12. Dezember 2005

Dirty Dancing

Nachdem mich eine Freundin von ein paar Tagen fragte, ob ich schon von dem Buch über den "aramäischen Jesus" gehört hätte, in dem das Vater Unser und die Seligpreisungen direkt aus dem Aramäischen ins Deutsche übersetzt worden seien, in einer Sprache, die ihr so viel mehr sage als die üblichen Versionen, habe ich mich im Web auf die Suche gemacht und bin in jenem Zwischen-Raum gelandet, den Bruder Paulus OFMCap kürzlich laut kath.net anprangerte: Unter dem Deckmantel des Christlichen oder gar Monastischen wird lupenreine Esoterik propagiert und praktiziert.

Neil Douglas-Klotz heißt der Wissende, der die Welt nicht nur mit den "verborgenen Botschaften" des "aramäischen Jesus" beglückt, sondern schon 1982 das Internationale Netzwerk der Tänze des Universellen Friedens gründete. Wie christlich oder unchristlich das dort praktizierte Eintauchen "in die innere Weisheit von Hinduismus, Buddhismus, Juden- und Christentum, Sufismus, Zoroastertum sowie in die Traditionen der Kelten, der Ureinwohner Amerikas und Afrikas und in die Zeit der 'Großen Mutter', wie sie im Nahen Osten angerufen wurde" (Quelle), lässt sich auf den entsprechenden Webseiten ziemlich leicht herausfinden.

Das hindert aber die Dominikanerinnen des Klosters Arenberg nicht daran, in ihren Räumlichkeiten eine Tanzreise um die Welt und zu sich selbst anzubieten und mit ihr die reichlich naive Hoffnung zu verknüpfen, im Singen und Tanzen der "Heilige(n) Worte aus allen großen spirituellen Traditionen" "vielleicht (...) auch die Kostbarkeiten unseres eigenen Glaubens neu kennen und schätzen" zu lernen.

Auch in Wien darf universell getanzt werden: Allerdings ist das "Bildungshaus Großrußbach" vorsichtiger und vermeidet jeden direkten Bezug auf Douglas-Klotzens Sufi-Derwisch-Yogi-Tänze und erwähnt die "Tänze des Universellen Friedens" nur im Zusammenhang mit dem hl. Franz von Assisi. Dafür hat die Referentin Ulli Bixa ihr "sakrales Tanzen" bei Maria-Gabriela Wosien gelernt, einer der Pionierinnen des "sacred dance" und Autorin von "Babadschi: Botschaft vom Himalaya".

Im Würzburger "Haus Benedikt" war Douglas-Klotz, wie's scheint, zuletzt 2004 zu Gast. Sein Geist wirkt bei den Münsterschwarzacher Benediktinern, die dieses Gästehaus betreiben, durchaus weiter: Weg, Wahrheit, Leben verheißt nicht Jesus Christus, sondern ist die Sache diversester Techniken: Ikebana, Sufirituale, Sesshin, Enchantment, Qi Gong, Klangmassage, Kalligraphie und Bogenschießen.

Wenn die Schwestern, Brüder und Patres doch wenigstens nur mit ihrer Seele spielen würden...

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Zu diesem aramäischen Vaterunser kann ich nur sagen, daß es der größte Bullshit aller Zeiten ist, sorry. Die Worte ließen sich ebensogut ins wohlbekannte Gebet übersetzen, das wir alle kennen (und hoffentlich auch fleißig beten!). Aber auf aramäisch versteth´s ja keiner, nicht wahr, und dann lassen sich ohne Probleme alle möglichen freien Interpretationen reinbringen. Liebe Leute, wer das Vaterunser esoterisch bereichern und ausschmücken möchte, hat dasselbe Recht dazu wie unser Religionslehrer, als er mit uns dazu assoziierte. Aber macht uns bitte nicht vor, daß all diese freien Assoziationen im Aramäischen gewissermaßen drinstecken und nur, o Verschwörungstheorie, von der Kirche brutal versteckt, unterdrückt und verzerrt wurden. Ich kann nämlich genug Aramäisch, um jedem zu versichern: es ist dasselbe Gebet. Nur die Übersetzung ins Deutsche, die ist sehr gewunden und wunderlich.

Jawohl. Das mußte einfach mal gesagt werden.

Lila

Scipio hat gesagt…

Danke, Lila! Das tut gut.

Aber sag' das mal einer deutschen, 40jährigen Katholikin. Du redest Dir den Mund fusselig, und es hilft nichts. Denn dann ist mann kopfgesteuert, engherzig, steht auf der Seite einer Kirche, die schon seit den Anfängen der Kanonbildung mißliebige Evangelien und Offenbarungen brutal unterdrückte. Das kam dann auch noch aufs Tapet.

Ich habe dann meine Berger-Ausgabe der "Frühchristlichen Schriften" geholt und die Fragmente des Ägypter-Evangelium vorgelesen, um wenigstens ein bißchen Verständnis zu wecken. War nicht sehr überzeugend.

Das Vater, Mutter oder Atmendes Leben Unser habe ich ganz zu verlinken vergessen: Im Web kursieren ein paar der 5 oder 6 Übersetzungen/Assoziationen, z.B. unter http://www.claudia-wend.de/include.php?path=content/content.php&contentid=86

Petra hat gesagt…

Eigentlich traurig... Diese Frau sehnt sich nach Mystik, nach Geheimnis, nach dem Spirituellen. Doch weil sie die große und reiche Tradition der Kirche auf diesem Gebiet offenbar überhaupt nicht kennt, muss halt irgendein nichtssagendes esoterisches Zeugs herhalten. Empfiehl ihr doch mal die mystischen Schriften der Hl. Katharina von Siena, Teresa von Avila, Johannes vom Kreuz oder meinetwegen die Geschichte einer Seele... Glaubst Du, dass das auch nichts bringt?

Yon hat gesagt…

Ich bin auch mal in einem Esoterik-Forum auf eine gaaanz tolle, neue "Übersetzung" aus dem Aramäischen gestoßen worden, in der die Kirche auch endlich mal nicht rumgepfuscht hat...
Zum Glück stand die aramäische Variante daneben, und ich kann immerhin genug Hebräisch, um herauszulesen, dass da nix von All-Atmenden Vater-Mutter stand...
Es war nichtmal mehr nahe einer Nacherzählung. Ich hab nur noch drauf gewartet, dass mir das jemand für Ernst verkaufen will...