Patrick Bahners stellt in der FAZ fest, mit Bezug auf eine Arbeit von Karl-Heinz Menke in der Communio, daß "Benedikts Theologie des Judentums ... durchaus geeignet [ist], Anstoß zu erregen - indem sie an den Antijudaismus einer liberalen, ursprünglich protestantischen Theologie erinnert, die das Evangelium vom Jüdischen reinigen wollte."
In diesem Zusammenhang fiel mir die Geschichte mit Junia(s) ein, von der/dem im Römerbrief 16, 7 die Rede ist und der/die zu den "episemoi en tois apostolois", zu den "hochgeschätzten unter/bei den Aposteln" gezählt wird. Es gab eine Zeit, da dachte man, Junia(s) könne nur ein Mann gewesen sein; inzwischen ist man wieder zur Meinung der Kirchenväter zurückgekehrt und hält Junia(s) für eine Frau.
So weit, so gut, nicken wir da und sagen dazu: Danke, liebe Bibelkritiker! Ihr habt uns die Augen geöffnet für die ganze, ganz und gar nicht misogyne Wahrheit. Habt uns befreit von patriarchalisch-amtskirchlicher Blindheit für den Unterschied zwischen X und Y.
Alles falsch! Sagt mindestens John Hunwicke (Pusey House, Oxford) in seiner Besprechung des Junias-Buches von E. J. Epp . Gegen eine lange Tradition der ersten 1.500 Jahre Christenheit, sagt er, machte D. Martinus Luther Junias zum Mann; einige nordeuropäische Bibelübersetzungen folgten ihm dabei, während man in Italien und Spanien, unter der "repressiven Hand der römischen Tyrannei", bei Frau Junia(s) blieb. Bis 1927 blieb Junia(s) auch im neutestamentlichen Griechisch weiblich - dort ist es eine Frage der Akzentsetzung, und die hielt an der weiblichen Variante fest.
"Wer ist also schuld an der Geschlechtsumwandlung? Es erhebe sich die 13. Ausgabe (1927) des Nestle, die von der "wissenschaftlichen" und "modernen" Bibelkunde des 20. Jahrhunderts geliebte Standardausgabe des Griechischen Neuen Testaments! Und wieder: Ja! Nicht Mönche des Dunklen Zeitalters, nicht obskurantistische Päpste, nicht misogyne Verschwörer aus dem Mittelalter, keine Frömmler aus der Zeit vor der Aufklärung, sondern die aufgeklärteste, die beste liberale europäische und amerikanische Bibelwissenschaft legte das Skalpell der Rekonstruktion an Junias Unterleib. Alle folgenden Ausgaben des Griechischen Neuen Testaments (...) folgten dem offensichtlich unfehlbaren Magisterium von Nestle junior ohne Zweifel und Zögern."
["Who, then, is guilty of the sex change? Stand up the thirteenth (1927) edition of Nestle: the standard Greek Testament beloved of twentieth-century “scientific” and “modern” biblical scholarship! Again—Yes! Not Dark Age monks; not obscurantist popes; not medieval misogynist conspirators; not pre-Enlightenment bigots; it is the brightest and the best of liberal European and North American modern scholarship that took a reconstructive scalpel to Junia’s groin. All subsequent Greek Testaments, including the influential United Bible Society editions, slavishly followed the obviously infallible magisterium of the younger Nestle without qualm or hesitation."]
7. Mai 2009
Benedikts anstößige Theologie und Junias Geschlecht
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2 Kommentare:
Wobei das ja mit dem Geschlecht auch so eindeutig nicht ist, um es vorsichtig zu sagen.
Ganz frisch wurde es mir heute erklärt: im Griechischen steht Junias, was aber eine Kasusform ist. Der Nominativ könnte je nach Akzent (die aber halt im Urtext nicht vorhanden sind) Junia oder Junias sein.
Jene, die J, zur Frau machen, argumentieren, daß Junia ein belegter Name ist, Junias aber nicht.
Auch wenn es so ist, ärgere ich mich wiedermal daß ich von irgendwelchen Zweifel erst 15 Jahre nach der Behauptung der angeblichen Geschlechtsumwandlung gehört habe.
Auch der Jesuit Wrembeck (sicherlich kein Konservativer) hat in seinem Magdalenerinnenbuch Zweifel an der Apostelin Junia angemeldet. Von einer Apostlin ist übrigens nicht die Rede, denn es heißt im Römerbrief von Andronikus und Junia/s, daß sie "angesehene Apostel" (EÜ - bemerkenswerterweise formulieren fast alle englischsprachigen Übersetzungen "prominent etc. among the apostles".
Ich denke mal unter diesen Voraussetzung taugt Junia/s ganz und gar nicht für irgendwelche feministischen Behauptungen.
Ich sehe grade, der Touchstone-Artikel geht auf all das auch ein - und besser.
Das Zeugnis der Tradition scheint doch für Junia zu sprechen.
Andererseits ist eben die Sache mit "den Aposteln" in diesem Vers so klar nicht.
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