Bevor ich mich für zwei Tage ans Mittelmeer verabschiede - rein dienstlich natürlich -, noch eine Lesefrucht aus dem philosophischen, spannenden und tiefschürfenden Roman von Pascal Mercier "Nachtzug nach Lissabon":
"Von seinem Hotelzimmer aus konnte Gregorius die Alte und die Neue Kathedrale sehen. Wenn die Stunde schlug, trat er ans Fenster und blickte hinüber zu den erleuchteten Fasseden. San Juan de la Cruz hatte hier gelebt. Florence war, während sie über ihn schrieb, mehrmals hierher gereist. Sie war mit anderen Studenten gefahren, ihm war nicht danach gewesen. Er hatte nicht gemocht, wie sie von den mystischen Gedichten des großen Dichters geschwärmt hatte, sie und die anderen.
Von Poesie schwärmte man nicht. Man las sie. Man las sie mit der Zunge. Man lebte damit. Man spürte, wie sie einen bewegte, veränderte. Wie sie dazu beitrug, daß das eigene Leben eine Form bekam, eine Färbung, eine Melodie. Man sprach nicht darüber, und schon gar nicht machte man sie zum Kanonenfutter einer akademischen Karriere." (S. 469f.)
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