Joachim Opahle, katholischer Rundfunkbeauftragter im Erzbistum Berlin und Vize-Präsident der europäischen Sektion des katholischen Mediendachverbandes "Signis" äußerte sich noch, ohne Roß und Reiter zu nennen: Skeptisch sehe Signis "die wachsende Zahl privater 'katholischer' Internet-Auftritte", von denen viele vorgäben, im Namen der Kirche zu sprechen und dazu "restaurative Ansichten" und "hoch ideologische [gemeint sind: hochideologische] Inhalte" verbreiteten. Unausgesprochen in Richtung von k___z.net zielte der Satz: "Besonders verwerflich seien Webseiten, die mit anonymen Beschimpfungen und Gerüchten denunzierten und Unfrieden stifteten", während zu guter Letzt in der von verschiedenen katholischen Presseagenturen in Deutschland, Österreich und der Schweiz verbreiteten Meldung (hier zitiert nach der Website des Bistums Linz/OÖ) die Bischöfe in die Pflicht genommen werden: "Er empfahl den nationalen Bischofskonferenzen den Aufbau von online-Plattformen, die attraktiv und professionell über die Kirche und den katholischen Glauben informierten." Und klar: Zensur oder Bevormundung wolle man keine. Nein.
Schon hierzu wäre viel zu bemerken gewesen: Was genau ist "restaurativ"? Befinden sich nicht manche dieser "restaurativen" Kräfte in der guten Gesellschaft von Joseph Ratzinger und Henri de Lubac? (Die Älteren unter uns erinnern sich an den Ratzinger-Report von 1985 und den damaligen Streit um das Restaurative...) Was genau ist so bedenklich an den privaten Internetauftritten von Katholiken, die nicht vorgeben, im Namen der Kirche zu sprechen? Wer soll mit welchem Geld die attraktiven und professionellen online-Plattformen aufbauen dürfen, die Herr Opahle und die Seinen ersehnen?
Ein paar Tage später legte Joachim Heinz, KNA-Redakteur für Inland, Kultur und Medien, per KNA nach, und zeigte - Vorsicht, Satire -, wie attraktiver und professioneller katholischer Journalismus aussieht. Nachlesen kann man das bei katholisch.de, einer dieser "attraktiven" und "professionellen online-Plattformen" der deutschen Kirche. Nicht daß Herr Heinz "Unfrieden stiften" (J. Opahle / Signis) will. Jeder hat mal seinen schlechten Tag. Auch hauptamtliche Journalisten.
Das sieht dann so aus, wie wir es von Spiegel, Bild und Konsortialorganen kennen: Erst einmal berechtigte Verdammungen ausstoßen, die Piusbrüder ins Spiel bringen, von Hardlinern raunen und von einer Szene, die sich immer weiter ausbreitet. Dann mit den "anonymen Beschimpfungen" und der von Opahle benannten Anmaßung, im Namen der Kirche zu sprechen, weitermachen und mit k___z.net abschließen. Damit ist der Kübel gefüllt, den man dann, wie die säkularen Kollegen in Hamburg, über andere Verdächtige mitausschütten kann. Daß die von Herrn Heinz in der Folge an den KNA-Pranger gestellten Sites "Portal zur katholischen Geisteswelt" und "Summorum Pontificum" weder vorgeben, im Namen der Kirche zu sprechen noch anonym schreiben, sondern mit vollem Impressum, tut nichts zur Sache. Gar nichts. Herr Heinz hat seinen schlechten Tag. Punkt. Selber schuld, wenn's den andern weh tut.
Was nun lassen sich die Kollegen Hardliner zu Schulden kommen?
P. Recktenwald, "Mitglied der vom Vatikan anerkannten Priesterbruderschaft Sankt Petrus, die sich 1988 von der Piusbruderschaft abgespalten hat" (Merkst Du den schwefligen Geruch, lieber Leser, der Dir in die Nase zieht?), veröffentlicht doch tatsächlich "Texte, in denen Homosexualität als heilbar dargestellt wird, oder Tipps zum sogenannten Homeschooling, also dem Heimunterricht von Kindern unter Umgehung der allgemeinen Schulpflicht". Inwieweit diese inkriminierten Texte unkatholisch sind, verschweigt uns der Herr Heinz - vermutlich weil er kalkuliert, daß es ungeschriebene Dogmen gibt, an denen keiner ohne Schaden für sein Renommee und seinen Ruf kratzt. Die beiden H-Themen sind solche Dogmen - und die erregen die Wohlmeinenden unter den Lesern von Herrn Heinz fast so wie das iota die Nizänischen Väter.
P. Recktenwald stellt sogar Texte zum Thema Medienpolitik online, die dem Herrn Heinz wahrscheinlich gar nicht gefallen. Von dem vielen anderen Material zur katholischen Geisteswelt - magere 98 % von det Janze - ganz zu schweigen, das Herr Heinz - schwuppdiwupp-hast-du-nicht-gesehen - stillschweigend ignoriert.
Daß jeder nur das sieht, was er sehen will, wussten wir schon lange. Daß manche per KNA als volle Wahrheit multimedial verbreiten dürfen, was sie mit engem Blick und noch engerer Stirn sehen wollen, sehen wir bei Herrn Heinz.
Und "Summorum Pontificum"? Der Macher dieser Seite hat aber doch bestimmt etwas verbrochen, oder? Die dünne Rechtfertigung, der Herr Heinz für seinen Mistkübelguß findet, hört sich so an:
"Nach dem Erlass von Papst Benedikt XVI. zur Wiederzulassung des tridentinischen Ritus benannt ist die Homepage von Summorum Pontificum. Unverholen [sic!] freuen sich deren Macher darüber, dass die Vertreter der Amtskirche «die Deutungshoheit im Cyberspace längst verloren haben». Unter der Rubrik «katholische Öffentlichkeit» verweisen sie nur auf Seiten, «die nicht am Tropf der Kirchensteuer hängen»."
Defätismus der eigenen Kirche gegenüber, der zum Ausschluß aus der Gemeinschaft der aufrechten Katholiken Deutschlands berechtigt. Dabei hatte Summorum Pontificum nur die Auslassungen von Herrn Opahle (s.o.) zum Anlaß genommen, um ein paar Binsenwahrheiten auszusprechen. Der O-Ton im Zusammenhang:
"Da müssen wir dem unbekannten Fachmann [gemeint ist Joachim Opahle] recht geben: Attraktiv und professionell ist es nicht, was die Bistümer da mit Millionenaufwand ins Netz stellen. Aber was die Ordinariokraten wirklich stört ist wohl, daß sie die Deutungshoheit im Cyberspace längst verloren haben. Kirchliche Dokumente, die früher selbst für Spezialisten kaum greifbar waren, laden ihre Schäflein heute brav als PDF von vatikan.va. Und wer zu Fronleichnam mit einem Fladenbrot am Spieß um die Gemeinde zieht, hat unversehens Zuschauer (und Zeugen) in der ganzen Welt. Da ist es schon ärgerlich, daß Laien ihre Stimmen nicht nur als Lektoren im Schutzraum der Kirche erheben, sondern ihr Katholischsein einfach so in die Welt rufen."
Deutliche Wort, aber keine von den Sünden aus der Opahle-Liste, die da z.B. heißen: Anmaßung, im Namen der Kirche zu sprechen, oder anonyme Beschimpfungen. Von links - aber wo liegt es? - würde man so etwas einen mündigen Laien nennen, einen Erwachsen-Glaubenden, einen, der sich wegen des Apparats in seiner Kirche nicht mehr zuhause fühlt, einen glaubwürdigen und authentischen Zeugen, der mit dem Mut des Außenseiters einen scheinbar verlorenen Kampf ficht. Von rechts - aber wo liegt es? - ist das restaurativ, reaktionär, hochideologisch, "Unkultur", gerne auch vorkonziliar, prämodern, bestenfalls - an den guten Tagen des Herrn Heinz wohl - "streng konservativ".
Ich mache den beiden Herrn Joachim Opahle und Joachim Heinz einen einfachen Vorschlag:
Sie beide sind Fachleute, Profis. Sie verstehen zu schreiben und zu recherchieren. Sie sind medienaffin. Warten Sie nicht auf die Bischofskonferenz. Fangen Sie doch einfach an und legen einen privaten katholischen Internet-Auftritt hin, der sich gewaschen hat. Reden Sie sich nicht auf die wenige Freizeit hinaus, die Ihnen vergönnt ist. Mehr Zeit haben P. Recktenwald, Herr Charlier oder ich auch nicht. Teilen Sie Ihre Einsichten mit uns, geben Sie uns Hintergrundinfos, überzeugen Sie uns mit lebendigem, authentischem Katholisch-sein im Cyberspace. Erzählen Sie von sich, von den kleinen Dingen des Alltags und den großen Trends. Bloggen Sie. Es kostet Sie keinen Pfennig. Es bringt Ihnen neue Freunde und der Kirche weitere vernehmbare Stimmen im Cyberspace. Gewinnen Sie eine Leserschaft, die dankbar ist, die mitdenkt, die mitstreitet. Seien Sie präsent. Mittendrin statt außen vor. Das geht ganz einfach.
Und sollten Sie doch eine Einführung ins Bloggen brauchen, was ich nicht glaube: Ich stehe gerne und (fast) jederzeit zur Verfügung.
8. Juli 2009
Zwei Journalisten bei der Drecksarbeit und ein versöhnlicher Abschluß
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5 Kommentare:
Wie sagt man so schön? Kudos, Scipio!
Ein wunderbarer Artikel!!!
Ein kleiner, nett UND ehrlich gemeinter Rat meinerseits: Falls es einmal "professionelle" Internetauftritte bzw. katholische Portale der Diözesen geben sollte, solltest Du daran mitschreiben und dich einbringen!!!
[Als jüngerer Leser: Wo könnte man etwas über den Ratzinger-Report 1985 nachlesen]
Danke, liebe Kollegen. Etwaige Angebote würde ich auf jeden Fall wohlwollend prfüfen...
Zum Ratzinger-Report: Den gibt es unter dem Titel "Zur Lage des Glaubens" (italienischer Originaltitel: Rapporto sulla fede) immer noch zu kaufen, bei amazon mit Preisen zwischen 1, 14 und 18,90 Euro. Es ist kein Frage-Antwort-Interview wie die von Peter Seewald, sondern die Antworten des damaligen Kardinals sind mit Zwischentexten, Überleitungen, Interpretationen, Kommentaren von Vittorio Messori versehen. Es machte damals richtig Furore, als erstes längeres Interview des Präfekten der Glaubenskongregation und wegen der klaren Worte, die er fand. Zum Beispiel zum Konzil und zur Theologie der Befreiung.
Chapeau! Ich bin begeistert.
Und ich bin auch so einer der anonymen, reaktionären Blogger ...
Es gibt gute Gründe, anonym zu bloggen. Ich bin allerdings froh, daß ich damals meinen Klarnamen offen gelegt habe. Man ist mit besserem Gewissen auch mal angriffslustig.
Bisher habe ich es nicht bereut.
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