26. Mai 2009

Diskursbeendender Funke

Schon ein bißchen älter* eine Besprechung von "Salvatore", des neuen Buches von Arnold Stadler, durch den Schriftstellerkollegen Andreas Maier in der Zeit, mit interessanten Sätzen:

"Mich hat nie die Handlung in einem Buch interessiert, mich hat nie ein Stoff interessiert, mich hat an einem Buch überhaupt noch nie etwas »interessiert«. Eigentlich verlange ich von einem Buch viel mehr. Ich muss mit den Büchern leben und ebenfalls mit ihnen denken können. (...)

Stadler nennt den lieben Gott zwar nicht den »lieben« Gott. Aber ich tue das seit ein paar Jahren. Ich selbst habe irgendwann ganz aufgehört, von Gott zu sprechen, und spreche seitdem nur noch vom lieben Gott. Vielen ist das unangenehm. Einige halten das sogar für ganz und gar dumm und eine Pose. Eine Anmaßung. Kurz, eine Schweinerei vielleicht sogar. Vor allem paare ich das damit, dass ich mich auf keinerlei Diskussionen mehr einlasse. Ich habe vollkommen zu argumentieren aufgehört. Das verärgert besonders. Das darf man nicht. Und nun finde ich plötzlich dieses Buch Salvatore, das etwas ganz Ähnliches macht. Es beendet den Diskurs und wird selbst zum Funken. (...)

Und nun wird bei Stadler auch noch in den Gottesdienst gegangen. Und mehr noch, nun wird bei Stadler sogar darauf beharrt, dass man so etwas, wie es Pasolini gemacht hat, auch selbst machen kann. Nämlich ein Evangelium, auch wenn es von der Wissenschaft durchforstet ist, auch wenn der Text erst einmal von Philologen hergestellt werden muss, auch wenn ganze Komitees die Übersetzungen durchsprechen und alles von höchster institutioneller Ebene abgesegnet ist … nämlich ein Evangelium nehmen und lesen und erschlagen, ergriffen und beseelt sein können. Früher hätte man gesagt, den Heiligen Geist zu sich lassen.

Die Amseln, sagt Stadler, sangen, als blühten sie. Stadlers Sprache ist auch so ein stetes Blühen, und nun hat er das Evangelium nach Matthäus in sein Blühen hineingenommen. Stadlers Buch blüht wie der Film von Pasolini. Und wie das Evangelium selbst, von dem Stadler vielleicht ja sein eigenes Blühen hat. Und das alles könnte man dann vielleicht die Anwesenheit des Heiligen Geistes nennen."


Eine sehr pfingstliche Rezension also zu einem - wie es scheint - recht pfingstlichen Buch.
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*___Vor dem Urlaub räume ich meine "Markierten Artikel" aus dem Google Reader auf - ich hatte sie mir für eine Erwähnung zurückgelegt.

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