Wir Katholiken - oder sagen wir aus gegebenem Anlaß: Wir römischen Katholiken - wissen, wie schwer es ist katholisch zu sein. Noch dazu wenn einem selber die klare katholische Identität abgeht. Zum Glück können wir nach Rom schauen, wo uns ein Petrusnachfolger vorlebt und vorbuchstabiert, wie aus dem schweren Katholik-sein ein schönes und frohes Katholisch-sein werden kann.
Andere Kirchenfürsten geben den Ihren weniger Orientierung. Der alt-katholische Bischof Matthias Ring zum Beispiel, der sich von evangelisch.de interviewen ließ, turnt schon ganz schön durch die Gegend, wenn er versucht zu erklären, was genau denn das Katholisch-sein der Alt-Katholischen Kirche ausmacht:
"Im Jahr 1870 haben die Alt-Katholiken gesagt: Die vatikanischen Dogmen sind eine Neuerung, wir bleiben beim alten katholischen Glauben. Heute ist dieser Name ein riesiges Marketingproblem, denn unter alt-katholisch versteht man die „ganz Strengen“, wie man in Bayern salopp sagt ... (Tja, dann ändert ihn doch, den Namen, möchte man dem Herrn Bischof zurufen. Seid Ihr so verknöchert-konservativ-traditionalistisch, daß Ihr das "Alt" nicht mal für Marketingzwecke fallen lassen oder ersetzen könnt?) Der Rückbezug auf die Alte Kirche, also jene der ersten Jahrhunderte, ist prägend für uns. (Wie das zu seiner Bemerkung vom "sich stets erneuernden Schisma" passt, bleibt sein Geheimnis. Wie wichtig war denn für die "Alte Kirche" die Einheit? Wie tödlich das Schisma und welche Versündigung am Leib Christi?) Wir müssen immer wieder reformieren und verändern, gerade indem wir auf die Anfänge schauen. (Romantik des Anfangs! Welchen Anfang meint er denn? Den des Jahres 33 oder den von 150 oder 330 oder 423?) Kirche hat sich ständig weiterentwickelt. Das darf die Kirche, bitteschön, auch heute. (...)
Vom äußeren Erscheinungsbild gibt es bei uns tatsächlich vieles, was an die evangelische Kirche erinnert. Unsere synodale Tradition ist sogar noch älter als bei den meisten protestantischen Landeskirchen. Aber wenn der Weihrauch qualmt, merkt man, dass wir eben doch katholisch sind. (Wenn das mal kein Beweis ist! Aber vielleicht seid Ihr auch Ägypter, Amonssöhne; die hatten nämlich auch Weihrauch...) Die konfessionelle Zugehörigkeit ist ja auch eine Mentalitätsfrage. (War das Luthers Fehler oder der seiner Söhne? Hätte er den Weihrauch beibehalten, dann wäre die Evangelische Kirche heute eben nicht evangelisch, sondern katholisch.) (...)
Natürlich kommen auch viele unserer Gemeindemitglieder und Geistlichen aus der römisch-katholischen Kirche. Wir sind die Kirche des sich stets erneuernden Schismas (Sag das mal der Alten Kirche: Daß man sich an ihr orientieren kann und gleichzeitig auf das "sich stets erneuernde Schisma" stolz sein kann...), denn unsere Zuwächse beruhen auf Beitritten. (Nichts Neues seit 1871...) (...)
Der Papst hat in der Kirche die Rolle des Moderators. Er ist für die Einheit zuständig. Seine Aufgabe ist es, zwischen den einzelnen autonomen Kirchen zu vermitteln und gegebenenfalls zu sagen: Moment, ihr macht jetzt etwas, was für andere ein Problem ist, was die Einheit gefährdet. (Also zum Beispiel: Ihr weiht Frauen zu Priesterinnen und Bischöfinnen?) Man muss ihm dann auch das Recht geben können, in eine Kirche hineinzusprechen - nicht hineinzuregieren. (Reden darf er, aber keine Konsequenzen ziehen, richtig? Und wenn er sieht, daß da eine Kirche die Einheit nicht nur gefährdet, sondern aufkündigt? Was dann?) (...)
Theologisch gesehen, sind wir schon eins in der Taufe. Man muss Abschied nehmen von dem Ökumene-Modell, dass man erst volle Übereinstimmung hat, und dann kommt die große Einheit. Dieses Alles-oder-nichts-Modell ist theologisch nicht sauber und unhistorisch. Kirche war immer ein plurales Gebilde. Die große Einheitskirche wird es nicht geben - spätestens bei der nächsten Frage, die auf dem Tisch liegt, wird es wieder zu einer Abspaltung kommen. Die Frage ist, wie man es schafft, diese verschiedenen pluralen Gebilde in Gemeinschaft zu halten. Vielleicht sollte man sogar vom Begriff der Einheit Abschied nehmen. (Das ist dann wohl das Einzige, was bleibt: Erst kommt die Pluralität, dann eine Abspaltung, die aber keine werden darf, weil sie sonst die nicht-vorhandene und nicht-wesentliche Einheit verletzt. Gemeinschaft - o schönes deutsches Wort, o Übersetzung von communio, die nur leider nichts mehr bedeutet: Eins im Glauben, Eins im Sakrament, Eins in der Gottes- und Bruderliebe - wohin entschwunden? Vom "Begriff der Einheit" Abschied nehmen, um die Gemeinschaft zu bewahren - das ist wie sich scheiden lassen, um die Ehe zu retten.)"
4. Oktober 2010
Und ewig qualmt der Weihrauch
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
7 Kommentare:
Sehr wahr, lieber Scipio, aber den größten Brüller hast Du übersehen:
"Im Jahr 1870 haben die Alt-Katholiken gesagt: Die vatikanischen Dogmen sind eine Neuerung, wir bleiben beim alten katholischen Glauben. ... Kirche hat sich ständig weiterentwickelt. Das darf die Kirche, bitteschön, auch heute."
Nur einmal, im Jahre 1870 durfte sie es nicht!!
Und was mache ich? Ich finde katholischsein gar nicht schwer!
Wenn ich hierzustadt am "altkatholischen" Gotteshaus, einer ehemaligen Klosterkirche, vorbeikomme und einen Blick in den Schaukasten werfe, dann muß ich dessöfteren denken ... "Mein Gott, ihr armen profillosen, ihr anbiedernden Schweine ..."
In der Schweiz heissen die Altkatholiken übrigens "Christ-Katholiken".
Es ginge also auch unter anderem Namen. (bzw. es geht auch hierzulande nicht wirklich - dabei könnten doch nun endlich zehntausende unzufriedene Römische für eine allseits willkommene Blutauffrischung sorgen!)
Übrigens: an der Tür der Altkatholischen Kirche in Konstanz (unweit der Kathedrale) sah ich vor längerer Zeit mal ein Plakat mit den eindrücklichen Worten "Wir sind fehlbar!" Also, wenn das nicht hinhaut!
An der Kirche in Konstanz bin ich kürzlich vorbeigekommen. Da war sie wegen "Renovierung und Restaurierung" geschlossen. Restaurierung klingt natürlich gefährlich nach alt, altmodisch - und nach Restauration...
Abseits aller Polemik, v.a. in den Kommentaren (wobei mich besonders derjenige anwidert, der Geschwister in Christo als Schweine bezeichnet):
Einheit des Glaubens heißt nicht zwingend Einheitlichkeit. Schon innerhalb der Jerusalemer Urgemeinde gab es Unterschiede (nicht umsonst ist von den Spannungen zwischen Hebräern und Hellenisten die Rede), um so mehr zwischen Jerusalem einerseits und den Diaspora-Judenchristengemeinden andererseits. Und schon damals waren die Versuche seitens Jerusalem, die anderen "auf Linie" zu bringen, nur wenig erfolgreich und offenbar nicht im Sinne des Herrn...
So richtig lebhaft wird die Vielfalt in der Einheit mit den paulinischen Gemeindegründungen. Aber auch damit ist die Einheit der Christenheit nicht zerbrochen. Sie kriegt erst Risse, als die großen Streitigkeiten um die Christologie um sich greifen und, anders als in biblischen Zeiten, nicht mehr "ihr auf eure Weise, wir auf unsere, aber wir dienen demselben Herrn Christus" gesagt wurde (vielleicht nicht mehr konnte). Die Klärungen der altkirchlichen Konzilien, die sich u.a. in den Symbola von Nizäa und Konstantinopel niederschlagen, waren notwendig, keine Frage... aber von da ab griff eine gewisse Rechthaberei in der Kirche um sich, die auf Dauer nur zu einer Reihe von Schismen führen konnte. Außerdem war da das politische Engagement, das nicht unbedingt im Sinne Christi war...
Selbst innerhalb der römisch-katholischen Kirche gibt es eine große Vielfalt des Glaubenslebens. Engstirnigkeit ist da eher das Problem einzelner...
Wolfram,
Ralfs Ausdruck ist auch nicht mein Stil, aber er hat es m.E. im Sinne von "arme Schweine" gemeint. (Ärger über die Abspalter von 1870 ist ja nicht gerade weit verbreitet unter uns Katholiken, obwohl es Futter genug gäbe, wenn man bedenkt, wer sich im Kulturkampf zum Büttel der Obrigkeit hat machen lassen.)
Wenn Du sagst: "Einheit des Glaubens heißt nicht zwingend Einheitlichkeit." stimmt das zwar - und die Katholische Kirche lebt mehr nach diesem Prinzip als irgendjemand sonst.
Es ging hier aber nicht um Uniformität sondern um Spaltung. Die "Alt"-katholiken haben sich ganz bewußt abgespalten, als das Konzil anders als gewünscht ausging. (Ihr geistiger Vater Döllinger z.B. hat das nicht mitgemacht.)
Ich sehe nicht, wo die Apostel erfolglos gewesen wären in ihrer Sorge um Einheit, siehe Apostelkonzil.
Und wie kann Einheit denn nicht im Sinne des Herrn sein.
Überhaupt, wenn es so wäre, dann wäre es nicht wirklich "offenbar". Oder leitest Du das nur aus dem (postulierten) Nichterfolg solcher Bemühungen ab? Naja, anscheinend wollte Christus dann 20.000 Kleingruppen, dazu noch Religionskriege etc.
Wenn es um die Wahrheit geht, wenn zwei oder mehrere einander diametral widersprechen, dann geht ein "wir so, ihr so" nicht. Mal abgesehen davon, daß die christologischen Streitigkeiten immer zuerst auf lokaler Ebene ausbrachen (Arius, Nestorius, Eutyches). Schismen entstehen dann, wenn eine Gruppe meint, die gefundene Lösung nicht mitmachen zu sollen. Das ist die Rechthaberei, die sich den errungenenen Formulierungen verschließt.
"Selbst innerhalb der römisch-katholischen Kirche gibt es eine große Vielfalt des Glaubenslebens."
Eben! Was sagt uns das über jene, die ins Schisma gingen (und da ist es völlig egal, wo die nun Protestanten, Lefebrvisten oder "Alt"-Katholiken heißen).
Kommentar veröffentlichen