Flannery O'Connor über ihren Umgang mit Engeln:
"... In den ersten sechs Jahren ging ich bei Ordensschwestern in die Schule ... in ihren Händen entwickelte ich etwas, dem die Freudianer keinen Namen gegeben haben - nennen wir's eine Anti-Engel-Aggression. Im Alter von 8 bis 12 war es meine Gewohnheit, mich gelegentlich in einen Raum einzuschließen und mich, mit einem grimmigen (und bösen) Gesicht, im Kreis zu drehen und mit geballten Fäusten auf den Engel einzuschlagen. Das war der Schutzengel, mit dem wir, wie uns die Schwestern bestätigten, alle ausgestattet waren. Er verließ dich nie. Meine Abneigung gegen ihn war giftig. Ich bin sicher, ich trat ihn sogar und landete auf dem Boden. Man konnte einem Engel nicht weh tun, aber ich wäre glücklich gewesen, wenn ich gewusst hätte, ich hätte seine Federn schmutzig gemacht - ich stellte ihn mir in Federn vor.
Egal, aber der Herr in seiner Barmherzigkeit und Güte nahm diese Fixierung von mir und seitdem wurde ich nicht mehr von ihr geplagt. In der Tat hatte ich vergessen, daß Engel existierten, bis mir der Catholic Worker vor ein paar Jahren eine Karte schickte, auf der ein Gebet zum Hl. Raphael gedruckt war. Ich brauchte eine Weile, bis ich begriff: Raphael war ein Erzengel, der Führer des Tobias. (...) Das Gebet bittet den Hl. Raphael, uns ins Land der Freude zu führen, auf daß wir nicht unwissend wären um die Belange unserer wahren Heimat. All das brachte mich schließlich dazu herauszufinden, was die Engel sind oder jedenfalls: was sie nicht sind. Und was sie nicht sind, ist ein großer Trost für mich." (übersetzt aus ihren gesammelten Briefen: The Habit of Being.- New York: Noonday, 1995, S. 131f.)
13. März 2009
Negative Angelologie
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