichzeitig gefühlvollsten Lieder eines der verkopftesten Theologen der Kirchengeschichte zu singen:
"Sieh, mit ganzem Herzen schenk ich dir mich hin ... stille mein Verlangen, das mich heiß durchglüht."
Später dann die - weniger Freudsche als Aquinatische Fehlleistung der Prozessionsvorbeterin: "Laßt Christen hoch den Jubel schallen und schwingt die Himmel herzenan." Es schwangen also die Himmel an die Herzen und brachten sie zum Klingen, trotz flacher Fürbitten, trotz hartnäckiger Knieversteifung beim Eucharistischen Segen ("Ein deutscher Katholik kniet vor niemandem nieder - und wenn es sein muß, nicht einmal zuFronleichnam!"), bis zum Schlußsegen mit Te Deum (GL 257, 1, 2 und 10) und vollem Glockengeläut.
Katholischer Überschwang also für knapp 60 Minuten, jede Menge Äußerlichkeiten, goldglänzend, satinschimmernd, Kölnisch-Wasser- und Weihrauchduftend, um dem "Dahinter", dem "Etwas", dem "heiligsten Geheimnis" (GL 876 Würzburger Eigenteil) nur irgendwie gerecht zu werden.
Aus Silja Walters Zyklus "Der Tanz des Gehorsams":
Hinter den Wäschekörben
und Antiphonarien
und hinter der Dogmatik
dahinter,
da ist etwas.
Hinter den Prozessionen
durch den geweißelten
Kreuzgang
und hinter dem Ganzen
dahinter.
22. Mai 2008
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2 Kommentare:
Hier wurde heute zum Schluß in der Kirche beim Gebet vor dem eucharistischen Segen gekniet und zum Segen selbst sind die meisten dann wieder aufgestanden - eigenartige Sitten schleichen sich ein. Andererseits: Ich habe mich dann doch sehr über viele, Gottesdienstteilnehmer jeglichen Alters und Stiles gefreut, die dem Herdentrieb nicht gefolgt sind und - einzig angemessene Haltung - zum eucharistischen Segen weiter gekniet haben.
Mag sein, das ich gerne mal etwas stänkere :D - aber, vor allem im Bezug auf kj's Kommentar, ich habe mich über jeden gefreut, der bei uns da war, ob er sich jetzt völlig korrekt verhalten hat oder nicht. Und ums Anteilhaben geht es doch letztlich, oder etwa nicht?
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