28. Januar 2008

Hoffnung

"Hoffnung, das ist das Wort, das ich schreiben wollte. Die übrige Welt wünscht, begehrt, beansprucht, fordert, und sie nennt all dies hoffen, weil sie weder Geduld noch Ehre hat, sie will bloß genießen, und der Genuß ist unfähig, zu warten, im eigentlichen Sinne des Wortes; die Erwartung des Genusses kann nicht Hoffnung heißen, eher wäre sie ein Delirium, ein Todeskampf.

Im übrigen lebt die Welt viel zu schnell, die Welt hat keine Zeit zur Hoffnung mehr. Das innere Leben des modernen Menschen hat einen zu schnellen Rhythmus, als daß dort ein derart inbrünstiges und zartes Gefühl entstehen und reifen könnte, er zuckt die Achseln bei dem Gedanken einer solch keuschen Vermählung mit der Zukunft. (...)

Ich habe meinen Teil Wahrheit empfangen wie jeder von euch den seinen, und ich habe sehr spät begriffen, daß ich ihr nichts hinzufügen werde, daß meine einzige Hoffnung, ihr zu dienen, allein darin besteht, ihr mein Zeugnis und mein Leben ähnlich zu machen. Wenige Leute verleugnen ihre Wahrheit, vielleicht keiner... sie geben sich damit zufrieden, sie zu temperieren, sie abzuschwächen, zu verdünnen."

(Georges Bernanos: Das Haus der Lebenden und der Toten.- Düsseldorf: Schwann, 1951, S. 229 und 233 f.)

Keine Kommentare: