23. Januar 2006

Die Große Stille

Auch in meiner kleinen Stadt ist es nun so weit, daß "Die große Stille" im Kino läuft. Nicht im Multiplex, sondern im kleinen Saal des kleineren Kinos von A., mit 60 Sitzplätzen, die für beide Sonntagsvorstellungen ausverkauft waren.

Gut vorbereitet durch den 5. Satz aus Olivier Messiaens "Quatuor pour la fin du temps" - den wunderschönen "Lobgesang auf die Ewigkeit unseres Herrn Jesus" - tauchten Frau Scipio und ich ein in den Ort am Ende der bewohnten Welt - zum Glück ohne Werbevorspann.

Nach zwei Minuten waren die Zuschauer - zum großen Teil wohl "aktive" bzw. "praktizierende" Katholiken und Christen - still und hielten - mit ein paar Hängern nach 2 Stunden - andächtig durch.

Christ sein und katholisch sein pur kam nun, ohne Anbiederung, ohne Anpassung, erratisch, selbstverständlich, ohne Erklärung. Als sei es das Natürlichste auf der Welt, alles zu verlassen und der Liebe zum HErrn nichts vorzuziehen. Als wüssten wir alle, was es heißt, daß der HErr uns verführt, und was geschieht, wenn wir uns verführen lassen.

Wo war GOtt in diesem Film? In SEinen Worten, weiß auf schwarz, französisch und deutsch, überlieferten Worten aus dem Evangelium, den Propheten, den Kirchenvätern, anwesend als der Unterbrechende. Dann aber vor allem als der Angebetete und schweigend Gegenwärtige, im Dunkel der nächtlichen Kapelle, im Sonnenlicht des Klostergärtchens, das zu hacken ist. Als der, der am Grund des Schweigens, im Tiefen der Seele wartet - über Erfolgsquoten des Findens, über die Häufigkeit ekstatischer Momente fiel allerdings kein Wort. Nur ein alter, blinder Karthäuser kam zu Wort und zog eine geistliche Bilanz seines Lebens - für ihn war das meiste schon vorbei, er wusste, daß er schon über die Schwelle tritt. Er hatte nichts mehr zu verlieren, da er schon alles verloren hatte an IHn. Keine vorwitzigen Feststellungen, wie schön es ist bei IHm. Kein Kokettieren, wie schwer ER sich finden und festhalten ließe. Nicht einmal Bekenntnis möchte ich nennen, was der alte Mann mit den geschlossenen Augen sagte. Eher eine Feststellung, von der alles Unwesentliche, alles Persönliche abgestreift ist, die im Raum zwischen ihm und uns fest-gestellt bleibt - aufgeladen mit Gegenwart.

Ich bin kein Kinogeher, aber einen so sinnlichen Film gesehen zu haben kann ich mich nicht erinnern. Gesichter, Augen, Bartstoppel und geschorene Köpfe, brummige, tastende, psalmierende Stimmen, dröhnende Schuhe in den leeren Gängen, knarzendes Holz, zupackende Hände. Still fallender Schnee, brausender Wind. Licht und Dunkel, Wiesenblumen, ein roter Fensterladen, blaßgrüne Fenchelstangen, braunes Brot.

Lassen wir es für jetzt dabei - später vielleicht mehr. Nur schon einmal die Empfehlung: Wer den Film noch nicht gesehen hat, der möge es tun.

2 Kommentare:

FingO hat gesagt…

Jepp, der Film ist unglaublich toll. Ich hoffe, es wird von ihm eine Defde geben

FingO hat gesagt…

Ach ja, die Quatour ist auch der Hammer!