Schmutzig und zerlumpt, aber trotzdem mittendrin dabei
"Das Herz des Beters wird, je besser er beten lernt, desto expropriierter [enteigneter; Scipio].
Er muß eine seltsame Entdeckung machen, die ihn anfangs befremdet und fast unerträglich berührt: was er als sein privates stilles Kämmerlein ansieht, worin er in höchster Einsamkeit mit Gott zu verkehren meinte: es hat Wände nur zur Welt, aber zum Himmel keine. Jeder in der glorreichen Kirche kann hineinsehn.
In der Apokalypse geht alles im Himmel und auf Erden wie in einem großen öffentlichen Saal vor sich. Die Gebete der Heiligen, für jedermann sichtbar, werden von den Engeln aufgenommen und steigen als Weihrauch vor Gottes Thron. Es gibt nichts Privates.
Je intimer, je persönlicher eine Liebe ist, desto öffentlicher ist sie im Reich Gottes, desto mehr hat jeder darauf Anspruch. Nicht nur der Boden des Himmels ist von durchsichtigem Kristall, auch alle Wände.
In das Häuschen von Nazareth, zu dem Herzen der Jungfrau hat jedermann Zutritt, auch Leute mit schmutzigen Schuhen und zerlumpten Kleidern, die keineswegs nach Lilien duften." (Hans Urs von Balthasar: Wer ist ein Christ.- Freiburg: Johannes, 1983, S. 125)
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