16. Oktober 2007

Anmerkungen zu Kerners Tribunal

Ich habe noch nie in meinem Leben irgendeine Talkshow von Anfang bis Ende gesehen. Nach zwei Ausschnitten der Sitzung der Großinquisitoren Kerner, Berger, Schreinemakers letzte Woche, die ich mir bei youtube angeschaut habe, wusste ich wieder, warum.

Waren sie nicht wie besorgte Väter und Mütter, die sich den Mund fusselig redeten und die verlorene Tochter heim ins Reich der Wahrheit und politischen Korrektheit holen wollten? Zeigte sich ihre Sorge ums Große-Ganze, um die Gesellschaft, um die Welt, in der ihre (und vor allem unsere!) Kinder aufwachsen müssen, nicht in der Art und Weise, wie sie sich ums verlorene Schaf kümmerten, es lockten auf die grünen Weiden Germaniens?

Ja, in Verantwortung gegen Eva Herman und gegen uns alle saßen sie zu Gericht - und haben immer, jeder Zeit, die Tür ins bundesdeutsche Wohnzimmer aufgehalten. Sprich nur ein Wort, Eva, und deine Seele ist gesund. Nos te absolvimus.

Doch Klein-Evchen blieb störrisch, blieb auf den verdorrten, braunen, unfruchtbaren Feldern der Lingua Tertii Imperii und wählte die verkehrte Tür.

Und dann kam der peinlichste Moment: Das Tribunal und der Hofnarr - nachdem das Urteil gefällt, nein: nachdem Eva sich um Kopf und Kragen geredet und damit selbst das Urteil über sich gefällt hatte - rückte zusammen, glitt reibungslos in den Feierabend, war unter sich, ließ uns teilhaben am stillen Glück derer, die wissen, wozu sie da sind und die sich im Glanz der TV-Sonnen sonnen. Da war mir: zum Kotzen.

Genau wie eben, bei diesem Satz des Vorsitzenden Inquisitors Kerner, der am 9. Oktober nebenhin allen Frauen sagte, worin ihre wahre Bestimmung liegt:

"Was ist denn die wahre Bestimmung der Weiblichkeit - [das] ist doch nicht zu Hause zu sitzen und die Kinder großzuziehen, sondern die wahre Bestimmung der Weiblichkeit ist doch, ein voll anerkanntes Mitglied einer Gesellschaft zu sein." (Zitat nach Commentarium Catholicum)

Wehe, Mädels, Bräute, Mütter, Ihr plant Euer Leben anders. Wehe, Ihr "committet" Euch zu einem Leben als Hausfrau (a.k.a. Familienmanagerin) und Mutter: Da ist Schluß mit lustig. Da tritt der gesellschaftliche Liebesentzug ein. Da verfehlt Ihr Euer Wesen!

Selber schuld, wenn Ihr Freiwild werdet. Konntet's ja sehen. Nicht umsonst sind die Tribunale öffentlich.

Ach ja: Wäre mal jemand so nett und nimmt aus dem Wikipedia-Artikel die Bezugnahme auf den Stalinismus raus und lässt sich um Gottes willen einen neuen Begriff für die - horribile dictu - "Gleichschaltung" der SPD durch die Vorläuferpartei der "Linken" einfallen? -- Danke.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

"rückte zusammen, glitt reibungslos in den Feierabend, war unter sich, ließ uns teilhaben am stillen Glück derer, die wissen, wozu sie da sind und die sich im Glanz der TV-Sonnen sonnen. Da war mir: zum Kotzen."

Danke für diese Bemerkung, habe ich genauso empfunden - das allerschlimmste war das sonnig-flockige Weiterlebern nach dem Rausschmiß, das "Zusammenrücke", wie Du sehr schön schreibst.