Im Spezialfeature über die "Rhetorik des rechten Salons" reduzierte sich die Vielfalt auf ihre politisch-korrekte, linksliberale Variante. Jens Jessen kam zu Wort, die nouveaux philosophes Frankreichs bekamen ihr Fett weg, und Helmut Kohls geistig-moralische Wende wurde zum xten Mal belächelt. So weit, so gut. "Tempora mutantur - sed non omnia cum iis."
Mich erinnerte das ganze an eine Bemerkung in der Predigt am vergangenen Sonntag: "Jesus hat sich mit den Sündern gemein gemacht." Damit provoziert man 2008 natürlich keine Gottesdienstbesucher mehr, denn die haben solche Sätze seit mindestens 40 Jahren in ihr geistig-geistliches Repertoire eingebaut. Tolerant sein ist vergleichsweise einfach, wenn man auch selber davon profitiert: Gerne darf ER bei den Huren, Zöllnern und Sündern einkehren, wenn ER dann auch mich nimmt, wie ich bin.
Ich stelle mir ja immer vor, daß eine Begegnung mit dem HErrn damals (wie heute) nichts Harmloses war. "Steh auf, trag dein Bett und geh!", "Geh hin und sündige fortan nicht mehr!", diverse Mahnungen zu Bescheidenheit und einer bunten Einladungsliste (siehe Lukas, Kap. 14), Blicke ins Innerste und unausweichliche Entscheidungen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich IHn leichthin einladen würde.
Ich könnte IHm aber eine immer neu aktualisierte Hitliste öffentlicher Sünder liefern. In der 3. KW 2008 würde ich vorschlagen:
- Raucher - in der dritten Woche auf Platz 1
- Wirte, die Heizpilze vor den Kneipen aufstellen - die B-Seite der Raucher, sozusagen
- Deutsche Spießer, vor allem mit Rentner- und Pensionärsstatus
- Deutsche Feuilletonchefs
- Jugendliche Gewalttäter mit Migrationshintergrund
- Liberale Vorsitzende von Bischofskonferenzen
- SUV-Fahrer - seit 100 Wochen unter den Top-Ten
- Nokia-Manager - Aufsteiger der Woche
- Britney Spears - kaum draußen, wieder drinnen
- Benedikt XVI.
- antiklerikale Profs und Studis der La Sapienza
Damit hätte ich IHn mir für eine Weile vom Hals gehalten - was aber auch nicht beruhigend ist nach der Lektion, die Paulus lernen musste: "Als letztem von allen erschien er auch mir, dem Unerwarteten, der 'Mißgeburt'." (1 Kor 15, 8)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen