22. März 2009

Anmerkungen zu zwei Zeitgeistmemen

Dem Spiegel im Vorbeigehen einen kleinen Klapps auf den Hinterkopf zu geben - gerade so wie es in Navy CIS "Boß" Gibbs bei Tony immer tut - wäre eigentlich langweilig und von keinem geistigen Mehr- oder Nährwert, fänden wir dort nicht immer die Zeitgeistmeme, jene kleinsten Einheiten der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Phase des fortgeschrittenen westlichen Bewußtseins, so herrlich herauspräpariert.

Heute zum Beispiel in einem Artikel über den neuen Hindu-Tempel in Hannover. Respekt vor Religionen wird ja immerfort und zurecht eingefordert von uns allen, besonders aber von unseren schreibenden Zeitgenossen. Wer aber die Überschrift einer Tempeleinweihung mit "Begegnungsstätte" einleiten muß, der zeigt gerade keinen Respekt, sondern demonstrative Ignoranz, die gar nicht erkennen will oder kann, daß ein Tempel etwas qualitativ anderes ist als das nordhessische Dorfgemeinschaftshaus oder der bayerische Biergarten... Es geht nun einmal nicht ins zeitgenössische Köpfchen, daß das Heilige, egal ob sieben Hindu-Götter wie hier oder der GOtt Israels, an einem Heiligen Ort angebetet werden soll/will/muß und daß dann ausnahmsweise einmal nicht gesellschaftliche Integration und soziale Beheimatung im Vordergrund steht.

Längeren Bedenkens bedarf dagegen der Satz der Hannoverschen Bürgermeisterin, der Grünen Ingrid Lange: "Der Hindu-Tempel ist eine Bereicherung für Hannovers Religionsvielfalt." Meint sie, daß eine Stadt umso reicher ist, je mehr Religionen und Glaubensrichtungen in ihr aktiv sind? Würde sie es von daher nicht begrüßen müssen, wenn die Christen sich auch weiterhin in gar vielen Konfessionen und Denominationen organisieren? Würde durch eine erfolgreiche Ökumene - sei es in Form der verfemten Rückkehr zur Una Sancta, sei es durch Zusammenschluß zur Vereinigten Christliche Kirche Deutschlands - Hannovers Religionsvielfalt nicht entscheidend verarmen? Was für eine Offenheit bei Frau Lange zum Beispiel für eine Kapelle der Piusbruderschaft, die zeigen könnte: Katholische Kirche ist gar nicht so monolithisch oder nachkonziliar - vorausgesetzt natürlich der Stolperstein des Antisemitismus würde beiseite geräumt!

Umgekehrt wird auch klar, warum der Papst so unbeliebt, das Papsttum so unzeitgeistig ist: Den willkommenen Fluchtkräften einer immer weiteren Zersplitterung der Konfessionslandschaft steht der Papst als Prinzip der Einheit natürlich feindlich entgegen. Wer die inhomogene Herde der Katholiken zusammenhalten statt sie unter der Hand auseinanderlaufen lassen will, der sie immer wieder in die Einheit mit dem Stuhl Petri und ins gemeinsame Bekenntnis zum Glauben der Apostel ruft statt sie zu modern-postmodernem Pluralismus zu ermutigen - der bereichert die Religionslandschaft ganz und gar nicht. Im Gegenteil: Er stört nur im Hannoverschen Dorf- und im Deutschen Volksgemeinschaftshaus. Er bleibe nur schön in seiner ultramontanen Verbannung, in seinem vatikanischen Kleinstaat.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Sorry, muss punktuellen Dissens anmelden: Religion ist NICHT per se "zu respektieren". Das kommt ganz deutlich auf die Religion an, ob ich die respektiere oder nicht. Aztekische Menschenopferreligionen verdienen keinen Respekt, und bei Religionen, die Frauenschlagen und Ungläubigenkreuzigen für göttliche Gebote halten, habe ich auch meine Zweifel.